Akademie und Realität

agentP

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hives schrieb:
Kommt drauf an: wer stellt sie denn zusammen, diese "Klassiker der zeitgenössischen Philosophie"? Wink
In dem Fall ich. :wink:
hives schrieb:
Es ist jedoch schätzungsweise das Werk von S. mit der größten "akademischen Wirkung", und deiner Bewertung würden sich wohl nicht wenige anschließen.
Das reicht mir in diesem Zusammenhang doch völlig aus.

Grundsätzlich stimme ich dir natürlich zu.
 

Malakim

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Semiramis schrieb:
Gedanken von Griechen vor 1000 Jahren können bisweilen aktueller sein und für einen Menschen wieder nützlich.. Jeder Gedanke, jede Anregung kann irgendwem nützen, ...

Ja, stimmt.

Semiramis schrieb:
...
ich sehe da Philosophie als viel persönlichere Angelegenheit. Im Gegensatz zu den Naturwissenschaften, wo es ja ein Bemühen um richtige Ergebnisse geht, ist Philosophie etwas standpunktbezogeneres, persönlicheres, mehr in die Richtung von Meinungen.

Philosophie ist eine Wissenschaft !
Du sprichst vom freien philosophieren.

Semiramis schrieb:
r2-d2 hat natürlich recht, daß es sicherlich vorteilhaft ist, methodisches Vorgehen erlernt zu haben. Dennoch will ich hier in eigener Sache eine Lanze für die Nicht-Philosophiestudenten brechen: Mein Eindruck ist, daß jeder Mensch natürlich philosophieren kann, wenn man darunter so etwas wie sich Gedanken machen, Zusammenhänge erkennen, Konzepte aufstellen versteht.

Ja philosophieren kann jeder immer. Nur ist das dann auch das was unter dem Begriff Philosophie verstanden werden kann. Wir sprechen von einer Wissenschaft.


Semiramis schrieb:
Auch kann man sich als Laie mit philosophischen Büchern beschäftigen und sich durchaus reinarbeiten. Was einem sog. Autodidakten vielleicht in erster Linie fehlt sind die Konventionen, die definierten Begriffe, um Zusammenhänge zu beschreiben, - das ist wahrscheinlich auch mit ein Hauptgrund dafür, daß Bücher von Laien es schwerer haben, Akzeptanz zu finden bei den Fachwissenschaftlern, was hives anmerkte -, und dann fehlen andererseits auch die studienformabhängigen Denkbahnen natürlich.

Vor allem fehlt dem Laien meist/vermutlich das wissenschaftliche, methodische Vorgehen. Die meisten Stuidengänge die ich so kenne lehren genau diese Methodik.

Die Frage ist doch welche philosophische Tief kannst Du erreichen. Gefragt war ja danach ob man einen Beitrag zur Philosophie (ich habs als Wissenschaft verstanden) leisten kann.

Es wird also oft nicht nur an der Akzeptanz fehlen sondern auch an der nötigen Tiefe.

Das gilt alles für durchschnittliche Menschen ... das ein überdurchschnittlich begabter Mensch durchaus von sich aus die nötige Tiefe erreichen kann halte ich für möglich.

Semiramis schrieb:
Zurück zur Frage: Es gibt einerseits die philosophischen Gedanken, die sich jeder machen kann, und andererseits das Fach, das man studieren kann, und den Beruf. Das sind zwei deutlich verschiedene Dinge, die ich allerdings gleichwertig nebeneinander stellen würde.

... und genau bei diesem gleichwertigen behandeln dieser unterschiedlichen Dinge liegt in meinen Augen ein Fehler. Jeder kann sich seine Gedanken machen ... diese Gedanken werden aber vermutlich (wie bei jedem anderen wissenschaftlichem Fach) sehr an der Oberfläche bleiben.

Semiramis schrieb:
Jeder kann einen wichtigen (d. h. schlimmstenfalls, aber das ist doch auch was, nur für sich selbst wichtigen) Beitrag leisten. Die akademischere Philosophie wird das allerdings in der Regel kaum akzeptieren. Da schließe ich mich allem an, was hives dazu schon schrieb.

