Aufstand der Atheisten

agentP

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Man kann sicherlich heutzutage nachweisen, welche Teile des Gehirns involviert sind, wenn jemand Violine spielt. Nur ändert es nichts daran, dass Jahre der Übung notwendig sind, um dieses Instrument zu erlernen.

Äh sorry, aber man kann doch heute auch ganz gut zeigen, dass beim Üben von Dingen im Gehirn etwas passiert, z.B. neue synaptische Verbindungen aufgebaut werde, auch wenn man die genauen Zusammenhänge nicht versteht. Was ist daran nicht "materialistisch"?
 

Goatboy

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Giacomo_S schrieb:
Aber die angesammelten Fähigkeiten und Erkenntnisse eines Menschen sind mehr als nur sein Gehirn.
Die angesammelten Fähigkeiten und Erkenntnisse eines Menschen haben letztendlich strukturelle Korrelate im Gehirn, seien es Calciumspuren, seien es Verbiegungen der Mikrotubuli, Alterationen winziger elektromagnetischer Felder, Anordnungen von Synapsen oder all die anderen Hypothesen, die es für den Ursprung des Bewusstseins, des Gedächtnisses und der Persönlichkeit gibt. Und diese Begriffe "Geist" oder "Seele" - wenn man darunter die Gesamtheit der kognitiven, intellektuellen, emotionalen und persönlichen Eigenschaften eines Menschen versteht, meinetwegen, dann kann man einen solchen Begriff verwenden. Dass aber den Menschen zusätzlich zum Bekannten und Nachvollziehbaren noch eine mystische unsterbliche Kraft ausmachen soll, die man weder verstehen noch auch nur prinzipiell belegen kann, das ist naive romantische Träumerei.
 

Giacomo_S

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Goatboy schrieb:
Dass aber den Menschen zusätzlich zum Bekannten und Nachvollziehbaren noch eine mystische unsterbliche Kraft ausmachen soll, die man weder verstehen noch auch nur prinzipiell belegen kann, das ist naive romantische Träumerei.

Weder habe ich von Mystik gesprochen, noch von Unsterblichkeit.
 

Goatboy

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Habe ich auch nicht behauptet. Was ist für dich also dieser Geist, der sich vom Gehirn unterscheidet und die Fähigkeiten und Erkenntnisse eines Menschen ermöglicht?
 

Simple Man

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Goatboy schrieb:
Mal langsam, wie kommst du denn jetzt von der fehlenden Absolutheit eines Gehirns auf einen Geist?
Tue ich nicht, ich habe lediglich eine Frage gestellt.

Damit verfolgst du ja geradezu religiöse Gedankengänge, die gleiche Richtung, aus der der Gedanke "Man kann nicht erklären, was vor dem Urknall war, also war es Gott" stammt. Das ist natürlich blanker Unsinn.
Entschuldige bitte, aber können wir uns darauf einigen, keine Strohmänner zu kloppen? Dem alten rhetorischen Kniff, dem anderen eine Position zuzschreiben, um die dann anzugreifen, sind wir vermutlich beide überdrüssig ... ;-)

Nun hast du ja Aspekte benannt, die das Gehirn nicht steuert und ebenso Aspekte, die im Gehirn verortbar sind. Und hast ja auch gezeigt, dass die alle mehr oder weniger messbar sind. Und damit können wir ja gleich zu deiner nächsten Frage kommen:
Was ist für dich also dieser Geist, der sich vom Gehirn unterscheidet und die Fähigkeiten und Erkenntnisse eines Menschen ermöglicht?
Evtl. haust dieser Geist in der Lücke, die zwischen den biologischen Prozessen und dem eigenen Empfinden besteht? Vereinfacht ausgedrückt ist da eine graue Masse, in der biochemische und bioelektrische Prozesse ablaufen. Aber nimmst du dich so wahr?
 

