Giacomo_S
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streicher schrieb:Auch interessant: Ein Start-Up-Unternehmen hat eine App entwickelt, die Lebensmittel vor dem Mülleimer retten soll.
Too Good To Go
Von dem Preis von 2,50 Euro pro Box, geht ein Euro an das Startup, das sich um die digitale Infrastruktur und den Kundenservice kümmert.
Über diese Idee habe ich mittlerweile reichlich nachgedacht - und bin stocksauer dabei geworden.
1. Kosten:
1.1. Steuern
Auch mit 1,50 € wird etwas verkauft und nicht verschenkt. Man hat also mindestens 7 % MwSt abzudrücken. Vermutlich kommen noch andere Steuern und Abgaben hinzu, das kann ich jetzt schlecht abschätzen. Rechnen wir aber mal mit 7% = 0,11 €.
1.2. Verpackung
Das Essen kann man dem Kunden ja nicht in die hohle Hand drücken. Und für "Nudeln mit Gulasch" tut es auch keine Hamburger-Pappschachtel. Eine Menübox muss also her, Plastikbesteck und eine Papierserviette, um dem Empfänger einen letzten Rest Würde zu lassen.
Menübox: 0,42 €
Besteck: 0,05 €
Serviette: 0,01 €
1.3. Arbeitszeit
An einer noch so kleinen Ausgabe brauche ich zwei Mitarbeiter, die den Kram ausgeben. Speisen müssen warm gehalten werden, die Einsätze müssen anschließend gereinigt werden. Der Posten muss anschließend gereinigt werden, ggf. auch der Gehweg aufgeräumt (Müll). Selbst ein Mindestlohn-Mitarbeiter kostet wahrscheinlich summa summarum 20,-€/Stunde. Und da ist Arbeit der Köche (zusammenräumen, wieder erwärmen) noch nicht einmal mitgerechnet!
Ausgabe: 2 x 1 Std. = 40,- €
Reinigung: 2 x 0,5 Std. = 20,- €
Bei durchschnittlich 75 Kunden = 0,80 €
1.4. Kostenrechnung:
MwSt. 0,11 €
Non-Food: 0,48 €
Arbeit: 0,80 €
Summe: 1,39 €
Fazit Kosten: Bei den bereits angenommenen 75 Kunden (was viel wäre) komme ich auf eine Müllkostenersparnis von 75 x 0,11 = 8,25 €.
Da eine Reihe versteckter Kosten hier noch gar nicht aufgeführt sind, kann man sich vorstellen, dass da schnell sogar ein Verlust entsteht.
2. Müll, die 2.
Die Leute lassen erfahrungsgemäß den Verpackungsmüll herumliegen oder schmeißen ihn in die Gegend. Es entsteht mehr Müll, als das Müllaufkommen entlastet würde, zudem dann mit nicht kompostierbarem Müll: Plastik nämlich.
3. Abläufe
Die Leute müssen den Kram ja auch irgendwo verzehren, erfahrungsgemäß tun sie das dann an Ort und Stelle. Dazu lassen sie sich dann mangels Sitzgelegenheiten irgendwo nieder, in Parks, auf Bänken, geparkten Autos. Die Stadt wird sich bedanken! Vor allem München, die aus gutem Gründen Fast Food ohnehin schon immer eingeschränkt hat.
Was mache ich, wenn der Kram aus ist? Das ist nicht verschenkt, da kann ich nicht einfach mit den Schultern zucken - schließlich haben die Leute das im Voraus bezahlt, auch wenn's nur 2,50 € sind.
Ergo: Irgendwann koche ich extra irgendwelchen Kram, nur um für solche Fälle gerüstet zu sein. Da beisst sich die Katze in den Schwanz ...
4. IT-Wixxer ...
... sind die Einzigen, die von so einer Arschloch-Idee einen Vorteil haben. Die kassieren dann nämlich - 1 € - für mehr oder weniger gar nichts und aufgrund der Leistung und dem Material anderer.
WAS und WEM wollen sie WOMIT den Leuten eigentlich noch das Geld aus der Tasche ziehen? Geld, das auf die eine oder andere Weise dann doch nur bei den IT-Giganten landet?
WAS ist das nächste? Die "Pfandflaschen-App"? Die "Penner-App"? Die "Schlafplatz-unter-der-Brücke-App"?
5. Fazit
Die Leute sollen nicht für 2,50 € den Kram fressen, den andere haben liegen lassen, nur damit wieder ein IT-Wixxer noch reicher wird. Du zahlst zuviel Miete, Du verdienst zu wenig? Macht nichts, du kannst ja preiswert die Reste fressen! Smartphone genügt!
Vielmehr sollen die Leute genug verdienen, damit sie sich mindestens ein ordentliches Wirtshaus-Essen auch mal leisten können! Und auch leisten wollen! Von Mitarbeitern, die einen fairen Lohn verdienen und nicht auch noch für irgendeinen IT-Abzocker umsonst arbeiten sollen.
Das dann aber einer sich auch noch mit so einer Idee - wie so oft - noch als der große Wohltäter, als Weltverbesserer darstellt: DAS schlägt dem Fass den Boden aus und macht mich einfach sauer!
Wühl doch selber im Mülleimer!