Ist der Islam satirefähig?

vonderOder

Ehrenmitglied
Registriert
24. November 2004
Beiträge
2.421
Ein_Liberaler schrieb:
Es war eine Antwort auf vonderOder, der meinte, ob Beleidigung oder Mord schlimmer sei, sei Ansichtssache.
das war mir klar. es gibt Kulturen, da ist eine Beleidigung einen (in unseren Augen) Mord wert. dieser Mord ist da dann zur Wiederherstellung der Ehre eine Notwendigkeit. aus diesem Grund schrieb ich, dass es Ansichtssache sei.
du mußt nicht immer von Deinen Be- bzw. Empfindlichkeiten ausgehen.
und ich muß mich auch nicht immer rechtfertigen für das was ich schreibe, nur weil Du oder jemand Anderes es nicht verstehen will.
 

Ein_Liberaler

Forenlegende
Registriert
14. September 2003
Beiträge
9.777
Hierzulande sieht man es zum Glück nicht so, daß eine Beleidigung einen Mord wert ist, und hierzulande ist durchaus von westeuropäischen Empfindlichkeiten auszugehen. Das ist unsere Kultur, und die verteidigen wir, und wer seine mittelalterlich-asiatische Mordkultur hier bei uns ausleben will, dem gehört das Handwerk gelegt. Und offen gesagt bin ich der meinung, daß sich zumindet dieser Aspekt unserer Kultur über die ganze Welt verbreiten sollte, verdammt noch eins.
 

Aphorismus

Ehrenmitglied
Registriert
22. Dezember 2004
Beiträge
3.690
Ein_Liberaler schrieb:
Das ist unsere Kultur, und die verteidigen wir, und wer seine mittelalterlich-asiatische Mordkultur hier bei uns ausleben will, dem gehört das Handwerk gelegt.

Asien ist groß. Ich studiere ja nur Südostasienwissenschaften und bin dementsprechend nicht umfassend gebildet. Daher die Nachfrage: Was genau ist die "mittelalterlich-asiatische Mordkultur"? Wo kann ich dazu etwas nachlesen? Klingt ja unheimlich interessant... :roll:

Für mich ist das (hoffentlich unreflektierter) Kulturchauvinismus.

Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen: Das heißt nicht, dass ich dem hier...

Und offen gesagt bin ich der meinung, daß sich zumindet dieser Aspekt unserer Kultur über die ganze Welt verbreiten sollte, verdammt noch eins.

...nicht zustimmen würde. Nur kann man auch für die universelle Gültigkeit der Menschenrechte eintreten, ohne dabei die eigene Kultur konstant künstlich zu überhöhen. Es bedarf nicht der Chimäre der "mittelalterlich-asiatischen Mordkultur" als Buhmann, um die Idee der Menschenrechte zu verteidigen.
 

Ein_Liberaler

Forenlegende
Registriert
14. September 2003
Beiträge
9.777
Mittelalterlich-west- und zentralasiatisch. Aber Du kannst gerne einen handlicheren Begriff für die Ehrenmordkultur vorschlagen.

An der Überhöhung unserer Kultur werde ich festhalten. Freiheit, Gleichheit vor dem Gesetz, und Rechtsstaat machen unsere Kultur aus, nicht Bratwurst und Lederhose.
 

vonderOder

Ehrenmitglied
Registriert
24. November 2004
Beiträge
2.421
mit Deinen Beiträgen bestätigst Du ja, dass es eine unterschiedliche Auffassung dessen, um das Du hier mit mir streiten willst, gibt.

Ein_Liberaler schrieb:
Mittelalterlich-west- und zentralasiatisch. Aber Du kannst gerne einen handlicheren Begriff für die Ehrenmordkultur vorschlagen.
Du schriebst Hierzulande. wenn Du in auf dem Balkan, Sizilien, Korsika oder sonstwo bist, bist du zwar nicht Hierzulande aber in Europa und nicht in Asiens.

Ein_Liberaler schrieb:
Hierzulande sieht man es zum Glück nicht so, daß eine Beleidigung einen Mord wert ist, und hierzulande ist durchaus von westeuropäischen Empfindlichkeiten auszugehen. Das ist unsere Kultur, und die verteidigen wir, und wer seine mittelalterlich-asiatische Mordkultur hier bei uns ausleben will, dem gehört das Handwerk gelegt.
ich glaube es ist besser das wir uns, wenn schon denn schon, auf Mittelalterlich einigen. denn Blutrache und Ehrenmorde gibt es auch in Europa, Afrika und bestimmt auch in den Ländern der anderen Kontinente. und der Mehrheit diese Taten wird bestimmt nicht von Asiaten begangen.
wie war das am 15.August 2007 in Duisburg? das waren doch wohl keine Asiaten.
Und ich glaube auch das es auch Hierzulande schon so manches Opfer gab, daß aus falsch aufgefaßter Ehrverletzung auf dem Seziertisch eines Pathologen lag.

Ein_Liberaler schrieb:
Und offen gesagt bin ich der meinung, daß sich zumindet dieser Aspekt unserer Kultur über die ganze Welt verbreiten sollte, verdammt noch eins.
und wie willst Du das machen? in Kolonialherrenmanier oder nach amerikanischer Art und Weise in die Länder einreiten deren Gesetzgebung Dir nicht paßt?

klar ist, das aufgepaßt werden muß und das Leute, die aus falsch aufgefaßter Ehre, aus religiösen oder/und politischen Gründen hier nicht wilde Sau spielen können. wenn man dieser Leute habhaft wird, dann müssen sie bestraft werden. auch dann wenn ein windiger Verteidiger meint, er müsse solche einen Verbrecher unbedingt herausboxen. bestraft werden und die Strafe absitzen. Wenn’s Ausländer sind in dem Land in dem sie die Tat(en) begangen haben, und die nicht abgeschoben werden in ihr Herkunftsland (falls das überhaupt festgestellt werden kann), wo sie vielleicht noch als Helden gefeiert werden. die Strafe absitzen in einem Gefängnis das diesen Namen verdient. und nicht in einem Bau wo die Zellen schon fast wie die eigenen vier Wände zu Hause ausgestaltet sind. Auch wenn da wieder einige rumkrähen werden, daß das Unmenschlich sei.