Goatboy

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Um ehrlich zu sein: ja. Ich weiß, wie ein Mensch in Prinzip funktioniert, und die Details, die ich nicht kenne, kann ich entweder nachschlagen, oder sie sind unbekannt. Nichts davon bereitet mir schlaflose Nächte, weil das Konzept der Physiologie äußerst solide ist und die bislang fehlenden Informationen aller Wahrscheinlichkeit nach Ergänzungen wären und keine Paradigmenwechsel. Daher bin ich für eine Vorstellung von der Funktionsweise eines Menschen nicht auf Geister und Seelen angewiesen, es gibt keinen Platz für sie, sie tragen nichts zur logischen, kritischen Auseinandersetzung mit den Fakten und den Fragen bei. Wie gesagt, Geist als Überbegriff für die kognitiven, emotionalen und persönlichen Eigenschaften eines Menschen, ist ok. Aber darum geht es hier ja gerade nicht.

Man sollte an dieser Stelle vielleicht einmal mehr den Unterschied zwischen Meinungen und Fakten betonen - wer die Meinung vertritt, er müsse an Geister glauben oder an Gott oder an Homöopathie oder daran, dass Elvis noch lebt, der kann das von mir aus gerne auch weiterhin tun. Nur findet diese Meinung außerhalb der bekannten Fakten statt und hat somit in einer nach Möglichkeit sachlichen Diskussion keinen Stellenwert. Ich bin ja oft für hypothetische Szenarien zu haben, ich finde Mythologien interessant und mag Zeichentrickfilme. Aber man sollte solche Dinge von Wissenschaft und Fakten klar trennen - ich esse auch gerne Pizza und Tiramisu, käme aber nie auf die Idee, das eine auf das andere zu schmieren.

Außerdem sehe ich keine Lücke zwischen biologischen Prozessen und eigenem Empfinden. Einfacher Test: kippe ein Glas Wodka auf ex, dann werden biologische Prozesse dein eigenes Empfinden ganz schnell und sehr direkt beeinflussen. Wenn das nicht reicht, greif zu LSD. Das ist vielleicht das beste Beispiel für die unmittelbare Verbindung zwischen Biochemie und Wahrnehmung.
 

Simple Man

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Goatboy schrieb:
Um ehrlich zu sein: ja. [...] Außerdem sehe ich keine Lücke zwischen biologischen Prozessen und eigenem Empfinden.
Du nimmst dich selber also als ein Gehirn wahr, in dem bioelektrische Prozesse stattfinden? Als eine Ansammlung von Organen, die durch biochemische Prozesse ihre Funktionen ausüben?

Einfacher Test: kippe ein Glas Wodka auf ex, dann werden biologische Prozesse dein eigenes Empfinden ganz schnell und sehr direkt beeinflussen. Wenn das nicht reicht, greif zu LSD. Das ist vielleicht das beste Beispiel für die unmittelbare Verbindung zwischen Biochemie und Wahrnehmung.
Ich trinke jetzt ein Glas Wodka (nein, nicht wirklich, ist ja noch vor 20:00 Uhr) - das gelangt ins Blut, verteilt sich im Körper und gelangt in die Organe. Schließlich binden sich die Alkoholmoleküle an diverse Rezeptoren und verändern die Impulsübertragung zwischen den Nervenzellen. Nehme ich jetzt wahr, dass Impulsübertragungen gestört sind? Nehme ich mich selbst als graue Masse wahr, in der zunächst verstärkt Dopamin durchjagt und bei weiterem Konsum von Wodka Alkoholmoleküle an den GABA-Rezeptoren dranhängen? Ich weiß, dass das so ist - ich zumindest nehme mich aber nicht so wahr.

(Außer vielleicht, ich habe eine ganze Flasche Wodka in sehr kurzer Zeit geleert ...)
 

