Aphorismus
Ehrenmitglied
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So groß und abermals rekordnah war der Sommer, daß 1.) US-Filmheld und Spitzenkatholik Mel Gibson nicht nur betrunken (1,2 Promill) KfZ fuhr und, von seinem Herrgott scheint's verlassen, in die nächste Polizeikontrolle rauschte, um ebenda zu Protokoll zu geben, daß "die Juden an allen Kriegen der Welt schuld" wären, woraufhin nicht nur sein 2004er Passions- und Kreuzigungsschinken, dem bei Erscheinen schon antisemitische Aspekte nachgesagt worden waren, abermals in die Kritik rutschte, sondern auch sein jüngstes Filmprojekt, das "die Erinnerungen eines holländischen Juden an den Zweiten Weltkrieg" (Spiegel Internet) zu thematisieren vorhatte, auf der Stelle beendet war (und wir also auf eine werweiß neunzigminütige Vergasungsscene verzichten müssen); daß Gibson 2.) gleich öffentlich bekanntgab und knirschte, er sei natürlich "kein Antisemit", sondern "Christ", der es gewissermaßen nur versäumt hatte, den in der Tageszeitung publizierten (und dem Anschein nach ganz unironischen) Ratgeber "Wie kritisere ich Israel, ohne als Antisemit zu gelten?"* zu lesen; daß 3.) jedenfalls im Fernsehen neun Zehntel der Journalistik die toten Kinder von Kana (Libanon) bis an die Tränengrenze (Slomka) betrauerten und allenfalls ausnahmsweise nachfragten, inwieweit das u.U. mit der Praxis der Hisbollah (bzw. laut FAZ "Hizbullah") zusammenhänge, ihre Raketenwerfer vor Kindergärten, Krankenhäuser und eben immer genau da hinzustellen, wo ein der Prophylaxe resp. dem Schutz israelischer Kinder dienender Treffer möglichst fette Schlagzeilen bringt; daß 4.) der verläßliche Stern titelseits zu klären versprach: "Was das Land (Israel) so aggresiv macht"; daß die noch verlässlichere Junge Welt 5.) gut realsozialistisch mitteilte: "Ein Drittel der Opfer der israelischen Aggression gegen Libanon sind Kinder und Jugendliche", den Artikel, weil das Maß halt noch nicht voll war, mit einem Foto israelischer Soldaten ausstaffierte, deren Grinsen natürlich als jüdische Perfidie verstanden werden sollte, und sowieso unterschlug, daß der glorreiche Freiheitskampf von "Allah's Helden" (Gremliza, aber schon sehr ironisch) ja nicht zuletzt auf jugendlichen Selbstmörderbrigaden fußt; daß schließlich 6.) der Intendant des SWR P. Voß im Zuge eines ARD-"Presseclubs" sich veranlasst sah, vom nahen Ende des Staates Israel zu halluzinieren: "Ich glaube nicht, daß Israel sich dort unten halten kann" und, wie hernach der unvermeidliche O. Metzger (Grüne/FDP) auch, eine Immigration bzw. ja Re-Immigration der Israelis nach Europa insinuierte, zu sich nach Baden-Baden oder Metzger nach Bad Schussenried -
- es möge angesichts dieser hitz- und hirnschlagnahen Gewürgelage bitte endlich mählich Herbst werden.
