Hat Sarrazin nicht ev. doch Recht?

[Themis]

Soweit ich Interviewbeiträge von ihm gelesen ahbe, drückt er sich vorsichtiger aus und versucht, weniger angreifbar zu argumentieren.

Ja, das stimmt.
Er poltert nicht mehr ganz so unüberlegt los wie zu Beginn der aktuellen Debatte, als er sein Interview im lettre international gegeben hatte.

 

[Themis]

Ich habe Kelek schon mehrmals live bei diversen Vorträgen gesehen.
Sicherlich spricht sie Themen an, die nicht hinnehmbar sind.
Was mir aber an ihr mißfällt, sind auch die von ihr, z.B. in ihrem Buch "die importierte Braut", aufgeführten, nicht haltbaren Verallgemeinerungen.
Auch sie vermengt ihre subjektiven Wahrnehmungen mit pseudowissenschaftlichen Aufführungen. Ganz im Stile Sarrazins. Auch hier wird ein Bild kreiert, das so nicht die Realität in ihrer Gesamtheit wiedergibt.

Elisabeth Beck-Gernsheim, Soziologieprofessorin an der Universität Erlangen-Nürnberg, schrieb in Türkische Bräute und die Migrationsdebatte in Deutschland

In diesem Sinne ist Necla Keleks Buch vor allem als "Anklage" zu lesen. Doch wenn man genauer hinschaut, bleibt die "Beweisführung" ziemlich verschwommen. Zwar wird vom Verlag und in späteren Berichten über das Buch vermerkt, die promovierte Soziologin habe eine eigene Untersuchung unter türkischen Frauen gemacht, mithin: ihre Aussagen seien wissenschaftlich fundiert. Aber im Buch fehlen solide und nachprüfbare Daten. Stattdessen benutzt die Autorin zentrale Begriffe äußerst schwammig, erklärt sie Ungleiches zu Gleichem: Die arrangierte Ehe etwa wird von ihr umstandslos mit der Zwangsheirat gleichgesetzt, als gäbe es nicht wesentliche Unterschiede zwischen beiden. Und worauf Kelek ihre harten Aussagen und Urteile stützt, bleibt völlig offen. Das Buch basiert auf persönlichen Beobachtungen, die Autorin schildert einige Gespräche mit türkischen Frauen - und aus dem Mosaik solcher Eindrücke schließt sie auf das, was in mehr oder minder ähnlicher Form überall in "den" türkischen Gemeinden und türkischen Familien in Deutschland geschieht. Das ist wissenschaftlich fragwürdig und damit fahrlässig - kommt aber bei Medien und Öffentlichkeit gut an.

Ich glaube, das Necla Kelek einfach nur eine kluge Frau ist, die im frühen Millenium eine Marktlücke entdeckt hatte, und sich nun daran eine goldene Nase verdient.
Vielleicht ist das ja bei Sarrazin ein ähnlicher Fall.
Sein Buch wird sicherlich zu einem bestseller.

 

[Ein_Liberaler]

Sein Buch wird sicherlich zu einem bestseller.

Zweifellos.

Ich glaube, das Necla Kelek einfach nur eine kluge Frau ist, [die sich] eine goldene Nase verdient.

Harsches Urteil. Ich würde mir kein Urteil darüber erlauben wollen, ob sie unehrlich ist, über das Ziel hinausschießt oder vielleicht recht hat. Ich habe sie bisher auch nur in der Presse gelesen, ich weiß nicht, ob sie wirklich so verallgemeinert. Vielleicht mache ich auch zu ihrem Vorteil Abstriche an ihren Aussagen. Ich vermute, die türkischen Gemeinden dürften groß genug sein, daß man durchaus von Vorkommnissen in "den" Gemeinden sprechen kann. In "den" Familien sicher nicht, das wäre ja auch absurd, ich weiß aber auch nicht, ob sie das behauptet.

Die Übergänge zwischen arrangierter Ehe und Zwangsehe sind sicherlich fließend. Allzu oft wird "arrangierte Ehe" nur ein Euphemismus sein.

