Der Landser, Ausg. 1116, "Die Schlacht um Wien"
Gut, das kann ich so nicht stehen lassen; zumindest nicht ohne ein paar Worte dazu zu sagen:
Ja, ich hab ein ziemlich mulmiges Gefühl gehabt, als ich mir an einem verregneten Dienstag Mittag irgendwann vor 4 Jahren das Heftchen am Bahnhofskiosk gekauft hab. Aber irgendwie war ich ziemlich neugierig. Stimmt das, was die Leute über das Heft erzählen? Dass es von vorne bis hinten von Nazipropaganda trieft und zudem alles was nur geht an den Haaren herbeigezogen ist.
Nun, ich bin ehrlich gesagt positiv überrascht - heute mehr als beim ersten Lesen vor 4 Jahren.
Von Heldentum und Kriegspropaganda ist jedenfalls nicht mehr zu spüren als in "Im Westen nichts Neues", natürlich ohne dass "Der Landser" die literarische Qualität Remarques erreicht.
Den Inhalt kann man grob in zwei Stränge unterteilen: Zum einen die Darstellung und Entwicklung der Lage im Raum Ungarn und zum anderen immer wieder eingeflochtene Berichte, die quasi einem Blick über die Schulter der Akteure gleichkommen.
Dabei wird großen Wert auf die Vermittlung der Moral der Einheiten (zumeist Volkssturm, Wehrmachtstrümmer und Waffen-SS-Reste) gelegt.
Interessant auch die lebhafte Darstellung des österreichischen Widerstandes ("O5") gegen Wehrmacht und SS.
Etwas plump überzeichnet sind die Charaktere des Reichsstatthalters von Wien, Baldur von Schirach sowie des SS-Obersturmführers Sepp Dietrich.
Während Schirach als egoistischer, eitler Parteibonze dargestellt wird, kommt Dietrich recht neutral davon; von seiner nationalsozialistischen Gesinnung jedenfalls wird nichts erwähnt.
An dieser Stelle wird wohl der ein oder andere einhaken und zumindest einen Verweis auf die Gesinnung Dietrichs verlangen. Im Grunde wäre das aber überflüssig weil es (aus meiner Sicht) selbstverständlich ist, dass der Kommandeur der 6.Waffen-SS PD "Leibstandarte Adolf Hitler" ein überzeugter Nazi ist/war.
NS-Propaganda kann man zumindest dieser Ausgabe nicht vorwerfen. Verdrehung der Tatsachen oder Falschdarstellungen finden sich ebenso wenig (zumindest nach erster Überprüfung).
Überraschend finde ich, dass über die Verluste, die sich ja gerne für propagandistische Zwecke mißbraucht werden, keine genaue Angaben gemacht werden. Tatsächlich findet sich hier eine weitestgehend nüchterne Darstellung, auch wenn die "Kamera" meist aus dem Blickwinkel der Deutschen "filmt".