Denn so ungern Mel Gibson (50) widersprochen sei: es stimmt ja gar nicht, daß die Juden an allen Kriegen der Welt schuld sind; wahrscheinlich sind sie's an eher gar keinen; und an diesem auch nur insofern, als sie sich, sofern israelische Staatsbürger, das Gehabe und Gebombe fusselbärtiger Auslösch-Psychotiker nicht so lange gefallen lassen wollten, wie es uns Außenstehenden als klug erscheint. Die "Kinderfrage" (Benn), wer denn mit dem ganzen Radau angefangen habe, wird ja geradezu unerheblich angesichts einer selbsternannten "Partei Gottes" (der wird sich bedanken), die keinen Frieden geben wird, bis auch der letzte Jude im Mittelmeer versenkt ist; und auch wenn einer darauf bestehen kann, es handele sich bei Israel um ursprünglich palästinensisches Land: Seit annähernd sechzig Jahren ist es, den Deutschen sei Dank, nun mal jüdisch-israelisches, und es ist die Frage, ob einer ein Leben tatsächlich damit verbringen soll, diese Realität jahrzehntelang infrage zu stellen und sich oder die Enkeltochter dafür in die Luft zu sprengen, anstatt sich um die wichtigen Dinge des Lebens zu kümmern. Daß Krieg scheiße ist, sei gerne und dreifach unterschrieben, und die israelische Idee, eine Guerilla per Stadtteilsprengung am Schlafittchen kriegen zu können, muß man fast wahnsinnig nennen; daß die Kriege in der Levante aber nun mal mit dem arabisch-palästinensisch-persischen Wahn, drei Maschen Judentum seien im islamischen Riesenteppich absolut nicht hinzunehmen, zu tun haben, mit der begründeten israelischen Angst vor religiös hochverwirrten Judenhassern und Atombombenhabenwollern sowie deren geistig und materiell depraviertem Riesengefolge (und eben viel weniger mit zionistisch-amerikanischem Imperialismus, als gerade ostdeutsche Pressedeppen zu glauben immer noch fest entschlossen sind), Israel also im Kern immer nur "die Wahl zwischen falsch und verkehrt" bleibt (H.M. Broder) - das ist eine Meinung, die so skurril nicht ist, daß ich sie exklusiv haben müsste.
Auszug aus dem Artikel "Ewig Kampf, Ewig Krampf" von Stefan Gärtner in der aktuellen Ausgabe der Titanic (September 2006; Nr. 9)
Eventuelle Tippfehler bitte ich zu entschuldigen - leider ist der Artikel online nicht verfügbar.
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* siehe hierzu auch "Briefe an die Leser":
Liebe taz!
"Angesichts der derzeitigen Kämpfe im Südlibanon fragen sich viele Deutsche: Wie können sie Israel kritisieren, ohne sich den Vorwurf des Antisemitismus auszusetzen?" teiltest Du uns munter mit und liefertest zur Problembehebung eine "Gebrauchsanweisung" dafür, "wie man Israel richtig kritisiert": "Hüten Sie sich vor Formulierungen wie: >Gerade das Volk, das soviel gelitten hat, tut jetzt anderen Leid an.< Denn: Juden haben keine besondere Verpflichtung zur Moral, sondern ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis... Vermeiden Sie das Klischee von >David gegen Goliath<" usw. Eine prima positive, ja positivistische Idee, denn dieser Antisemitismusvorwurf ist ja fast so lästig wie die Juden, die ihn dauernd vorbringen. Trotzdem fehlten uns noch ein paar Punkte aus dem Grundkurs: "Sagen Sie nicht: >Eine Bombe drauf, dann ist endlich Ruhe da unten!<... Vermeiden Sie, auch wenn es noch so schwerfällt, Vokabeln wie >Ratten< oder >Ungeziefer<... Hüten Sie sich vor Formulierungen wie: >Die sollte man alle ins Lager stecken, damit sie mal merken, was sie anrichten<, denn auch dies könnte Ihnen als Taktlosigkeit ausgelegt werden" - und schon haben wir ihn astrein ausgetrickst, den Jud'; muß er ja nicht immer wissen, was man so über ihn denkt!
Trotzdem "danke": Titanic
- es möge angesichts dieser hitz- und hirnschlagnahen Gewürgelage bitte endlich mählich Herbst werden.
