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Simple Man

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"Yolocaust ist ein Projekt des israelischen Satirikers und Autors Shahak Shapira, das unsere Erinnerungskultur durch das Kombinieren von Selfies am Holocaust-Mahnmal in Berlin mit Bildmaterial aus Vernichtungslagern hinterfragt. Die Selfies wurden auf Facebook, Instagram, Tinder und Grinder gefunden. Kommentare, Hashtags und „Likes“ aus den Selfies wurden ebenfalls übernommen."

http://yolocaust.de/
 

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Global Terrorism Database
The Global Terrorism Database (GTD) is an open-source database including information on terrorist events around the world from 1970 through 2015 (with annual updates planned for the future). Unlike many other event databases, the GTD includes systematic data on domestic as well as international terrorist incidents that have occurred during this time period and now includes more than 150,000 cases.

Map: 45 Years of Terrorism
 

Telepathetic

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Examine what would happen if we were to deploy blockchain technology at the sovereign level and use it to create a decentralized cashless economy. This book explains how finance and economics work today, and how the convergence of various technologies related to the financial sector can help us find solutions to problems, such as excessive debt creation, banks getting too big to fail, and shadow banking.
http://www.kurzweilai.net/the-block...king-macroeconomic-policy-and-economic-theory
 

Telepathetic

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Die „Atheist Bus Campaign“ war international eine der meistbeachteten und umstrittensten Werbekampagnen 2009. In Deutschland haben wir mehr als 20 Millionen Menschen mit unserer Botschaft erreicht, dass Nichtreligiöse eine stärkere Präsenz in öffentlichen Debatten einfordern. Dass sie positive Werte haben und im Zentrum der Gesellschaft stehen.
http://www.buskampagne.de/

Seitdem dieser Busfahrer von Homosexualität wie von einer Krankheit gesprochen und eine durch abrahamitische Religion beförderte Ablehnung Schwuler vertreten hat, ist in mir ein gewisser Ekel vor einer solchen Argumentation aufgestiegen. Die ebenso religiös motivierte Ablehnung von Demokratie und damit auch von einer Gesprächskultur, die alle anstehenden Themen diskutiert und Sinn und Unsinn rational voneinander zu trennen sucht, hat mich erschreckt. Es ist höchste Zeit, ein stärkeres argumentatives Gegengewicht zu den erstarkenden Religionen zu bilden und unsere demokratischen Werte zu verteidigen. Es ist auch höchste Zeit ein Bewußtsein in der Öffentlichkeit zu etablieren, dass die Zahl der Nichtreligiösen um einiges größer ist, als man annehmen könnte und zwar lange bevor die religiösen Schreihälse überhand nehmen.
 

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Telepathetic schrieb:
Es ist höchste Zeit, ein stärkeres argumentatives Gegengewicht zu den erstarkenden Religionen zu bilden und unsere demokratischen Werte zu verteidigen. Es ist auch höchste Zeit ein Bewußtsein in der Öffentlichkeit zu etablieren, dass die Zahl der Nichtreligiösen um einiges größer ist, als man annehmen könnte und zwar lange bevor die religiösen Schreihälse überhand nehmen.
Wie ist es eigentlich derzeit auf deutschen Straßen und in deutschen Fußgängerzonen? Ich kann mich erinnern, dass es vor 15 oder 20 Jahren manchmal ziemlich laut zuging, da dort Vertreter verschiedener freichristlicher Gemeinden aktiv waren, dort Theater gespielt , Lieder gesungen und gepredigt haben, mit lauter PA. Insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene sind dann ausgeschwärmt und haben die Passanten angesprochen. Oder einzelne Prediger haben sich gegenüber Cafés und Bierbänken aufgestellt und ihre Botschaft rausgeschrien.
Man liest heute eher von Koranverteilungen als von christlicher Aktivität jeder Couleur.
Und vielleicht noch vom Kirchentag - aber dieses Jahr ist steile Prominenz präsent.

Von Ländern, in denen Gläubige des strengen Islams in der Überzahl sind, wie Saudi-Arabien und Iran, liest man hin und wieder, dass die Zahl der nicht oder kaum sichtbaren Ungläubige überraschend hoch ist, insbesondere unter jungen Leuten, und rasant wächst. Aber die meisten trauen sich wegen der Verfolgung und dem Ausschluss aus der Familie noch nicht raus, wenige sind in sozialen Netzwerken aktiv. Da können es auch wissenschaftliche Erkenntnisse und Theorien gewesen sein, die die Leute "abirren" liess, wie zum Beispiel die allseits von strengen Gläubigen bekämpfte Evolutionstheorie. Es könnte in nicht allzu ferner Zeit im Iran zu einem gesellschaftlichen Erdbeben kommen.

Allerdings können Atheisten auch sehr religiös sein: so gibt es die Oasis-Kirche, die mit ihren "Nichtgottesdiensten" ein Gegenmodell zu den christlichen Gottesdiensten in den USA stellen. Sie haben auch das Ziel der Gemeinschaftsförderung: gerade wegen der Gemeinschaft gehen viele Menschen in die Gottesdienste. Sie kupfern also einiges von den christlichen Gemeinden ab.
 

Telepathetic

Großmeister
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Wie in allem im Leben, muß man immer schauen, wo die Grenzen sind. Klingt ziemlich abgedroschen. Aber es ist ja trotzdem auch immer so, dass diejenigen, die antreten etwas anders, vor allem besser zu machen als andere, sich genau darin verrennen und über's Ziel hinausschießen können. Gehört einfach zum menschlichen Repertoire dazu. Und genau aus dieser Einsicht, gewonnen aus der menschlichen Geschichte, stammen natürlich auch die (nicht-pathologischen) Befürchtungen und (pathologischen) Ängste, dass eine gutgemeinte Agenda 21 mit all ihren gutgemeinten Plänen, den Planeten und damit auch die Menschheit zu retten, irgendwann zurückfeuert und das Gegenteil bewirkt. Vllt. hat Amos Oz recht damit, dass es immer die Weltverbesserer sind, die die Welt verschlechtern; er spricht darüber in seinem Buch "Judas". Andererseits kann man auch nicht zuschauen und einfach geschehen lassen.
 

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Nun, vielleicht ist es manchmal doch empfehlenswert, darauf zu schauen, was schon alles an guten Ansätzen und Strategien vorhanden sind. Es muss eben nicht alles verbessert werden, manchmal kann das Alte wieder hervorgeholt werden. Beispiel: hier und da in Deutschland eröffnen Läden, in denen verpackungsfrei angeboten wird oder die Ware abgewogen und überreicht wird, nur landet sie in eigens mitgebrachte Behälter. Als ob das etwas Neues wäre - all das gab es doch früher schon: die Supermärkte haben Über Jahrzehnte die kleinen Läden und Märkte weitgehend verdrängt.

Die Agenda 21 setzt durchaus hehre Ziele. Auch die Bundesregierung hat eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt. Wie es zu erwarten ist: die Stategien müssen ständig weiterentwickelt werden. Eigene Institutionen wie der Nachhaltigkeitsrat wurden eingerichtet: der Nachhaltigkeitsrat berät die Regierung.

Meint Amos Oz die Weltverbesserer, die glauben (allein) zu wissen, wie man die Welt verbessern kann? Davon hat die Welt schon wirklich viele erlebt. Vielleicht gibt es einige Agenda-21-Leute, die auch sehr rigoros auftreten und, wenn man ihnen freien Lauf geben würde, schnell eine Ökodiktatur errichten würden. Aber eigentlich habe ich Nachhaltigkeit anders verstanden. Nachhaltiges Denken und Handeln hat meines Erachtens erstaunlich viel mit Toleranz, Empathie, gemeinsamen Lernen und Zusammenarbeit zu tun.