 

[Themis]

Ich denke schon, dass sie von den Vorkommnissen in der Familie spricht. Zumindestens hatte sie es in ihren Vorträgen als allgemeingültig dargestellt.
Wenn ich mal Zeit habe, werde ich auch mal in ihren Büchern was raussuchen.

Die Unterstellung, dass sie sich lediglich eine goldene Nase verdient ist vielleicht in der Tat einwenig hart, jedoch irritiert mich bei der Frau auch, dass sie bei ihrer Promotion noch schrieb, dass der...
"Islam für die jungen Leute türkischer Herkunft vor allem ein Mittel der sozialen Identifikation sei – und weniger eine unhinterfragte religiöse Tradition. In den Islamvorstellungen der von ihr interviewten jungen Leute zeige sich eine Modernisierung des Islam – eine Anpassung an die hiesigen Lebensumstände und eine Subjektivierung des Hergebrachten."

aus Gerechtigkeit für die Muslime


Warum also dieser Widerspruch in so kurzer Zeit?


EDIT:
Gemeinde gegen Familie getauscht

 

[Ein_Liberaler]

Die "Petition" in der ZEIT ist doch auch nur ein Pamphlet. Alles ist in bester Ordnung, und an arrangierten Ehen ist die verfehlte Einwanderungspolitik schuld.

Sie sind das Ergebnis der Abschottungspolitik Europas gegenüber geregelter Einwanderung. Wenn es keine transparenten Möglichkeiten zur Einwanderung gibt, nutzen die Auswanderungswilligen eben Schlupflöcher. Das ist ein politisches und kein moralisches Problem.

Natürlich sind die ein moralisches Problem. Wie kann man es rechtfertigen, daß Eltern ihre Tochter zwangsweise mit einem Cousin verheiraten, damit der eine Aufenthaltserlaubnis bekommt? Nicht einmal freiwillige Scheinehen sind legitim, wieviel weniger diese abscheuliche Praxis? In einer freiwilligen Scheinehe wird die Frau wenigstens nicht gezwungen, mit dem Mann zusammenzuleben, die Ehe auch zu vollziehen und ihm den Rest ihres Lebens als Dienstmädchen zur Verfügung zu stehen. Die andere Form der "arrangierten" Ehe wird ganz ausgeblendet, nämlich die Praxis, minderjährige Mädchen in den Schulferien in der Heimat der Eltern, die nicht einmal ihre eigene sein muß, an irgendjemanden zu verheiraten, den sie im Extremfall nie gesehen haben, und sie dazulassen. Das ist nicht besser als Kindesentführung, und darüber wird der Mantel des Schweigens gebreitet.

Entschuldige bitte, aber diese "Petition" finde ich empörend. Ich werde nicht, bei aller berechtigten Kritik, Necla Kelek auf Basis von ein paar Zeilen beurteilen, die die Verfasser dieses Textes aus dem Zusammenhang gerissen haben.

 

[agentP]

Ein Intwerview mit Heinz Buschkowsky, dem Mann, der sich als Bürgermeister von Neukölln einen Ruf als relativer Hardliner vor Ort verdiente und nicht vom Bundesbankbürosessel aus.

Zitat: „Multikulti ist gescheitert“ * H.B. 2004 (!)

http://www.radioeins.de/programm/programmbeitraege/aktuell/deutschland_schafft.html

 

[Ein_Liberaler]

Sarrazin ist jetzt übrigens offiziell auch Antisemit, nachdem er geäußert haben soll, daß "alle Juden ein bestimmtes Gen teilen". Teile der SPD sehen endlich eine Handhabe für einen Parteiausschluß. (Quelle: Rheinische Post)

 

[Themis]

Ich widerspreche Dir bezüglich der Petition ja nicht. Zumal ich den Vorwurf, dass die arrangierten Ehen Europas verschulden seien ebenfalls nicht nachvollziehen kann.