Ein_Liberaler schrieb:
An der Überhöhung unserer Kultur werde ich festhalten. Freiheit, Gleichheit vor dem Gesetz, und Rechtsstaat machen unsere Kultur aus
manch einer oder auch eine ist bestimmt auch vor unserem Gesetz gleicher, wenn der Name stimmt oder/und die Brieftasche das nötige Kleingeld (und damit meine ich jetzt nicht Bestechung) beinhaltet.

die Frage war ja eigentlich: "Ist der Islam satirefähig?"
ich glaube zu wissen, daß das was wir unter Satire verstehen, wird in Ländern wo der islamische Glaube, der Glaube ist, mitunter nicht als solche aufgefaßt. das haben verschiedene Beispiele ja schon gezeigt.
 

Aphorismus

Ehrenmitglied
Registriert
22. Dezember 2004
Beiträge
3.690
Ein_Liberaler schrieb:
Mittelalterlich-west- und zentralasiatisch.

Bitte zeig mir irgendwelche Quellen, die belegen, dass diese Ehrenmordkultur wenigstens als Begriff existiert und tatsächlich ein asiatisches Phänomen bezeichnet. Ich glaube da noch nicht dran.

Ein_Liberaler schrieb:
Aber Du kannst gerne einen handlicheren Begriff für die Ehrenmordkultur vorschlagen.

Kann ich. "Primitiv". Wie gesagt: an die regionale Einordnung glaube ich (noch?) nicht. Überzeug mich, wenn du Argumente hast.

Ein_Liberaler schrieb:
An der Überhöhung unserer Kultur werde ich festhalten. Freiheit, Gleichheit vor dem Gesetz, und Rechtsstaat machen unsere Kultur aus, nicht Bratwurst und Lederhose.

Komische Gegenüberstellung. Freiheit, Gleichheit vor dem Gesetz und Rechtsstaat gab es im Mittelalter auch nur, wenn überhaupt, ansatzweise. Wieso sollten die Asiaten das besser gemacht haben?

Mir geht es um etwas anderes, aber das weisst du ja eigentlich auch. Ich finde die (und jetzt unterstreiche ich nochmal den Teil, der für mich ausschlaggebend ist) konstante, künstliche Überhöhung unserer Kultur fehl am Platze. Tut mir leid, dass ich diesen Punkt nicht aussparen kann, aber für mich gehört das zusammen: Du lobst das Christentum in höchsten Tönen, aber auch nur die geringste Anerkennung für die kulturellen Leistungen des Islams habe ich bei dir noch nirgends gelesen. Mag sein, dass ich es überlesen habe. Beim Christentum bist du schnell dabei es zu verteidigen, aber du scheust dich nicht, unter deinem normalen Niveau, solchen tendenziösen Quatsch wie die "mittelalterlich-asiatische Mordkultur" in den Mund zu nehmen. Das nenne ich künstliches Überhöhen der eigenen Kultur.

Es spricht überhaupt nichts dagegen, auf die kulturellen Errungenschaften des Abendlandes stolz zu sein. Ich bin der letzte, der dir das ausreden will. Im Gegensatz zu dir, glaube ich zwar nicht, dass das Christentum der Urheber dieser Leistungen war, sondern sich unsere Kultur trotz des Christentums zu dem entwickeln konnte, worauf man zu Recht stolz sein kann, aber das können und sollten wir, wenn, dann privat weiter diskutieren. Mir geht es nur darum, dass es nicht angeht, einerseits den stolzen Kulturpingel zu spielen, andererseits aber anderen Kulturen im sprachlichen Umgang so derart nachlässig zu begegnen, dass das Fehlen jeglichen Respekts gegenüber diesen Kulturen aus jeder zweiten Formulierung trieft. So kam mir das jedenfalls vor, und deshalb habe ich das "Kulturchauvinismus" genannt.
 

Ein_Liberaler

Forenlegende
Registriert
14. September 2003
Beiträge
9.777
Mir scheint die Ehrenmordkultur hauptsächlich aus dem islamischen Kulturkreis, und also aus Vorder- und Zentralasien zu kommen.

In Europa gibt es meiner Ansicht nach nichts vergleichbares. Ja, es gibt Eifersuchtss- und Rachemorde, aber der klassische, kaltblütige Ehrenmord, wie er an Töchtern und Schwestern exekutiert wird, auch um andere weibliche Familienmitglieder unter ständigem Terror zu halten, scheint mir spezifisch islamisch zu sein.

Mehr noch, mir sind aus Arabien keine Fälle bekannt, was natürlich an einem schlichten Informationsmangel liegen mag. Für mich stellt sich das Phänomen als türkisch, dabei vor allem kurdisch.

Leider oder glücklicherweise weiß ich nichts von Karikaturenmorden. Die Ermordung eines Priesetrs in zeitlichem Zusammenhang mit dem ersten Karikaturenstreit hat jedenfalls auch in der Türkei stattgefunden.

Insbesondere Abrechnungen unter Verbrecherclans kann man meiner Ansicht nach nicht mit der gesellschaftlich geachteten, als Widerherstellung des Rechts empfundenen islamischen Mordkultur vergleichen.

Daß Du, Aphorismus, bei mir noch nichts von Anerkennung für die islamische Kultur gelesen hats, ist kein Wunder - ich habe nichts derartiges geschrieben und habe es auch nicht vor. Islamische Kultur ist meiner Ansicht nach das, was der Islam jeweils von der Kultur unterworfener Völker übriggelassen hat. Ich halte den Islam für eine außerordentlich zerstörerische und wenig schöpferische Religion.

Den Islam greife ich an, weil es modern ist, ihn ohne jeden Grund über den grünen Klee zu loben und seine schädlichen Einflüsse, seine Verbrechen zu ignorieren, und das Christentum verteidige ich, insoweit ich es für zu Unrecht angegriffen empfinde. Der Zeitgeist ist meiner Ansicht nach in der Beurteilung beider Religionen auf dem Holzweg.

Das Christentum ist in seinen Dogmen höherer Blödsinn, aber die Geschichte hat gezeigt, daß es das beste war, was wir erwischn konnten. Geistige Freiheit war weder im Islam möglich, noch in Gesellschaften, die nach streng philosophischen Maßstäben regiert wurden. Universitäten gab es nur im christlichen Abendland - medizinische Hochschulen gab es außerhalb sicher bessere, aber an denen konnte keine wissenschaftliche und später weltanschauliche und politische Freiheit gedeihen. Trennung von Staat und Religion gab es nur im Christentum.

aber du scheust dich nicht, unter deinem normalen Niveau, solchen tendenziösen Quatsch wie die "mittelalterlich-asiatische Mordkultur" in den Mund zu nehmen. Das nenne ich künstliches Überhöhen der eigenen Kultur.

Können wir uns nicht darauf einigen, daß es allenfalls eine beleidigende Herabwertung anderer ist?