Goatboy

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Simple Man schrieb:
Goatboy schrieb:
Um ehrlich zu sein: ja. [...] Außerdem sehe ich keine Lücke zwischen biologischen Prozessen und eigenem Empfinden.
Du nimmst dich selber also als ein Gehirn wahr, in dem bioelektrische Prozesse stattfinden? Als eine Ansammlung von Organen, die durch biochemische Prozesse ihre Funktionen ausüben?
Ich verstehe - wie so oft -nicht, worauf du hinaus willst. Wenn du meinen ganzen Beitrag liest, und nicht nur die zitierten Anteile, sollte mein Standpunkt darin eigentlich recht deutlich beschrieben sein. Ansonsten mögest du mir eine Hilfestellung ob deiner Intentionen leisten.

Ich trinke jetzt ein Glas Wodka (nein, nicht wirklich, ist ja noch vor 20:00 Uhr) - das gelangt ins Blut, verteilt sich im Körper und gelangt in die Organe. Schließlich binden sich die Alkoholmoleküle an diverse Rezeptoren und verändern die Impulsübertragung zwischen den Nervenzellen. Nehme ich jetzt wahr, dass Impulsübertragungen gestört sind? Nehme ich mich selbst als graue Masse wahr, in der zunächst verstärkt Dopamin durchjagt und bei weiterem Konsum von Wodka Alkoholmoleküle an den GABA-Rezeptoren dranhängen? Ich weiß, dass das so ist - ich zumindest nehme mich aber nicht so wahr.
Du könntest anfangen zu schwanken, zu lallen, Schwindel wahrzunehmen, Hemmungen zu verlieren, eventuell doppelt zu sehen - wäre das denn keine Beeinflussung deines Empfindens durch biochemische Prozesse?
 

Simple Man

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Ja, das wäre eine Beeinflussung meines Empfindens. Aber diese Beeinflussung nehme ich nicht so wahr, dass ich eine graue Masse bin, in der sich Alkoholmoleküle an diverse Rezeptoren heften, obwohl das so stattfindet. Stattdessen nehme ich wahr, dass ich schwanke, lalle etc.

Dahin geht auch meine Intention. Wir sind eine Ansammlung von Organen, in denen bioelektrische und biochemische Prozesse stattfinden. Wenn ich etwas denke, dann werden in meinem Gehirn Nervenimpulse durch Ausschüttung chemischer Substanzen zwischen den Synapsen weitergeleitet. Aber das nehme ich doch so nicht wahr.

Frage: warum nicht?
 

Goatboy

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Weil das Gehirn für genau diese integrative Funktion da ist. Dass wir Menschen es mit unseren Hirnen so weit getrieben haben, dass wir jetzt diese Diskussion führen können, ist evolutionsbiologisch relativ unbedeutend verglichen mit dem Hungerempfinden eines Warans, ohne das er nicht überleben könnte und das er nicht hätte, wenn er kein Gehirn besäße, welches zahlreiche viszerosensible Afferenzen integrativ in eben dieses Empfinden umwandelte. Auch hier gibt es also keinerlei Bedarf für einen Geist zur Erklärung.
 

Simple Man

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Es geht mir nicht darum, dass der Geist das ganze erklären soll, sondern das in dieser Lücke möglicherweise Platz für eben einen solchen Geist wäre. Die Frage nach dem Warum war daher möglicherweise falsch gestellt.

Darum mal anders gefragt: wie funktioniert diese integrative Funktion?
a) Ich bin ein Gehirn mit Nervenimpulsen und dem ganzen Krempel.
b) Ich nehme mich als Mensch wahr, der vor dem Rechner sitzt und dem jetzt dieser Sermon in den Sinn kommt.

Was passiert da, dass ich b) wahrnehme und nicht a)?
 

Goatboy

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Wenn du jetzt von mir erwartest, dass ich dir jeden einzelnen Prozess im Gehirn erkläre und beschreibe, muss ich dich leider darauf hinweisen, dass du mich ein wenig überschätzt. Ich könnte dir etwas über die Sehbahn erzählen, die die visuelle Information, die du durch das Lesen dieser Worte erhältst, in die Aria striata leitet, von wo aus sie in die sekundäre Sehrinde gelangt, in der eine erste Kategorisierung stattfindet, woraufhin die Information in die Wernicke- und Broca-Regionen sowie den ventrobasalen Temporalkortex gelangt, wo aus Silben und Graphemen Wörter erkannt wird. Durch die Verbindung zu parietalen und frontalen Cortices finden ein Verständnis und eine Interpretation statt. Aber lass mich raten, das wolltest du gar nicht wissen?
 

