Giacomo_S
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fumarat schrieb:LUnd bei Dir Giacomo_S gefällt mir, dass du nun den Weg zurück in das Thema gefunden hast, nur irgendwie werde ich bei Deiner Themen- und Wortwahl das Gefühl nicht los dass du vielleicht eine katholische Agena vertrittst?!
Nein, ich bin kein Katholik, sondern Protestant.
Ich betrachte mich nicht als sonderlich religiös, auch meine Familie ist nicht sonderlich religiös. Gleichwohl bin ich mir selbst gegenüber ehrlich genug, über mich zu sagen: Durch protestantisches Gedankengut geprägt.
Die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Neuzeit sind ja bekanntermaßen auch nicht durch den Katholizismus entstanden, sondern im Widerstand gegen ihn.. Kopernikus wagte eine Veröffentlichung seiner Werke erst auf dem Totenbett, Galileo Galilei wurde zum schweigenden Hausarrest verdonnert und Giordano Bruno landete auf dem Scheiterhaufen. Und noch im 19. Jh. wetterten einflussreiche Geistliche gegen die allgemeine Einführung der Schulpflicht.
fumarat schrieb:Deine Beweisführung, dass der fehlende Fortschritt der jetzigen islamischen Welt ein Zeichen für die fehlende Vereinbarkeit von Islam und Moderne ist, halte ich für falsch. So könnte ich ja ebenso behaupten der jetzige wirtschaftlich-politische Aufschwung der "islamischen" Türkei und der wirtschaftliche Totalabstieg seines "christlich-orthodoxen" Nachbarn und europäischen Problemkindes sei ein Zeichen für die Überlegenheit...,
Aus einer gewissen Sicht heraus möchte ich hier die arabische Welt mit Spanien vergleichen. Beide waren sie zu unterschiedlichen Zeiten die "Herren der Welt". Es gab Zeiten, da stand selbst der Papst bei arabischen Banken in der Kreide. Arabische Bankiers haben den Scheck und Währungsgefälle erfunden. Spanien war einst das Weltreich mit der größten Ausdehnung - wortwörtlich global. Trotzdem musste Spanien auf dem Höhepunkt seiner Macht in nur 25 Jahren drei Staatsbankrotte erklären. Der Niedergang der arabischen Welt begann, als die Expansion zum Erliegen kam, respektive zurück ging.
Man muss den Eindruck haben: Es ging dann bergab, als sie sich auf ihren Lorbeeren ausgeruht haben, beide auf ihre Weise vom Dünkel befallen. Andere mussten sich aus anderen Positionen heraus mehr anstrengen und zogen schließlich an den einstigen Weltmächten vorbei.
fumarat schrieb:Der Islam hatte in seiner Geschichte eben nie eine Aufklärung notwendig, sondern lediglich eine Erneuerung. Er musste ab und an zu seiner Urform wiederbelebt werden, befreit von traditionellem Balast.
Genau darum ging es Luther ja schließlich: Back to the Roots, eine re-form.
Liest man die grundlegenden Texte einmal, ohne seinen Verstand gleich abzuschalten - und das gilt für die Bibel genauso wie für den Koran - so ist so manches, was wir traditionell für ach so gottesfürchtig halten, ohnehin kaum haltbar.
Nur ein Dogmatiker wird aus der Anweisung, die Frauen sollen "ihren Schmuck nicht sichtbar tragen", eine Verschleierung fordern. Denn nur für ihn ist das Wort "Schmuck" gleichbedeutend mit "= die ganze Frau, das Gesicht, das Haupthaar". Ähnlich ist es mit dem Fastenmonat Ramadan, auch was das Fasten betrifft, ist der Koran allenfalls vage. Die Festlegung auf konkrete Ausführungsbestimmungen erfolgte wesentlich später: Die ersten Rechtsschulen entstanden erst im frühen 8. Jh.
Was ich damit sagen will:
Wer sich leichtfertig dazu berufen fühlt zu sagen: "Das steht so im Koran, das steht so in der Bibel", "das schreiben diese Texte vor" - der hat sie entweder nicht verstanden oder gar nicht erst gelesen. Oder gibt seinen Verstand an einen "Religionsexperten" ab. Dass es aber einen solchen bedürfe - das schreibt keiner der o.g. Texte vor. Eher das Gegenteil: Selber lesen, und sich selbst eine Meinung, eine Interpretation bilden.