Außerdem war es eine unbedachte Bemerkung, die "zurückzunehmen" ein untauglicher Versuch wäre, auf der sich aber auch kein Gedankengebäude errichten läßt.


vonderOder schrieb:
manch einer oder auch eine ist bestimmt auch vor unserem Gesetz gleicher, wenn der Name stimmt oder/und die Brieftasche das nötige Kleingeld (und damit meine ich jetzt nicht Bestechung) beinhaltet.

Und? Das ist dann ein Verstoß gegen unsere Rechtskultur. Das ist nicht die Regel, das betrifft keine Kapitalverbrechen, und das geschieht nicht offen. Vergleiche Rußland.
 

Aphorismus

Ehrenmitglied
Registriert
22. Dezember 2004
Beiträge
3.690
Vorab: Sorry für die Zitat-Orgie. Pick dir die zentralen Punkte raus, wenn du magst. Ich habe das, was mir wichtig ist, mit Fettdruck hervorgehoben.

Ein_Liberaler schrieb:
Mir scheint die Ehrenmordkultur hauptsächlich aus dem islamischen Kulturkreis, und also aus Vorder- und Zentralasien zu kommen.

Der Zusammenhang zum Mittelaler ist mir immer noch nicht klar. Ebenso wenig halte ich es für angemessen, die Kultur Vorder- und Zentralasiens auf diesen einen Punkt, für den du weiterhin jedwede Quellenangabe oder ähnliches schuldig geblieben bist, zu reduzieren.

Ein_Liberaler schrieb:
In Europa gibt es meiner Ansicht nach nichts vergleichbares. Ja, es gibt Eifersuchtss- und Rachemorde, aber der klassische, kaltblütige Ehrenmord, wie er an Töchtern und Schwestern exekutiert wird, auch um andere weibliche Familienmitglieder unter ständigem Terror zu halten, scheint mir spezifisch islamisch zu sein.

Das ist leider nicht richtig. Der Ehrenmord ist nicht islamisch. Du schrebst ja selbst, dass der Islam für dich nur die Überbleibsel älterer Kulturen aufgegriffen hat. Das muss dann aber doch auch eigentlich für diesen Punkt ebenso gelten, oder? Wikipedia ist ganz hilfreich, Stichwort Ehrenmord:

Grundlage für diese Mordtaten ist ein so genannter uralter Ehrenkodex, der bestimmte Verhaltensregeln festlegt. Insbesondere stark traditionsbewusst verwurzelte Menschen, Gruppen oder Gesellschaften, wie sie häufig in islamisch geprägten ärmeren Ländern – dort sogar bei nicht-muslimischen Minderheiten, z.B. Jesiden (vgl. Du’a Khalil Aswad) – vorzufinden sind und die sich stark an alten Sitten, Gebräuchen und Ritualien orientieren, wird die Ehre einer Person oder der Familie, einer Gruppe oder sogar des Landes als besonders hohes und schützenwertes Gut eingestuft, das es zu wahren und zu verteidigen gilt. Bei Gesichtsverlust, d. h. Verstoß gegen einen Ehrenkodex, werden zur „Wiederherstellung der Ehre“ in bestimmten Fällen auch Mordtaten ausgeübt.

Ein_Liberaler schrieb:
Für mich stellt sich das Phänomen als türkisch, dabei vor allem kurdisch.

Wieder Wiki:

Die Todesstrafe wegen sexueller Vergehen ist seit den Zeiten des antiken Babylon (1700 v. Chr). (Codex Hammurabi) bekannt.

Wenn die Ehefrau eines Mannes mit einem anderen Mann beim Beischlaf ergriffen wird, bindet man beide und wirft sie ins Wasser.
Wenn jedoch der Herr der Ehefrau seine Ehefrau am Leben lässt, dann wird auch der König seinen Diener am Leben lassen.
Wenn die Ehefrau eines Mannes wegen eines anderen Mannes ihren Ehemann töten lässt, dann wird man diese Frau pfählen.
Wenn ein Mann nach dem Tode seines Vaters im Schoße seiner Mutter schläft, wird man beide verbrennen.
§§ 127 ff.
Die ältesten den Ehrenmord legitimierenden Gesetze stammen aus dem Recht des assyrischen Reichs. Ehrenmorde basierten auf der Vorstellung, die Jungfräulichkeit einer Frau sei der Besitz ihrer Familie.

Und wie sieht es in Europa aus?

In Westeuropa praktizierte man die Tötung ehebrecherischer Frauen bei bestimmten germanischen Stämmen.

Im alten Rom war dem pater familias oder dem Familienältesten das Recht vorbehalten, eine unverheiratete aber sexuell aktive Tochter oder eine ehebrecherische Frau zu töten.

Scheint also gar nicht so dermaßen unüblich oder spezifisch asiatisch gewesen zu sein, wie du angenommen hast.

Insbesondere Abrechnungen unter Verbrecherclans kann man meiner Ansicht nach nicht mit der gesellschaftlich geachteten, als Widerherstellung des Rechts empfundenen islamischen Mordkultur vergleichen.

Jetzt schweifst du ab. Es ging eigentlich nicht um islamisches Recht per se und eigentlich nicht einmal um Ehrenmorde, sondern die von dir gewählte Formulierung "mittelalterlich-asiatische Mordkultur". Wie gesagt, das "mittelalterlich" verstehe ich nicht. Entweder das soll heißen, dass es eine Kultur ist, die unserer Kultur des Mittelalters gleicht - dann wäre es aber Quatsch, sie eine asiatische Kultur zu nennen. Oder es soll heißen, dass diese vermeintliche Mord-Kultur historisch im Mittelalter anzusiedeln ist - dann verstehe ich nicht, wieso du das an aktuellen Beispielen aufhängst. Vielleicht klärst du mich ja auf, wie das gemeint war.

Ein_Liberaler schrieb:
Daß Du, Aphorismus, bei mir noch nichts von Anerkennung für die islamische Kultur gelesen hats, ist kein Wunder - ich habe nichts derartiges geschrieben und habe es auch nicht vor.

Das wundert mich nicht. Bei deiner Einstellung, würdest du als Moslem sicher ebensowenig ein gutes Wort über das Christentum verlieren. Du bist Traditionalist. Ein liberaler Traditionalist, versteht sich.

Ein_Liberaler schrieb:
Islamische Kultur ist meiner Ansicht nach das, was der Islam jeweils von der Kultur unterworfener Völker übriggelassen hat. Ich halte den Islam für eine außerordentlich zerstörerische und wenig schöpferische Religion.

Wenn du mal etwas mehr Zeit hast, setze ich dir gerne auseinander, inwieweit, nämlich sehr weit, dieses Statement auch auf das Christentum zutrifft.