Alexander Dworak: „Nachhaltigkeit heißt der Mitwelt und ihrer Zukunft die Lebensgrundlagen zu garantieren.“
Brundtland-Bericht (1987): „Dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“
Sind die Definitionen gut?
Welche Strategien sollten wir fahren, wenn wir nicht einfach "zuschauen und geschehen lassen wollen"?
 

Telepathetic

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Hallo :hut:

streicher schrieb:
Nun, vielleicht ist es manchmal doch empfehlenswert, darauf zu schauen, was schon alles an guten Ansätzen und Strategien vorhanden sind. Es muss eben nicht alles verbessert werden, manchmal kann das Alte wieder hervorgeholt werden. Beispiel: hier und da in Deutschland eröffnen Läden, in denen verpackungsfrei angeboten wird oder die Ware abgewogen und überreicht wird, nur landet sie in eigens mitgebrachte Behälter. Als ob das etwas Neues wäre - all das gab es doch früher schon: die Supermärkte haben Über Jahrzehnte die kleinen Läden und Märkte weitgehend verdrängt.
Und wenn die Supermärkte ein entsprechendes System einführen, ist (fast) alles wieder beim alten. Nestlé fährt übrigens die gleiche Schiene in der Schweiz, wo über ein eigenes Recyclingsystem die Nespresso-Kapseln zurück an die Fabriken geliefert, was die Kapseln wesentlich umweltfreundlicher macht, als z.B. in Deutschland, in dem jeder die Kapseln in die Restmülltonne entsorgt. Das sollte all den klimaschützenden Nespresso-Kaffee-Trinkern in Deutschland zu denken geben.

Meint Amos Oz die Weltverbesserer, die glauben (allein) zu wissen, wie man die Welt verbessern kann?
Im Roman zeigt er auf, wie engstirnig eine Institution sein kann, wenn jemand es wagt von einer allgemein anerkannten Wahrheit abzuweichen. Die Agenda 21 ist nun keine Agenda der Liebe Gottes oder sonstiges bla bla, aber in der medial geführten Diskussion und im öffentlichen Leben lässt sich aber auch eine Spur Engstirnigkeit wiederfinden, was sich in Worten wie "Klima-Leugner" u. Ä. zeigt. Im Roman von Oz wird aus einem Treuen, der vor der Schaffung eines israelischen Staates warnt, ein Verräter an Israel gemacht, welcher dann inmitten Israels in der Isolation lebt. Ob auch in Deutschland Leute mit der eigentlich richtigen Wahrnehmung auf ähnliche Weise ausgestoßen werden (und dann allerdings den Mut und die Kraft verlieren auf andere Weise weiterzumachen), weiß ich nicht.

Aber eigentlich habe ich Nachhaltigkeit anders verstanden. Nachhaltiges Denken und Handeln hat meines Erachtens erstaunlich viel mit Toleranz, Empathie, gemeinsamen Lernen und Zusammenarbeit zu tun.
Deine persönliche Einstellung will ich nicht in Frage stellen. Auch ich finde diese Werte gut. Es ist nur fraglich, ob sich diese Ideale verwirklichen lassen. Einerseits mag nicht jeder mit jedem gemeinsam lernen und zusammenarbeiten. Selbst das vereinheitlichende deutsche Schulsystem schafft es nicht, die gesamte Persönlichkeit eines Menschen unter Kontrolle zu bekommen. Und andererseits kann "gemeinsam lernen" auch genausogut bedeuten "gemeinsam lernen, was gelernt werden soll, weil es als richtig angesehen wird." Siehe ein Absatz weiter oben. In Bezug auf die Umwelt gibt es natürlich eine Wahrheit, nämlich, dass die Umwelt auf Einwirkungen von Außen reagiert und wenn der Mensch nicht aufpasst, was er tut, dann schadet er sich selbst, durch die Rückwirkung der Umwelt auf ihn. Im Prinzip geht es dann nur noch um das Wie.

Alexander Dworak: „Nachhaltigkeit heißt der Mitwelt und ihrer Zukunft die Lebensgrundlagen zu garantieren.“
Brundtland-Bericht (1987): „Dauerhafte Entwicklung ist Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“
Sind die Definitionen gut?
Welche Strategien sollten wir fahren, wenn wir nicht einfach "zuschauen und geschehen lassen wollen"?[/quote]Sicherlich. Umweltschutz ist Menschenschutz. Was eine Generation schafft, wirkt sich auf nachfolgende Generationen aus. Basierend auf solchen Erkenntnissen kann jede/r in eigener Verantwortung für das eigene Leben erkennen und entscheiden, wie das eigene Schaffen kommende Generationen nicht nur nicht belastet, sondern wenn möglich noch bereichert. Und ja, eine Gefahr besteht immer, ob sie nun tatsächlich eine Dimension der totalen Zerstörung der Erde in nur wenigen Jahrzehnten darstellt oder nicht, und ob mit diesem Schreckgespenst die jahrzehntelange Panikmache, die Zerstörung der eingebürgerten Kultur (die ja für die meisten funktioniert zu haben scheint), immer größer werdende staatliche Meinungseinmischung und Bevormundung, ausufernde Bürokratisierung und erst recht die staatliche Einmischung in wirtschaftliche Vorgänge im Namen der sozialen Gerechtigkeit und der Umwelt und des Klimas, das ist eine andere Frage.

Sorry, aber mir erschienen schon vor Jahren und erscheinen mir immer noch sämtliche Texte, sei es vom Bund oder der UNO, immer suspekt. Denn was da so hehr klingt, schafft für sehr viele Leute eine chronische Unzufriedenheit im Leben und die lässt sich nicht einfach übergehen mit Vorwürfen des Populismus, der Fremdenfeindlichkeit, der (sozialen) Gier und dem Klima-Leugnen.

Immerhin kann ich einen Basiskonsens in den Idealen erkennen. Einzig und allein die Methodik und manche Unlogik in der Umsetzung der Ideale trennt mich von der vorherrschenden politischen Meinung.
 

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Hi :winke:

Telepathetic: Nestlé fährt übrigens die gleiche Schiene in der Schweiz, wo über ein eigenes Recyclingsystem die Nespresso-Kapseln zurück an die Fabriken geliefert, was die Kapseln wesentlich umweltfreundlicher macht
Und vielleicht denkt das Unternehmen dabei auch ganz wirtschaftlich, denn es spart sich damit einen Haufen Rohstoffe ein.