Ich glaube Du unterschätzt in welche Tiefen dieses Fach geht.
 

hives

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Malakim schrieb:
Ich glaube Du unterschätzt in welche Tiefen dieses Fach geht.

Tiefenbestimmungen sind in der Geisteswissenschaft wohl allgemein nicht so ganz einfach - da kann man sich mitunter auch überschätzen ;)
 

Malakim

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hives schrieb:
Malakim schrieb:
Ich glaube Du unterschätzt in welche Tiefen dieses Fach geht.

Tiefenbestimmungen sind in der Geisteswissenschaft wohl allgemein nicht so ganz einfach - da kann man sich mitunter auch überschätzen ;)

Ja, natürlich, da gebe ich Dir Recht.

Allerdings habe ich mich selber garnicht eingeschätzt ;)
 

hives

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Jo, die Problematik dieser Formulierung ist mir nachträglich auch aufgefallen :roll: ;)
 

r2-d2

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Vieles was ich in diesem Thread lese, bestätigt meine Beobachtungen die ich während eines breit angelegten Studiengangs und in vielen Gesprächen mit Studenten sammeln konnte:

Methodik und die Wissenschaft werden generell überbewerte, das ist meine Meinung und mir ist schon klar, dass einer der seinen akademischen Abschluss gemacht hat, nicht sagen wird, du der war sinnlos sondern er wird seine investierte Zeit und Energie irgendwie verteidigen, keine Frage.

Nichtakademikern allerdings die Fähigkeit absprechen zu wollen, das gleiche Ergebnis ohne Hörsaal und Prof erreichen zu können, halte ich für geradezu lachhaft elitär und entbehrt wie ich oben geschrieben habe, für mich jeder Grundlage. Auch muss man kein Universalgenie sein, um gleichen Wissensstand erreichen zu können, sei es durch Reflektion, Beobachtung oder Literatur oder alles zusammen.

Klar bediene ich mich bereits vorhandener Gedanken und Theorien, aber auch die wollen durchdacht und ständig überprüft werden, weil nun mal allein die biologische Entwicklung nicht stehen bleibt, wie viele Bücher im Regal, weil auch sie zum größten Teil einfach mal überholt sind.

Ich kann nun nichts über das Philosophiestudium sagen, das sicherlich ein sehr snapsuchsvolles ist, ich kenne allerdings zum Beispiel eine Homöopathin, die auf Seminaren und Fachtagungen jedem G´schdudierten ohne weiteres die Hand reichen kann, allein weil sie ihren Berufsalltag ganzheiltich und intensiv gestaltet und bewerstelligt.

Noch nie waren die Grenzen der Wissenschaft so offensichtlich wie derzeit, das gilt allerdings wie ich denke auch für viele andere gesellschaftliche Bereiche, weil die alten Paradigmen einfach nicht mehr aufrecht zu erhalten sind. Gerade im Bereich der Philosophie und Politik zeigt sich doch, dass die alten Griechen einfach sehr früh Ideale postulieren, hinter denen unsere hochkomplexe Scheinwelt wie wir sie derzeit leben getrost zurücktreten könnte, würde man zum Beispiel die Ontologie aus falschem Ehrgeiz nicht ständig wegreden. Weshalb ist es denn nicht möglich, einen idealen Staat zu errichten, wenn Locke, Hobbes, Aristoteles und viele andere schlaue Köpfe sich bereits ihre selbigen zerbrochen haben und heute noch gültige Theorien liefern? Weil probieren eben doch oft über studieren geht? Und das gilt für mich auch für die Philosophie. Ein rein theoretischer Philosoph ist für mich nichts anderes als ein Papst, der sich in die Empfängnisverhütung einmischt - ein betriebsblinder Besserwisser :roll: :lol:
 

agentP

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Ein rein theoretischer Philosoph ist für mich nichts anderes als ein Papst, der sich in die Empfängnisverhütung einmischt - ein betriebsblinder Besserwisser
Lausiges Beispiel: Der Papst ist studierter Theologe, also ja eben kein Fachwissenschaftler, wenn es um Empfängnisverhütung geht. Ausserdem: Was wäre den ein "praktischer Philosoph" im Gegensatz zu deinem "theoretischen Philosophen"?