Denn so ungern Mel Gibson (50) widersprochen sei: es stimmt ja gar nicht, daß die Juden an allen Kriegen der Welt schuld sind; wahrscheinlich sind sie's an eher gar keinen; und an diesem auch nur insofern, als sie sich, sofern israelische Staatsbürger, das Gehabe und Gebombe fusselbärtiger Auslösch-Psychotiker nicht so lange gefallen lassen wollten, wie es uns Außenstehenden als klug erscheint. Die "Kinderfrage" (Benn), wer denn mit dem ganzen Radau angefangen habe, wird ja geradezu unerheblich angesichts einer selbsternannten "Partei Gottes" (der wird sich bedanken), die keinen Frieden geben wird, bis auch der letzte Jude im Mittelmeer versenkt ist; und auch wenn einer darauf bestehen kann, es handele sich bei Israel um ursprünglich palästinensisches Land: Seit annähernd sechzig Jahren ist es, den Deutschen sei Dank, nun mal jüdisch-israelisches, und es ist die Frage, ob einer ein Leben tatsächlich damit verbringen soll, diese Realität jahrzehntelang infrage zu stellen und sich oder die Enkeltochter dafür in die Luft zu sprengen, anstatt sich um die wichtigen Dinge des Lebens zu kümmern. Daß Krieg scheiße ist, sei gerne und dreifach unterschrieben, und die israelische Idee, eine Guerilla per Stadtteilsprengung am Schlafittchen kriegen zu können, muß man fast wahnsinnig nennen; daß die Kriege in der Levante aber nun mal mit dem arabisch-palästinensisch-persischen Wahn, drei Maschen Judentum seien im islamischen Riesenteppich absolut nicht hinzunehmen, zu tun haben, mit der begründeten israelischen Angst vor religiös hochverwirrten Judenhassern und Atombombenhabenwollern sowie deren geistig und materiell depraviertem Riesengefolge (und eben viel weniger mit zionistisch-amerikanischem Imperialismus, als gerade ostdeutsche Pressedeppen zu glauben immer noch fest entschlossen sind), Israel also im Kern immer nur "die Wahl zwischen falsch und verkehrt" bleibt (H.M. Broder) - das ist eine Meinung, die so skurril nicht ist, daß ich sie exklusiv haben müsste.
Auszug aus dem Artikel "Ewig Kampf, Ewig Krampf" von Stefan Gärtner in der aktuellen Ausgabe der Titanic (September 2006; Nr. 9)
Eventuelle Tippfehler bitte ich zu entschuldigen - leider ist der Artikel online nicht verfügbar.
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* siehe hierzu auch "Briefe an die Leser":
Liebe taz!
"Angesichts der derzeitigen Kämpfe im Südlibanon fragen sich viele Deutsche: Wie können sie Israel kritisieren, ohne sich den Vorwurf des Antisemitismus auszusetzen?" teiltest Du uns munter mit und liefertest zur Problembehebung eine "Gebrauchsanweisung" dafür, "wie man Israel richtig kritisiert": "Hüten Sie sich vor Formulierungen wie: >Gerade das Volk, das soviel gelitten hat, tut jetzt anderen Leid an.< Denn: Juden haben keine besondere Verpflichtung zur Moral, sondern ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis... Vermeiden Sie das Klischee von >David gegen Goliath<" usw. Eine prima positive, ja positivistische Idee, denn dieser Antisemitismusvorwurf ist ja fast so lästig wie die Juden, die ihn dauernd vorbringen. Trotzdem fehlten uns noch ein paar Punkte aus dem Grundkurs: "Sagen Sie nicht: >Eine Bombe drauf, dann ist endlich Ruhe da unten!<... Vermeiden Sie, auch wenn es noch so schwerfällt, Vokabeln wie >Ratten< oder >Ungeziefer<... Hüten Sie sich vor Formulierungen wie: >Die sollte man alle ins Lager stecken, damit sie mal merken, was sie anrichten<, denn auch dies könnte Ihnen als Taktlosigkeit ausgelegt werden" - und schon haben wir ihn astrein ausgetrickst, den Jud'; muß er ja nicht immer wissen, was man so über ihn denkt!
Trotzdem "danke": Titanic