Simple Man

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Doch, schon. Aber im Grunde erklärst du mir nur gerade die (neuro)biologischen und physikalischen Vorgänge und schließt - so vermute ich - darauf, dass unser Bewusstsein bzw. unsere Wahrnehmung dadurch entsteht. Doch woher weißt du das? Kann man mentale Zustände, wie zum Beispiel die Wahrnehmung als Selbst und nicht als Gehirn oder Ansammlung von Organen, nur auf (neuro)biologische und physikalische Vorgänge zurückführen?

In eine ähnliche Richtung zielt ja die Frage nach dem Empfinden von Sinneswahrnehmungen. Ich kann Schmerz anhand der Stimulation von C-Fasern identifizieren, nur wird dadurch ja nicht erklärt, wie es ist Schmerz zu empfinden. Wenn das aber so ist, kann die Empfindung ja nicht einfach auf (neuro)biologische und physikalische Prozesse reduziert werden.
 

Goatboy

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Wonach du eigentlich fragst, ist also nicht weniger als das Zustandekommen des Bewusstseins selbst. Diese Frage kann man nicht abschließend beantworten, jedenfalls nicht heute und nicht schlüssig. Einige Hypothesen habe ich vorhin angesprochen, etwa die von Roger Penrose, der quantenmechanische Korrelate an den Mikrotubuli der Neuronen als unmittelbares Korrelat des Bewusstseins vermutet. Diese und manch andere Hypothesen haben gemeinsam, dass sie nicht gut belegt sind und nicht allgemein akzeptiert werden. Ich bin allerdings skeptisch, ob man jemals eine wirklich anschauliche Erklärung für das Bewusstsein finden wird - vor Jahrzehnten ging man von einer Art unsichtbarem Betrachter im Gehirn aus, bei dem alles zusammenfließt und bewusst wird. Diesen sucht heute kein Mensch mehr. Es gibt keine Stelle im Hirn, an der alles zusammenfließt, es gibt keine endgültige Bewertung. Und wahrscheinlicher als ein lokales Korrelat ist wohl eine Art Netzwerk, oder besser gesagt viele Netzwerke von Neuronen, die in unterschiedlichen Situationen mit verschiedenen Mustern feuern, analog zur Hebbschen Regel. Wenn du es wirklich wissen willst, könnte dich dieser Text von Hans Flohr weiterbringen. Er ist vielleicht keine ganz leichte Kost (und in der Google-Vorschau fehlen ein paar Seiten), aber Flohrs Konzept wird klar und es ist ein brauchbares Konzept, das, obwohl es inzwischen die Volljährigkeit erreicht hat, auch aus heutiger Sicht plausibel wirkt. Vermutlich wird es in diese Richtung gehen, und selbst wenn in Zukunft Ausschmückungen, Erläuterungen und Details hinzukommen, schätze ich, dass die Erklärungen nie so anschaulich sein werden wie wir es uns wünschen (immerhin reden wir hier von der wohl komplexesten Sache der Welt) und dass wir an einem Punkt einfach eingestehen müssen, dass gewisse, dann hoffentlich näher bezeichnete neurophysiologische Vorgänge nicht bloß eine Voraussetzung für Bewusstsein sind, sondern tatsächlich das Bewusstsein selbst. So unbefriedigend wie das auch sein mag - ich glaube, das müssen wir einfach fressen.
 

