Aphorismus
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Trasher schrieb:So kam es aber bei Deiner Antwort rüber.Aphorismus schrieb:Ich schließe gar nicht auf alle.
Nein, es kam bei dir so an. Kleiner Unterschied.
Trasher schrieb:Wie sollen denn 50.000 Unzufriedene ihre Argumente "an den Mann bringen"? Die Bündelung ihrer Ansichten durch Demonstrationen/Petitionen ist doch da ein ganz guter Weg.
Petitionen sind für mich schon etwas ganz anderes und erheblich sinnvoller als Demonstrationen.
Trasher schrieb:Klar, es gibt immer welche, die eine solche Veranstaltung für ihre eigenen Zwecke missbrauchen.
Schade finde ich es, dass die Presse sich sofort jauchzend auf Randale stürzt. Aber am Ende ist es eben auch die Sensationsgeilheit der Medienkonsumenten, G8 ohne Autonome und brennende Barrikaden ist halt doof.
Ich finde die G8-Proteste auch ohne Gewalt ziemlich doof und verweise mal auf den weiter unten zitierten Artikel.
Trasher schrieb:Also bewirken Demos doch etwas?
Ich denke, dass man zwischen Demonstrationen in Demokratien und Demonstrationen in totalitär organisierten Staaten grundsätzlich unterscheiden muss. In totalitären Staaten, wo keine Demokratie herrscht, sind Demos sinnvoll, weil sie die einzige Möglichkeit sind, der Stimme des Volkes Ausdruck zu verleihen. In Demokratien sind sie relativ wirkungslos, weil sie entweder eine Minderheitenmeinung zum Ausdruck bringen, was dann einem Statement gleichkommt, das allerdings nichts an der politischen Situation ändert (wie jetzt in Heiligendamm) oder die Mehrheitsmeinung zum Ausdruck bringen, wodurch sich erst recht nichts ändert (wie in den 90ern die Lichterketten gegen rechtsradikale Übergriffe).
Was Demonstrationen aber fast immer bewirken, ist eine Eskalation der Gewalt. In totalitären Regimen werden sie vom Militär oder der Polizei zerschlagen, was eine Schweinerei aber auch irgendwo abzusehen ist, und in Demokratien werden sie von Leuten, die Randale machen wollen, gezielt benutzt um eine Legitimation für ihre Schlägereien zu haben. Meiner Meinung nach gibt es kaum etwas dämlicheres als Demos in demokratischen Ländern. Reiner Aktionismus, Wikrung gleich Null, Riesenaufwand für die Polizei und eine ganze Menge Gewalt.
Trasher schrieb:Das schlimme an den gewaltbereiten Idioten ist, dass sich weniger friedliche Demonstranten auf die Demos trauen und das Bild entsteht, G8-Kritiker seien alle schwarzgekleidete intelligenzfreie Steinewerfer.
Ach Quatsch. Kein einziges Nachrichtenmagazin betont nicht fortwährend, dass "der Großteil der friedlichen Demonstranten diese Gewalteskalation vehement ablehnt". So oder so ähnlich paraphrasiert wird das ausnahmslos überall wiedergegeben, sogar in der Bild-Zeitung.
Wenn überhaupt, dann ist der Skandal dieser Schwarzen-Block-Dumpfbacken, dass sie davon ablenken, was für teils naive, teils schlichtweg uninformierte Leute zu dieser Demo hingegangen sind.
Dazu der versprochene Artikel:
"Wie politische Naivität den Gewalttätern hilft
Die in ihrem Selbstverständnis "friedliche" Protestszene hat sich ihren Blick auf die Wirklichkeit verstellt. Das ist nicht nur naiv, es ist auch deutsche Tradition: Über allem schwebt der Geist des Guten, während drunten die Völker hässlich aufeinander schlagen.
Der brutale Gewaltexzess mehrerer tausend G-8-Gegner des "schwarzen Blocks" gestern in Rostock wirft auch ein grelles Licht auf die politische Kompetenz der Organisatoren des Protests und seine friedlich gesinnte Mehrheit. Man könnte auch sagen: Auf die politische Kultur der gesamten Anti-G-8-Szene, die in den vergangenen Wochen von den Medien fast zum moralischen Mainstream der Republik erklärt wurde.
"G 8 in Heiligendamm" - das wurde so etwas wie ein Wallfahrtsort aller Wohlmeinenden, die Apokalypse der Weltrettung. "Make Capitalism History!" rufen die einen, während andere schon eine Tasse Cappuccino weniger pro Woche für ausreichend halten, um das Elend vom Globus zu verbannen.
Pro Bono contra Malum. Ein Schwarz-Weiß-Moralismus, der sich selbst benebelt und die Reinheit der guten Gesinnung zum Polit-Kitsch eines modernen Mitläufertums werden lässt.
Am Ende wollten praktisch alle mitmachen - von Nina Ruge bis Campino, von Bob Geldofs "Bild"-Zeitung bis zum Hamburger Hiphopper Jan Delay, der noch vor wenigen Wochen im Interview mit der "taz" "brennende Autos" als "super Aktion" gelobt hatte. Ex-CDU-Generalsekretär Heiner Geißler, Neumitglied bei "Attac", will jetzt auch gleich den ganzen Kapitalismus abschaffen, der genau so schlimm sei wie der Kommunismus, und selbst brave Moderatorinnen von "Radio 1"(rbb), die sonst gerne kritisch nachfragen, wollten letzte Woche nur noch wissen, wie man vom Bahnhof zum Protestcamp kommt: "Ist das ausgeschildert?"
(...)
Wer Bush, Blair, Prodi, Sarkozy, Merkel & Co. bloß für "Gangster" und "Verbrecher" oder reine Funktionsträger eines mörderischen Systems hält, wird kaum inhaltliche Forderungen an sie stellen. Wer dies aber tun will, muss sie erstmal tagen lassen, als demokratisch gewählte Repräsentanten ihrer Völker.
Das ist eigentlich ganz einfach zu verstehen. Aber längst hat sich die "Gipfel-Dramaturgie" 2007 verselbstständigt, wozu die Massenmedien nicht wenig beitragen. Seit Wochen liegt ein fast hysterisches "High-Noon"-Gefühl in der Luft, und die Erwartungen, gute wie böse, werden im Tages-, ja Stundenrhythmus auf der nach oben offenen G-8-Skala weiter gedreht.
Vielleicht bietet das gestrige Desaster in Rostock doch noch die Gelegenheit, ein paar klare Gedanken zu fassen. Und zu entscheiden, was man will und was nicht. Vor allem aber: Mit wem nicht.
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