Ist der Islam satirefähig?

POW

Großmeister
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Meine Persönliche Meinung:

Einige dieser Karikaturen finde ich sehr geschmacklos, viele stellen für mich einfach dumpfe Provokationen dar, die echt tief unter die Gürtellienie gehen, dennoch bin ich der Meinung, dass Gewalt keine Lösung ist und verurteile die Mordaufrufe auf´s Schärfste.
 

POW

Großmeister
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Winston_Smith schrieb:
Einige dieser Karikaturen finde ich sehr geschmacklos, viele stellen für mich einfach dumpfe Provokationen dar, die echt tief unter die Gürtellienie gehen,

Darf ich fragen, welche Du da meinst?

ws


Eine Provokation ist zum Beispiel, wenn Allah als Hund dargestellt wird, so wie wohl kürzlich in einer dänischen Tageszeitung geschehen. Leider konnte ich über Google-Bildersuche jetzt nichts finden, aber da es im Islam verboten ist, sich generell ein Bildniss Allahs zu machen, respektiere ich das und würde es unterlassen. Ich weiß, dass es im Christentum "eigentlich" ja genau so sein sollte, aber "wir" gehen mit dieser Problematik anders um und fühlen uns dadurch ja auch nicht beleidigt; wohingegen es in islamischen Staaten wohl anders ausschaut.
 

Simple Man

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Naja, ob das in islamischen Ländern generell ein Problem ist, weiß ich auch nicht .. der Großteil der Leute da dürfte imo auch andere Probleme haben, als so eine Zeichnung ... nicht selten sind diese Proteste ja auch angestachelt und angeheizt von Leuten, die von einer aufgeladenen Stimmung profitieren ...
 

Ein_Liberaler

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Mohammed als Hund (ich glaube, es war Mohammed) ist genauso dumm und primitiv und geschmacklos wie das Kruzifix im Glas voller Urin, das es sogar in Kunstausstellungen geschafft hat. Ich weiß nicht, wie man auf so eine bescheuerte Idee kommen kann.

Aber wie mehrfach betont, für mich rangiert die Meinungsfreiheit vor der Würde des Menschen.
 

Aphorismus

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Da ist eben die Frage, wie man diese beiden Religionen bewertet. Gegen Hitler in einem Glas voller Urin hätte wohl kaum jemand etwas. Da ist die Erinnerung an den Schrecken noch sehr wach. Dass die Kirche über sehr viel längere Zeiträume eine meiner Meinung nach ebenso krude Ideologie vertreten hat und viele Menschen entweder direkt oder indirekt durch Entscheidungen der Kirche ums Leben gekommen sind, kann man heute auf Grund der zeitlichen Distanz leicht ausblenden.

Mohammed, der mit einem neunjährigen Mädchen geschlafen hat, als Hund darzustellen - mich stört es nicht. Die Symbolik des Kruzifixes in einem Glas voll Urin erschließt sich mir zwar nicht, aber der Tendenz nach geht das Kunstwerk in eine Richtung, die ich nachvollziehbar finde.

Ein_Liberaler schrieb:
Aber wie mehrfach betont, für mich rangiert die Meinungsfreiheit vor der Würde des Menschen.

Beruhigend.
 

Winston_Smith

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aber da es im Islam verboten ist, sich generell ein Bildniss Allahs zu machen

Ganz recht. Für Muslime und "im Islam" ist es verboten. Entsprechend auch in islamisch geprägten Ländern.

ABER: Für einen "christlichen" Dänen/Schweden/Deutschen in einem nicht muslimischen Land gilt das alles nicht! Die Zeichner sind doch nicht an das islamische Recht gebunden.

Was, wenn ein Muslim nicht-verschleierte Frauen als Provokation ansieht?

Sicherlich kann man über die Qualität der Comics streiten. (Finde sie auch nicht wirklich originell)

ws
 

Ein_Liberaler

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Hat die Karikatur irgendeinen Zusammenhang mit der Mohammed nachgesagten Schändung einer Neunjährigen hergestellt?