Ein_Liberaler schrieb:
Den Islam greife ich an, weil es modern ist, ihn ohne jeden Grund über den grünen Klee zu loben und seine schädlichen Einflüsse, seine Verbrechen zu ignorieren

Ersetze "Islam" durch "Christentum" und du hast meine Meinung. Übrigens wundert mich deine Einschätzung sehr. Weder in Talkshows noch sonst irgendwelchen Medien erlebe ich es so, dass es modern ist, den Islam "über den grünen Tee zu loben". Was ich sehe, wenn ich den Fernseher anmache oder die Zeitung aufschlage, sind (meist im Vergleich zu dir weniger liberale) Traditionalisten, die irgendwelchen geistigen Dünnpfiff über die christlichen Werte als Fundament unserer abendländischen Gesellschaft faseln. Mir scheint das, obwohl es im Süden Deutschlands ohnehin nie aus der Mode kommt, derzeit überaus angesagt zu sein, sei es bei Diskussionen über den Islam oder auch nur, wenn es um Pornos oder Schul-Amokläufer geht.

Ein_Liberaler schrieb:
Das Christentum ist in seinen Dogmen höherer Blödsinn, aber die Geschichte hat gezeigt, daß es das beste war, was wir erwischn konnten.

Das halte ich für durch und durch revisionistisch. Und unfair. Wir haben uns nicht wegen dem Christentum sondern trotz des Christentums in eine freiheitliche Gesellschaft entwickelt.

Ein_Liberaler schrieb:
Geistige Freiheit war weder im Islam möglich, noch in Gesellschaften, die nach streng philosophischen Maßstäben regiert wurden.

Geistige Freiheit war im Christentum, so lange es noch realen Einfluss hatte, der den der jeweiligen Machthaber überstiegen hat, ebenso wenig möglich.

Der Islam hat geistige Freiheiten jahrhundertelang ermöglicht, von denen unser christliches Abendland nur träumen konnte. Die kulturelle Blühtezeit schlechthin erlebte Spanien unter Besatzung der Mauren. Isbesondere der Sufismus gehört an dieser Stelle erwähnt.

Faktisch ist deine Aussage falsch. Mehr Menschen sind über hunderte von Jahren von der christlichen Kirche ihrer Freiheit beraubt worden, als dies beim Islam, mit seiner dezentralen Struktur, der Fall war.

Ein_Liberaler schrieb:
Universitäten gab es nur im christlichen Abendland - medizinische Hochschulen gab es außerhalb sicher bessere, aber an denen konnte keine wissenschaftliche und später weltanschauliche und politische Freiheit gedeihen.

Die Entstehung von Universitäten als Verdienst dem Christentum zuzurechnen, mag, da sich die Unis aus Klosterschulen entwickelt haben, gerade noch angehen, aber daraus ableiten zu wollen, dass das Christentum das beste war, was wir erwischen konnten, finde ich absurd.

Mir ist mal das Argument begegnet, dass die Nazis das beste waren, was Deutschland hätte passieren können, weil wir nie und nimmer eine so starke Wirtschaft ohne die Hilfe der Amerikaner nund den kalten Krieg hätten haben können. Das mag chronologisch richtig sein, inhaltlich bleibt es Quatsch. Egal wie man es von den heutigen Folgen her bewerten mag: Die Nazis waren nicht das beste, sondern das schlimmste, was uns passieren konnte. Praktische Folgen hin oder her. Dein Argument scheint mir strukturell identisch zu sein.


Ein_Liberaler schrieb:
Trennung von Staat und Religion gab es nur im Christentum.

Der Gottesstaatsbegriff stammt von Augustinus, einem der Kirchenväter. Ab wann waren denn im Christentum Staat und Kirche getrennt? Und wer waren die Kräfte, die diese Trennung foricert haben? Die christliche Kirche oder deren Gegner? Die Trennung von Staat und Kirche ausgerechnet dem Christentum als Vedienst anrechnen zu wollen, hieße den Bock zum Gärtner zu machen. Damit verhöhnst du die Menschen, die durch die Hand der Kirche gestorben sind, um genau die Freiheiten, die du so schätzt, zu erkämpfen. Ich finde das ziemlich verdreht.

Ein_Liberaler schrieb:
Können wir uns nicht darauf einigen, daß es allenfalls eine beleidigende Herabwertung anderer ist?

Wo ist da der Unterschied? Durch diese beleidigende Herabwertung wertest du das Christentum automatisch auf.
 

slawik

Geselle
Registriert
5. Januar 2007
Beiträge
96
@ Aphorismus

An welcher Stelle hat dich das Christentum geschädigt?
Hast du vielleicht Küng gelesen, der sagt, dass ein gutes Programm nicht dadurch widerlegt wird, nur weil es schlecht umgesetzt wird? Würdest du das bestreiten?

Du hast, was die Ehrenmorde anbetrifft Vergleiche aus der Frühzeit und dem Mittelalter herbeigeholt. Nun haben wir kein Mittelalter mehr, aber Ehrenmorde gibt es ja offensichtlich immer noch. Ist der Islam nicht vielleicht doch im Mittelalter stehen geblieben?

Du kannst das Christentum meinetwegen verdammen, musst mir aber in diesem Zusammenhang erklären, was du gegen die "Kirche der Armen" einzuwenden hast.

Entschuldigung, wenn das nicht ganz zum Thema passt, aber ich bin nicht bereit, hier den Prellbock für dich zu spielen.
 

Aphorismus

Ehrenmitglied
Registriert
22. Dezember 2004
Beiträge
3.690
Edit: Sorry, slawik, ich hatte dich für Ein_Liberaler gehalten. (Will sich nicht weigstens einer von euch mal einen funktionstüchtigen Avatar zulegen? :wink:)
 

Aphorismus

Ehrenmitglied
Registriert
22. Dezember 2004
Beiträge
3.690
slawik schrieb:
@ Aphorismus

An welcher Stelle hat dich das Christentum geschädigt?

Es geht weniger darum, wie das Christentum mich beeinflusst hat, als vielmehr darum, wie und mit welchen Mitteln es über Jahrhunderte unsere Kultur beeinflusst hat.

