Politisches Kabarett vs. Stand-up Comedy?

[hives]

Ist politisches Kabarett nicht mehr konsumentenkonform?
Gibt es einen Gegensatz zwischen politischem Kabarett und Stand-up- Comedy? Ist dieser gewollt, konstruiert?



Als Einstieg ein paar Informationen aus dem Umfeld des Scheibenwischers:

Hildebrandt nannte den Gegensatz "Comedy vs. politisches Kabarett?" einen "politischen Schachzug" im Hinblick auf die Entpolitiserung der Mainstream- Comedy. Im gleichen Interview konstatierte er bei Harald Schmidt eine "Verweigerung des eigentlichen Kabaretts" sowie "Sinnentleerung" und eine möglichst hohe "Pointendichte" auf Kosten des Anspruchs...

Das alles macht die folgenden Ereignisse umso interessanter:

Ab 19. Januar macht sich Star-Kabarettist Harald Schmidt jeden Mittwoch und jeden Donnerstag in der ARD breit. Ärgerlich für die Kollegen vom "Scheibenwischer", die jetzt eine halbe Stunde später drankommen. Dieter Hildebrandt, graue Eminenz des "Scheibenwischer", würde da nicht mitmachen.

Berlin - Offiziell wisse er von der Verschiebung nichts, sagte Hildebrandt dem Berliner "Tagesspiegel". "Wüsste ich davon, würde ich es nicht mitmachen und direkt aussteigen."

Die Verlegung des Sendeplatzes auf 23.30 Uhr sei eine Provokation, sagte der Kabarettist weiter: "Sollte der 'Scheibenwischer' nach der Schmidt-Show laufen, so würde dies auf eine Deklassierung des Formats hinauslaufen." Hildebrandt hofft, dass die "Scheibenwischer"-Frontleute Bruno Jonas, Georg Schramm und Mathias Richling sofort aussteigen, falls die Verschiebung tatsächlich eintritt.

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,327863,00.html


Letztendlich wurde der Scheibenwischer doch nicht verschoben, und Schmidt muss sich mit dem Scheibenwischer arrangieren. Hat Hildebrandt in diesem Fall mit seinen Äußerungen übertrieben? Oder war er zurecht verärgert über einen kleinen Aspekt der fortschreitenden Verdrängung politischer Comedy?

Mit Verdrängung und Abschaffung trotz Zuschauer hat Hildebrandt Erfahrung. Unter anderem wurde „Schimpf vor Zwölf“, ein recht niveauvolles Silvesterkabarett, urplötzlich abgeschafft:

Hildebrandt dazu in einem Interview:

„Weil sich bei den Verantwortlichen für das ARD-Programm der Gedanke festgesetzt hat, dass man Kabarett nicht senden könne, weil es kein Programm für die Masse sei. Man glaubte, dass, wer am Silvesterabend dies Programm einschalte, intellektuell dem nicht gewachsen sei, was wir sagen. Eine ziemlich freche Unterschätzung des Publikums.“

Vor einigen Tagen dann die Abrechnung mit Hildebrandt durch Harald Martenstein in der ZEIT:

http://www.zeit.de/2005/03/SM-Hildebrandt

Auszugsweise:

Er geht auf die Achtzig zu, was treibt ihn an? These: Es ist Misstrauen. Die Demokratie? Nur eine dünne Tünche, die man über den Nazikram drübergestrichen hat. Man muss bloß kratzen, dann kommt bei fast jedem Deutschen der Nazi zum Vorschein. Die Demokratie muss täglich verteidigt werden, sonst ist sie futsch.

So weit, so gut.
Dann der Hammer:

Dieses Hildebrandt-Misstrauen war viele Jahre lang berechtigt oder notwendig oder unvermeidlich. Die Dinge in Deutschland haben sich im Laufe der Jahrzehnte allerdings demokratischer entwickelt, als Pessimisten befürchteten. Diese Entwicklung ist für die alarmistisch pessimistische Kunst des Kabarettisten Hildebrandt nicht hilfreich gewesen.