Simple Man

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Danke für den Text, ich werde ihn mir am Wochenende mal zu Gemüte führen. In diesem Zusammenhang verweise ich dann noch einmal auf Levine's "Materialism and Qualia":
http://www.uoguelph.ca/~abailey/Resources/levine.pdf

Nur ganz kurz:
und dass wir an einem Punkt einfach eingestehen müssen, dass gewisse, dann hoffentlich näher bezeichnete neurophysiologische Vorgänge nicht bloß eine Voraussetzung für Bewusstsein sind, sondern tatsächlich das Bewusstsein selbst. So unbefriedigend wie das auch sein mag - ich glaube, das müssen wir einfach fressen.
Und wenn das jetzt jemand nicht "frisst", sondern eine weitere Entität, wie zum Beispiel einen "Geist" oder eine "unsterbliche Seele", als Erklärung vermutet - würde was aus deiner Sicht dagegen sprechen?
 

Goatboy

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Dass dies Dinge wären, die allem, was wir wissen, widersprächen, das spricht so richtig dagegen. Und wenn solche Dinge dann auch noch ohne jegliche nachvollziehbare Grundlage, nicht überprüfbar, nicht falsifizierbar vorgebracht werden, gehören sie, wie bereits beschrieben, einfach nicht in eine solche Diskussion. Exceptional claims demand exceptional evidence.
 

Simple Man

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Dann allerdings würde das "fressen" deines präferierten Erklärungsansatzes auch nicht in die Diskussion passen, weil schlussendlich auch nicht überprüfbar oder falsifizierbar.
 

Telepathetic

Großmeister
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Simple Man schrieb:
Darum mal anders gefragt: wie funktioniert diese integrative Funktion?
a) Ich bin ein Gehirn mit Nervenimpulsen und dem ganzen Krempel.
b) Ich nehme mich als Mensch wahr, der vor dem Rechner sitzt und dem jetzt dieser Sermon in den Sinn kommt.

Was passiert da, dass ich b) wahrnehme und nicht a)?
Es würde den Menschen überfordern, alle Prozesse gleichzeitig wahrzunehmen und sie womöglich noch bewußt steuern zu wollen. Die Wahrnehmung ist höchst selektiv und versucht nur das in das Bewußtsein sickern zu lassen, was in der Realität unserer fünf Sinne als wichtig erscheint.

Die Wahrnehmung eines vor dem Rechner sitzenden Menschen ist wichtig für den, der gerade vor dem Rechner sitzt und sich Gedanken zu diesem Thema macht.

Die Wahrnehmung ein Gehirn zu sein, kann sich aber zu einer anderen Zeit in den Vordergrund schieben, z.B. auch wenn man sich Gedanken zu diesem Thema macht.

Ich denke, man müßte sein Gehirn schon ständig vor Augen haben, um sich dauerhaft als Gehirn identifizieren zu können.
 

haruc

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Als ich 4 Jahre alt war, war es für mich "Wahrheit", dass in meinem Torso nur eine Art riesiger Gärtank ist, in dem Speise und Getränk sowie Luft vom Körper "irgendwie" verarbeitet werden. Das deckte sich ganz gut mit meiner Selbstwahrnehmung, weil ich ja nichts von Leber, Nieren, Gallenblase, Magen, Harnblase, Lunge und Darm wusste... Als ich dann gelernt habe, dass dieser "Gärtank" mit Organen vollgestopft ist, die die von mir vermuteten Funktionen übernehmen, hat dieses Bild das vorherige Bild abgelöst. Seitdem konnte ich dann auch vorher unerklärliche Beobachtungen verorten (Aus "Bauchweh" wurden Magenkrämpfe oder Darmkrämpfe usw).

Ich schätze mal, dass es sich so auch mit der Selbstwahrnehmung Kognitiver Vorgänge usw. verhält: Wenn man unwissend ist, vermutet man irgendwelche mystischen Kräfte, Feen, Elfen, Geister und übernatürliche immaterielle Wesen die einem ins Ohr kriechen und einen Steuern. Mit zunehmender Kenntnis der Beobachtbaren Vorgänge kann dann diese Vorstellung durch eine plausiblere, der Wahrheit eher entsprechende Konstruktion abgelöst werden.
 

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