Die Agenda 21 ist nun keine Agenda der Liebe Gottes oder sonstiges bla bla, aber in der medial geführten Diskussion und im öffentlichen Leben lässt sich aber auch eine Spur Engstirnigkeit wiederfinden, was sich in Worten wie "Klima-Leugner" u. Ä. zeigt.
Das spaltet und ist sehr undifferenziert. Gut, ehrlich gesagt, wenn jemand behauptet, dass das Wirtschaften des Menschen keine Auswirkung auf Klima hat, halte ich das auch für Unsinn. Das Wirtschaften des Menschen ist Faktor, aber beziffern kann das niemand. Außerdem lenkt diese scharf und öffentlich geführte Diskussion auf eine Facette der Umweltauswirkungen, auf die der Mensch vielleicht tatsächlich noch korrigierend einwirken kann. In Sachen biologische Vielfalt sieht die Situation ganz anders aus. Die Auswirkungen können dramatisch sein. Beispiel: durch Überfischung werden sich andere Arten stärker ausbreiten - in dem Fall sind es wohl die Quallen. Guten Appetit!

und ob mit diesem Schreckgespenst die jahrzehntelange Panikmache
Panikmache kann zur Resignation oder zur Abwehrhaltung, weil man sich selbst schützen will. Oder man hört raus wie: "Schränk dich ein, weil es sonst bergab geht!" Das ist natürlich kein Satz, der positiv motivierend ist. "Autofahrer, Fleisch- und Fischesser = Umweltsünder".
Andererseits: wenn es zum Beispiel Klimaforschungsergebnisse gibt, sollte damit nicht hinter dem Berg gehalten werden.
Interessant fand ich in letzter Zeit die Diskussion über die zurückgegangene Anzahl von Insekten. So kam eine kleine Forschungsgruppe zu dem Ergebnis, dass es vor einem halben Jahrhundert ungeführt 80 Prozent mehr Insekten in Deutschland gegeben haben soll. Untersuchungsort war lokal. Argumentiert wurde u.a. mit den fehlenden toten Insekten auf der Windschutzscheibe der Autos. Tja, wie kommen die auf die 80 Prozent? Und ist es ein schlagendes Argument, dass es weniger Insekten auf Windschutzscheiben gibt. Grund für den Insektentod: Insektizide. Ich würde allerdings dazu tendieren, dass die fehlenden Insekten auf den Windschutzscheiben durchaus als Argument gesehen werden könnten. Ein Skeptiker könnte vielleicht mit der Abnahme eines cw-Wertes argumentieren. :) Das Bienen- und Schmetterlingssterben stellen, denke ich, nicht mehr viele in Frage. Insbesondere wissen wir, wenn wir uns selbst zurückerinnern, dass es mal mehr Schmetterlinge auf den Wiesen gab, auch einen größeren Artenreichtum. Unsere Eltern können davon auch Lieder singen.
Der Verlust der Insekten bringt auch den Verlust von heimischen Vögeln mit sich, keine Frage - das ist ein Gesetz der Nahrungskette.

Und noch andere Diskussionen werden geführt: wer ist denn nun der Tierliebhaber - der Hauskatzenbesitzer, der seine Katzen draußen frei herumlaufen lässt, oder der Vogelliebhaber, der sich darüber aufregt, aber keine Haustiere besitzt? Da habe ich schon interessante Diskussionen mitbekommen. :)

Insgesamt denke ich, dass jeder selbst seinen Weg finden muss, wenn es um den Umgang mit der Umwelt geht. Aber auch der Staat muss ihn auf allen Ebenen finden und sich immer wieder ausrichten. Ebenso Unternehmen. Es betrifft uns halt allesamt.
Welche Rolle sollte der Staat denn einnehmen?
 

Telepathetic

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streicher schrieb:
Beispiel: durch Überfischung werden sich andere Arten stärker ausbreiten - in dem Fall sind es wohl die Quallen. Guten Appetit!
Ja, Quallen schmecken vermutlich nicht so gut. Ich denke, die Lösung für Überfischung ist wohl die Fische, die man fangen und verkaufen möchte, zu züchten. Also müssen Fischfarmen eingerichtet werden. Dann wird auch dem Mißstand vorgebeugt, nicht nur die gewünschten Fische, sondern auch andere Meerestiere unnötig zu töten. Eine kontrollierte Zucht funktioniert auch in anderen Bereichen, siehe Bauernhof und auch Wälder kann man kontrolliert abholzen und wieder anpflanzen.

Andererseits: wenn es zum Beispiel Klimaforschungsergebnisse gibt, sollte damit nicht hinter dem Berg gehalten werden.
Klar. Solange auch wirklich wissenschaftlich vorgegangen wird. Leider ist es so, dass gerade in Bezug auf Klima... der emotionale Kern überwiegt. Noch schlimmer finde ich es, wenn die (anscheinend selten akkuraten) Prognosen noch dazu benutzt werden, um den Menschen ein schlechtes Gewissen einzureden; ein schlechtes Gewissen und obendrein noch Scham überhaupt ein Mensch zu sein. Es scheint nicht nur ein deutsches Phänomen zu sein, dass dem Menschen an sich, der Wirtschaft und der fortschreitenden Technisierung eine ablehnende Haltung entgegengebracht wird, wohingegen einer angeblich natürlichen Lebensweise so wie in der guten alten Zeit das Wort geredet wird. Man möge mir bitte meine Allgemeinplätze verzeihen. Ich drücke aus, was im Laufe der Jahre zu meinem grundsätzlichen Eindruck geworden ist. Ich erinnere mich an ein Buch, welches einen Titel a là "Der Mensch - Irrweg der Natur" oder etwas ähnlich pessimistisches getragen hat. (Da ist übrigens ein Grund, warum ich mal ein größeres Interesse für den Judaismus entwickelt hatte: das Menschenbild ist ein Positives, auch wenn die Möglichkeit des Menschen zum Bösen nicht geleugnet wird.)

Interessant fand ich in letzter Zeit die Diskussion über die zurückgegangene Anzahl von Insekten. So kam eine kleine Forschungsgruppe zu dem Ergebnis, dass es vor einem halben Jahrhundert ungeführt 80 Prozent mehr Insekten in Deutschland gegeben haben soll. Untersuchungsort war lokal. Argumentiert wurde u.a. mit den fehlenden toten Insekten auf der Windschutzscheibe der Autos.
Was mich bei solchen Behauptungen immer so wundert, haben die vor 50 Jahren bereits die Natur inventarisiert und Statistiken geführt? Von Temperaturmessungen weiß ich. Vermutlich haben diverse Bauern und Agrarämter und dergleichen Tagebücher geführt. Aber ist es methodisch gesehen sinnvoll, an einem Ort Daten zu sammeln und berechnen und diese dann auf ein größeres Gebiet hochzurechnen?

Insbesondere wissen wir, wenn wir uns selbst zurückerinnern, dass es mal mehr Schmetterlinge auf den Wiesen gab, auch einen größeren Artenreichtum. Unsere Eltern können davon auch Lieder singen.
Also, ich weiß nur, dass ich früher mal viiiiiiel mehr Zeit Draußen verbracht habe. Das war so Mitte der 80er. Kann sein, dass ich deswegen damals auch viel mehr Insekten, Bienen und Schmetterlinge auf Wiesen gesehen habe. Rein von der momentanen Häufigkeit meiner Spaziergänge in Wald und Wiesen gesehen, würde ich sagen, dass es fast gar keine Insekten, Bienen und Schmetterlinge mehr gibt.

Welche Rolle sollte der Staat denn einnehmen?
Jedenfalls nicht die Rolle, die er momentan einnimmt, bzw. nicht auf die Art, wie er sie einnimmt. Denn der Trend geht eindeutig dahin, dass Naturschutz-, Umweltschutz- und Klimaschutzgründe Gesetze und Regelungen hervorbringen, die für Privatperson und Geschäftsperson immer mehr Restriktionen hervorbringen. Gleichzeitig werden solche hehren Projekte wie "alle auf's Fahrrad" und "Umstieg auf's Elektroauto" politisch lanciert, dabei ist es noch nichtmal immer praktisch ein Fahrrad zu benutzen, auch nicht in Kombination mit ÖPNV, und was ist mit den Leuten, denen Fahrradfahren körperlich zu anstrengend, ungemütlich, sonstwas ist? Und Elektroautos scheinen auch nicht wirklich praktisch zu sein, zumindest nicht solange wie das Auftanken mehr als ein paar Minuten dauert, zumal es kaum Ladestationen gibt.