Die Demokratie funktioniert Martenstein zufolge offenbar inzwischen so klasse, das wir Leute wie den Hildebrandt gar nicht mehr benötigen. Und das stinkt dem Hildebrandt natürlich gewaltig, weshalb er sich auch über alles unnötigerweise öffentlich aufregt.
So einfach kann die Welt sein : die Demokratie ist gesichert, alles auf dem richtigen Weg, "macht euch keine Sorgen", Kabarett ala Hildebrandt braucht's auch nicht mehr...
Martensteins Fazit ist, das Hildebrandt mehr über Ferng Shui schreiben soll, weil er darüber noch nichts weiß...
Da scheint Sachverstand eher hinderlich...

Glaubt man den unliebsamen Zeitgenossen endlich erledigt?



Mehr Sprüche aus dem Scheibenwischer übrigens in der "Sammlung aktueller Zitate":
http://www.ask1.org/postt9913.html

 

[Weinberg, Oliver]

Ist politisches Kabarett nicht mehr konsumentenkonform?

tja..DAS ist die entscheidene Frage!

Da es Kabarett auf keinem der Privatsender zu sehen gibt(diese Angabe erfolgt ohne Gewähr, aber doch in einiger Gewißheit) stellen die Kabarett Interessierten wohl keine werberelavante Zielgruppe mehr dar. Nachwuchsprobleme scheinen sich infolge dessen auch dahingehend einzustellen, dass Interessierte sich lieber gleich in den Comedy Bereich begeben (wo sie um so schneller verheizt werden), einfach, weil ihre Chancen, sich medial produzieren zu können, dort ungleich größer geworden sind.

Da aber auch ein Dirty Harry aus der Kabarett Schule stammt, wo einem eben nicht die Pointen Dichte im Genick sitzt, wenn man seinen Auftritt zelebriert, ist es eher zweifelhaft, ob solche Unterhaltungsgrößen überhaupt nachwachsen werden.

Bully Herbig ist mir da eindeutig zu mau. Vom Rest ganz zu schweigen...

 

[hives]

Da aber auch ein Dirty Harry aus der Kabarett Schule stammt, wo einem eben nicht die Pointen Dichte im Genick sitzt, wenn man seinen Auftritt zelebriert, ist es eher zweifelhaft, ob solche Unterhaltungsgrößen überhaupt nachwachsen werden.

Bully Herbig ist mir da eindeutig zu mau. Vom Rest ganz zu schweigen...

Da geht es mir ähnlich.

Am beeindruckendsten im politischen Kabarett finde ich übrigens schon seit längerem Georg Schramm, insbesondere seinen Lothar Dombrowski...




"In Deutschland entsteht ein neues Proletariat - und zwar ohne Arbeiterlieder. [...]
Da wird die Union darauf reagieren müssen. Vielleicht holt Frau Merkel dann Roland Koch, als Kettenhund für's Grobe. Der wird uns dann erklären, welche Sorte von Ausländern diesmal an allem Schuld ist.
Da bieten sich ja welche an: Türken, Araber - prima Gelegenheit...
Die Juden dürfen noch ein paar Runden aussetzen. Das schafft natürlich keine neuen Arbeitsplätze, aber Sündenböcke jagen hält die Meute auf Trab. [...]
Wobei man dazu sagen muss: so ein Idol, das muss natürlich anders aussehen als Koch. Optisch gibt der nicht viel her. [...]
So ein bisschen Hollywood wird es schon sein müssen!"

(edit)
Schon seine Programmtitel finde ich immer ziemlich gut - aktuelles Bühnenprogramm:
‘Mephistos Faust’

Ab März 2005:
‘Thomas Bernhard hätte geschossen’


Schramms Homepage:

http://www.georg-schramm.de/



Dieter Hildebrandt:

Es ist richtig, wenn Politiker immer wieder behaupten:
"Der Mensch ist Mittelpunkt."
Falsch ist nur die Schreibweise. Gemeint ist:
"Der Mensch ist Mittel.-Punkt."

http://www.dieterhildebrandt.com/



Und der Scheibenwischer:
http://www.daserste.de/scheibenwischer/


Die nächste Sendung:

3sat
21.01., 01.00 Uhr (Wdh. vom 10.1.)

 

[Don]

Es war die Zunahme der Comedy, des sinnfreien Fernsehens und dem Zumüllen durch Werbung was mich weg gebracht hatte vom TV. Nun lebe ich seit 8 Jahren ohne, das 9 Jahr naht und ich lebe immer noch.

