Terror und regulärer Widerstand. Was ist was?

Laokoon

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Angestoßen von einem Artikel, den ich auf der Internetzpräsenz der AG Friedensforschung an der Uni Kassel gefunden habe und einer vor einiger Zeit stattgegebenen Klage des Kongra Gel vor dem Europäischen Gerichtshof bzgl. Der Auflistung des Volkskongresses Kurdistans auf der EU-Terrorliste, sind mir ein paar unbeantwortete Fragen aufgekommen, die ihr mir evtl. beantworten könnt

Wer entscheidet darüber, wer Terrorist oder Putschist ist und wer Befreiungskämpfer, Rebell oder Revolutionär? Wer sollte darüber eigentlich entscheiden???
Wie definiert sich , neben der Begrifflichkeit Terrorist, denn Freiheitskämpfer oder jemand, der gegen eine Besatzungsmacht kämpft?
Obliegen diese Begriffe nicht vielmehr subjektiver Willkür, als denn einer objektiven oder sogar völkerrechtlichen Basis?
Welche Gruppierungen und Organisationen sind eurer Meinung nach klar terroristisch, welche leisten Widerstand gegen Ungerechtigkeit oder für Freiheit? Gibt es Grauzonen? Kann man als kleiner Widerstand ohne Guerillatätigkeiten oder Terror überhaupt gesetzte Zeiel erreichen?

Dazu würde ich gerne eure Meinung hören.


Begleitend ein Ausschnitt aus dem Artikel der AG Friedensforschung:

[url=http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Nahost/gipfel.html schrieb:
Dmitri Kossryew, RIA Novosti[/url]][...]
Außerdem hat der Gipfel in Damaskus ein fast vergessenes Problem aufgeworfen: Was ist Terrorismus? Die Araber riefen dazu auf, eine internationale Konferenz unter der Schirmherrschaft der UNO abzuhalten, um über diese Erscheinung zu diskutieren. Der Sinn dieser Geste ist gut nachvollziehbar: Niemand anders als die UNO bildet das Völkerrecht. Im Völkerrecht gibt es eine gewisse Grauzone, und zwar der irakische Widerstand gegen die Besetzung.

Kann und soll ein Bürger sich gegen die Besatzer wehren, oder war das nur zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges eine Heldentat? Die Erklärung von Damaskus fordert, einen Unterschied zwischen Terrorismus und "dem Recht der Völker auf den Kampf gegen eine Besatzungsmacht" zu ziehen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass ein Kämpfer gegen die Besatzer, der zum Beispiel Zivilisten tötet oder sie als Geiseln gefangen hält, doch als Terrorist eingestuft werden kann.
[...]

Weiterführende Hintergrundinformationen im Ask1-Blog!

Viele Grüße, Laokoon
 

SentByGod

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Obliegen diese Begriffe nicht vielmehr subjektiver Willkür, als denn einer objektiven oder sogar völkerrechtlichen Basis?

Du hast Recht.

Warum kann der Mensch nicht einfach objektiv wie ein Sandkorn am Strand sein. :motz:
 

Winston_Smith

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Aktionen die sich ausschließlich gegen eine Zivilbevölkerung richten, sind Terror.

Außerdem ist die Frage entscheident, ob sich eine Gruppe klar und offensichlich als militärische Einheit zu erkennen gibt (Uniformen, Rangabzeichen etc.) oder in Zivil Aktionen durchführt.


ws
 

Ein_Liberaler

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Ich mache es mir einfach, denn um die Frage, ob und inwieweit Widerstand berechtigt ist, drücke ich mich oft herum. Eine klare Überzeugung habe ich aber: Ich definiere Terror als unterschiedslose, willkürliche Angriffe auf Nichtkombattanten mit dem Ziel, Schrecken zu verbreiten. Das ist jedenfalls kriminell, entweder ein Verbrechen oder ein Kriegsverbrechen, wenn Soldaten es unternehmen.

Ich distanziere mich da bewußt vom Objektivismus Rand'scher Prägung...

Eine Grauzone ist allenfalls der Angriff auf zivile Repräsentanten eines tyrannischen Regimes, der irgendwo zwischen Terrorismus und Tyrannenmord rangieren könnte. Damit begebe ich mich aber auf ein abschüssiges Gleis, das entweder zur RAF oder zum Prinzip der Verhältnismäßigkeit führt, das ich lieber vermeiden würde. Sprich, hier bin ich noch zu keiner befriedigenden Lösung gekommen.
 

erik

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Derjenige, der die Sprache beherrscht, definiert eben leider auch, was ein "Terrorist" und was ein "Freiheitskämpfer" ist.