Und hier ist, warum ich denke, dass sowas wie die Agenda 21 schlecht bei der Mehrzahl der Leute aufgenommen wird: was dahinter steht, mag real sein oder nicht, aber die Lösungen sind nicht wirklich praxis- und alltagstauglich. Menschen sind von Fußgängern und Radfahrern zu Autofahrern geworden, weil ein Auto unheimlich viele Vorteile bietet; und gerade in den ländlichen, der Natur doch so nahen Gebieten ist ein Auto eigentlich unerlässlich. Daran knüpfe ich eine weitere Forderung an den Staat: weniger restriktiv und lenkend wirken, sondern den Menschen im Alltag ihre Entscheidungen lassen. Denn eines muß ich klar und deutlich sagen: ich bin noch nicht überzeugt davon, dass eine sich stetig ausweitende Bürokratie, die immer mehr Macht über den Alltag der Menschen bekommt, nicht irgendwann einfach bestimmt, dass alle auf's Fahrrad müssen, egal wie sinnvoll oder nicht. Ich hoffe, dass ich mich da täusche und lediglich Gespenster sehe.
 

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Telepathetic: Also müssen Fischfarmen eingerichtet werden. Dann wird auch dem Mißstand vorgebeugt, nicht nur die gewünschten Fische, sondern auch andere Meerestiere unnötig zu töten. Eine kontrollierte Zucht funktioniert auch in anderen Bereichen, siehe Bauernhof und auch Wälder kann man kontrolliert abholzen und wieder anpflanzen.
Um die 50 Prozent der Fische in unseren Kühlregalen kommen schon aus Fischzuchtbetrieben. Ich hätte es selbst nicht so hoch eingeseschätzt. Das zeigt aber auch, dass die Massentierhaltung schon längst in die Aquakultur Einzug gehalten hat. Das schont die Meere, die Süßgewässer, aber wie viel, das ist die Frage. Vergleichbar sind die Fischzuchtbetriebe wohl eher den Großbetrieben der Schweine- oder Hühnerzucht als den Bauernhöfen. Sonst bräuchten die Fische wirklich einen Teich.

Noch schlimmer finde ich es, wenn die (anscheinend selten akkuraten) Prognosen noch dazu benutzt werden, um den Menschen ein schlechtes Gewissen einzureden; ein schlechtes Gewissen und obendrein noch Scham überhaupt ein Mensch zu sein.
Wer den Menschen keinen Mut macht zu leben, macht einen gehörigen Fehler. Besser ist es doch, das Menschsein als Chance zu begreifen.
Allerdings ist es auch unverkennbar, wie rücksichtslos der Mensch sein kann, gegenüber Fauna und Flora und gegenüber Seinesgleichen.

Aber ist es methodisch gesehen sinnvoll, an einem Ort Daten zu sammeln und berechnen und diese dann auf ein größeres Gebiet hochzurechnen?
Da würde ich vermuten, dass man die Ergebnisse eben nicht einfach so ausdehnen kann. Man sollte verschiedene Räume untersuchen, Gebirge, Seenplatten, Anbaugebiete, Städte, etc. Dann würde man aussagekräftige Daten haben.
Es macht eben auch einen Unterschied, ob man die Insektenpopulationen in der Naturschutzregeion Rhön oder im Gäuboden (vor dem Bayerischen Wald) über längeren Zeitraum misst. Im Gäuboden findet man sehr viel Maisanbau.

Gleichzeitig werden solche hehren Projekte wie "alle auf's Fahrrad" und "Umstieg auf's Elektroauto" politisch lanciert, dabei ist es noch nichtmal immer praktisch ein Fahrrad zu benutzen, auch nicht in Kombination mit ÖPNV, und was ist mit den Leuten, denen Fahrradfahren körperlich zu anstrengend, ungemütlich, sonstwas ist?
Viele von den Personen, denen das Fahrradfahren zu anstrengend ist, greifen zu den Pedelecs. Die Pedelecs sind wirklich eine Erfolgsgeschichte der Fahrradindustrie. Hier in München werde ich nicht selten von älteren Leuten überholt, die nur ab und an in die Pedale treten müssen, aber geschwind vorankommen. München ist bei rund 20 % Fahrradanteil im Modal Split angelangt. Das bedeutet allerdings auch, dass die Fahrradhauptverkehrsrouten ganz schön ausgelastet sein können. Die Befürworter des Radverkehrs schauen deswegen ab und zu immer noch etwas "neidisch" zu dem Nachbar Niederlande, der schon seit Jahrzehnten den Radverkehr gezielt fördert. Die Niederlande hätte allerdings aus Platzgründen ein noch massiveres Stauproblem (und hat sogar trotzdem?!), als wir es hier erfahren.

Deutschland hat halt lange autofokussiert geplant und gebaut, nicht zuletzt wegen der heimischen Autoindustrie, die zuletzt häufig in die Negativschlagzeilen geraten ist. Ob ein Umstieg auf das Elektroauto der Segen der Zukunft ist, wage ich auch zu bezweifeln. Herstellung und Wiederaufbereitung sind schwierig. Das Stromnetz ist dafür nicht gerüstet - und woher soll der Strom auch kommen. Die Ingenieurskunst wird eine andere. Eine komplette Ersetzung des Verbrennungsmotors durch Stromer und unter staatlichen Zwang würde ich auch als fragwürdig ansehen.
 

Telepathetic

Großmeister
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Hallo streicher, Hallo Forum :hi:

Da es schon wieder eine Weile her ist, dass ich hier gelesen und geschrieben habe, kann es sein, dass ich mich wiederhole. Seht mir das bitte nach.

Ich war in der Zwischenzeit nicht untätig, sondern habe gelesen, nachgedacht und im RL Gedanken ausgetauscht, und zwar auch mit Leuten, die tagtäglich mit all diesen Dingen, die wir gerade besprechen, beschäftigt sind.

Mir wird immer klarer, dass es mir im Prinzip immer darum geht, wie mit den wichtigen Themen unserer Zeit umgegangen wird. Das war schon vor Jahren so gewesen, als ich das erste Mal von der Agenda 21 gelesen habe. Aber damals ist es nur ein vages Gefühl der Ablehnung gewesen, irgendetwas hat mich gestört, was anfangs zu einer Ablehnung der Themen selbst geführt hat.

Ein Grund ist die Masse an geplanter Umformung der Gesellschaft gewesen, eine Umformung, die so ziemlich alles, was ich bis dahin für richtig gehalten habe, mindestens in Frage gestellt, und allmählich mit wachsender Feindseligkeit belegt hat. Ein Beispiel dafür ist das verbreitete Bild vom Unternehmer/von der Industrie als gierig und als Verstärker sozialer Ungerechtigkeit.

Unter vielen anderen Gründen, gehört das sogenannte "Nudging", das Anstupsen der Leute mit Mitteln der Psychologie, um gewünschtes Verhalten zu erzeugen. Es wird also nicht an die Vernunft appelliert, sondern es wird versucht, das Bewußtsein der Menschen zu umgehen. Das Nudging sehe ich als eine verschärfte Version der stetigen medialen Umerziehungsversuche und Umerziehungsversuche wie die Nachbarschaftsprojekte "Kurze Wege für den Klimaschutz" der Bundesregierung. (Da stelle ich mir immer wieder vor, wie das Leben wohl wäre, wenn das Bargeld abgeschafft würde und man keine andere Wahl mehr hätte, als bei solchen Projekten mitzumachen.)

