Schweiz will Bau von Minaretten verbieten

agentP

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shechinah schrieb:
haruc schrieb:
... Sobald der Staat den Interessen des Volkes zuwiderhandelt hat

...hat die Verwaltung/Regierung ihre Legitimation verloren und ist somit illegal.

Und was sind die Interessen des Volkes? Soweit ich weiss besteht z.B. unser Volk aus 80Mio Individuen, die ziemlich unterschiedliche Interessen haben.
Das Ausschaffungsgesetz ist doch das beste Beispiel: 53% des Volkes waren dafür, 47% hatten wohl andere Interessen. :-_-:

"Interessen des Volkes" ist schon deshalb ein ziemlich hohler Begriff, weil er so tut, als wäre das Volk eine Person und die Regierung eine andere. Hilfreich wenn man polemisch sein will, aber 0 Wert, wenn man sich ernsthaft Fragen stellen will.
 

haruc

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agentP schrieb:
Das Ausschaffungsgesetz ist doch das beste Beispiel: 53% des Volkes waren dafür, 47% hatten wohl andere Interessen.

Nun Grundsatz der meisten Demokratien nach westlichem Zuschnitt ist nunmal, dass die Mehrzahl des Stimmberechtigten Volkes letztendlich Entscheidend ist. Dass das immernoch eine Minderheit ist, gemessen an der Gesamtheit der Bevölkerung ist ja kein Geheimis.

Mit "Interessen des Volkes" meinte ich auch nicht, dass "Das Volk" gewissermaßen eine Einheit, beseelt von einem einzigen Willen ist und in jeder Frage immer einer Meinung ist. Aber eigentlich sollte man sowas garnicht explizit ausführen müssen; das ist selbstverständlich.Das Ausschaffungsgesetz ist doch das beste Beispiel: 53% des Volkes waren dafür, 47% hatten wohl andere Interessen. :-.-: Vielmehr ging es mir bei den "Interessen" um das, was alle, unabhängig von der jeweiligen Meinung des Individuums, betrifft; gewissermaßen existenzielle Fragen. (Zb. "sollen wir einen Weltkrieg anfangen?" oder "Darf ich ein Millionenheer aufstellen, obwohl jedes Jahr 50.000 Leute in meinem Land verhungern?" Ohne ausreichende Rechtfertigung sind diese Fragen wohl eindeutig als Handlung wider die Interessen des Volkes zu werten.)

Ansonsten bin ich der Meinung, das durch die staatliche Regulierungswut, nur Ungerechtigkeit und Ungleichbehandlung erzeugt wird. In Detailfragen kann eh nie konsens erreicht werden, also lassen wirs am besten ganz sein.
Aber wenn auf rechtmäßigem Wege die Mehrheit der Wahlberechtigten eine Entscheidung fällt, dann kann man wohl kaum die Rechtmäßigkeit des Prozesses infrage stellen.

53% des Volkes waren dafür, 47% hatten wohl andere Interessen. nerv

Mit genau dieser Logik könnte man eigentlich die komplette Demokratie gerade auf den Abfallhaufen der Geschichte treten. Doppeldenk sei dank kann man sich als toller Demokrat fühlen und gleichzeitig basisdemokratische Entscheidungen verteufeln.
Schöne neue Welt.
 
G

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Guest
agentP schrieb:
Das Ausschaffungsgesetz ist doch das beste Beispiel: 53% des Volkes waren dafür, 47% hatten wohl andere Interessen. :-_-:

Die Schweizer hatten nicht die Wahl zwischen Abschiebung und Nichtabschiebung sondern zwischen zwei Formen der Abschiebung.
 

Eskapismus

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Die ganze Sache ist leider sehr kompliziert. Und genau diese Tatsache, plus die Tatsache, dass gewisse Leute sehr viel Geld und Angst mobilisieren konnten führte zum erneuten Erfolg einer rechtskonservativen Populistenpartei - der Schweizerischen Volkspartei SVP.

Im Jahrestakt kommt diese Partei mit einer ausländerfeindlichen Initiative daher, und beherrscht damit den politischen Diskurs in der Schweiz. Die Vertreter werden in sämtliche Talkshows eingeladen und geben viele Interviews. Soweit so gut...

