Trestone
Großmeister
- Registriert
- 12. April 2002
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- Ersteller
- #121
Hallo,
im Philosophie-Raum Thread zur "Grundlagenkrise in der Mathematik (Anfang 20. Jhdt.)"
habe ich das Folgende zur Stufenlogik ausgeführt,
das vielleicht verständlicher machen kann, wozu die Stufen eingeführt wurden:
philosophie-raum.de/index.php/…-Anfang-20-Jhdt/?pageNo=1
" Hallo,
zur Prägung durch Studium vielleicht mein Beispiel:
Ich habe vor 30 Jahren Mathematik, Informatik und Philosophie studiert.
Im Mathematikstudium habe ich neben den Hauptfächern
ein wenig Mengenlehre und Zahlentheorie mitbekommen,
aber der Name Gödel fiel da nie, auch nicht Grundlagenkrise.
Im Informatikstudium gingen wir auf das Halteproblem und Umfeld ein.
In Philosophie machte ich u.a. einen Logikgrundkurs und ein Seminar zu Gödels Unvollständigkeitssätzen
(war mir z.T. zu anspruchsvoll).
Mein Interesse an einer neuen Logik wurde mehr aus Widerspruchsgeist
zur Hochschul(philosophie) allgemein geweckt ...
ZumThema (Stufenlogik und Konsistenz/Widerspruchsfreiheit):
Man kann meine Stufenlogik auch als ein Projekt zum Umgang mit Selbstreferenz
in Logik und Mengenlehre auffassen:
Hatte Russell noch die Typenhierarchie eingeführt, um Selbstreferenz zu vermeiden,
in der Mengenlehre z. B. die Russelmenge R (die Menge aller Mengen,
die sich nicht selbst als Element enthalten) oder All, die Menge-aller-Mengen.
Beide Mengen sind nicht mehr bildbar, wenn man fordert, das Mengen als Elemente
nur Objekte eines niedrigeren Typs als sie selbst enthalten dürfen.
DieTypenhierarchie vermeidet zwar erfolgreich Selbstreferenz,
schüttet aber gewissermaßen „das Kind mit dem Bade“ aus,
da sie auch nicht pathologische Selbstbezüge verhindert.
In der Stufenlogik habe ich nun die Hierarchieidee aufgegriffen,
um Widerspruchsfreiheit zu erreichen, gleichzeitig aber Selbstbezüglichkeit zugelassen.
Der Trick dabei war, die Hierarchie nicht auf Objekte oder Aussagen anzuwenden,
sondern dafür eine neue (zunächst formal/technische) Dimension einzuführen,
die nur für Wahrheitswerte benutzt wurde, die Stufen der Wahrheitswerte.
Denn bei der Definition von (logischen) Aussagen
benötigt man nur Wahrheitswerte von Aussagen.
Sind diese hierarchisch geordnet, hat man ein widerspruchsfreies System.
Genauer: Den Wahrheitswert einer Aussage A in Stufe k+1 kann man nur mittels Wahrheitswerten von Aussagen
(die auch A sein können) in Stufen kleiner oder gleich k definieren.
Aus Symmetriegründen nehmen wir in der kleinstmöglichen Stufe 0
den Wahrheitswert „unbestimmt (=u)“ für alle Aussagen A an
und setzen die Stufenlogik generell als dreiwertige Logik an.
Beispiel Lügnersatz LS:
„LS ist wahr in Stufe k+1, falls LS in Stufe k nicht wahr ist (und LS ist sonst falsch in Stufe k+1).“
In Stufe 0 gilt: LS ist unbestimmt bzw. W(LS,0)=u (also ist LS in Stufe 0 nicht wahr)
LS ist wahr in Stufe 0+1, falls LS in Stufe 0 nicht wahr ist, also ist LS wahr in Stufe 1.
Also ist LS falsch in Stufe 2, wahr in Stufe3, falsch in Stufe 4, usw.
Man sieht, dass sich LS so widerspruchsfrei definieren lässt und dabei sogar
ein Selbstbezug der Aussage LS zugelassen ist.
Nur auf Ebene der Wahrheitswerte (bei den Stufen) ist kein Selbstbezug erlaubt
und die Stufenhierarchie garantiert so die Widerspruchsfreiheit.
Wie das Beispiel des Lügnersatzes zeigt, werden die klassisch widersprüchlichen Wahrheitswerte in der Stufenlogik nicht beseitigt,
sondern in den Stufen nebeneinander gestellt und (ohne Widerspruch) zugelassen.
Den Preis, den man dafür zu zahlen hat, ist die Vervielfachung der Wahrheitswerte,
denn eine Aussage ist nun nicht mehr wahr oder falsch
sondern hat in jeder der unendlich vielen Stufen 0,1,2,3, … einen Wahrheitswert
(genau: entweder w oder f oder u).
Man kann sich auch vorstellen, dass zu jeder Aussage A ein (unendlicher) Wahrheitsvektor W(A) =(u,W(A,1),W(A,2),W(A,3), …) gehört.