"Nudging" ist ein Begriff, der mir erst neulich zum ersten Mal begegnet ist, es ist möglich, dass ich Nudging selbst in so harmlosen Aktionen wie dem Aufstellen von Fahrradständern in der Kommune, die vom Land bezuschußt sind, sehe. Jedenfalls existiert eine Studie mit dem Titel "Respektiert eine Politik
des „weichen“ Paternalismus
die Autonomie individueller Konsumenten?
".
Aus dem Fazit:
Insbesondere Framing-Effekte können Autonomie einschränken, indem ihr gezielter Einsatz die Individuen so manipuliert, dass sie nicht auf der Grundlage ihrer eigenen Interessen und Motive handeln.
[...]
Drittens ist die Behauptung, „weiche“ paternalistische Entscheidungsarchitekturen erhielten die Entscheidungsfreiheit des Individuums, nicht allgemein zutreffend. Hierzu sind sowohl strenge Transparenzkriterien zu erfüllen, als auch der Appell an Gefühle und Instinkte der Betroffenen zu vermeiden und Informationen ausgewogen darzustellen.
[...]
Fünftens ist die Behauptung zurückzuweisen, beim neuen Paternalismus handele es sich um einen reinen Mittel-Paternalismus, der die Individuen ungehindert ihre eigenen Ziele verfolgen läßt. Beispiele zeigen, wie die entsprechenden Instrumente genutzt werden, um einen echten Ziel-Paternalismus zu implementieren.
[...]
Siebtens ist schliesslich festzuhalten, dass die Bedeutung von Umfragedaten, in denen sich teils eine Mehrheit der Befragten für paternalistische Mechanismen ausspricht, nicht überschätzt werden darf. In den wenigen experimentellen Studien, die es zum Thema bisher gibt, werden für die Betroffenen die tatsächlichen Kosten paternalistischer Mechanismen deutlich transparenter als in Umfragen. Folglich geht die Tendenz bisher auch dahin, dass diese in experimentellen Studien skeptischer eingeschätzt werden als in Umfrageanalysen.

Man kann natürlich auch darauf hinweisen, dass der Zweck die Mittel heiligt, aber mit dieser Einstellung hat sich auch die Kirche geirrt und viel unnötiges Leid über die Menschen gebracht.
 

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Hallo Telepathetic,

du stößt immer wieder interessante Punkte an. :->

Merkel will die Deutschen durch Nudging erziehen, heißt es in einem Artikel der WELT aus dem Jahr 2015. Hat die Politik also erst jüngstens die Methoden der Wirtschaft entdeckt?

Nudging soll also insbesondere das Unterbewusste ansprechen, ein gewünschtes Verhalten erzeugen. Dann würde ich allerdings sagen, dass wir damit ständig bombardiert werden, und zwar durch Werbung. Und wenn es nur die Beeinflussung zum Kauf eines Produktes geht.

Telepathetic: "Nudging" ist ein Begriff, der mir erst neulich zum ersten Mal begegnet ist, es ist möglich, dass ich Nudging selbst in so harmlosen Aktionen wie dem Aufstellen von Fahrradständern in der Kommune, die vom Land bezuschußt sind, sehe.
Dann frage ich mich, wann ein Aufstellen kein "Nudging" mehr ist. Oder andere Maßnahmen, ob bezuschusst oder nicht. Die Verbreiterung der Straßen und Einrichtung von Parkplätzen wäre dann die Einladung mehr Auto zu fahren. Die Verbreiterung des Bürgersteigs wäre die Einladung mehr Besorgungen zu Fuß zu machen. Wann werden wir also nicht genudgt?

Ich habe mich hier im Forum schonmal darüber aufgeregt, dass mir jemand einen To-go-Becher ins Fahrradkörbchen gestellt hat. Was für ein Verhalten ist das? Der Mülleimer war zehn Meter weiter mit bloßem Auge gut zu erkennen. Das war allerdings zu einer Zeit, in welcher Kinder und Jugendliche brav oder weniger brav in der Schule waren. Scheinbar hört der Bedarf an Erziehung bis zum Lebensende nicht auf.
Deswegen halte ich Maßnahmen, auch wenn sie subversiv sind, nicht per se für schlecht, sondern manchmal für sehr sinnvoll.
Und passend zu meiner Schilderung aus dem obigen Artikel:
Die dänische Politik verlässt sich aber nicht nur auf die eigenen Leute. So wurde in Kopenhagen ein Vorschlag der Verhaltensökonomen des Danish Nudging Network aufgenommen, auf Bürgersteige grüne Fußabdrücke zu pinseln, die zu Mülleimern führen. Der Abfall auf den Straßen ging daraufhin um beachtliche 40 Prozent zurück.
Von solchen Aktionen bin ich ein Befürworter. :)
 

Telepathetic

Großmeister
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streicher schrieb:
Hallo Telepathetic,

du stößt immer wieder interessante Punkte an. :->
Und du bringst immer wieder gute Gegenargumente. :top:

Hat die Politik also erst jüngstens die Methoden der Wirtschaft entdeckt?
Ja, anscheinend. Dann wiederum haben Politiker/Staatsmänner und -frauen/große Führungspersönlichkeiten aller Zeiten immer wieder die Methode des Überzeugens mittels der Rede angewandt. Zu einer guten Rhetorik gehört auch eine gute Präsentation, die richtige Körperhaltung, Gestik, Betonung, passende Kleidung und als Draufgabe eine bereits bekannte, allseits vertraute Symbolik, die im Unterbewußten wirken soll, wie z.B. die Landesfahne im Hintergrund. Ich beschreibe damit zwar nicht das Nudging, aber Nudging und Rhetorik haben eines gemeinsam, nämlich die Einflußnahme auf Entscheidungen.

Der Unterschied ist, dass Nudging weniger auffällig ist und dass es schwieriger erscheint Nudging zu erkennen. Hier möchte ich auch einen Unterschied zur Werbung erkennen. Nudging scheint in einem Graubereich stattzufinden. Ist das Aufstellen von Fahrradständern bereits Nudging? Was ist, wenn eine Stadtverwaltung mit dem Aufstellen von Fahrradständern einem Bedürfnis eines großen Teils seiner Bürger nachkommt, nämlich die Fahrräder sicher abstellen zu können? Dann wäre eine Stadtverwaltung wie ein Wirtschaftunternehmen, welches seinen Kunden eine Leistung erbringt. Und da viele Menschen aus welchen Gründen auch immer (muß ja nicht einmal der Klimaschutz sein), ein Fahrrad benutzen, wenn sie sich innerhalb der Stadt fortbewegen, besteht auch keine Diskrepanz zwischen "Kundenwunsch" und Wunscherfüllung. Bliebe nur noch die Frage, wer da was und wieviel bezahlt.

Nudging soll also insbesondere das Unterbewusste ansprechen, ein gewünschtes Verhalten erzeugen. Dann würde ich allerdings sagen, dass wir damit ständig bombardiert werden, und zwar durch Werbung. Und wenn es nur die Beeinflussung zum Kauf eines Produktes geht.
Ohne Frage. Und das Werbung idealerweise so gebaut wird, dass sie sich in Herz und Kopf der Umworbenen festsetzt und eine Kaufentscheidung begünstigt ist ebenso klar. Ehrlich gesagt, empfinde ich manche kommerzielle Werbung genauso aufdringlich und blöd wie manche politische Werbung. Es scheint kein qualitativer Unterschied zwischen Werbung und Werbung zu bestehen.