Nichtakademikern allerdings die Fähigkeit absprechen zu wollen, das gleiche Ergebnis ohne Hörsaal und Prof erreichen zu können, halte ich für geradezu lachhaft elitär und entbehrt wie ich oben geschrieben habe, für mich jeder Grundlage. Auch muss man kein Universalgenie sein, um gleichen Wissensstand erreichen zu können, sei es durch Reflektion, Beobachtung oder Literatur oder alles zusammen.
Natürlich ist es theoretisch möglich. Es ist theoretisch auch möglich ein zweiter Beckenbauer zu werden ohne jemals in einer Mannschaft zu spielen. Allerdings ist beides extrem unwahrscheinlich.

Wenn du daran glaubst, dann lass uns doch einen Deal machen: Ich bringe mir allein mittels Reflektion, Beobachtung und Literatur bei, wie man einen Bypass legt und du stellst dich als Patient für die OP zur verfügung. Ich gelobe auch mich nach bestem Wissen und Gewissen reinzuhängen. :wink:
 

Malakim

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r2-d2 schrieb:
Nichtakademikern allerdings die Fähigkeit absprechen zu wollen, das gleiche Ergebnis ohne Hörsaal und Prof erreichen zu können, halte ich für geradezu lachhaft elitär und entbehrt wie ich oben geschrieben habe, für mich jeder Grundlage. Auch muss man kein Universalgenie sein, um gleichen Wissensstand erreichen zu können, sei es durch Reflektion, Beobachtung oder Literatur oder alles zusammen.

Nein, nein. Ich zumindest spreche niemandem ab auch ohne formales Studium wissenschaftlich arbeiten zu könne (egal welches Fach). Nur wird das nicht gut gehen ohne entsprechend viel Zeit in das genannte Thema zu stecken.

Das man nicht unbedingt einen Universtätsabschluß braucht sollte wohl klar sein denn schließlich wird an den Unis ja nichts geheimes unterrichtet.



r2-d2 schrieb:
Klar bediene ich mich bereits vorhandener Gedanken und Theorien, aber auch die wollen durchdacht und ständig überprüft werden, weil nun mal allein die biologische Entwicklung nicht stehen bleibt, wie viele Bücher im Regal, weil auch sie zum größten Teil einfach mal überholt sind.

Ja richtig. Das kostet vermutlich dann sooo viel Zeit das Du das Fach auch an der Uni studieren könntest ;)

r2-d2 schrieb:
Ich kann nun nichts über das Philosophiestudium sagen, das sicherlich ein sehr snapsuchsvolles ist, ich kenne allerdings zum Beispiel eine Homöopathin, die auf Seminaren und Fachtagungen jedem G´schdudierten ohne weiteres die Hand reichen kann, allein weil sie ihren Berufsalltag ganzheiltich und intensiv gestaltet und bewerstelligt.

Es hat auch niemand behauptet das generell jeder studierte jedem unstudierten überlegen ist. Das Leben lehrt uns ja gerne und ständig auch das Gegenteil.

Nur ist es eben notwendig einige Zeit in Methodik und Wissen zu stecken bevor man selber gedanklich auf einen grünen Zweig kommt. Man muß das Fach also (im Wortsinn) "studieren".
 

agentP

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Ja richtig. Das kostet vermutlich dann sooo viel Zeit das Du das Fach auch an der Uni studieren könntest Wink
Es kostet vermutlich ein Vielfaches der Zeit, da du ja erstmal diverse Räder neu zu erfinden hast. :wink:
 

Semiramis

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malakim schrieb:
Ich glaube Du unterschätzt in welche Tiefen dieses Fach geht.
Wissenschaftliche Philosophen oder sog. Laienphilosophen: Das ist ein Vergleich zwischen einem gelernten Koch und einer Hausfrau mit Jahrzehnten Praxiserfahrung.
malakim schrieb:
Gefragt war ja danach ob man einen Beitrag zur Philosophie (ich habs als Wissenschaft verstanden) leisten kann.
Ich verstehe die Frage nicht nur auf die Wissenschaft bezogen, sondern in einem umfassenderen Rahmen: Ob man auch als Nicht-Studierter einen wichtigen Beitrag zur Philosophie leisten kann: Im wissenschaftlichen Austausch ist das schwer. Nicht aber, wenn man den einzelnen Menschen als das Maß aller Dinge nimmt, bzw. als das Maß für die GeWichtigkeit eines philosophischen Beitrages.
Daß wissenschaftlich betriebene Philosophie wissenschaftlich ist, steht außer Frage. Aber ich zweifle, ob nur wissenschaftliche Philosophie wichtige Beiträge zur Philosophie leisten kann! :wink:
 