Mein Problem ist, dass die SVP keine Probleme löst und dies auch gar nicht versucht. Jedes Jahr wird das Leben für Ausländer schwieriger und trotzdem schafft es diese Partei mit zweistelligen Millionenbudgets einen Teil der Bürger zu überzeugen, dass es erstens der Schweiz extrem schlecht gehe und zweitens, dass daran die Ausländer schuld seien.

Die eben durchgeführte Initiative ist ein besonders eklatanter Fall. Der Initiativtext, der nun umgesetzt werden muss und Eingang in unsere Verfassung finden wird ist absolut dilletantisch verfasst. Die SVP machte sich nicht einmal die Mühe, den Text einem kompetenten Staatsrechtler vorzulegen. Einige Beispiele:
Er enthält eine absolut willkürliche Aufzählung von Straftatbeständen. Wenn man diesen Text juristisch deutet, werden Leute wegen Bagatellen ausgeschafft, aber Terroristen, Geiselnehmer und Betrüger werden nicht ausgeschafft.
Es steht im Initiativtext, dass Sozialhilfemissbrauch zu einer Ausschaffung führen soll. Sozialhilfemissbrauch ist aber kein juristischer Begriff, man sucht diesen im StGB vergeblich.

Dies zu verstehen übersteigt aber offensichtlich die geistige Fähigkeit von über 50% des Schweizer Wahlvolkes.

Dazu kommt, dass die SVP diese Initiative nutzt um auch noch gleich einen Stinkfinger ans Ausland zu richten. Da die Schweiz kein Verfassungsgericht kennt, bestimmt das Volk über alles solange es nicht imperatives Völkerrecht verletzt. Nun wurde erneut absichtlich Normen aufgenommen, welche "nur" internationale Verträgen widersprechen aber noch nicht ganz so verfrohren daherkommen, dass sie imperatives Völkerrecht berühren. Z.B:
Entsprechend den bilateralen Verträgen der Schweiz mit der EU können wir keine Ausländer automatisch abschieben.
Entsprechend der EMRK kann man auch nicht Menschen in Länder abschieben wo ihnen Folter oder Tod droht.

Dies kommt der SVP natürlich entgegen. Sobald der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Strassbourg eine Abschiebung widerruft kann die SVP wieder poltern, wir würden von fremden Vögten regiert. Die Abstimmung dient der SVP also nicht nur dazu, ihre Macht auszubauen, sondern auch noch gleich die Schweiz international zu isolieren, schliesslich sei die Schweiz früher viel unabhängiger und besser gewesen (beides absoluter Schwachsinn).

Ein ausländischer Journalist hat gestern geschrieben: „Die direkte Demokratie scheitert am Fremdenhass“. Ich würde behaupten, sie scheitert daran, dass einige wenige Leute zuviel Geld mobilisieren können, während andere zu beschränkt/faul sind, komplizierte Sachverhalte zu verstehen und deshalb ihren Stimmentscheid von Slogans und Emotionen abhängig machen.
 

petronius

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haruc schrieb:
Irgendwie versteh ich euch größtenteils nicht.

Wenns darum geht, durch das Wahlvolk irgendwelche herrschaftlichen Strukturen zu legitimieren oder Parteien in den Regierungssattel zu hieven, dann ist das eine zu bejubelnde Form der Demokratie

was genau meinst du mit diesem "irgendwelche herrschaftlichen Strukturen legitimieren"?

mit "Parteien in den Regierungssattel hieven" meinst du wahrscheinlich so was wie parlamentswahlen. der unterschied zwischen direkter und repräsentativer demokratie ist dir aber schon klar?

wenn aber die gleichen Leute gewissermaßen das Heft des Handelnsselber in die Hand nehmen und abstimmen gehen, dann ist das die Pöbelherrschaft, die etwa so schlimm wie das 3. Reich incl. Auschwitz sein soll?

nein - es zeigt nur, daß es nicht unbedingt sinnvoll ist, alles als einzelentscheidung dem volk (und damit leider häufig auch dem stammtisch bzw. der effektivere hetzpropaganda betreibenden populistenfraktion) zur abstimmung zu überlassen

Also gibt es nur zwei denkbare Wege: Entweder: Demokratie bedeutet nicht mehr als eine in gewissen regelmäßigen Abständen abgesegnete Parteidiktatur, in der das Wahlvolk nichts weiter als Abstimmvieh ist, oder die Wahl, durch die die Regierungsparteien gewählt werden ist qualitativ genau so gut, wie jede andere Volksabstimmung auch

nein - es geht darum, in demokratischer wahl jene parteien mit der regierung zu betrauen, denen man es am besten zutraut, die in der kommenden legislaturperiode zu fällenden entscheidungen im sinne eines gesamtkonzepts zu fällen. ohne daß heute über dies und nächste woche über das gegenteil volksabgestimmt werden muß, ohne daß das ganze irgendwie hand und fuß hätte oder gar einem gesamtentwurf folgte





Winston_Smith schrieb:
Was genau ist denn jetzt an dem neuen Gesetz so falsch?