Dann frage ich mich, wann ein Aufstellen kein "Nudging" mehr ist. Oder andere Maßnahmen, ob bezuschusst oder nicht. Die Verbreiterung der Straßen und Einrichtung von Parkplätzen wäre dann die Einladung mehr Auto zu fahren. Die Verbreiterung des Bürgersteigs wäre die Einladung mehr Besorgungen zu Fuß zu machen. Wann werden wir also nicht genudgt?
Ja, guter Einwand. Da ist wieder diese Grauzone, die es einem erschwert, zu entscheiden, was Nudging ist und was nicht. Eine aufgemalte Fliege in einem Urinal in einer Kneipe dürfte Nudging sein, weil der Besitzer der Kneipe verhindern will, dass danebengepinkelt wird und obendrein kann das Pinkeln auf eine gemalte Fliege sogar zu einem sportlichen Wettbewerb unter Betrunkenen werden. (Ich habe aber das Gefühl, die Disziplin des sogenannten Zielpinkelns wird kaum olympische Ausmaße erreichen.)

Ich habe mich hier im Forum schonmal darüber aufgeregt, dass mir jemand einen To-go-Becher ins Fahrradkörbchen gestellt hat. Was für ein Verhalten ist das? Der Mülleimer war zehn Meter weiter mit bloßem Auge gut zu erkennen. Das war allerdings zu einer Zeit, in welcher Kinder und Jugendliche brav oder weniger brav in der Schule waren. Scheinbar hört der Bedarf an Erziehung bis zum Lebensende nicht auf.
Und ich fürchte, dass du mit dieser Einschätzung recht hast. Ich habe die selbe Beobachtung bei mir selbst gemacht. Ich kann es einfach nicht leiden, wenn jemand einfach seinen Müll fallen lässt, erst recht nicht, wenn ein Mülleimer in der Nähe ist. Ich kann es übrigens auch nicht leiden, wenn ich von Fremden sofort geduzt werde. Ausnahmen gibt es natürlich. Ein anderes Beispiel ist, wenn jemand seine Musik (vor allem die Bässe) beim Warten vorm verschlossenen Bahnübergang laut stellt. Oder das ständige, gewohnheitsmäßige Ausspucken mancher unreflektierter Zeitgenossen meist jüngeren Alters. Diese Liste kann ich noch um einiges erweitern. Und jetzt? Ich kann doch nicht ständig Leute ansprechen, weil mich was stört. Ich kann es schon, aber irgendwie fände ich es auch blöd, ständig andere zu Verhalten anzustoßen, welches meiner Subjektivität entgegenkommt. Eine Gesellschaft, in der sich alle gegenseitig zum erwünschten Verhalten ermutigen ... hm ... aber immerhin fände ich es ehrlicher, wenn sich Leute direkt ansprechen würden, d.h. ohne dass ein Amt dazwischengeschaltet wird und ohne dass man, wenn auch zu einem guten Zweck, ausgetrickst wird.

Die dänische Politik verlässt sich aber nicht nur auf die eigenen Leute. So wurde in Kopenhagen ein Vorschlag der Verhaltensökonomen des Danish Nudging Network aufgenommen, auf Bürgersteige grüne Fußabdrücke zu pinseln, die zu Mülleimern führen. Der Abfall auf den Straßen ging daraufhin um beachtliche 40 Prozent zurück.
Ich muß zugeben, dass mir diese Aktion auch gefällt. Ich würde in den Fußabdrücken noch nicht einmal Nudging erkennen, sondern eine Art auf den Boden gemalter Hinweisschilder. Schließlich kann es ja auch sein, dass jemand seinen Müll in den Eimer schmeißen will, aber keinen Eimer finden kann und dann halt den Müll einfach fallen lässt. Ich kenne auch Situationen, in denen man dankbar für jeden Hinweis auf eine öffentliche Toilette ist. Ich würde in aufgestellten Hinweisschildern, die zu einer Toilette führen oder in einer auf den Bürgersteig gemalten Linie oder Ähnliches auch kein Nudging erkennen, vielmehr eine erwünschte Hilfe.
 

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Nudge (engl. für Stups oder Schubs, Plural: nudges) ist ein Begriff der Verhaltensökonomik, der maßgeblich durch den Wirtschaftswissenschaftler Richard Thaler und den Rechtswissenschaftler Cass Sunstein und deren Buch Nudge: Improving Decisions About Health, Wealth, and Happiness (2008, dt: Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt) geprägt wurde: Unter einem Nudge verstehen die Autoren eine Methode, das Verhalten von Menschen auf vorhersagbare Weise zu beeinflussen, ohne dabei auf Verbote und Gebote zurückgreifen oder ökonomische Anreize verändern zu müssen.[1] Seit deren Veröffentlichung findet der Begriff auch in anderen Gebieten Anwendung, etwa der Marketing-Kommunikation.
Nudge
Nugding soll also zu einem Verhalten führen, dass jemand anders als richtig/gesund/positiv/klimafreundlich einordnet. Vielleicht ist das der Knackpunkt: man soll zu einem Verhalten angeschubst werden, das eine andere Person, ein Organisation für richtig/besser hält.
Es mag ein Unterschied sein, ob man in Zukunft seinen Müll tatsächlich in einen Mülleimer wirft oder ob man im Verkehr von einem Auto absieht und auf das Fahrrad steigt.

Telepathetic: Ist das Aufstellen von Fahrradständern bereits Nudging? Was ist, wenn eine Stadtverwaltung mit dem Aufstellen von Fahrradständern einem Bedürfnis eines großen Teils seiner Bürger nachkommt, nämlich die Fahrräder sicher abstellen zu können? Dann wäre eine Stadtverwaltung wie ein Wirtschaftunternehmen, welches seinen Kunden eine Leistung erbringt. Und da viele Menschen aus welchen Gründen auch immer (muß ja nicht einmal der Klimaschutz sein), ein Fahrrad benutzen, wenn sie sich innerhalb der Stadt fortbewegen, besteht auch keine Diskrepanz zwischen "Kundenwunsch" und Wunscherfüllung. Bliebe nur noch die Frage, wer da was und wieviel bezahlt.
In den Niederlanden haben sie viel früher eine nationale Fahrradverkehrsplanung gehabt, während die BRD sehr autofokussiert geplant hat. Das kann freilich aus verschiedenen Gründen geschehen sein. Die Umwelt zu schonen, mag ein Grund gewesen sein. Staus zu verhindern in dem kleinen Land könnte sogar ein wichtigerer Grund gewesen sein. Vielleicht kam später noch hinzu, dass die Mitarbeiter, die mit dem Rad kommen, gesundheitlich etwas besser abschneiden (laut Studien). Deswegen haben dort Firmen das Fahrrad als Verkehrsmittel für die eigenen Mitarbeiter gefördert (zum Beispiel durch Kauf von Regencapes und andere Dinge für den Pendler).
Die Förderung vom Fahrradverkehr hierzulande wird, vielleicht sogar unabhängig von den Umweltagenden, schon längere Zeit als eine Art Kurskorrektur diskutiert. Nicht zuletzt setzen sich auch Organisationen wie der ADFC für den Fahrradverkehr ein. Natürlich ist der ADFC auf den Klimazug aufgesprungen und organisiert dementsprechende Aktionen.
Die Gründe für die Förderung gewisser Verkehrsmittel mögen verschieden sein, überall wird man irgendwie angeschubst, aber die Klimaschutzdiskussion scheint noch einen moralischen Aspekt mit sich zu führen. Und somit werden Entscheidungen, zum Beispiel der Verkehrsmittelwahl, auch zu etwas "tiefgreifenderen": ist man nun ein Umweltsünder, wenn man in ein Flugzeug steigt? Und wenn ja, wie viel kann man eigentlich dafür? Soll man nun über sein "komplettes Umweltverhalten" nachdenken? Oder ist es besser, weil man für sich selbst so entscheidet, etwas reflektierter zu handeln? Etwas überlegter ("Ok, ich habe hier einen to-go-Becher in der Hand. Wo ist der nächste Mülleimer? Oder hole ich mir einen Becher, den ich nicht wegschmeißen muss?")?