Die Quelle diente mir eigentlich zur Aufführung des Widerspruches Necla Keleks bezüglich Promotion vs. spätere Arbeiten.

Was die arrangierten Ehen betrifft, so kann ich dazu perönlich wenig sagen, da ich in dieser Sache einer subjektiven Wahrnehmung unterliege.
Ich kenne sowas weder aus meiner Familie, noch aus meinem recht überschaubaren türkischstämmigen Bekanntenkreis.
Sowas wird bestimmt viel zu oft unter Türken in Deutschland praktiziert, keine Frage.

 

[Ein_Liberaler]

Es scheint mir keine begründeten Zweifel zu geben, daß derartiges vorkommt, und daß es sich nicht nur um Einzelfälle handelt, wenn auch sicher nur um die Praxis eine Minderheit. Zwangsehen müssen bekämpft werden, das wird auch eine Aufgabe der türkischen Regierung werden.

Was ich problematisch finde, sind die Verallgemeinerungen in den zitierten Texten Keleks. Inwiefern sie einen Sinneswandel vollzogen hat, kann und will ich nicht anhand eines so parteilichen Textes beurteilen, aber ich akzeptiere Deine Vorbehalte gegen sie.

 

[agentP]

Sarrazin ist jetzt übrigens offiziell auch Antisemit, nachdem er geäußert haben soll, daß "alle Juden ein bestimmtes Gen teilen". Teile der SPD sehen endlich eine Handhabe für einen Parteiausschluß. (Quelle: Rheinische Post)

Sarrazin ist ein arroganter Selbstdarsteller, der, wenn er überhaupt ein anderes Ziel hat, als sich selber in der Presse zu halten, weit darüber hinausschiesst. Insgesamt sind seine Aussagen vor allem eines: unappetitlich.

Was sich durch seine Karriere zieht ist der Habitus, des Bürgersohnes, der mit einem zumindest silbernen Löffel im Mund geboren wurde und dem das Volk "da unten" suspekt ist.
Dabei ist es egal, ob er bei der Bahn das Konzept der "stimmrechtslosen Volksaktie" entwickelt, als Finanzsenator auf HartzIV-Empfänger und Rentner einprügelt oder nun auf die dummen Karnickel in den Sozialsiedlungen, gerne mit speziellem Fokus auf die gebärfreudigen Doofies mit Kopftuch.

Deswegen passt er ja auch trotz allem hervorragend zu einer Sozialdemokratischen Partei: Weil er durch und durch paternalistisch denkt, spricht und handelt!

Natürlich trifft er auch Punkte, die einer Diskussion bedürfen. Ist ja keine Kunst: Wenn ich eine Wagenladung Pferdescheisse gegen die Stallwand werfe, dann ist es kaum zu vermeiden, dass ich auch eine Fliege treffe.

Dass nun einige Kritiker reflexartig auch über das Ziel hinaus schiessen, dass es unter denen auch Spinner, Träumer, Selbstdarsteller und Idioten gibt, ändert daran auch nix.

 

[Ein_Liberaler]

Interessanter Erklärungsansatz.

 

[dkR]

Sarrazin ist jetzt übrigens offiziell auch Antisemit, nachdem er geäußert haben soll, daß "alle Juden ein bestimmtes Gen teilen". Teile der SPD sehen endlich eine Handhabe für einen Parteiausschluß. (Quelle: Rheinische Post)

Vielleicht ist er ja auch Prosemit? Oder das war Wertungsfrei gemeint?
Wieauchimmer, die Aussage war dumm und ist einfach falsch.

 

[Guest]

Vielleicht ist er ja auch Prosemit? Oder das war Wertungsfrei gemeint?
Wieauchimmer, die Aussage war dumm und ist einfach falsch.

Kommt anscheinend immer darauf an wer diese Aussage trifft.