"Wer Mist baut, fleigt raus."

so ist es aber nicht

wer mist baut baut, fliegt ja nur raus, wenn er die falsche staatsbürgerschaft hat




haruc schrieb:
gebürtige Schweizer können ja in den Bau wandern, wenn sie kriminell werden. Das ist ja übliches Vorgehen und seit Jahrhunderten Brauch. Allerdings ist es nicht logisch nachvollziehbar, warum jemand, der einer Gesellschaft Schaden zugefügt hat, von dieser Gesellschaft auch noch durchgefüttert werden soll. Darum kann sich dann ja die Gemeinschaft kümmern, aus der der Kriminelle / die Kriminellin stammt

das ist aber auch bei vielen in den schweiz lebenden nichtschweizer staatsbürgern die schweizerische

warum soll sich nicht die gesellschaft, in der jemand lebt, mit einem menschen befassen, sondern jene, aus der er über wieviele ecken auch immer stammt?





haruc schrieb:
53% des Volkes waren dafür, 47% hatten wohl andere Interessen. :-.-: Vielmehr ging es mir bei den "Interessen" um das, was alle, unabhängig von der jeweiligen Meinung des Individuums, betrifft; gewissermaßen existenzielle Fragen. (Zb. "sollen wir einen Weltkrieg anfangen?" oder "Darf ich ein Millionenheer aufstellen, obwohl jedes Jahr 50.000 Leute in meinem Land verhungern?" Ohne ausreichende Rechtfertigung sind diese Fragen wohl eindeutig als Handlung wider die Interessen des Volkes zu werten.)

und wenn sich in einer volksabstimmung 53% dafür aussprechen, "einen Weltkrieg anzufangen", dann ist diese "ausreichende Rechtfertigung" gegeben?

oder ist es eben nicht doch so, daß man eben nicht alles mögliche dem direkten volkswillen unterstellen sollte, wo dann u.u. die diktatur der 50,5%-mehrheit über die 49,5%-minderheit herrscht?
 

haruc

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petronius schrieb:
was genau meinst du mit diesem "irgendwelche herrschaftlichen Strukturen legitimieren"?

im Endeffekt könnte man es auf "Parteien in den Regierungssattel hieven" reduzieren.

der unterschied zwischen direkter und repräsentativer demokratie ist dir aber schon klar?

Sicherlich.

Was mir nicht klar ist, ist, warum bei der repräsentativen Demokratie Wahlen heiliger Ausdruck des mündigen Volkes sind, während Wahlen bei der direkten Demokratie als Ausgeburt des Satans, der Stammtische und Populistischer Hetzer dargestellt werden, gewissermaßen eine Einbahnstraße nach Auschwitz.

Das ist auch das was ich mit Doppeldenk meinte. Repräsentative Demokratie ist, wenn man alle 4 Jahre die politische Richtung abwinkt. Welche Farbe man dabei wählt ist eher Geschmackssache. Gäbe es in unserem Lande echte Alternativen und nicht nur so Pseudoalternativen wie die Grünen und die Linken, dann hätte ich garkein Problem damit.

"Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten".

nein - es zeigt nur, daß es nicht unbedingt sinnvoll ist, alles als einzelentscheidung dem volk [...]zu überlassen

Das wäre natürlich auch sinnlos, müsste man doch jeden Tag 20 mal zur Wahlurne gehen. Aber warum darf ein Volk keine Anträge einbringen, die, sofern es genügend Unterstützer gibt, dem Wahlvolk zur Abstimmung vorgelegt werden, und die dann verbindlich gelten?
Weil man damit effektiv in den Lauf der Dinge eingreifen kann. Weil das mündige Volk die Möglichkeit hat, sein Schicksal selbst zu beeinflussen. Das ist ja garnicht gewollt.

nein - es geht darum, in demokratischer wahl jene parteien mit der regierung zu betr[...] tte oder gar einem gesamtentwurf folgte

Siehe eins obendüber.


warum soll sich nicht die gesellschaft, in der jemand lebt, mit einem menschen befassen, sondern jene, aus der er über wieviele ecken auch immer stammt?