Etwas offensiver als das sanfte Nudging ist das Anstubsen durch Irritation. Ein Film über Massentierhaltung könnte Wut hervorrufen und so eine Person zum Nachdenken über das eigene Essverhalten bringen. Eine moralische Keule sozusagen. Wird allerdings wohl weniger vom Staat gefördert. Oder manchmal doch?!
 

Telepathetic

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streicher schrieb:
Vielleicht ist das der Knackpunkt: man soll zu einem Verhalten angeschubst werden, das eine andere Person, ein Organisation für richtig/besser hält.
Es mag ein Unterschied sein, ob man in Zukunft seinen Müll tatsächlich in einen Mülleimer wirft oder ob man im Verkehr von einem Auto absieht und auf das Fahrrad steigt.
Deine Einschätzung trifft es auf den Punkt. Aus dem selben Grund mag ich auch Parolen à la "Wir sind die Welt", "Du bist Deutschland" und "Wir sind [Name des Quartiers]" überhaupt nicht leiden. An diesen Parolen hängt immer eine Erwartung an mein Verhalten, welche nicht zur Debatte steht. Ich soll erzogen werden. Ich bin bereits erzogen worden. Der Unterschied zwischen Kindsein und Erwachsensein besteht für mich darin, dass man mit all den Verhaltensregeln kritisch umgeht, also dass man nicht einfach nur stur Regeln befolgt, wie das ein Computer machen würde, sondern dass sich für jede (okay, fast jede) Situation überlegt, welches Verhalten am sinnvollsten ist. Man kann eine Parole wie "Wir sind [Quartiersname]" aber auch anders lesen, nämlich dass die Leute, die sich unter diesem Namen organisieren, meinen für das Quartier zu sprechen/handeln. Ich bevorzuge die Lesart: jede Person innerhalb des Quartiers kann zu einer guten oder schlechten Lebensqualität beitragen; was ich tue oder lasse kann einen Einfluß auf die Lebensqualität haben. Für mich bedeutet diese Einstellung, dass ich zwar irgendwie Teil einer Gemeinschaft bin, aber gleichzeitig auch nicht. Für mich ein Riesenunterschied, denn die erste Variante klingt für mich nach Zwangsgemeinschaft und die andere nach Freiheit der Entscheidung, ob ich dabei sein will oder nicht. Daher würde ich es auch nicht wollen, wenn eine solche Quartiersgruppe für das gesamte Quartier spricht.

streicher schrieb:
Natürlich ist der ADFC auf den Klimazug aufgesprungen und organisiert dementsprechende Aktionen.
Mit Klimaschutzmaßnahmen lassen sich Gelder in die Kommunen ziehen, was vor allem Kommunen interessieren dürfte, die unterm Rettungsschirm sind, und für die es nun in Hessen eine Art Rettungsschirm II gibt, nämlich die Hessenkasse. Der Effekt dabei ist z.B. in meinem Wohnort folgender: es werden eher Gelder für Klimaschutzmaßnahmen und andere UNO-konforme Vorhaben wie Stadtumbau in nachhaltige soziale Städte ausgegeben, als in die Verkehrsinfrastruktur. Das könnte den Effekt haben, dass bald eine nagelneue Fahrradunterführung gebaut wird, während reguläre Straßenerhaltungmaßnahmen seit langer Zeit nicht durchgeführt worden sind (ebenso das regelmäßige Zurückschneiden städtischer Bäume und Sträucher, was halbjährlich oder jährlich von H4-Empfängern durchgezogen wird und somit nicht von der Stadt, sondern vom Kreis bezahlt wird). Jetzt sollen die Bürger mit einer weiteren städtischen Steuer zur Kasse gebeten werden, um die versäumte Straßenerhaltung bezahlen zu können. Die Erhaltungsmaßnahmen würden wesentlich geringeren Umfanges sein und dementsprechend wesentlich weniger kosten, wären sie viel früher angegangen worden. Nachhaltig ist das sicherlich nicht.) Mir drängt sich der Eindruck auf, dass eine anders aufgesetzte EU-/UN-Politik keine Maßnahmen wie nachhaltigen Stadtumbau, Soziale Stadt und "Kurze Wege für den Klimaschutz" in den Quartieren zur Folge haben würde, sondern genau den Effekt haben würde, den die UN-Programme nicht haben werden.

streicher schrieb:
Die Gründe für die Förderung gewisser Verkehrsmittel mögen verschieden sein, überall wird man irgendwie angeschubst, aber die Klimaschutzdiskussion scheint noch einen moralischen Aspekt mit sich zu führen. Und somit werden Entscheidungen, zum Beispiel der Verkehrsmittelwahl, auch zu etwas "tiefgreifenderen": ist man nun ein Umweltsünder, wenn man in ein Flugzeug steigt? Und wenn ja, wie viel kann man eigentlich dafür? Soll man nun über sein "komplettes Umweltverhalten" nachdenken? Oder ist es besser, weil man für sich selbst so entscheidet, etwas reflektierter zu handeln? Etwas überlegter ("Ok, ich habe hier einen to-go-Becher in der Hand. Wo ist der nächste Mülleimer? Oder hole ich mir einen Becher, den ich nicht wegschmeißen muss?")?
Mit dem moralischen Aspekt und dem Nachdenken über das eigene Verhalten habe ich kein Problem, das gehört für mich zum Alltag und sollte mMn zu jedermanns Alltag gehören. Selbstreflektion. Reflektion der tatsächlichen, vermuteten, besser noch geäußerten Bedürfnisse der Anderen. Mich stört nämlich an den oben genannten "Wir sind"/"Du bist"-Parolen auch, dass sie ein bestimmtes Denken und damit Verhalten voraussetzen, was in einem anderen Kontext für mich in Ordnung ist, aber mir wird damit ungefragt eine Identität übergestülpt, die wie schon gesagt, nicht zur Debatte steht, sondern stillschweigend als richtig und gut anerkannt werden soll.