Malakim

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Semiramis schrieb:
Wissenschaftliche Philosophen oder sog. Laienphilosophen: Das ist ein Vergleich zwischen einem gelernten Koch und einer Hausfrau mit Jahrzehnten Praxiserfahrung.

Guter Vergleich, denn nur wenige Hausfrauen kochen dann selbst nach Jahrzehnten der Übung auch auf Sternekoch niveau.

Semiramis schrieb:
Ich verstehe die Frage nicht nur auf die Wissenschaft bezogen, sondern in einem umfassenderen Rahmen: Ob man auch als Nicht-Studierter einen wichtigen Beitrag zur Philosophie leisten kann: Im wissenschaftlichen Austausch ist das schwer. Nicht aber, wenn man den einzelnen Menschen als das Maß aller Dinge nimmt, bzw. als das Maß für die GeWichtigkeit eines philosophischen Beitrages.

... nimmst Du einen einzelnen oder die Allgemeinheit als Maß?


Semiramis schrieb:
Aber ich zweifle, ob nur wissenschaftliche Philosophie wichtige Beiträge zur Philosophie leisten kann! :wink:

Das ist ein begründeter Zweifel. Wie oben bereits gefordert benötigen wir eine Definition für "wichtige Beiträge" ;)
 

agentP

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Wissenschaftliche Philosophen oder sog. Laienphilosophen: Das ist ein Vergleich zwischen einem gelernten Koch und einer Hausfrau mit Jahrzehnten Praxiserfahrung.
Gar nicht so schlecht der Vergleich: Ein gelernter Koch dürfte keine Probleme bekommen eine vierköpfige Familie lecker zu bekochen, aber ich bezweifle, daß die Hausfrau in einem vollbesetzten Restaurant die Füsse auf den Boden bekommt.
 

Semiramis

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@malakim
... nimmst Du einen einzelnen oder die Allgemeinheit als Maß?
Nun, ich will so radikal sein, jeden einzelnen Menschen als Maß zu nehmen, weil ich finde, da Philosophie auch etwas mit persönlicher Überzeugung und Lebensauffassung, in jedem Fall mit eigener Meinung, zu tun hat, ist der Bezug in erster Linie sehr persönlich, jedes Individuum für sich. (Auch die Allgemeinheit besteht nur aus Individuen... :wink: )
 

Malakim

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Semiramis schrieb:
@malakim
... nimmst Du einen einzelnen oder die Allgemeinheit als Maß?
Nun, ich will so radikal sein, jeden einzelnen Menschen als Maß zu nehmen, weil ich finde, da Philosophie auch etwas mit persönlicher Überzeugung und Lebensauffassung, in jedem Fall mit eigener Meinung, zu tun hat, ist der Bezug in erster Linie sehr persönlich, jedes Individuum für sich. (Auch die Allgemeinheit besteht nur aus Individuen... :wink: )

Die Philosophie (als Wissenschaft) hat weniger mit der eigenen Meinung zu tun als z.B. mit logischen Schlußfolgerungen.
Ich denke Du beziehst Dich auf die Aspekte der Philosophie, die z.B. "das Göttliche" betreffen, also nicht logisch und schlüssig bis ins Detail behandelbar sind. :roll:
 

r2-d2

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loooooooooooool
wenn schon die Laien nicht mehr für die Selbstbeweihräucherung herhalten sollen, dann doch wenigstens die Frauen oder wie? Ihr seid schon so Helden. Wenn die Hausfrau nicht von ihren Plagen aufgefressen wird kann sie ihr Hobby denke ich ohne große Aufwände derart Professionalisieren, dass sie am End womöglich das vollbesetze Restaurant aufmacht :wink:

Wenn du daran glaubst, dann lass uns doch einen Deal machen: Ich bringe mir allein mittels Reflektion, Beobachtung und Literatur bei, wie man einen Bypass legt und du stellst dich als Patient für die OP zur verfügung. Ich gelobe auch mich nach bestem Wissen und Gewissen reinzuhängen. Wink

Ich glaub das muss man philosophisch sehen - sollte ich noch gesund sein, würde es dir und mir eigentlich mehr nutzen, sich in Sachen Prävention stark zu machen um den Bypass zu verhindern. Genau dafür sind ja eigentlich auch philosophische Fragen und Antworten da, genau wie die Religion: eigentlich als Hilfestellung zur Lebensbewältigung, weshalb also sollte sie in den Elfenbeinturm der kommunikationsunfähigen Authisten erhoben und eingeschlossen werden?
:wink:

Und jetzt mal im Ernst: wie anders glaubst Du hat der Kardiologe der den ersten Bypäss verlegt hat angefangen? Unter Umständen sogar noch "diletantischer" und barbarischer, denn auf was sollte er zurückgreifen als seine Vorstellungskraft, Zeichnungen etc?
 

Aphorismus

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Das lag mir schon lange auf der Zunge:

Nietzsches Werk ist in Teilen durch unwissenschaftliches Arbeiten gekennzeichnet und stellt dennoch einen wichtigen Beitrag zur Philosophie dar.

Und ohne dass es böse gemeint ist, verstehe ich nicht ganz, wie diejenigen, die noch nie Philosophie (oder überhaupt irgendwas) studiert haben, meinen können, so genau darüber bescheid zu wissen, was einem ein Philosophiestudium alles abverlangt und was man davon auch privat bewerkstelligen kann.

Das hat auch etwas mit Selbstdisziplin zu tun. Philosophische Texte sind oft extrem schwer zu lesen, Heidegger sei als ein Extrembeispiel angeführt. Ich persönlich könnte mit diesen Texten wenig anfangen, wenn die mir nicht jemand erklären würde, der sich damit schon ausgiebig beschäftigt hat. Vielleicht würde ich sie in Ansätzen verstehen, eventuell sogar wiedergeben können. Allerdings hätte ich dazu einfach sehr viel weniger Lust, als sie gleich in einer Gruppe von Interessierten zu diskutieren.

Philosophie ist ein bisschen wie Kuchen backen: fast alle haben's schonmal gemacht, die meisten können auch ein, zwei seeeehr leckere Kuchen backen, aber nur richtige Konditor-Meister werden wissen, wie alle Kuchen im Prinzip zu backen sind, wo man die Rezepte am besten herbekommt, was die Zutaten im Einkauf bei Groß- und Kleinhandel kosten, welche Gerätschaften man für die Konditorei braucht, was es im Ausland für Kuchenspezialitäten gibt usw. Dass der Kuchen von Oma sowieso am besten schmeckt und manch alte Dame dir genau so viele tolle Torten backen kann, wie der Konditor, das ändert an der Grundsituation nichts.

Aprospos, guter Test: Stellt euch die Frage: "Was ist Philosophie?"

Wer keine spontane Antwort auf der Zunge hat, der wird sich mit dem Fach soooo intensiv wohl auch noch nicht beschäftigt haben. :wink:

Die ersten philosophischen Gedanken eines Philosophen widmen sich in der Regel genau dieser Frage, der Rest ergibt sich von selbst.
 

agentP

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Wenn die Hausfrau nicht von ihren Plagen aufgefressen wird kann sie ihr Hobby denke ich ohne große Aufwände derart Professionalisieren, dass sie am End womöglich das vollbesetze Restaurant aufmacht Wink
Wohl kaum. Kochen im Restaurant unterscheidet sich grundsätzlich vom Kochen zuhause. Erstens hat man mit anderen Mengen zu tun, man hat mit anderem Handwerkszeug zu tun, man muß schneller und effektiver arbeiten und dabei immer möglichst das gleiche Ergebnis erzielen. Das erfordert neben Erfahrung technische Fertigkeiten, die man sich ohne zielgerichtete Anleitung kaum selbst erarbeiten kann.
Sie kann vielleicht super leckere Rindsrouladen kochen, aber 30 super leckere Rindsrouladen pro Abend, die auch unter Zeitdruck immer gleich zu schmecken haben, das ist was ganz anderes.