Wenn jemand seit 20, 30 oder 40 jahren in der Schweiz lebt und ein Teil der Gesellschaft ist, dann ist der in meinen Augen kein Ausländer mehr. Ich weiß, meine Sicht der Dinge ist nicht der Maßstab, der angelegt wird.

Wie bereits mehrfach gesagt wurde, kann man eine solche Entscheidung imho nur nach Einzelfallprüfung fällen. Wenn einer von Berlin nach Basel zieht und nach 2 Jahren einen Mord begeht, dann versteh ich ehrlich gesagt nicht, warum für die Kosten der Inhaftierung usw. das schweizerische Volk aufkommen muss. Das ist doch ungerecht!
 

Themis

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Dir ist aber schon klar, dass der Mazedonier in 3. Generation die Schweiz bei einem Einbruch o.ä. verlassen muss.
Ist er denn das Problem Mazedoniens? Und welche Symbolik steckt hier in dieser Vorgehensweise für alle Schweizer mit Migrationshintergrund?
 

petronius

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haruc schrieb:
petronius schrieb:
was genau meinst du mit diesem "irgendwelche herrschaftlichen Strukturen legitimieren"?

im Endeffekt könnte man es auf "Parteien in den Regierungssattel hieven" reduzieren

ja gut, man kann letztlich natürlich alles mit entsprechenden pejorativen belegen

z.b. die direkte demokratie in der schweiz denunzieren als "den stammtisch in den Regierungssattel hieven"

haruc schrieb:
Was mir nicht klar ist, ist, warum bei der repräsentativen Demokratie Wahlen heiliger Ausdruck des mündigen Volkes sind, während Wahlen bei der direkten Demokratie als Ausgeburt des Satans, der Stammtische und Populistischer Hetzer dargestellt werden, gewissermaßen eine Einbahnstraße nach Auschwitz

die heiligsprechung liegt mir ebenso fern wie der strohmann einer "Einbahnstraße nach Auschwitz"

allerdings zeigt die erfahrung der jüngeren zeit mit der schweizer direkten demokratie, daß eben tatsächlich "Stammtische und Populistische Hetzer" in einer art und weise bedient werden, wie es - trotz zahlreicher ausnahmen - in funktionierenden repräsentativen demokratien eben nicht die regel ist

haruc schrieb:
Das ist auch das was ich mit Doppeldenk meinte. Repräsentative Demokratie ist, wenn man alle 4 Jahre die politische Richtung abwinkt. Welche Farbe man dabei wählt ist eher Geschmackssache

dein demokratieverständnis entspricht klar nicht dem meinen - inwieweit es überhaupt zu verallgemeinern wäre, sei dahingestellt

für mich ist es nicht "Geschmackssache, welche Farbe man dabei wählt", sondern ich treffe meine wahl entsprechend dem politischen programm der parteien und den erfahrungen mit ihrem bisherigen wirken

haruc schrieb:
Gäbe es in unserem Lande echte Alternativen und nicht nur so Pseudoalternativen wie die Grünen und die Linken, dann hätte ich garkein Problem damit

dann gründe doch eine

was stellst du dir unter einer "echten Alternative" vor?

haruc schrieb:
Aber warum darf ein Volk keine Anträge einbringen, die, sofern es genügend Unterstützer gibt, dem Wahlvolk zur Abstimmung vorgelegt werden, und die dann verbindlich gelten?

ich halte das dann und deshalb für fragwürdig, wenn/weil dabei partikularinteressen bedient werden zu lasten des großen und ganzen

haruc schrieb:
Weil man damit effektiv in den Lauf der Dinge eingreifen kann. Weil das mündige Volk die Möglichkeit hat, sein Schicksal selbst zu beeinflussen. Das ist ja garnicht gewollt

diese sicht teile ich nicht

wenn du keine lust hast, durch teilnahme an wahlen "dein Schicksal selbst zu beeinflussen", ist das wiederum deine sache

haruc schrieb:
Wenn jemand seit 20, 30 oder 40 jahren in der Schweiz lebt und ein Teil der Gesellschaft ist, dann ist der in meinen Augen kein Ausländer mehr. Ich weiß, meine Sicht der Dinge ist nicht der Maßstab, der angelegt wird

richtig. abgestimmt wurde eben über etwas anderes

haruc schrieb:
Wie bereits mehrfach gesagt wurde, kann man eine solche Entscheidung imho nur nach Einzelfallprüfung fällen. Wenn einer von Berlin nach Basel zieht und nach 2 Jahren einen Mord begeht, dann versteh ich ehrlich gesagt nicht, warum für die Kosten der Inhaftierung usw. das schweizerische Volk aufkommen muss. Das ist doch ungerecht!