Ab und an bin ich Kabarett im Reallife besuchen gewesen, und habe mir die Künstler vor Ort direkt angeschaut und die Stimmung ist ungleich besser als in einer sterilen Flimmerkiste. Aber das soll jedem seine Meinung sein.

Grundliegend würde ich sagen das Kabarett nicht ganz verschwinden wird, aber sich dem Druck der weniger anspruchsvollen Komödie (so heißt das Dingen auf deutsch...) nicht verweigern kann.


mfg Don

 

[hives]

Ab und an bin ich Kabarett im Reallife besuchen gewesen, und habe mir die Künstler vor Ort direkt angeschaut und die Stimmung ist ungleich besser als in einer sterilen Flimmerkiste.

Politisches Kabarett habe ich bisher leider noch nie live gesehen, das interessanteste war bei mir bisher Kishon...

Komödie (so heißt das Dingen auf deutsch...)

Aufsteh- Komödie, stehende Komödie oder Steh-auf- Komödie?

 

[Don]

Eher Aufsteh -Komödie im Sinne mit kreischend aufspringen und wild mit den Sponsor-fähnchen zu wedeln..... .

Könnte man in dem Werbeblock noch ´ne Verkaufssendung für das ultimative und 200% verletzungsfreie Buttermesser machen; was meinst Du......
8)

mfg Don

 

[hives]

Beides klingt nicht allzu weit hergeholt

 

[nicolecarina]

kabarett live hat denk ich auch eine andere qualität, es lacht sich ganz anders als vor dem fernseher und wenn einem der tischnachbar dabei vielsagend verschwörerisch zublinzelt, fühlt man sich irgendwie gut dabei aufgehoben.

auch ich beklage eine abnahme der wirklich geschliffenen geister in der comedy-szene und hildebrandt gehört für mich eindeutig dazu.

sicher gab es schon immer kabarettisten, die weniger politisch motiviert waren, aber gerade jonas, hildebrandt und ich würde sogar noch polt dazuzählen, wobei er ja meistens eher "prosa-kabarett" macht waren oder sind für mich federführen.

und dann fallen mir auch schon gar nimmer allzu viele ein, gröhner noch oder besonders stolz bin ich drauf, dass herr richling als schwabe nun über jahrzehnte seinem genre treu geblieben ist. der einzige grund, weshalb ich die aussage, dass wir politisches kabarett nicht mehr brauchen täten, unterschreibe, ist der, dass es die politiker im gegensatz zu früher wahrscheinlich nicht mal mehr mitbekommen, was da sonntag abends gesagt wird. christiansen lullt sie eh schon alle ein, will sagen, der politische diskurs hat sich rein auf parlamentarische gremien zurückgezogen, reaktionen der politiker auf medienereignisse oder auch in den medien u.ä fallen aus oder sind derart lapidar und nichtssagend, dass man sich das eigentlich wirklich sparen kann.

in ansätzen sine ja politische statements auch beim stand-up-comedy vorhanden. auch innerhalb dieser comedy-sparte gibt es ja gewaltige unterschiede was die qualität angeht möcht ich meinen. als beispiel einfach mal rüdiger hofmann genannt, und auf der anderen seite gaby köster. oder auch willy astor, michael mittermaier - ich denke man merkt schon ganz klar, wer seine comedy vor allem für die quote macht und wer regelmäßig auch vor livepublikum steht. wo herr von der lippe steht ist mir noch nicht so ganz klar. er trifft ja nicht selten mehr utner die gürtellinie als politisch ins schwarze. wie gut dass ottfried fischer auch noch sein ganzes gewicht in die waagschale wirft und wirklich ahnung von politik beim kabarattiesieren hat. kommt leider viel zu selten außerhalb des bayrischen rundfunks, den ich gar nicht reinkriege mit meiner schwarz-weiß drei-kanal-kiste.

als ganz klarer comedy-fan - wer hätts gedacht - finde ich beide von hives klassifizierten formen haben ihre berechtigung, wobei politisches cabarett gerne mittlerweile eine ganz entscheidende brisanz bekommen hat - es ist fast nicht mehr zum lachen sondern die statements könnten mehr denn je grundlage für eine revolutionäre lawine sein....von daher wäre es kein wunder, wenn hier wirklich eine verdrängung stattfindet, wo eigentlich verstärkung not täte.

ich halte nichts von kritik um der kritik wegen, aber eine scharfe beobachtungsgabe ist schon was wert denk ich mal. und die beobachtungen dann öffentlich zu teilen - darauf basiert menschliche gemeinschaft. genauso wie auf gemeinsames witze reißen.

ach ja jetzt echt abschließend: weshalb sollte stand-up-comedy nicht auch politisch sein?