Zusammen mit 106 anderen Kohanim aus Israel, Kanada und Großbritannien ließ der Jerusalemer Rabbi anhand einer simplen Speichelprobe sein Erbgut untersuchen. Das überraschende Ergebnis: Mehr als 90 Prozent der Kohanim wiesen an bestimmten Stellen ihres Y-Chromosoms die gleichen Merkmale auf.

Für den israelischen Genforscher Karl Skorecki, Initiator der Studie, zeigt das Ergebnis, "dass diese Männer einen gemeinsamen Ahnen haben". Dieser biologische Stammvater habe nach seiner Berechnung vor etwa 3000 Jahren gelebt - genau zur Zeit Aarons, des Moses-Bruders und ersten Hohenpriesters der Juden....."Mehr als eine jüdische gibt es eine Nahost-DNS", resümiert Hammer. "Juden teilen sie mit Palästinensern, Syrern und Libanesen. Sie haben einen gemeinsamen Genpool." Den Ursprung datiert er auf "einige tausend Jahre" zurück.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-15239680.html



1.Nicht alle die dem jüdischen Glauben angehören sind Jüdischer Abstammung.
2. Nicht alle die dieses "Gen" aufweisen sind jüdischen Glaubens.
3. Nicht alle Israelis und der Leute weltweit, die sich als Juden bezeichnen sind semitischer Abstammung.
4. Die "offizielle" biblische Überlieferung als absolute historische Wahrheit anzusehen ist Unfug.

Allerdings ist die Erkenntnis ein altbekannter Hut für jeden Altorientalisten - deshalb verstehe ich die Aufregung nicht.

 

[agentP]

Kommt anscheinend immer darauf an wer diese Aussage trifft

Eigentlich nicht, aber das geht ja aus dem von dir verlinkten Artikel auch hervor.

edit: Ah, du hast editiert!

 

[Guest]

Edit: hat sich erledigt.

 

[Gilgamesh]

Also ich hätte schon gewußt,welches Gen sich nun die Juden teilen?
Anscheinend teilen sich dieses Gen die Palästinenser nicht, oder dominiert der Glaube doch über den Genpool den Menschen..?!?!

Totel perplext ich bin..

Nehmen wir an, er meint, dass Junden "gute Gene" hätten, dann gäbe es auch "schlechte Gene" > Rassismus!

Oder wir nehmen an, dass Juden aufgrund ihrer Gene "Intellektueller" wären...dann hätte ich gern ein Studie, woraus hervor geht, dass aus jüdischen Kreisen mehr Wunderkinder kommen, als z.B. aus indischen Kreisen...Also schlaue Menschen, die die Uni noch in der Pubertät abschließen..

Ich vertrete nämlich die Überzeugung, dass..gäbe man ein Urwaldkind einer Akademiker Familie, dass auch dieser einen hervorragenden Uniabschluß hin bekommt, obwohl seine biologische Familie seit jahrtausenden in Erdlöchern hausen...

Sarrazin ist ein frustierter alter Mann, der vermutlich seine ganz persönlichen inneren Probleme in die Öffentlichkeit projeziert...

 

[antimagnet]

ich glaube, diese gen-geschichte ist journalisten-soße. der wird schon schön aufgepasst haben, dass er seine missstände kulturell begründet, und nicht genetisch.

und sich schön in der semantischen ungewissheit suhlen, ob "türken" nun eine kulturelle oder eine genetische gruppierung ist...

 

[dkR]

Nehmen wir an, er meint, dass Junden "gute Gene" hätten, dann gäbe es auch "schlechte Gene" Rassismus

Nehmen wir an, er meint, was er sagt.
Dann ist das eine -unhaltbare, weil falsche -nicht wertende und damit unrasistische Aussage.

 

[Gilgamesh]

Würdet ihr ihn wählen und ihn politisch unterstützen..? Oder schwenkt ihr nur seine Flagge?

 

[dkR]

Würdet ihr ihn wählen und ihn politisch unterstützen..? Oder schwenkt ihr nur seine Flagge?

Der Mann ist seit Jahrzehnten überzeugter Sozialdemokrat.
Also Nein.