und wieso soll es gerechter sein, wenn die berliner blechen müssen?
 

haruc

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dkR schrieb:
Soll er halt nicht kriminell werden

Ich dachte jeder hätte ein Recht darauf, kriminell zu werden.

Petronius schrieb:
was stellst du dir unter einer "echten Alternative" vor?

Eine Partei, die nicht dem sozialdemokratischen Wahnsinn verfallen ist. (und guck dir mal unsere drei großen an: Das sind alles Sozialdemokratische parteien, auch wenn die eine CDU heißt)
Ich bin der festen Überzeugung, dass in den gegenwärtigen Verhältnissen dem Menschen Eigenverantwortliches Handeln und Denken abtrainiert werden bzw. um es passiver klingen zu lassen, diese Fähigkeiten der Menschen verkümmern. Die ersten Anzeichen dafür zeigen sich zb. darin, dass sich bereits eine Anspruchsmentalität entwickelt hat, nach der gefälligst die Gemeinschaft dafür aufzukommen hat, dass irgendwelche Harz4er in einem relativen Wohlstand leben können, den sich ein Teil der Werktätigen Bevölkerung nicht leisten kann. (ja ich weiß die müssen trotzdem Marken ziehen und demütigend aufs Amt. Aber dann sollen die gleichen Leute mich ned im Bus anmaulen, dass man von 350€ im Monat ned leben kann. Ich komm mit deutlich weniger aus. )


ich halte das dann und deshalb für fragwürdig, wenn/weil dabei partikularinteressen bedient werden zu lasten des großen und ganzen

Wenn der Antrag durchkommt und ein Großteil des Wahlvolkes zustimmt, dann kann es sich dabei nichtmehr um Partikularinteressen handeln. Dann ist das was, was den Leuten irgendwie wichtig ist. Auch wenn irgendwelche Scharfmacher die Stimmung anheizen. Wo kein Nährboden ist, kann auch kein Samen aufgehn.

wenn du keine lust hast, durch teilnahme an wahlen "dein Schicksal selbst zu beeinflussen", ist das wiederum deine sache

Ich habe bisher an jeder Wahl teilgenommen, an der ich teilnehmen konnte, und den Ausgang der Wahl konnte ich erwartungsgemäß zu 1:30.000.000tel beeinflussen. Was nach der Wahl geschieht hat ja nix mit Parteiprogrammen oder Wahlversprechen zu tun. Siehe FDP, CDU, Grüne oder SPD.

"Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, im Krieg und nach der Jagd"

und wieso soll es gerechter sein, wenn die berliner blechen müssen?

Irgendeiner muss ja blechen, und warum ausgerechnet diejenigen, an denen auch noch ein Verbrechen begangen wurde??

Und welche Symbolik steckt hier in dieser Vorgehensweise für alle Schweizer mit Migrationshintergrund?

Haltet euch wie jeder andere Schweizer es auch tun muss an die Gesetze und alles ist ok?
 

Eskapismus

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dkR schrieb:
Ich dachte jeder hätte ein Recht darauf, kriminell zu werden.

Ich kenne dieses Recht nicht. Mein Problem ist ein anderes. In einem Rechtsstaat sollen alle gleich sein vor dem Gesetz. Wer zusätzlich zu seiner Strafe auch noch ausgeschafft wird, hat eine doppelte Strafe nur weil er Ausländer ist.

Zur Debatte der direkten Demokratie: Ich bin überzeugt, dass die direkte Demokratie eine der besten Staatsformen ist. Wenn man 4x im Jahr zur Urne geht und einbezogen wird, macht man sich auch mehr Gedanken. Oft spricht man in den letzten zwei Wochen vor einer gewichtigen Abstimmung nur noch von Initiativen. Der Durchschnittsbürger wird somit auch mit hochstehender Staats- und Rechtsphilosophie konfrontiert was sicher positiv ist.

