Maurer
Mitten unter uns lebt ein Stamm archaischer Menschen, die sich den Regeln der Zivilisation bisher erfolgreich widersetzt haben. Sie trotzen dem rechten Winkel, sind pünktlich wie die Eisenbahn im Kongo und forzen wie die wilden Schweine. Sie nennen sich "Maurer", was in ihrer Sprache soviel wie "Witzbold" bedeutet. Bei gutem Wetter krabbeln sie in selbstgebauten Gerippen herum, die sie "Gerüst" nennen, bei schlechtem sitzen sie in blickdichten Einachsanhängern und forzen wie die Wildsäue. Auch wenn die Sonne scheint, kriechen sie alle zwei Stunden in den Furzwagen, schnippeln an riesigen Jagdwurstkartuschen herum und schlorzen Unmengen Bier in sich hinein. Was genau sie draußen auf dem "Gerüst" treiben, weiß niemand. Manchmal brüllen sie Sauereien runter oder pissen in große Plastikwannen. Nicht selten werden diese "Gerüste" in der Nähe von Rohbauten aufgestellt, was in der Regel dort aber keinerlei Veränderungen nach sich zieht. Am liebsten wühlen sie den ganzen Tag - natürlich nur, wenn nicht der Furzwagen lockt- in einer grauen Masse herum, die sie "Speis" oder "Mörtel" nennen. Den schmieren sie sich in ihre grobstolligen Schuhsohlen, klingeln bei wildfremden Leuten und verteilen ihn auf deren Perserteppichen. Noch immer gibt es Menschen in unserem Land, die sich einen Maurer ins Haus bestellen, um etwa eine Wand von ihm errichten zu lassen. Arme Irre! Warum fragen sie nicht ihren Hund, der kommt jedenfalls, wenn man ihn ruft, säuft kein Bier und kackt nicht in die Wohnung. Haben sich die grauen Räuber erst einmal Zugang zu einem Gebäude verschafft, nimmt das Unheil seinen Lauf: Ein rumpelndes Monster produziert draußen im Garten tonnenweise graue Masse, die sich wie ein nie versiegender Lavastrom über den frisch eingesäten Rasen ergießt. Ungerührt von der hemmungslosen Bodenversiegelung sitzen die Maurer seit Stunden im Furzwagen, dreschen Skat und lassen jede Menge reißen. Im Hause passiert nichts, wenn man mal von dem Wasserschaden absieht, der sich durch einen kleinen Schlenker mit der Hilti am Gesimse bildet. Überall fliegt zerfetzte Folie herum, und aus Wut zertrümmerte Kalksandsteine raspeln sich ins Parkett. Das ganze Happening nennt sich "Baustelle" und kostet mördermäßig viel Kohle. Einmal am Tag erscheint ein Mann mit Goldkettchen und Geländewagen und brüllt in den Furzwagen. Manchmal kommt dann jemand raus und verteilt graue Masse auf dem HappeningGelände. Der Goldkettchenmann spricht auch zuweilen in ein mobiles Fernsprechendgerät und fuchtelt mit den Armen in der Luft herum. Tage später kippen dann große Muldenlaster verstrahlte Hochofenschlacke in die Hofeinfahrt. Das kann monatelang so weitergehen. Doch eines Tages sind sie plötzlich weg. Der Furzwagen ist abgeholt, das Rumpelmonster verstummt, in der verstopften Toilette schwimmen keine Kronkorken mehr. Sonst hat sich nichts geändert auf der "Baustelle". Irgendwann später kommt noch einmal der Goldkettchenmann, gibt dir ein Werbefeuerzeug und will 250000 Mark haben. Wofür sagt er nicht. Nur der Kleinliche kann da "Nein" sagen. Wer weiß, vielleicht sitzen die armen Maurer zu Hause und haben nicht einmal genug Bier und Apfelkorn für ihre Kinder.
(mal wieder alles nur geklaut - (c)Frühstyxradio Produktions GmbH)