Giacomo_S
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20-1-30-40 schrieb:Die Alchemie ist ein gutes Beispiel. Es stimmt natürlich das gerade die Labortechniken weiterentwickelt wurden, das die heutige Chemie unglaublich viel weiter und differenzierter ist. Übersehen wird jedoch gerne das Alchemie oft mit einem ganz anderen, einem spirituellem Ziel unternommen wurde.
Ehrlich gesagt bekomme ich allein durch die Nennung des Begriffs "Spiritualität" immer intellektuellen Schüttelfrost.
Es ist nicht so, dass diejenigen, die diesen Begriff für sich reklamieren, nicht die Logik für ihre Aussagen verwenden würden; allerdings ist der Begriff "Spiritualität" ein dermaßener Allgemeinplatz, dass alles und jedes je nach Sichtweise richtig oder falsch bewertet, Aussagen und Begründungen gefunden werden können.
Der Begriff ist daher wertlos.
Es liegt im Wesen der Alchemie, und gerade in ihrem spirituellen Teil, Versuche aufgrund überlieferter und unbedingt einzuhaltener Logiksysteme "der Alten" vorzunehmen, anstatt neue Erkenntnisse aus den Ergebnissen von Experimenten abzuleiten. Scheitern die Versuche, so war der Experimentator "schuld", nicht genügend inspieriert usw., anstatt die Versuchsanordnung zu ändern.
Man findet oft Behauptungen wie die Porzellanherstellung im Westen sei eine "Zufallserfindung des Alchemisten Johann Friedrich Böttger" gewesen. Auch wenn das oft so behauptet wird, ist das definitiv falsch.
Das Porzellan im Westen war keine "Zufallserfindung".
Die Grundzutaten Kaolin/Feldspat/Quarz waren bekannt, es fehlten Mischungsverhältnis, Vorbereitung, Verarbeitung. Böttger stellte Reihenversuche mit über 600 Proben an, um die Methodik für das Porzellan zu finden.
Von einer "Zufallserfindung", gar einer "spirituellen, intuitiven Entdeckung" kann also nicht die Rede sein. Vielmehr hat Böttger - vielleicht als einer der ersten - wissenschaftlich modern gearbeitet, um sein Ziel zu erreichen. Dennoch war er aus heutiger Sicht ein Alchemist.
Was uns die Biographen der Naturwissenschaften allerdings gern verschweigen, ist, das eine ganze Reihe von Naturwissenschaftlern der Renaissance eben auch Alchemisten waren.
Man kann es aber auch als eine Marotte der Zeit ansehen, deren Aussagen, sofern sie überhaupt überprüfbar sind, als widerlegt gelten.
"Noch im 18. Jh. waren derartige Druckerzeugnisse, die die Suche nach dem Lapis, dem Stein der Weisen, zum Gegenstand hatten, auf den deutschen Buchmessen in einer solchen Fülle vertreten, 'dass man die Strasse von Franckfurth biß Leiptzig damit gar schön, sanfft und eben machen könte'. (J.G. Volckamer d.J., Adeptus Fatalis, Freiburg, 1721)"
aus : Alchemie & Mystik, Alexander Roob, Taschen Verlag, 1996