Problematisch wird es, wenn dieser Diskurs nur noch mit Parolen geführt wird und wenn sich die Fronten derart verhärtet haben, dass man nicht mehr miteinander sondern gegeneinander spricht. Dies ist nun genau eingetreten. Gewisse Schweizer Milliardäre waren in der Lage mit dem Nationalismus die Hinterwäldlerdemografie zu mobilisieren. Gleichzeitig wird ein Klima geschaffen, wo jeder Experte oder sogar jeder Akademiker sowieso als Spinner und Volksfeind abgestempelt wird und schon bringt man jeden Dreck in die Verfassung.

Was IMO anders sein müsste:
Parteifinanzierung muss reformiert werden. Die Schweiz ist eines der wenigen Länder, die noch immer keine Regelungen zur Offenlegung von Parteispenden kennt. Auch müsste man gewissen Bürgern erklären, wozu man Internationales Recht braucht.
 

dkR

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Eskapismus schrieb:
Ich kenne dieses Recht nicht. Mein Problem ist ein anderes. In einem Rechtsstaat sollen alle gleich sein vor dem Gesetz. Wer zusätzlich zu seiner Strafe auch noch ausgeschafft wird, hat eine doppelte Strafe nur weil er Ausländer ist.
ich dachte das Ausschaffen ersetzt die Strafe?
 

Ein_Liberaler

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Und wer zusätzlich zu seiner Strafe auch noch ohne Geld- und Sachbezüge entlassen wird, bezieht eine "doppelte Strafe", nur weil er Beamter ist.

Der hinter dieser Regelung stehende Gedanke ist der, daß der Ausländer kein grundsätzliches Recht hat, sich im Lande aufzuhalten. Deshalb gibt es Visa, Aufenthaltsgenehmigungen, Green Cards usw. Dem straffälligen Ausländer wird durch die Ausweisung kein Recht genommen, sondern ein Privileg, er wird nicht bestraft, sondern es wird ihm eine Vergünstigung entzogen.

Ob es sinnvoll oder gerecht ist, diesen Gedanken auf Ausländer anzuwenden, die im Lande geboren und aufgewachsen oder seit zig Jahren wohnhaft sind, mag bezweifelt werden.

Edit: Die Strafe soll in der Schweiz verbüßt, danach erst der Straftäter ausgewiesen werden.
 

Eskapismus

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Ein_Liberaler schrieb:
Edit: Die Strafe soll in der Schweiz verbüßt, danach erst der Straftäter ausgewiesen werden.

Die Initianten haben nicht soweit gedacht - Aus dem Initiativtext:

Ausländerinnen und Ausländer, die nach den Absätzen 3 und 4 ihr Aufenthaltsrecht sowie alle Rechtsansprüche auf Aufenthalt in der Schweiz verlieren, sind von der zuständigen Behörde aus der Schweiz auszuweisen und mit einem Einreiseverbot von 5–15 Jahren zu belegen. Im Wiederholungsfall ist das Einreiseverbot auf 20 Jahre anzusetzen.

Man müsste also die Verurteilten direkt abschieben. Egal ob man mit dem Herkunftsland der Verurteilten ein Abkommen hat. Somit wird in der Theorie ein Serienmörder aus einem Land mit welchem die Schweiz kein Abkommen hat, einfach Abgeschoben und kann dort frei herumlaufen. Natürlich ist dies nicht im Sinn der Initianten. Es unterstreicht erneut die dilletantische Vorgehensweise letzterer.
 

Themis

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haruc schrieb:
Und welche Symbolik steckt hier in dieser Vorgehensweise für alle Schweizer mit Migrationshintergrund?

Haltet euch wie jeder andere Schweizer es auch tun muss an die Gesetze und alles ist ok?
Oder aber, dass man doch anders ist als die Anderen
Ein_Liberaler schrieb:
Ob es sinnvoll oder gerecht ist, diesen Gedanken auf Ausländer anzuwenden, die im Lande geboren und aufgewachsen oder seit zig Jahren wohnhaft sind, mag bezweifelt werden.
:top:

Man müsste also die Verurteilten direkt abschieben. Egal ob man mit dem Herkunftsland der Verurteilten ein Abkommen hat. Somit wird in der Theorie ein Serienmörder aus einem Land mit welchem die Schweiz kein Abkommen hat, einfach Abgeschoben und kann dort frei herumlaufen. Natürlich ist dies nicht im Sinn der Initianten. Es unterstreicht erneut die dilletantische Vorgehensweise letzterer.
Das ist in der Tat nicht gut durchdacht.