Sei es drum: Ich bin unzählige Male von Kirchengebimmel genervt worden. Ich muss mir bei fast jeder Hochzeit und Beerdigung einen Haufen Schmonzes anhören, der mir mächtig auf den Zeiger geht. Christliche Leute in Rundfunkräten und Sektenkommissionen schränken meine Freiheit in Bezug auf das, was ich sehen und glauben darf, ein. Und natürlich der Klassiker: Ich darf mir anhören, dass ich, nur weil ich kein Christ bin, nach meinem Tod für immer und alle Zeit von einem Perversen gefoltert werde, der diese ganze Welt hier aus dem Nichts gebastelt hat. Wenn das nicht nervt, was dann?

slawik schrieb:
Hast du vielleicht Küng gelesen, der sagt, dass ein gutes Programm nicht dadurch widerlegt wird, nur weil es schlecht umgesetzt wird? Würdest du das bestreiten?

Ich sehe beim Christentum kein gutes Programm und ein Herr Küng ist mir nicht bekannt.

slawik schrieb:
Du hast, was die Ehrenmorde anbetrifft Vergleiche aus der Frühzeit und dem Mittelalter herbeigeholt. Nun haben wir kein Mittelalter mehr, aber Ehrenmorde gibt es ja offensichtlich immer noch. Ist der Islam nicht vielleicht doch im Mittelalter stehen geblieben?

Keine Ahnung, ich weiß ohnehin nicht, wie vernünftig das ist "mittealterlich" als Synonym für "barbarisch" zu benutzen. Was dieses ganze Ehrenmord-Ding ist, ist daneben. Einfach nur völlig daneben. Nicht mittelalterlch-daneben oder islamisch-daneben, sondern einfach nur daneben.

slawik schrieb:
Du kannst das Christentum meinetwegen verdammen, musst mir aber in diesem Zusammenhang erklären, was du gegen die "Kirche der Armen" einzuwenden hast.

Wie sagte Nathan, der Weise bei Lessing: Kein Mensch muss müssen. Weder weiß ich, wer oder was die Kirche der Armen ist, noch sehe ich, was die, wenn es sich, wie ich mal vermute, um irgendeine christliche Glaubensgemeinschaft handelt, mit dem Thema zu tun haben soll. Ich sage doch nicht, dass alle chrsitlichen Organisationen alle böse, schlecht, falsch oder sonstwas sind und mich stören. Mir geht es um das Gedankengebäude Christentum und dessen Einfluss auf die westliche Kultur.

slawik schrieb:
Entschuldigung, wenn das nicht ganz zum Thema passt, aber ich bin nicht bereit, hier den Prellbock für dich zu spielen.

Ehm. Was ist ein Prellbock? Und - mit Verlaub gefragt - wer bist du eigentlich? Haben wir schon einmal miteinander kommuniziert, dass du für mich als Prellbock, was auch immer das sein mag, überhaupt in Frage kommen würdest?
 

Ein_Liberaler

Forenlegende
Registriert
14. September 2003
Beiträge
9.777
Ich machs kurz.
Aphorismus schrieb:
Der Zusammenhang zum Mittelaler ist mir immer noch nicht klar. Ebenso wenig halte ich es für angemessen, die Kultur Vorder- und Zentralasiens auf diesen einen Punkt, für den du weiterhin jedwede Quellenangabe oder ähnliches schuldig geblieben bist, zu reduzieren.

Erstens hatte ich "mittelalterlich" unter Bezug auf unser[/i) Mittelalter hinzugefügt, um Ehrenmorde nicht nur als asiatisch zu charakterisieren, sondern darauf hinzuweisen, daß sowas auf früheren Kulturstufen vielleicht auch bei uns möglich war. Das hätte ich besser ausführen sollen, da Du Dich ja häufig an Details festbeißt, während ich manchmal etwas unüberlegt dahinsage. Zwotens habe ich die Kultur Vorder- und Zentalasiens nicht auf diesen Punkt reduziert, sondern lediglich nur diesen einen Punkt aufgegriffen. Die dortige Begräbnis-, Gast- oder Musikkultur ist sicher aller Ehren wert, aber ich habe sie nicht erwähnt. Die dortige Mordkultur habe ich verurteilt.

Das ist leider nicht richtig. Der Ehrenmord ist nicht islamisch. Du schrebst ja selbst, dass der Islam für dich nur die Überbleibsel älterer Kulturen aufgegriffen hat. Das muss dann aber doch auch eigentlich für diesen Punkt ebenso gelten, oder? Wikipedia ist ganz hilfreich,

Im Islam hat dieser Kulturaspekt überleben können, und er ist zu einem integralen Bestandteil bestimmter örtlicher Ausprägungen des Islams geworden.

Ein_Liberaler schrieb:
Für mich stellt sich das Phänomen als türkisch, dabei vor allem kurdisch.

Wieder Wiki:

Die Todesstrafe wegen sexueller Vergehen ist seit den Zeiten des antiken Babylon (1700 v. Chr). (Codex Hammurabi) bekannt.

Und wie sieht es in Europa aus?

In Westeuropa praktizierte man die Tötung ehebrecherischer Frauen bei bestimmten germanischen Stämmen.

Im alten Rom war dem pater familias oder dem Familienältesten das Recht vorbehalten, eine unverheiratete aber sexuell aktive Tochter oder eine ehebrecherische Frau zu töten.

Scheint also gar nicht so dermaßen unüblich oder spezifisch asiatisch gewesen zu sein, wie du angenommen hast.

Dir ist aber schon klar, daß das in Europa seit über tausend Jahren überwunden ist, und daß ich Rachemorde an ehebrecherischen Frauen explizit ausgeschlossen hatte?

Jetzt schweifst du ab. Es ging eigentlich nicht um islamisches Recht per se und eigentlich nicht einmal um Ehrenmorde, sondern die von dir gewählte Formulierung "mittelalterlich-asiatische Mordkultur".

Mir ging es um Ehrenmorde, sei es um Morde an unkeuschen Töchtern, sei es um Morde an Karikaturiisten. Morde nämlich, die als Wiederherstellung des Rechts empfunden werden. Wenn Du ein wenig nachhaken würdest, statt immer gleich in den Rock zu springen, würde ich es besser ausformulieren, ohne dieses Gefühl, mich verteidigen zu müssen.

Das wundert mich nicht. Bei deiner Einstellung, würdest du als Moslem sicher ebensowenig ein gutes Wort über das Christentum verlieren. Du bist Traditionalist. Ein liberaler Traditionalist, versteht sich.

Wenn ich ein reiner Traditionalist wäre, dürfte ich auch kein gutes Wort über die USA verlieren, tatsächlich sind für mich viele Aspekte der amerikanischen Kultur der deutschen vorzuziehen. Sag mir, was ich am Islam toll finden soll.

[quote="Ein_Liberaler"Islamische Kultur ist meiner Ansicht nach das, was der Islam jeweils von der Kultur unterworfener Völker übriggelassen hat. Ich halte den Islam für eine außerordentlich zerstörerische und wenig schöpferische Religion.