Das fängt mit Verwendung von Worten in Nachrichtenmeldungen an und zieht sich durch Hintergrundberichte etc. weiter.

Und natürlich finden auch Schlagworte wie "Achse des Bösen" ihren Eingang ins kollektive Sprachgedächtnis, ganz gleichgültig, wie man der Terminologie gegenüber eingestellt ist.

Da tobt ein (noch nicht mal verdeckter) kampf um die Hoheit über die Sprache.
Kein Wunder, dass man Probleme bei der Befriedung von Landstrichen hat, deren Sprache man nur ansatzweise versteht.
Denn Herrschaft kann man erst dann ausüben, wenn man nicht nur die Lufthoheit, sondern auch die Sprachhoheit gewonnen hat.

Bis dahin bleibt jeder ein "Terrorist"
 

Glaurung

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Winston_Smith hat geschrieben:
Außerdem ist die Frage entscheident, ob sich eine Gruppe klar und offensichlich als militärische Einheit zu erkennen gibt (Uniformen, Rangabzeichen etc.) oder in Zivil Aktionen durchführt.

Das war im 2. Weltkrieg ja wohl nicht der Fall und trotzdem würde keiner heute auf die Idee kommen die Partisanen von damals als Terroristen zu bezeichnen.

Meines Erachtens nach zeigt sich der Unterschied zwischen Terroristen und Freiheitskämpfern erst nach einem (neutralen) Rückblick in die Vergangenheit unter Berücksichtigung aller mittlerweile bekannten Fakten.

Da der Spruch "Die Gewinner schreiben die Geschichte" jedoch allzu wahr ist, ist dies so ziemlich unmöglich. Es muß sich eben jeder seine eigene Meinung bilden.
Eine Internationale Regelung dazu wäre zwar schön, halte ich jedoch für ausgeschloßen (zumindest in der Praxis).
 

Winston_Smith

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Das war im 2. Weltkrieg ja wohl nicht der Fall und trotzdem würde keiner heute auf die Idee kommen die Partisanen von damals als Terroristen zu bezeichnen.

Nicht? Ziel der Partisanen war z.B. kein militärischer Erfolg, sondern in der Regel wollten diese Angst und Schrecken unter den gegnerischen Soldaten erzeugen. Sicherlich ist es heute unpopulär, diese als Terroristen zu bezeichnen. Im Grunde genommen ware es aber einfache Terroristen.

Da der Spruch "Die Gewinner schreiben die Geschichte" jedoch allzu wahr ist

Da bin ich auch eher skeptisch. In wiefern schreiben Gewinner die Geschichte?!

Derjenige, der die Sprache beherrscht, definiert eben leider auch, was ein "Terrorist" und was ein "Freiheitskämpfer" ist.

Und auch hier die Frage: Wer beherrscht denn in welchem Maße die Sprache?

ws
 

Glaurung

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Nicht? Ziel der Partisanen war z.B. kein militärischer Erfolg, sondern in der Regel wollten diese Angst und Schrecken unter den gegnerischen Soldaten erzeugen
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es den Partisanen, die damals die Nazis bekämpften, darum ging Angst und Schrecken zu verbreiten, sondern eher darum den Abzug der feindlichen und Truppen durchzusetzen, also sehr wohl um ein militärisches Ziel.

Sicherlich ist es heute unpopulär, diese als Terroristen zu bezeichnen. Im Grunde genommen ware es aber einfache Terroristen.

Also wenn das damals keine Freiheitskämpfer sondern Terroristen waren dann gibt es ja wohl keine Freiheitskämpfer sondern nur Terroristen

Da bin ich auch eher skeptisch. In wiefern schreiben Gewinner die Geschichte?!
Durch die heutigen Mittel moderner Telekomunikation ist diese Aussage tatsächlich etwas veraltet. Trotzdem wurden die Geschichtsbücher zumindest vor der Erfindung des Internets vorwiegend von den Gewinnern geschrieben, da die Verlierer entweder Tot waren oder Mundtot gemacht wurden.
 