Die gewohnten klassischen Aussagen AK lassen sich als die Aussagen mit konstantem Wahrheitsvektor
W(AK) = (u,w,w,w,w,w, ...) bzw.(u,f,f,f,f,f, ...) wiederfinden.
Daneben bietet die Stufenlogik aber nun viele neue mögliche Aussagen,
daher sind viele klassisch als unmöglich beweisbare Aussagen nun doch oft möglich.
Mir ist z.Zt. kein logisches Paradoxon bekannt, dasssich mittels Stufenlogik
nicht auflösen ließe – sowohl die mit negativer Selbstreferenz (z.B. Lügner)
als auch ohne Negation, z.B. Curry-Paradox, Berry-Paradoxon.
Mittels der Stufenlogik lässt sich auch eine Mengenlehre definieren,
die in einigem wieder näher an der klassischen von Cantor ist – die aber Stufen hat.
Grundidee: Menge M1 ist Element einer Menge M in Stufe k+1,
wenn eine Stufenaussage A über M1 in Stufe k wahr ist,
also wenn M1 eine Eigenschaft A in Stufe k hat.
M1 e(kt1) M ↔ W(A(M1),k)=w
In dieser Stufenmengenlehre sind nicht nur die leere Menge, die Russell-Menge
und die Menge-aller-Mengen „gewöhnliche“ Mengen.
Da der Cantorsche Diagonalbeweis mit Stufenlogik/mengenlehre nicht mehr auf einen Widerspruch führt
(sondern nur auf unterschiedliche Wahrheitswerte in unterschiedlichen Stufen)
gibt es keine „überabzählbaren“ Mengen,
sondern alle unendlichen Mengen sind wie die Menge der natürlichen Zahlen abzählbar.
Wahrscheinlich funktionierenauch Gödels Unvollständigkeitsbeweise nicht mehr,
denn 1. gelangen indirekte Beweise mit Stufenlogik nicht zu Widersprüchen
sondern nur zu unterschiedlichen Wahrheitswerten in unterschiedlichen Stufen
und 2. könnte die Gödelisierung daran scheitern,
dass mit Stufenlogik die Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung nicht mehr gesichert ist
(wohl für sehr große Zahlen unterschiedlich je Stufe).
In der Informatik wird das Halteproblem aufgehoben,
da mit "Stufenalgorithmen" keine Selbstanwendung mehr gegeben ist.
Trotz aller Exotik ist daher die Stufenlogik/mengenlehre aus meiner Sicht
eine interessante Antwort auf die Grundlagenkrise und die Suche nach Konsistenz.
Gruß
Trestone "
im Philosophie-Raum Thread zur "Grundlagenkrise in der Mathematik (Anfang 20. Jhdt.)"
habe ich das Folgende zur Stufenlogik ausgeführt,
das vielleicht verständlicher machen kann, wozu die Stufen eingeführt wurden:
philosophie-raum.de/index.php/…-Anfang-20-Jhdt/?pageNo=1
" Hallo,
zur Prägung durch Studium vielleicht mein Beispiel:
Ich habe vor 30 Jahren Mathematik, Informatik und Philosophie studiert.
Im Mathematikstudium habe ich neben den Hauptfächern
ein wenig Mengenlehre und Zahlentheorie mitbekommen,
aber der Name Gödel fiel da nie, auch nicht Grundlagenkrise.
Im Informatikstudium gingen wir auf das Halteproblem und Umfeld ein.
In Philosophie machte ich u.a. einen Logikgrundkurs und ein Seminar zu Gödels Unvollständigkeitssätzen
(war mir z.T. zu anspruchsvoll).
Mein Interesse an einer neuen Logik wurde mehr aus Widerspruchsgeist
zur Hochschul(philosophie) allgemein geweckt ...
ZumThema (Stufenlogik und Konsistenz/Widerspruchsfreiheit):
Man kann meine Stufenlogik auch als ein Projekt zum Umgang mit Selbstreferenz
in Logik und Mengenlehre auffassen:
Hatte Russell noch die Typenhierarchie eingeführt, um Selbstreferenz zu vermeiden,
in der Mengenlehre z. B. die Russelmenge R (die Menge aller Mengen,
die sich nicht selbst als Element enthalten) oder All, die Menge-aller-Mengen.
Beide Mengen sind nicht mehr bildbar, wenn man fordert, das Mengen als Elemente
nur Objekte eines niedrigeren Typs als sie selbst enthalten dürfen.
DieTypenhierarchie vermeidet zwar erfolgreich Selbstreferenz,
schüttet aber gewissermaßen „das Kind mit dem Bade“ aus,
da sie auch nicht pathologische Selbstbezüge verhindert.
In der Stufenlogik habe ich nun die Hierarchieidee aufgegriffen,
um Widerspruchsfreiheit zu erreichen, gleichzeitig aber Selbstbezüglichkeit zugelassen.
Der Trick dabei war, die Hierarchie nicht auf Objekte oder Aussagen anzuwenden,
sondern dafür eine neue (zunächst formal/technische) Dimension einzuführen,
die nur für Wahrheitswerte benutzt wurde, die Stufen der Wahrheitswerte.