Wenn du mal etwas mehr Zeit hast, setze ich dir gerne auseinander, inwieweit, nämlich sehr weit, dieses Statement auch auf das Christentum zutrifft.

Das Christentum hat viel zerstört, aber auch viel neues und gutes geschaffen.

Ersetze "Islam" durch "Christentum" und du hast meine Meinung. Übrigens wundert mich deine Einschätzung sehr. Weder in Talkshows noch sonst irgendwelchen Medien erlebe ich es so, dass es modern ist, den Islam "über den grünen Tee zu loben". Was ich sehe, wenn ich den Fernseher anmache oder die Zeitung aufschlage, sind (meist im Vergleich zu dir weniger liberale) Traditionalisten, die irgendwelchen geistigen Dünnpfiff über die christlichen Werte als Fundament unserer abendländischen Gesellschaft faseln. Mir scheint das, obwohl es im Süden Deutschlands ohnehin nie aus der Mode kommt, derzeit überaus angesagt zu sein, sei es bei Diskussionen über den Islam oder auch nur, wenn es um Pornos oder Schul-Amokläufer geht.

Ich höre immer nur von der christlich-jüdischen Tradition, was Quatsch ist, weil in Europa so gut wie keine jüdischen Einlüsse wirksam geworden sind, sieht man vielleicht von der monotheistischen Idee als solcher ab. Allerdings meine ich auch nicht Talkshows, obwohl da auch ständig der "wahre" Islam gegen die Islamisten in Schutz genommen wird, obwohl niemand Definitionshoheit hat, was der "wahre" Islam ist, sondern die pseudowissenschaftlichen Diskurse und Publikationen, die uns weismachen wollen, was wir alles dem Islam verdanken.

Das halte ich für durch und durch revisionistisch. Und unfair. Wir haben uns nicht wegen dem Christentum sondern trotz des Christentums in eine freiheitliche Gesellschaft entwickelt.

Warum hat das in allen anderen Gesellschaften nicht geklappt?

(Und bitte: Ich finde das Christentum dämlich. Ich gehe von unserer freiheitlichen Gesellschaft aus, glaube herauszufinden, daß das Christentum daran nicht unschuldig ist, und rechtfertige es deswegen. Ich gehe nicht vom Christentum aus und suche nach seinen positiven Aspekten. Soviel Ehrlichkeit kannst Du mir ruhig zugestehen. Revisionismus, den Schuh ziehe ich mir nicht an.)

Geistige Freiheit war im Christentum, so lange es noch realen Einfluss hatte, der den der jeweiligen Machthaber überstiegen hat, ebenso wenig möglich.

Keine völlige geistige Freiheit, aber die seinerzeit weitestgehende.

Der Islam hat geistige Freiheiten jahrhundertelang ermöglicht, von denen unser christliches Abendland nur träumen konnte. Die kulturelle Blühtezeit schlechthin erlebte Spanien unter Besatzung der Mauren. Isbesondere der Sufismus gehört an dieser Stelle erwähnt.

Das sind die Märchen, die uns so erzählt werden, das, was ich den Islam über den grünen Klee loben nenne. Die ersten islamischen Judenpogrome gab es noch unter Mohammed, in Andalusien folgten weitere. Natürlich machte der andalusische Islam eine Zeit der Liberalität durch, aber das war eine Zeit, in der der Islam gerade nicht mehr allzu ernst genommen wurde, für gläubge Moslems eine Zeit der Dekadenz. Sogar Wein wurde da getrunken. Das dauerte auch nicht allzu lange, dann übernahmen berberische Hilfsvölker die Herrschaft und mit der Toleranz war es vorbei. Auch die Blüte unter Harun al Raschid dauerte nur kurze Zeit. Bald verfielen die islamischen Länder in Intoleranz und Stagnation.

Die Entstehung von Universitäten als Verdienst dem Christentum zuzurechnen, mag, da sich die Unis aus Klosterschulen entwickelt haben, gerade noch angehen, aber daraus ableiten zu wollen, dass das Christentum das beste war, was wir erwischen konnten, finde ich absurd.

Wir haben auch die Trennung von Kirche und Staat (Gleichnis vom Zinsgroschen, Untergrundkirche im alten Rom, also älteste Tradition), Testierfreiheit, Inquisitionsprozeß, viele schöne Sachen. Außerdem urteile ich vom Ergebnis aus. Weder was die moslemischen Staaten erreicht haben, noch das chinesische philosophische System gefallen mir. (Und aus Platos oder Morus' Ideen wäre auch nichts freiheitliches geworden.)

Der Gottesstaatsbegriff stammt von Augustinus, einem der Kirchenväter. Ab wann waren denn im Christentum Staat und Kirche getrennt? Und wer waren die Kräfte, die diese Trennung foriert haben? Die christliche Kirche oder deren Gegner? Die Trennung von Staat und Kirche ausgerechnet dem Christentum als Vedienst anrechnen zu wollen, hieße den Bock zum Gärtner zu machen. Damit verhöhnst du die Menschen, die durch die Hand der Kirche gestorben sind, um genau die Freiheiten, die du so schätzt, zu erkämpfen. Ich finde das ziemlich verdreht.

Wie gesagt, ist die Trennung von Staat und Kirche eine der urältesten christlichen Ideen. Daß die Kirche später verführt wurde, sich davon zu lösen, ist mir klar. Nur konnte sie sie nicht mehr aus der Welt schaffen, und deshalb konnte Luther von der Freiheit eines Christenmenschen predigen. Das vorläufige Ergebnis, das cuius regio, eius religio, paßt mir so wenig wie Dir, aber dabei ist es ja nicht geblieben.

Wo ist da der Unterschied? Durch diese beleidigende Herabwertung wertest du das Christentum automatisch auf.

Äh, nein, allenfalls die nachmittelalerlich-europäische Kultur. Und ich meine, daß durchaus ein Unterschied besteht. Vielleicht nicht in der moralischen Wertigkeit, aber sonst durchaus.
 

Aphorismus

Ehrenmitglied
Registriert
22. Dezember 2004
Beiträge
3.690
Damit kann ich leben. Ich weiß zwar nicht, ob ich das, was du "Urteilen vom Ergebnis her" nennst, als Methode zur Berwertung von Zusammenhängen akzeptabel finde oder doch eher komplett ablehnen würde, aber dazu muss ich darüber noch etwas länger nachdenken.

Ein_Liberaler schrieb:
Wenn ich ein reiner Traditionalist wäre, dürfte ich auch kein gutes Wort über die USA verlieren, tatsächlich sind für mich viele Aspekte der amerikanischen Kultur der deutschen vorzuziehen. Sag mir, was ich am Islam toll finden soll.