 

[antimagnet]

man sollte auf der suche nach was anpsruchsvollem halt eher mal die dritten und 3sat abklappern.

da gibt es volker pispers (politischer als pispers geht nicht), die mitternachtsspitzen mit jürgen becker, wilfried schmickler und herbert knebel, es gibt richard rogler, und... ...und im moment fallen mir grad nicht mehr ein.

es gibt dort auch gute comedy, z.b. rainald grebe, horst evers, hans liberg, les poubelles boys. natürlich viel zu selten, aber ich fände es auch schade, würden die mich damit so überfüttern, dass es mir zum hals raushängt...

 

[nicolecarina]

knebel ist mir eine qual
außer bawü krieg ich nichts rein -
und da läuft auch alf poier viel zu selten *g*

 

[_Dark_]

die frage, ob die stand-up comedy das kabbarett ablösen wird, halt ich eigentlich mal für falsch..
ich denke mal, dass es da zwei absolut unterschiedliche zielgruppen gibt, die sich so eh nie auflösen werden..
dass die eine vl etwas kleiner wird, nämlich die für die etwas intellektuelleren leute, also das kabbarett, kann sein, aber ablösen wird das stand-up das kabbarett nicht..

vll verdrängen in eine nische, aber nicht ablösen...

 

[Pfeifenkopf]

Ich bin ja ein grosser Verehrer von Volker Pispers und würde ihn auch gerne mal live sehen. Bis jetzt hats nicht geklappt, da man erstens Monate vorher Karten bestellen muss und es zweitens schweineteuer ist. Genauso Matthias Deutschmann, Schramm, Freitag usw.

Während die Programmdirektoren also der Meinung sind, ihrem Publikum kein oder nur in Nischen Kabarett zumuten zu können, strömen die Leute in die Veranstaltungen. Das ist zwar bei Comedyveranstaltungen ähnlich, diese haben jedoch den Promoapparat des Privatfernsehens hinter sich.

Warum gehen die Leute heute noch ins Kabarett? Der eine ist hier, um seinen neuen Boss-Pullover auszuführen. - In der Kirche sieht einen ja keiner mehr.

Zitate von Volker Pispers

 

[nicolecarina]

lölung dieser pispers scheint wirklich komisch zu sein

*recherchier*

wie auch immer - mir solls recht sein, wenn live-kabarett dann wieder zunimmt

 

[Vondenburg]

Wieso wurde Urban Priol noch nicht genannt?
Der Mann ist absolut klasse.

 

[forcemagick]

naja das problem ist halt, dass die politisch kritischen späße entweder spät liegen ( wenn ich mal keinen job mehr hab kann ich mir das gerne ansehen, aber solange ich teils um sechse rus muss um rechtzeitig beim kunden zu sein fehlt es mir schlicht an der gelegenheit abends nach 22 uhr noch etwas anzusehen ) oder in irgendwelche dritten programme verschoben laufen ( oder beides ) ...
ich habe schon auch so das gefühl, dass die sinnfrei-comedy mit tierischer wucht nach vorne prescht... dies allerdings dürfte eben daran liegen, dass der einfache geist halt etwas mag bei dem ihm auch gleich noch gesagt wird wo zu lachen ist ( irgendwo flammt applaus auf, das puplikum klatscht und johlt und der fernsehzuschauer glaubt tatsächlich das war jetzt komisch und lacht auch... prima )
ich persönlich finde den happy-friday mit janz viel spaß nicht mehr wirklich zum lachen... aber ich find unser fernsehprogramm ja ohnehin nicht sonderlich witzig oder ansehenswert.