Winston_Smith

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Also wenn das damals keine Freiheitskämpfer sondern Terroristen waren dann gibt es ja wohl keine Freiheitskämpfer sondern nur Terroristen

Sagen wir es anders: Sie haben sich der Mittel des Terrors bedient.

Trotzdem wurden die Geschichtsbücher zumindest vor der Erfindung des Internets vorwiegend von den Gewinnern geschrieben, da die Verlierer entweder Tot waren oder Mundtot gemacht wurden.

Zum Beispiel?

ws
 

Glaurung

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Sagen wir es anders: Sie haben sich der Mittel des Terrors bedient.
Stimme ich hundertprozentig mit dir überein.

Und was den Spruch betrifft fällt mir momentan z.B. nur die Ilias von Homer ein. Von den Trojanern existieren keinerlei Aufzeichnungen was damals wirklich geschehen ist. Die Griechen (die gewonnen haben) hatten jedoch Homer der alles aufschrieb und aus dessen Sicht (also aus der Sicht der Griechen) sehen wir heute den Trojanischen Krieg, obwohl es sich um ein fiktives Werk mit (wahrscheinlich) historischem Hintergrund handelt.
Vielleicht ist damals was ganz anderes Geschehen.

Oder als die Atzteken durch die Spanier angegriffen wurden. Was wissen wir heute darüber? Der Großteil unseres Wissens (zumindest das in den Schulbüchern) was damals geschah beschränkt sich überwiegend auf Spanische oder prospanische Quellen.

ich möchte ja nicht bestreiten, dass es andere Quellen gibt. Jedoch finden diese in der breiten Masse weniger beachtung als die Quellen, die den Siegern "recht geben".
 

Glaurung

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Es gibt natürlich auch den genauen Umkehrschluss. Was wir heute über den Vietnamkrieg wissen stammt ja wohl unzweifelhaft aus Amerikanischen Quellen. Jedoch stellt dies für mich eher eine Ausnahme dar.
 

Laokoon

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SentByGod schrieb:
Warum kann der Mensch nicht einfach objektiv wie ein Sandkorn am Strand sein
Nun, wozu sind denn die Vereinten Nationen denn da? Unter anderem um objektive Maßstäbe zur Regelung weltpolitischer Fragen aufzustellen. Regionalinstitutionen, wie die EU, sind diesem Auftrag vielleicht nicht unbedingt verpflichtet, weil es gilt, die Interessen der jeweiligen Mitglieder zu wahren, aber ein da die EU und all ihre Mitgliedsstaaten nach demokratischen Maßstäben zu handeln haben, müssen auch bei ihr alle Menschen vor dem Gesetz gleich sein. Terroristen, die, da schließe ich mich dem Liberalen und Winston an, Zivilisten schaden, müssen verurteilt und in ihren Machenschaften behindert oder gar gestoppt werden. Wie kann das aber sinnvoll geschehen, wenn nicht genau geprüft wird, der Terrorist ist und wer nicht? Die im Blog beschriebenen Geschehnisse machen auf jeden Fall deutlich, dass der Rat der Europäischen Union schlampig gehandelt hat. Wi also kann man sich auf EU-Maßstäbe berufen, wenn man weiß, dass diese unzureichend umgesetzt werden? Die EU und ähnlich handelnde Organisationen und Staaten schadet damit nicht nur dem jeweiligen Rechtsverständnis, sondern gefährden damit ihre eigenen Bürger.

Andererseits ist es ein schwieriges Unterfangen, eben diese objektiven Maßstäbe aufzustellen. Denn: Wenn ein Volk oder eine Gruppierung ihre Forderungen nicht auf friedliche Weise durchsetzen kann, (was für sich nicht kein Grund ist, sie mit terroristischen Aktivitäten versuchen durchzusetzen), sondern sogar noch massiv ausgebeutet, benachteiligt und bedrängt werden, ist es dann Terrorismus, wenn man Guerilla-Taktiken gegen das Militär des Aggressors (der vielleicht eigentlich den Schutz für diese Gruppe gewähren sollte) anwendet, und dabei aber auch in Kauf nehmen muss, Zivilisten zu töten? In keinem Krieg, ob symmetrisch oder asymmetrisch, kann man kaum verhindern, dass Zivilisten sterben.