Astronomie, Pferde, Mathematik, Croissants, Haschisch, Fresken. Zum Beispiel. (Ich urteile mal versuchsweise auch vom Ergebnis her.)

Ein_Liberaler schrieb:
Ich höre immer nur von der christlich-jüdischen Tradition, was Quatsch ist, weil in Europa so gut wie keine jüdischen Einlüsse wirksam geworden sind, sieht man vielleicht von der monotheistischen Idee als solcher ab.

Immerhin gibt es die Kabbalah, die sich besonders in Spanien entwickeln konnte. (Ich habe nächstes Semester vor, bei einem Professor, der ein Buch über die christliche Kabbalah geschrieben hat, ein Seminar über die Aufklärung zu belegen. Mal sehen, was das so an Erkenntnissgewinn leisten kann.) Ich glaube, dass ständig von der judäo-christlichen Kultur gesprochen wird, weil die Bibel nunmal nicht nur aus dem Neuen Testament besteht und offenbar viele Leute den Eindruck haben, daher beides irgendwie miteinander auf Deibel komm raus vermengen zu müssen.

Ein_Liberaler schrieb:
Warum hat das in allen anderen Gesellschaften nicht geklappt?

Keine Ahnung. Aber ich glaube nicht an monokausale Erklärungen. Oder meinst du, die Chinesen wären heute ein freies Volk, wenn man sie christianisiert hätte?

Ein_Liberaler schrieb:
Wo ist da der Unterschied? Durch diese beleidigende Herabwertung wertest du das Christentum automatisch auf.

Äh, nein, allenfalls die nachmittelalerlich-europäische Kultur. Und ich meine, daß durchaus ein Unterschied besteht.

Sehr schön, das wollte ich im Grunde hören. Wenn es darum geht, die nachmittelalterlich-europäische Kultur zu loben, stimme ich jederzeit gerne mit ein.
 

slawik

Geselle
Registriert
5. Januar 2007
Beiträge
96
@ Aphorismus

Wenn ich dich grad richtig verstanden hab, hast du dich mit dem Christentum nicht richtig beschäftigt. Du lehnst es offensichtlich rundweg ab, ohne dich richtig auszukennen. Komme mir jetzt nicht mit der blutigen Geschichte der Religion, das weiß ich wohl, was dort passiert ist, nur kannst du mir das heute nicht mehr aufs Brot schmieren. Dafür kann ich ebenso wenig wie du als Deutscher was für den Holocaust kannst. Dafür möchtest du sicherlich auch nicht verantwortlich gemacht werden, oder?

Sicher ist ein Atheist von langweiligen Predigten oder penetranten Kirchengebimmel genervt, das glaube ich dir gern.

Warum aber die 10 Gebote (auf denen fusst nun einmal das Christentum) ein schlechtes Programm sein sollen, kannst du mir ja mal erläutern, das sehe ich ein wenig anders.

Was mit dir nach deinem irdischen Tod passieren wird, kann dir keiner voraussagen, weil einfach niemand weiß, was nach dem Tod sein wird.

Ein Prellbock ist übrigens das Teil, welches in einem Kopfbahnhof am Ende des Gleises steht und somit verhindert, dass der Zug durch das Empfangsgebäude rast. Ich meinte das im übertragenen Sinne, weil du hier ja ziemlich gegen das Christentum gewütet hast und ich mich als Katholik davon angesprochen gefühlt habe.
 

Aphorismus

Ehrenmitglied
Registriert
22. Dezember 2004
Beiträge
3.690
slawik schrieb:
@ Aphorismus

Wenn ich dich grad richtig verstanden hab, hast du dich mit dem Christentum nicht richtig beschäftigt.

Dann hast du mich wohl nicht richtig verstanden. Woraus leitest du denn ab, dass dem so wäre? Ich meine, mich recht durchschnittlich viel mit dem Christentum befasst zu haben. Ich hatte bis zur elften Klasse evangelische Religon und gucke ganz gerne Dokus - was man halt so mitkriegt. :wink:

slawik schrieb:
Du lehnst es offensichtlich rundweg ab, ohne dich richtig auszukennen.

Du hast zumindest mit der ersten Hälfte fast recht. Das Gedankengebäude Christentum lehne ich wirklich komplett ab. Ich glaube nicht aran, dass Jesus irgendetwas anderes, als ein Mensch war. Das heißt aber doch nicht, dass mir alles, was irgendwie mit dem Christentum zu tun hat, missfällt. Ich liebe gothische Kathedralen und auch die ganz normalen, roten Backsteinkrichen, die gerade in Norddeutschland viel zu finden sind, mag ich von der Ästhetik her sehr gerne. Ich respektiere die Arbeit christlicher Wohlfahrtseinrichtungen und gegen das Gebot der Nächstenliebe habe ich selbstverstädlich auch nichts.

slawik schrieb:
Komme mir jetzt nicht mit der blutigen Geschichte der Religion, das weiß ich wohl, was dort passiert ist, nur kannst du mir das heute nicht mehr aufs Brot schmieren.

Der Liberale und ich hatten über die Fundamente unserer Kultur diskutiert. Da gehört die blutige Kirchengeschichte nun einma mit dazu.

slawik schrieb:
Dafür kann ich ebenso wenig wie du als Deutscher was für den Holocaust kannst. Dafür möchtest du sicherlich auch nicht verantwortlich gemacht werden, oder?

Wann habe ich hier irgendjemanden versucht für die Geschichte der Kirche "verantwortlich zu machen"? :gruebel:

slawik schrieb:
Sicher ist ein Atheist von langweiligen Predigten oder penetranten Kirchengebimmel genervt, das glaube ich dir gern.

Agnostiker, nicht Atheist.

slawik schrieb:
Warum aber die 10 Gebote (auf denen fusst nun einmal das Christentum) ein schlechtes Programm sein sollen, kannst du mir ja mal erläutern, das sehe ich ein wenig anders.

Kannst du Englisch? Wenn nicht, antworte ich gerne selber, aber besser kann man es imho nicht auf den Punkt bringen: http://www.skeptic.ca/george_carlin_ten_commandments.htm

Edit: Oder als Video: http://youtube.com/watch?v=9CitfTtMIx8

slawik schrieb:
Was mit dir nach deinem irdischen Tod passieren wird, kann dir keiner voraussagen, weil einfach niemand weiß, was nach dem Tod sein wird.