 

[nicolecarina]

also dazu kann ich sagen, dass ich mit meinen drei öffentlich-rechtlichen ganz zufrieden bin. vor allem für das dritte hab ich eine vorliebe entwickelt - vielseitig, gut recherchiert, investigativ, kulturell.

manchmal tuts mir grad wegen den comedy-sendungen leid, dass der schüssel-fernseher von den zwei mitbewohnern quasi beschlagnahmt ist, aber ich tät vermutlich eh gleich wieder ab- bzw. umschalten.

die qualität der privaten ist meist durchgehend so, wie in der ard bei einer bestimmten sendung: brisant. ich denk jedesmal - darfs denn wahr sein? von den promiberichten mal abgesehen. denn echte betroffenheit kommt beim sechzigsten beitrag á la mutter friert ihr kind ein bei mir wirlich nicht auf. höchstens wut, die gar nichts bringt zumal die mutter außerdem schon lange lebenslänglich verurteilt wurde.

vor dem hintergrund genieße ich politisches kabarett wie ein gutes abendessen. selten aber dafür um so mehr.

 

[forcemagick]

ja ich genieß es schon auch wenn ich mal die gelegenheit habe.. leider viel zu selten...

 

[Winston_Smith]

Moin!

Tja, warum will niemand mehr Scheibenwischer sehen?

Erstmal ist der Großteil der Bundesbürger mit der Zeit um einiges politisch gebildeter geworden. Man "braucht" keine gescheiterten Sozialpädagogen mehr, die auf der Bühne stehen und einem sagen wollen, was gut und was schlecht ist. Der Bundesbürger kann sich mitlerweile seine eigene Meinung bilden.

Dann ist mit dem letzten Regierungswechsel das Feindbild und Inhaltsgeber für viele Kabarettisten verschwunden. Hach, wie war es doch damals herrlich simpel: Man macht ein paar Witze über das Gewicht von H.Kohl, parodiert dabei seine Stimme und schon war man politischer Kabarettist....

Und sind wir ganz ehrlich: der 1000.Witz über die Haare von A.Merkel ist irgendwann auch nicht mehr lustig.

Was soll man also machen? Witze über die SPD? Nein, daß geht doch nicht. Immerhin möchte man doch weiterhin zum Kanzlergeburtstag nach Hannover eingeladen werden.


Nur ein paar Gedanken meinerseits.

ws

 

[hives]

Tja, warum will niemand mehr Scheibenwischer sehen?

Das Interessante ist eben gerade, dass der Scheibenwischer immer noch relativ hohe Einschaltquoten hat - obwohl u.a. Sendeplatz und -zeit immer wieder für Überraschungen sorgen...


Als Beispiel die jüngste Folge vom 10.1.2005:

Titel / Beginn / Dauer / Zuschauer in Mio. / Marktanteil in %

Tagesschau 09:00 0:05 0,69 21,2
AUS HEITEREM HIMMEL Folge 49 09:06 0:48 0,63 18,1
ARD-WETTERSCHAU 09:55 0:05 0,54 14,5
Tagesschau 10:00 0:03 0,48 12,9
BRISANT Wdh 10:03 0:25 0,54 13,3
Zeit der Wünsche Folge 1 Wdh 10:29 1:28 0,43 8,4
Tagesschau um zwölf 12:00 0:15 0,76 10,7
ARD-Buffet 12:16 0:43 1,29 15,2
ARD-MITTAGSMAGAZIN 13:00 0:56 1,26 13,0
Tagesschau 13:11 0:03 1,32 13,8
Tagesschau 14:00 0:07 1,07 10,0
In aller Freundschaft Folge 213 14:10 0:49 1,38 12,1
Tagesschau um drei 15:00 0:15 1,17 10,2
ABENTEUER WILDNIS Folge 3 15:16 0:43 1,33 11,2
FLIEGE 16:00 0:57 1,16 8,6
Tagesschau um fünf 17:00 0:15 2,24 14,4
BRISANT 17:15 0:30 3,15 18,2
Tagesschau 17:47 0:03 2,18 11,6
VERBOTENE LIEBE Folge 2374 17:55 0:23 2,75 13,4
MARIENHOF Folge 2546 18:25 0:23 2,89 12,3
St. Angela Folge 158 18:52 0:24 2,33 9,0
Das Quiz mit Jörg Pilawa Folge 657 19:21 0:25 4,76 16,6
Das Wetter im Ersten 19:49 0:04 3,10 10,3
Börse im Ersten 19:55 0:03 3,23 10,5
Tagesschau 20:00 0:16 6,43 20,1
Starquiz mit Jörg Pilawa Folge 1 20:16 1:30 6,54 19,3
MONITOR 21:48 0:43 3,78 13,4
TAGESTHEMEN 22:32 0:30 2,41 11,2
Das Wetter im Ersten 23:03 0:02 2,29 11,8
SCHEIBENWISCHER 23:06 0:33 2,53 15,9
Vom Küssen und vom Fliegen 23:40 1:28 0,78 9,8
NACHTMAGAZIN 01:08 0:20 0,32 7,9
DER STACHEL DES BOESEN 01:28 1:29 0,22 8,5
Tagesschau 02:58 0:03 0,12 6,6