Denn bei der Definition von (logischen) Aussagen
benötigt man nur Wahrheitswerte von Aussagen.
Sind diese hierarchisch geordnet, hat man ein widerspruchsfreies System.
Genauer: Den Wahrheitswert einer Aussage A in Stufe k+1 kann man nur mittels Wahrheitswerten von Aussagen
(die auch A sein können) in Stufen kleiner oder gleich k definieren.
Aus Symmetriegründen nehmen wir in der kleinstmöglichen Stufe 0
den Wahrheitswert „unbestimmt (=u)“ für alle Aussagen A an
und setzen die Stufenlogik generell als dreiwertige Logik an.
Beispiel Lügnersatz LS:
„LS ist wahr in Stufe k+1, falls LS in Stufe k nicht wahr ist (und LS ist sonst falsch in Stufe k+1).“
In Stufe 0 gilt: LS ist unbestimmt bzw. W(LS,0)=u (also ist LS in Stufe 0 nicht wahr)
LS ist wahr in Stufe 0+1, falls LS in Stufe 0 nicht wahr ist, also ist LS wahr in Stufe 1.
Also ist LS falsch in Stufe 2, wahr in Stufe3, falsch in Stufe 4, usw.
Man sieht, dass sich LS so widerspruchsfrei definieren lässt und dabei sogar
ein Selbstbezug der Aussage LS zugelassen ist.
Nur auf Ebene der Wahrheitswerte (bei den Stufen) ist kein Selbstbezug erlaubt
und die Stufenhierarchie garantiert so die Widerspruchsfreiheit.
Wie das Beispiel des Lügnersatzes zeigt, werden die klassisch widersprüchlichen Wahrheitswerte in der Stufenlogik nicht beseitigt,
sondern in den Stufen nebeneinander gestellt und (ohne Widerspruch) zugelassen.
Den Preis, den man dafür zu zahlen hat, ist die Vervielfachung der Wahrheitswerte,
denn eine Aussage ist nun nicht mehr wahr oder falsch
sondern hat in jeder der unendlich vielen Stufen 0,1,2,3, … einen Wahrheitswert
(genau: entweder w oder f oder u).
Man kann sich auch vorstellen, dass zu jeder Aussage A ein (unendlicher) Wahrheitsvektor W(A) =(u,W(A,1),W(A,2),W(A,3), …) gehört.
Die gewohnten klassischen Aussagen AK lassen sich als die Aussagen mit konstantem Wahrheitsvektor
W(AK) = (u,w,w,w,w,w, ...) bzw.(u,f,f,f,f,f, ...) wiederfinden.
Daneben bietet die Stufenlogik aber nun viele neue mögliche Aussagen,
daher sind viele klassisch als unmöglich beweisbare Aussagen nun doch oft möglich.
Mir ist z.Zt. kein logisches Paradoxon bekannt, dasssich mittels Stufenlogik
nicht auflösen ließe – sowohl die mit negativer Selbstreferenz (z.B. Lügner)
als auch ohne Negation, z.B. Curry-Paradox, Berry-Paradoxon.
Mittels der Stufenlogik lässt sich auch eine Mengenlehre definieren,
die in einigem wieder näher an der klassischen von Cantor ist – die aber Stufen hat.
Grundidee: Menge M1 ist Element einer Menge M in Stufe k+1,
wenn eine Stufenaussage A über M1 in Stufe k wahr ist,
also wenn M1 eine Eigenschaft A in Stufe k hat.
M1 e(kt1) M ↔ W(A(M1),k)=w
In dieser Stufenmengenlehre sind nicht nur die leere Menge, die Russell-Menge
und die Menge-aller-Mengen „gewöhnliche“ Mengen.
Da der Cantorsche Diagonalbeweis mit Stufenlogik/mengenlehre nicht mehr auf einen Widerspruch führt
(sondern nur auf unterschiedliche Wahrheitswerte in unterschiedlichen Stufen)
gibt es keine „überabzählbaren“ Mengen,
sondern alle unendlichen Mengen sind wie die Menge der natürlichen Zahlen abzählbar.
Wahrscheinlich funktionierenauch Gödels Unvollständigkeitsbeweise nicht mehr,
denn 1. gelangen indirekte Beweise mit Stufenlogik nicht zu Widersprüchen
sondern nur zu unterschiedlichen Wahrheitswerten in unterschiedlichen Stufen
und 2. könnte die Gödelisierung daran scheitern,
dass mit Stufenlogik die Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung nicht mehr gesichert ist
(wohl für sehr große Zahlen unterschiedlich je Stufe).
In der Informatik wird das Halteproblem aufgehoben,
da mit "Stufenalgorithmen" keine Selbstanwendung mehr gegeben ist.
Trotz aller Exotik ist daher die Stufenlogik/mengenlehre aus meiner Sicht
eine interessante Antwort auf die Grundlagenkrise und die Suche nach Konsistenz.
Gruß
Trestone "