Aber manche kriegführende Staaten nehmen sogar bewusst in Kauf, dass Zivilisten sterben. Indem sie militärische Ziele in Stadtvierteln bombardieren, obwohl schon vorneherein deutlich ist, dass die zivilen Verluste hoch sein werden. Uvm.

@ Erik: Beherrschen wir nicht alle unsere Sprache? Sind wir nicht mündig genug, dass wir nicht alles sofort übernehmen dürfen, was die Medien senden?
 

agentP

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Ich kann mir nicht vorstellen, dass es den Partisanen, die damals die Nazis bekämpften, darum ging Angst und Schrecken zu verbreiten, sondern eher darum den Abzug der feindlichen und Truppen durchzusetzen, also sehr wohl um ein militärisches Ziel.

Einer der erfolgreichsten Partisanenführer überhaupt, hat das mal so formuliert:

The military value of a partisan's work is not measured by the amount of property destroyed, or the number of men killed or captured, but by the number [of the enemy which] he keeps watching [him].
-John Singleton Mosby
 

Glaurung

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Na eben möglichst viele feindliche Kräfte zu binden.
Deshalb ist moderne Munition ja eher dafür ausgelegt den Feind zu verwunden, als zu töten, da man mehr Arbeit, Personal und Aufwand mit Verwundeten als mit Toten hat
 

Glaurung

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Erwischt! :)

Natürlich gibt es Ausnahmen wie bei fast allem.

Jedoch meinte ich eher die Umstellung von 7,62mm auf 5,56mm. Bei militärischen Standardwaffen.
Kann man z.B. bei der Bundeswehr sehen die vom G3 (7,62mm) auf das G36 (5,56mm) umgestiegen sind. 5,56mm ist die Standardmunition der NATO

Die Umstellung hatte natürlich auch andere Vorteile z.B. ist sie leichter, daher kann mehr Munition mitgeschleppt werden, man kann Munition mit verbündeten Verbänden austauschen...
 

agentP

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Na eben möglichst viele feindliche Kräfte zu binden.
Worauf ich hinauswollte ist, dass binden auch im Gegensatz zu "den Abzug der feindlichen und Truppen durchzusetzen" stehen kann.
Vermutlich hätten einige Truppen der Wehrmacht mehr an die Ostfront verlegt werden können, wenn sie sich nicht in Frankreich oder Jugoslawien durch Partisanen gebunden worden wären. Sprich: Der Nutzen für die Gegner der Wehrmacht, war nicht dass die Deutschen sort zum Abzug bewegt worden wären, sondern dass man sie zum bleiben gezwungen hat.

Zählt da auch die US-Uran-Munition dazu? ???
Ich gehe mal schwer davon aus, dass Glaurung von Munition spricht, die auf "Weichziele" abgefeuert wird und nicht von panzerbrechender Munition.
Warum fragst du denn eigentlich ausgerechnet nach US-Uran-Munition?
Unterscheidet sich die in der Hinsicht irgendwie von chinesischer, russischer, koreanischer oder britischer Uranmunition?

edit: zu spät
 

Ein_Liberaler

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Ach, an 5,56er stirbt man nicht? Wo hast Du denn das her? Das höre ich zum erstenmal, sonst heißt es immer, 5,56er würden schon bei einem Streifschuß töten (was genauso wenig stimmt).
 

SentByGod

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Ein_Liberaler schrieb:
Ach, an 5,56er stirbt man nicht? Wo hast Du denn das her? Das höre ich zum erstenmal, sonst heißt es immer, 5,56er würden schon bei einem Streifschuß töten (was genauso wenig stimmt).

Das hab ich mich auch grad gefragt.

In meiner Grundausbildung gabs noch das alte G3, beim Kommando hatten wir das G36, ich glaube kaum das man einen direkten Treffer aus einem der beiden Gewehre ohne sofortige Hilfe überleben würde.

*Edit*

Achja Uranmunition war als Panzerbrechende Munition eingesetzt worden. Hab ich glatt vergessen. Allerdings, was ist dann mit der Verstrahlung der Umgebung? Auch wenn die Panzer(-Fahrzeuge) längst verrostet sind können da immernoch Menschen dran krepieren/mutieren. :/
 

Ein_Liberaler

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Es gibt bisher keine Studien, die das belegen würden. Das Zeug soll sich in unschädlichen Konzentrationen verteilen.

(Trotzdem will ich den Einsatz nicht gutheißen.)
 

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