Wenn du das wirklich glaubst, bist du nur auf dem Papier Katholik.

slawik schrieb:
Ich meinte das im übertragenen Sinne, weil du hier ja ziemlich gegen das Christentum gewütet hast und ich mich als Katholik davon angesprochen gefühlt habe.

Tja, so ist das nun einmal. Wenn mir Pfaffen erzählen wollen, dass ich nach meinem Tod in die Hölle komme, wo mich ewig währende Qualen erwarten, dann finde ich das auch nicht besonders toll.
 

Simple Man

Forenlegende
Registriert
4. November 2004
Beiträge
8.452
Apho schrieb:
Tja, so ist das nun einmal. Wenn mir Pfaffen erzählen wollen, dass ich nach meinem Tod in die Hölle komme, wo mich ewig währende Qualen erwarten, dann finde ich das auch nicht besonders toll.
:gruebel:
Was genau stört dich eigentlich daran? Und wie oft wird dir das eigentlich erzählt? Oder meinst du das jetzt allgemein, und "mir" ist hier nur ein Stilmittel?
 

Aphorismus

Ehrenmitglied
Registriert
22. Dezember 2004
Beiträge
3.690
Naja, was mich daran stört, ist, dass es keine besonders nette Aussicht ist, falls diese Leute Recht haben. Falls sie nicht Recht haben, stört mich das - wie das meiste dumme Gelaber, was es ja dann wäre - genau so.

Und mit "mir" meinte ich einfach und ergreifend mich. Ich bin in Portugal aufgewachsen, da ist der Katholizismus noch nicht ganz so verwässert wie in Deutschland. Da wird Kindern das noch wirklich so erzählt. Entweder du wirst ein braver Katholik, oder es passieren Sachen, die, wenn sie in Filmen gezeigt werden würden, ab 18 wären, nichts mit Sex zu tun haben, und kurz und bündig einem Kind ganz schön derbe den Kopf f*cken können, wenn das Kind das ernst nimmt. Du kannst doch einem Kind nicht erzählen, dass Gott die Liebe ist, der dich aber, wenn du nicht rechtzeitig heiliges Wasser über den Kopf geträufelt gekriegt hast, bis ans Ende aller Zeit foltern wird. Das ist unanständig, dreckig und - imho - ohnehin Quatsch.

Ich habe nunmal ganz besonders etwas dagegen, wenn so mit Kindern umgegangen wird, aber auch wenn Erwachsenen, von denen es zu genüge welche gibt, die ebenso leichtgläubig sind wie Kinder, so etwas erzählt wird, finde ich das schlimm. In einem Satz: Ich halte das einfach für eine schreckliche und furchtbare Geschichte, die man schleunigst aus den Lehren der Kirche entfernen sollte, schlicht und ergreifend des guten Geschmacks wegen.
 

Ein_Liberaler

Forenlegende
Registriert
14. September 2003
Beiträge
9.777
Aphorismus schrieb:
Astronomie, Pferde, Mathematik, Croissants, Haschisch, Fresken. Zum Beispiel. (Ich urteile mal versuchsweise auch vom Ergebnis her.)

D' accord. Astronomie, Pferde. Von Pferden verstehe ich zwar nichts, und mir liegen, wenn, eher die Friesen, aber die Araber sind ja berühmt. Mathematik verdanken wir eher den Ägyptern und Griechen, Croissants den Wienern, Haschisch halte ich persönlich für keine Bereicherung unserer Kultur, und Fresken? Wahrscheinlich meinst Du Kalligraphie. Was in den eroberten Ländern an Fresken zerstört worden ist, will ich gar nicht wissen.

Immerhin gibt es die Kabbalah, die sich besonders in Spanien entwickeln konnte.

Deren Einfluß auf unsere westeuropäische Kultur halte ich aber für eher gering.

Ich glaube, dass ständig von der judäo-christlichen Kultur gesprochen wird, weil die Bibel nunmal nicht nur aus dem Neuen Testament besteht und offenbar viele Leute den Eindruck haben, daher beides irgendwie miteinander auf Deibel komm raus vermengen zu müssen.

Ich habe eher den Eindruck, daß es eine Form ist, sich bei den Juden für das zu entschuldigen, was wir ihnen angetan haben.

Keine Ahnung. Aber ich glaube nicht an monokausale Erklärungen. Oder meinst du, die Chinesen wären heute ein freies Volk, wenn man sie christianisiert hätte?

Natürlich nicht. Die Russen sind ja auch kein freies Volk. Ich meine, daß sich vielleicht in Westeuropa verschiedene freiheitliche Tendenzen, römische, germanische, christliche, gegenseitig verstärkt haben. Jede dieser drei Kulturen hatte auch unfreiheitliche Aspekte, die sich auch zeitweilig durchgesetzt haben. Ich meien, Rom wurde ja zwischenzeitlich zur halbkommunistischen Diktatur.

Das heißt aber doch nicht, dass mir alles, was irgendwie mit dem Christentum zu tun hat, missfällt. Ich liebe gothische Kathedralen und auch die ganz normalen, roten Backsteinkrichen, die gerade in Norddeutschland viel zu finden sind, mag ich von der Ästhetik her sehr gerne.

Backstein war ein adliger Baustoff. Bis Pflugschartiefe gehörte das Feld dem Bauern, darunter dem Landesherrn. Feldsteine pflügt man heute noch zu Hunderten aus, nach Lehm muß gegraben werden - deshalb sind Burgen und Klöster (landesherrliche Stiftungen) aus Backstein, die von mir besonders geschätzten märkischen Dorfkirchen aus Feldstein. Komischerweise waren die Bauern, die im Mittelalter auf eigene Kosten die Feldsteinkirchen bauten, gesellschaftlich und wirtschaftlich besser gestellt als ihre Nachfahren in der Neuzeit, denen der Gutsherr die Kirche verschandeln ließ, von Schinkel, wenn er es sich leisten konnte.

Letztes Jahr war ich in Wismar, fantastische Backsteingotik. Im Turm der Marienkirche zeigt die Stiftung Denkmalschutz einen 3D-Animationsfilm über ihren Bau.

slawik schrieb:
Warum aber die 10 Gebote (auf denen fusst nun einmal das Christentum) ein schlechtes Programm sein sollen, kannst du mir ja mal erläutern, das sehe ich ein wenig anders.

Nein, tut mir leid, darauf fußt es nicht. Sondern auf unserer grundsätzlichen Sündhaftigkeit und Verworfenheit, für die uns Gott eigentlich zur Hölle verdammen müßte, oder vielmehr auf seiner Gnade, die ihn bewogen hat, sich selbst ersatzweise zu bestrafen und uns zu retten.
 

Ähnliche Beiträge

Oben