Die Symbolik des Kruzifixes in einem Glas voll Urin erschließt sich mir zwar nicht, aber der Tendenz nach geht das Kunstwerk in eine Richtung, die ich nachvollziehbar finde.

Ich lege keinen Wert auf einen weiteren Meinungsaustausch mit Dir über religiöse Themen.
 

POW

Großmeister
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Ein_Liberaler schrieb:
Aber wie mehrfach betont, für mich rangiert die Meinungsfreiheit vor der Würde des Menschen.

Aber wenn ich durch eine meinungsäußerung, in welcher Form auch immer, die Gefühle anderer verletze, dann trete ich doch deren Würde mit Füßen, oder irre ich mich ?
 

POW

Großmeister
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@ all


Hat Satire nicht etwas mit Provokation zu tun? Für mein Verständnis schon, also, weshalb "die andere Seite" bis auf´s Blut reizen ? Führt doch, wie wir sehen eh nur zu Konflikten...
 

Ein_Liberaler

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Ja, und? Welche Meinungsäußerungen sollen denn deswegen verboten werden? Wer soll das entscheiden?

Beleidigungen trägt man mit Würde, oder man gibt sie zurück.

Wenn man von Angesicht zu Angesicht beleidigt wird, kann man auch Notwehr üben.

Aber wenn man in der Zeitung beleidigt wird, dann nimmt man entweder das unbedeutende Giftblatt nicht ernst, oder man lebt in einer Gesellschaft, die auch wichtigen Zeitungen Beleidigungen durchgehen läßt, dann sollte man auswandern, wenn man nichts verträgt.
 

vonderOder

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weiß gar nicht was ihr habt ...

wie heißt es doch so schön im Artikel 22
der 'Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam' vom o5. August 1990:
Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung, soweit er damit nicht die Grundsätze der Scharia verletzt.
:gruebel: :gruebel:
und nun 'The Cairo Declaration on Human Rights in Islam' noch mal ins deutsche übersetzt.


hier habe ich einen Vortrag über die Sharia - Das islamische Recht - gefunden.
vielleicht interessiert's.
 

Aphorismus

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[OT]

@ Ein_Liberaler:

Ich habe gar nicht vor, dich gegen deinen Willen in eine Diskussion über Religion hineinzuziehen. Allerdings werde ich weiterhin meine Meinung zu religiösen Fragen in diesem Forum äußern, ob dir das nun gefällt oder nicht. Und wenn du dich zu diesen Punkten äußerst, werde ich, wenn es mir angebracht scheint, auch dazu meinen Senf abgeben. Das kannst du gerne ignorieren, aber den Mund verbieten lasse ich mir nicht, nur weil dir meine Meinung nicht passt. Aber das versteht sich eigentlich von selbst, oder?

Ich bin heute gerade über einen Aphorismus von Schopenhauer gestolpert:

Über die heilige Schrift

Man kann nicht Diener zweier Herren sein, entweder der Vernunft oder der Schrift.

[/OT]

POW schrieb:
Aber wenn ich durch eine meinungsäußerung, in welcher Form auch immer, die Gefühle anderer verletze, dann trete ich doch deren Würde mit Füßen, oder irre ich mich ?

Das hängt davon ab, was man unter Würde versteht. Im Grunde ist ein wichtiges Element die freie Selbstbestimmung. Wenn mein Recht eingeschränkt wird, über mich und mein Verhalten frei zu entscheiden, dann wird meine Würde als freier Mensch meinem Verständnis nach eingeschränkt. Streng genommen sind daher alle Gesetze und Regularien Eingriffe in meine Würde als Mensch. Würde bezeichnet also die freie Selbstbestimmung innerhalb eines gesetzlich festgelegten Bereiches.