Neulich hat die 23. Weltklimakonferenz stattgefunden. Abgesehen davon, dass der Ausspruch von Bundesumweltministerin Hendricks, dass "die globale Transformation hin zu einer treibhausgasneutralen Welt ist unumkehrbar" für mich fürchterlich klingt, in etwa wie Kanzlerin Merkels Wort von der Alternativlosigkeit, übertreiben diese Leute mMn, wenn sie die Umweltauswirkungen der Veranstaltung analysieren wollen. Interessanter fände ich dann die Ergebnisse, ob sie darauf kommen, dass die weiten Anreisen aus aller Welt nicht gut für Umwelt und Klima sind. Wasser predigen und Wein trinken?

streicher schrieb:
Etwas offensiver als das sanfte Nudging ist das Anstubsen durch Irritation. Ein Film über Massentierhaltung könnte Wut hervorrufen und so eine Person zum Nachdenken über das eigene Essverhalten bringen. Eine moralische Keule sozusagen. Wird allerdings wohl weniger vom Staat gefördert. Oder manchmal doch?!
Vermutlich? Immerhin gibt es eine Deutsche Film- und Medienbewertung, die Prädikate durch unabhängige Jurys vergeben und wenn man die Seite dann komplett runtergescrollt hat, dann sieht man, dass die die FWB einige Unterstützer hat, ausschließlich staatliche Stellen. Ich kann auf der Seite Aufgaben und Ziele nicht erkennen, welche Kriterien angewendet werden. Ersichtlich ist mir nur, dass die Bundesländer Experten ernennen (also sicherlich Experten, die einem politischen Zweck am nächsten kommen) und dass Filme mit dem Prädikat "besonders wertvoll" finanzielle Förderung erhalten. Sicherlich werden sich zuhauf Filmemacher finden, die ihre Filme gerne bestimmten Kriterien unterwerfen, um an die Gelder zu kommen. So, wie sicherlich auch einige Stadtväter- und Mütter ihre Kommunalpolitik bestimmten Kriterien unterwerfen, um an heißbegehrte finanzielle Förderungen und damit verbundene Ehren zu kommen und sich dann prächtig selbst beweihräuchern zu können.
 

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Telepathetic schrieb:
Man kann eine Parole wie "Wir sind [Quartiersname]" aber auch anders lesen, nämlich dass die Leute, die sich unter diesem Namen organisieren, meinen für das Quartier zu sprechen/handeln. Ich bevorzuge die Lesart: jede Person innerhalb des Quartiers kann zu einer guten oder schlechten Lebensqualität beitragen; was ich tue oder lasse kann einen Einfluß auf die Lebensqualität haben. Für mich bedeutet diese Einstellung, dass ich zwar irgendwie Teil einer Gemeinschaft bin, aber gleichzeitig auch nicht. Für mich ein Riesenunterschied, denn die erste Variante klingt für mich nach Zwangsgemeinschaft und die andere nach Freiheit der Entscheidung, ob ich dabei sein will oder nicht. Daher würde ich es auch nicht wollen, wenn eine solche Quartiersgruppe für das gesamte Quartier spricht.
Ist es auch wieder das Phänomen, dass es darum geht, wer die Diskussion bzw. die Politik an sich reißt? Wer aktiv ist, wer sich interessiert, wird als Wortführer laut. Und wenn es eine Interessensgruppe ist, sammelt und bündelnd sie bestehende Interessen und Organisationen unter einem Dach und übt Druck aus. Wir sind ja noch immer beim Thema "Nachhaltigkeit": in vielen deutschen Städten formieren sich Nachhaltigkeitsinitiativen, auch in München wurde wieder konferiert: Die Zukunft, die wir wollen - das München, das wir brauchen war das Motto. Da fragst zurecht: Wer spricht hier eigentlich für wen? Und sind die Initiativen eigentlich so homogen, die sich zum Beispiel auf dieser Konferenz getroffen haben oder kann man sie sogar gar nicht einen? Die Organisatoren beabsichtigen einen stärkeren Einfluss der Zivilgesellschaft auf die Stadtpolitik.

Du hast einen Link zur "Weltklimakonferenz" gesetzt; alternativ hat eine "Klimakonferenz" im Baumhaus in Berlin stattgefunden. Mich würde es nicht wundern, wenn die Aktivisten, die sich im Baumhaus in Berlin getroffen haben, nicht noch grundlegend anders das Thema Nachhaltigkeit angehen und mit Inhalt füllen als die Delegierten der Konferenz in Bonn. Nachhaltigkeit ist noch lange nicht ausgehandelt. Jede/r hat eine andere Vorstellung davon.

Telepathetic: Das könnte den Effekt haben, dass bald eine nagelneue Fahrradunterführung gebaut wird, während reguläre Straßenerhaltungmaßnahmen seit langer Zeit nicht durchgeführt worden sind (ebenso das regelmäßige Zurückschneiden städtischer Bäume und Sträucher, was halbjährlich oder jährlich von H4-Empfängern durchgezogen wird und somit nicht von der Stadt, sondern vom Kreis bezahlt wird). Jetzt sollen die Bürger mit einer weiteren städtischen Steuer zur Kasse gebeten werden, um die versäumte Straßenerhaltung bezahlen zu können. Die Erhaltungsmaßnahmen würden wesentlich geringeren Umfanges sein und dementsprechend wesentlich weniger kosten, wären sie viel früher angegangen worden.
Ganz typisch. Alles auf einmal geht nicht. Also wird priorisiert: es wird verbessert - und gleichzeitig vernachlässigt. Eines ist jedoch sicher: die Ausgaben für einen Fahrradverkehr ist deutlich geringer als für den Autoverkehr. "Promobilität" gibt von den Kosten einen Eindruck: Finanzierung und Bedarf Bundesfernstraßen . Da ist von Milliarden die Rede. Die Kosten für ein Radwegenetz ist dagegen ein Abklatsch, das könnte nebenher gehen. Und wenn es den Kommunen zu teuer wird: Subsidiarität.

Telepathetic: Mich stört nämlich an den oben genannten "Wir sind"/"Du bist"-Parolen auch, dass sie ein bestimmtes Denken und damit Verhalten voraussetzen, was in einem anderen Kontext für mich in Ordnung ist, aber mir wird damit ungefragt eine Identität übergestülpt, die wie schon gesagt, nicht zur Debatte steht, sondern stillschweigend als richtig und gut anerkannt werden soll.
Verstehe. Kurz gesagt: sie handeln mit solchen Formulierungen deinem Empfinden nach übergriffig.

Telepathetic: Ersichtlich ist mir nur, dass die Bundesländer Experten ernennen (also sicherlich Experten, die einem politischen Zweck am nächsten kommen) und dass Filme mit dem Prädikat "besonders wertvoll" finanzielle Förderung erhalten. Sicherlich werden sich zuhauf Filmemacher finden, die ihre Filme gerne bestimmten Kriterien unterwerfen, um an die Gelder zu kommen. So, wie sicherlich auch einige Stadtväter- und Mütter ihre Kommunalpolitik bestimmten Kriterien unterwerfen, um an heißbegehrte finanzielle Förderungen und damit verbundene Ehren zu kommen und sich dann prächtig selbst beweihräuchern zu können.
Davon ist auch die Rede, wenn man Funktionäre für seine Belange gewinnen will: man muss sie beweihräuchern. Sie müssen nach dem Event besser dastehen als davor. Gute Bilder, Presse, guten Ruf, Engagement. Man will wiedergewählt oder wiederernannt werden. Das könnte die Folge einer Politik sein, die nach Eliten sucht.
Das scheinen einige Leute satt zu haben und würden eine weitere Form der Demokratie neben der repräsentativen begrüßen, die Aleatorische Demokratie, die den Zufall mitwalten lässt:
Los- oder Zufallsauswahl können auf verschiedene Weise die repräsentative und direkte Demokratie ergänzen und die Vorherrschaft politischer und wirtschaftlicher Eliten eindämmen. „Zufall“ wird hier im Sinne einer statistischen Wahrscheinlichkeit verwendet. Es hat nichts mit Willkür zu tun, sondern im Gegenteil mit einer strengen mathematischen Gesetzmässigkeit.
 

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