15,9% Marktanteil.
2,53 Mio. Zuschauer.

Vor Scheibenwischer liefen Tagesthemen und Wetter, zwischen 11 und 12 Prozent Marktanteil (selbst Monitor vor 22h kam nur auf 13,4%). Dann Scheibenwischer mit 15,9%. Danach kontinuierlich unter 10%.

Von den 34 Sendungen, die an dem betreffenden Tag liefen, gab es nur sechs, die einen höheren Marktanteil als Scheibenwischer erreichen konnten.

Die absoluten Zuschauerzahlen sind aufgrund der späten Sendezeit bei einem "Sender-internen" Vergleich nicht aussagekräftig, lagen jedoch bemerkenswerterweise höher als diejenigen der Tagesthemen um 22:30.

http://quoten.daserste.de/quotendetail.asp?date=13.01.2005&x=16&y=6

Auch das im Anfangspost erwähnte Silvesterkabarett hatte übrigens afaik recht gute Einschaltquoten und wurde trotzdem eingestellt.

Erstmal ist der Großteil der Bundesbürger mit der Zeit um einiges politisch gebildeter geworden. Man "braucht" keine gescheiterten Sozialpädagogen mehr, die auf der Bühne stehen und einem sagen wollen, was gut und was schlecht ist. Der Bundesbürger kann sich mitlerweile seine eigene Meinung bilden.

...dachte mir schon, dass der Martenstein-Artikel einigen Nutzern hier so richtig aus der Seele spricht

Dann ist mit dem letzten Regierungswechsel das Feindbild und Inhaltsgeber für viele Kabarettisten verschwunden. Hach, wie war es doch damals herrlich simpel: Man macht ein paar Witze über das Gewicht von H.Kohl, parodiert dabei seine Stimme und schon war man politischer Kabarettist....

Und sind wir ganz ehrlich: der 1000.Witz über die Haare von A.Merkel ist irgendwann auch nicht mehr lustig.

Was soll man also machen? Witze über die SPD? Nein, daß geht doch nicht. Immerhin möchte man doch weiterhin zum Kanzlergeburtstag nach Hannover eingeladen werden.

Diese Bemerkungen zeugen meines Erachtens mal wieder davon, dass du dich gerne gefühlsmäßig zu Themen äußerst, ohne dich wirklich mit denselben beschäftigt zu haben...

Im Scheibenwischer wird regelmäßig in sehr unterschiedlicher Weise über die SPD hergezogen - vielleicht fühlen sich einige Kabarettisten sozial-demokratischen Idealen verbunden, aber mit der aktuellen SPD-Politik haben letztere offenkundig recht wenig gemein...
Da einen Interessenkonflikt konstruieren zu wollen ist gerade momentan ziemlich abstrus: die SPD hat durch ihre Politik in den letzten Jahren extrem an Kabarett-Potential gewonnen....

Auch in der oben verlinkten Zitatesammlung müssten sich übrigens ein paar Scheibenwischer- Zitate zur SPD finden lassen...

Nur ein paar Gedanken meinerseits.

Immer wieder... ähh... interessant?




@all: Zu einigen Beiträgen werde ich demnächst noch etwas schreiben, vielen Dank schon einmal für die rege Beteiligung!



mfg

 

[Pfeifenkopf]

Nur ein paar Gedanken meinerseits.

Immer wieder... ähh... interessant?

Auf jeden Fall hat der gute Winston Richlings Auftritte als Münte, Ulla Schmidt und Johannes Rau D) verpasst...