Darunter, dass man von jemandem beleidigt wird, oder dadurch, dass jemand etwas beleidigt, was einem am Herzen liegt, leidet nicht zwangsläufig die Würde eines Menschen. Natürlich ist dies durchaus möglich und auch hier gibt es Gesetze, die beispielsweise Mobbing und Beleidigung unter Strafe stellen. Dies sind beides Angriffe auf eine bestimmte Person. Wenn ich Peter ein Arschloch schimpfe, dann kann er mich verklagen und hat, abgesehen davon, dass der Richter dies wohl recht unwichtig fände und den Fall daher wohlmöglich abweisen würde, gute Chancen mit der Klage zu gewinnen. Wenn ich aber sage, dass alle Peters der Welt meiner Meinung nach Arschlöcher seien, dann dürfte es sehr viel schwerer sein, mich für das Äußern dieser Meinung zu bestrafen.

Ähnlich sehe ich die Sachlage in Bezug auf Religionen und religiöse Symbole. Wenn jemand Religionen kritisch gegenübersteht und in einer Zeitschrift eine Karikatur publizieren möchte, die diese Religion unvorteilhaft darstellt, dann ist das sein gutes Recht. Wenn er sich allerdings vor eine Moschee stellen würde und dort Bilder, die Mohammed als Hund darstellen, aufstellen würde, wäre dies eine gezielte Provokation von Personen und müsste daher kritisch in Augenschein genommen werden. Die Grenzen sind fliessend, allgemein muss man generelle Kritik und gezielte Beleidigungen voneinander unterscheiden.

Man kann auf Grund eines Studiums der Kirchengeschichte durchaus wie Deschner oder Scdhmidt-Salomon zu einem äußerst scharfen Religionskritiker werden, ohne dabei einzelne Personen zu beleidigen. Wenn diese Personen dennoch beleidigt sind, dann nur, weil sie etwas angegriffen sehen, dass ihnen am Herzen liegt. Dem Kritiker liegt die Kritik aber vermutlich genau so am Herzen, so dass dies kein angemessenes Kriterium zu Unterscheidung ist. Das ist ja gerade eines der zentralen Probleme des Karikaturenstreits: Moslems weltweit fühlen sich von einer tausende Kilometer entfernt publizierten Karikatur persönlich beleidigt, weil für sie ihr Glaube ein so integraler Persönlichkeitsbestandteil ist, dass eine Beleidigung dieses Glaubens einer schlimmstmöglichen Beleidigung ihrer Person gleich kommt.

Um diesen Umstand wissend, könnte man natürlich auf solche Karikaturen verzichten. Andererseits könnte man dagegen halten, dass nur die Auseinandersetzung mit solchen Konfliktpunkten in der islamischen Welt überhaupt erst ein Bewusstsein dafür schaffen kann, dass es noch andere Welt(sicht)en außerhalb des eigenen Erfahrungshorizontes gibt. Die christliche Aufklärung kam auch nicht über nacht, sie musste hart erkämpft werden. Natürlich können wir keine künstliche Aufklärung in die islamische Welt von außen hereintragen, so etwas muss organisch entstehen. Aber zumindest vorleben und zeigen, was es heißt, frei und tolerant miteinander zu leben und dabei auch zu akzeptieren, dass Dinge und Ideen, die einem selbst überaus wichtig sind, von anderen mit Füßen getreten werden, ohne dies als Angriff auf die eigene Person zu verstehen, das können wir Europäer leisten. Und aus diesem Grund finde ich es richtig, dass wir niemandem kategorisch verbieten, solch umstrittene Karikaturen zu veröffentlichen, Kruzifixe in Gläser voller Urin zu stellen und so weiter und so fort.
 

POW

Großmeister
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@ Aphorismus

Eigentlich möchte ich dir zustimmen. Was Du in Deinem letzten Post geschrieben hattest, liest sich für mich einleuchtend...