Und jetzt mal im Ernst: wie anders glaubst Du hat der Kardiologe der den ersten Bypäss verlegt hat angefangen?
Sicher nicht bei null, denn er konnte ja vermutlich auf ein Fachstudium zurückgreifen und er war mit den handwerklichen und anatomischen Grundlagen vertraut.
 

Malakim

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r2-d2 schrieb:
wenn schon die Laien nicht mehr für die Selbstbeweihräucherung herhalten sollen, dann doch wenigstens die Frauen oder wie? Ihr seid schon so Helden. Wenn die Hausfrau nicht von ihren Plagen aufgefressen wird kann sie ihr Hobby denke ich ohne große Aufwände derart Professionalisieren, dass sie am End womöglich das vollbesetze Restaurant aufmacht :wink:

:?:

Also zunächst habe ich nicht Philo studiert und wundere mich über Deine Angriffe daher ein wenig.

Es hat doch niemand abgestritten das ein "Laie" jeden beliebigen Wissens- und Fähigkeitsstand erreichen kann. Die Frage ist doch nur mit welchem Aufwand.

Die Universität bietet die Möglichkeit etwas zu erlernen und dies dann zu zertifizieren. Mehr nicht.

Du scheinst aber offensichtlich zu glauben das an den Universitäten nichts unterrichtet wird bzw. dies vernachlässigbar ist und durch Heimarbeit locker (also in kürzerer Zeit) nachgeholt werden kann. Das denke ich nicht :!:
In diesem Post glaubst Du zusätzlich auch noch das der Lehrberuf Koch ebenfalls "ganz einfach" ohne Anleitung zu erlernen ist. Auch das glaube ich nicht :!:

... und übrigens ich bin auch kein Koch und trotzdem fühle ich mich nicht berufen den Beruf abzuwerten.

:roll:
 

agentP

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Es fängt doch schon damit an, daß Universitäten und Lehrbetriebe eine Infrastruktur stellen, auf die der Laie einfach nicht zugreifen kann.
Was nützt es dem Laien, wenn er noch so viel liest und sich Gedanken macht, wenn er das was er an Gedanken entwickelt nicht überprüfen kann. Der Hobbykardiologe hat nunmal keine Leichen zur Verfügung um rumzudoktorn und der Hobbyphysiker hat keinen Teilchenbeschleuniger oder Forschungsreaktor im Keller.
 

r2-d2

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Ich wundere mich, dass Du Dich gleich so angegriffen fühlst.

Zum Thema:
ich habe nicht gesagt ohne Anleitung, allerdings geht es ja nicht um die Anleitung sondern um akademische Fertigkeiten bzw. Abschlüsse und Qualifikationen versus Selbststudium und Praxiserprobung wie ich den Post verstanden habe.

Und dass es immer wieder und sogar immer häufiger anders geht, zeigt Rainer Sass bei Kerners Köche, der jeden Tag Versicherungen verkauft und als Autodidakt zum Profi geworden ist.

Auch hab ich nicht davon gesprochen, dass die Uni gänzlich untauglich ist. Aber ich war selbst lang genug dort und hätte ich nicht nebenher den Schwerpunkt eindeutig auf Berufspraxis gelegt und meine Ausbildung schon in der Tasche gehabt, stünde ich heut nicht da wo ich bin und das erlaubt mir weitaus mehr, als ein Hochschulabsolvent in einer "normalen" Laufbahn mitbekommt und erlernt.

Und dann denke ich es gilt zudem noch fein zu unterscheiden, um welches Wissensgebiet es geht, dass ein Ingenieusstudium für Maschinenbauer oder Medizinstudium für Chrirurgen Sinn macht, stelle ich außer Frage. Aber spätestens bei BWL muss ich dann doch ein bissle schmunzeln, wenn die Studenten glauben, Gott weiß wer sie sind und was sie wissen.
 

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