Was ist eigentlich mit staatenlosen Ausländern, die in der Schweiz geduldet werden?
In die neutrale Zone zwischen Irak und Saudi Arabien werden sie ja wohl nicht abgeschoben.
 

Ein_Liberaler

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Oder aber, dass man doch anders ist als die Anderen

Daß man nicht dazugehört. Daß man nur zu Gast ist. Wer dazugehört, ist eine sehr komplexe und durchaus ernstzunehmende Frage, die jetzt auf aberwitzige Weise übers Knie gebrochen wird.

Man müsste also die Verurteilten direkt abschieben.

Ich hatte das in den Radionachrichten anders gehört, aber die Initiative ist tatsächlich so formuliert. Eine Gesetz gewordene Stammtischparole.
 

Eskapismus

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Natürlich hat sich niemand dafür interessiert was mit Staatenlosen passieren wird.

Der Initiativtext birgt auch eine Schlaumeiernorm: "Der Gesetzgeber umschreibt die Tatbestände nach Absatz 3 näher."

Aus Sicht der Initianten sollen nun die Profis den Sinn der Initiative irgendwie so zurecht biegen, dass dieser in der Verfassung nicht all zu quer liegt. Natürlich ist der Plan, dass man dann den anderen Parteien vorwirft, sie würden gegen den Volkswillen handeln, sollte sich herausstellen, dass die Initiative nicht umgesetzt werden kann. Unsere linke Justizministerin hat deswegen explizit die SVP Vertreter aufgefordert Einsitz in der Expertenkomission zu nehmen. Eine Forderung, welcher die SVP bisher nur sehr zögerlich nachgekommen ist.

Ein_Liberaler schrieb:
Eine Gesetz gewordene Stammtischparole.

Schön formuliert.
 

petronius

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haruc schrieb:
Petronius schrieb:
was stellst du dir unter einer "echten Alternative" vor?

Eine Partei, die nicht dem sozialdemokratischen Wahnsinn verfallen ist. (und guck dir mal unsere drei großen an: Das sind alles Sozialdemokratische parteien, auch wenn die eine CDU heißt)

dann bleibt für dich also nur ganz rechtsaußen übrig

haruc schrieb:
Ich bin der festen Überzeugung, dass in den gegenwärtigen Verhältnissen dem Menschen Eigenverantwortliches Handeln und Denken abtrainiert werden bzw. um es passiver klingen zu lassen, diese Fähigkeiten der Menschen verkümmern. Die ersten Anzeichen dafür zeigen sich zb. darin, dass sich bereits eine Anspruchsmentalität entwickelt hat, nach der gefälligst die Gemeinschaft dafür aufzukommen hat, dass irgendwelche Harz4er in einem relativen Wohlstand leben können, den sich ein Teil der Werktätigen Bevölkerung nicht leisten kann

was schlägst du vor?

einweisung ins arbeitshaus? oder als "arbeitscheu" in ein, äh, anhaltelager?

welcher wohlstand ist es denn, in dem hartz4er schwelgen, während die arbeitende bevölkerung vor sich hin darbt?

haruc schrieb:
Wenn der Antrag durchkommt und ein Großteil des Wahlvolkes zustimmt, dann kann es sich dabei nichtmehr um Partikularinteressen handeln

non sequitur

nur weil sich "ein Großteil des Wahlvolkes" etwas auf die fahnen schreibt, ist es noch lange nicht im allgemeinen interesse

haruc schrieb:
Dann ist das was, was den Leuten irgendwie wichtig ist

und muß deshalb noch lang nicht richtig sein

haruc schrieb:
Irgendeiner muss ja blechen, und warum ausgerechnet diejenigen, an denen auch noch ein Verbrechen begangen wurde??

oh - ein ladendieb begeht ein verbrechen am schweizer steuerzahler?

natürlich muß der für die kosten einer haft aufkommen, der sie verhängt

haruc schrieb:
Und welche Symbolik steckt hier in dieser Vorgehensweise für alle Schweizer mit Migrationshintergrund?

Haltet euch wie jeder andere Schweizer es auch tun muss an die Gesetze und alles ist ok?

und wenn ihr euch nicht an die gesetze haltet, ergeht es euch eben anders als den schweizern, die das auch nicht tun... :roll:
 
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