Nur ist es weiterhin so, dass ich, wohl aufgrund meiner Erziehung, es nicht mit mir vereinbaren könnte, andere Menschen absichtlich zu provozieren bzw. zu beleidigen. Und weiterhin bin ich der persönlichen Meinung, dass diese Provokationen nicht ausarten dürfen. Denn die teilweise heftigen Karikaturen ( Hund mit Mohammeds oder Allahs Kopf ) sind meiner Auffassung nach nicht einmal ansatzweise zum schmunzeln und bislang ging ich eigentlich davon aus, dass Karikaturen ja auch irgendwo eine humorvolle Komponente in sich tragen sollten...

Desweiteren halte ich es eigentlich so, dass wenn mich etwas stört, dann sage ich es frei heraus, komme schnell auf den Punkt... Und wenn ich der Meinung bin, dass der Islam für mich sowas wie der Wolf im Schaafpelz ist, dann spreche ich es aus. Das könnte sogar produktiver sein, als die andere Seite nur zu "beleidigen".

So weit erstmal...
 

Booth

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Ähm - sehe ich das richtig, daß folgende Reaktion von Dir, Liberaler, auf die Aussage von antimagnet war?!
Ein_Liberaler schrieb:
antimagnet schrieb:
ist denn nicht eher das umbringen-wollen weitaus problematischer als das beleidigt-sein?
Ich glaube, daß die beiden Sichtweisen nicht gleichwertig sind.
Wenn ja... meine Zustimmung und hier der Versuch, es genauer darzustellen:
Das Töten ist eine ziemlich objektive Angelegenheit für "den Betroffenen".
Das Beleidigt-Sein ist eine ziemlich subjektive Angelegenheit "den Betroffenen".

Das juristische Problem ist, daß wir versuchen, aus einer subjektiven Angelegenheit eine objektive Angelegenheit zu machen... was letztlich schwer möglich ist.

Worauf sich die Juristerei bei diesen Dingen dann oft beruft, sind nunmal kulturelle Traditionen. Wer weiss - vielleicht ist "Du Arschloch" in 10 Jahren in irgendeiner Subkultur der Ausdruck für die absolute Vergötterung ;)

Und bei diesen kulturellen Trafitionen stossen dann religiöse Satirepublikationen nunmal an diverse Grenzen.

Aus meiner Sicht muss die Juristerei sich aus Dingen, wie "Beleidigungen" ebenfalls zurückziehen. Eine einmalige Beleidigung ist kein Verbrechen. Eine ständige Beleidigung kann dann in Mobbing/Stalking enden. Aus meiner Sicht gibt es dafür dann wiederum eine objektive Meßgrösse - nämlich die zeitliche Investition, die Täter in die Angelegenheit investiert. Aber eine einmalige Beleidigung in der Hitze des Gefechts (wo auch immer) ist meines Erachtens niemals ein Urteilsspruch wert. Das ist einfach viel zu subjektiv, und jeder Bürger eines modernen Landes muss in der Lage sein, ne gelegentliche, spontan-situative Beleidigung zu verkraften und wegzustecken.

Und eine Religion, wie auch deren Angehörigen müssen in der Lage sein, eine oder auch einige Karikaturen wegzustecken. Wer das nicht kann, zeigt nur, wie dünn sein Selbstbewusstsein ist. Selbstbewusstsein kann man aber nicht juristisch bei denen einklagen, die es haben.

gruß
Booth
 

Ein_Liberaler

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Es war eine Antwort auf vonderOder, der meinte, ob Beleidigung oder Mord schlimmer sei, sei Ansichtssache.

Wer weiss - vielleicht ist "Du Arschloch" in 10 Jahren in irgendeiner Subkultur der Ausdruck für die absolute Vergötterung

Mir fällt eine Folge vom "Kgl. Bayerischen Amtsgericht" ein, da ging es um Beleidigung. Der Verteidiger konnte glaubhaft machen, daß "leck mich am Arsch" in Bayern keine Beleidigung darstellt, sondern auch ein Ausruf des Erstaunens, ja sogar der heimlichen Anerkennung sein kann - Freispruch.

Ansonsten stimme ich Dir völlig zu.
 

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