In diesem Thread möchte ich das Thema „Magie“ ansprechen.
Das Wort „Magie“ ist eine Übernahme des griechischen Wortes mageia, und in der Antike begann auch die Geschichte dieses Begriffes – nicht dagegen die Geschichte des Gegenstandes, den er bezeichnet.
Es soll hier um beides gehen, den Begriff wie auch um das, was er bezeichnet, und letzteres war zu keiner Zeit – und bis heute nicht – einheitlich.
In diesem ersten Post seyen nur ein paar kurze Schlaglichter gegeben:
Der immer wieder gern zitierte Platon z.B. verwendete den Begriff, um soge. „individualreligiöse“, rituelle Praktiken zu bezeichnen, gegen die er sich im Gegensatz zu den offiziellen rituellen Praktiken wandte. (Politeia, 363e-264c). Uns heutigen Menschen mag das seltsam erscheinen, denn bei ihm lag die Trennlinie (Magie gegen x) nicht zwischen ritueller Praktik und säkularem Weltbild, sondern bei ihm schied der Begriff zugelassene (und damit richtige) und nicht-zugelassene, unerlaubte … ja, was? Wir würden heutzutage vermutlich beides mit „Magie“ bezeichnen…
In der Antike und im Christentum der ersten Jahrhunderte findet sich der Begriff „Magie“ immer wieder als polemische Stigmatisierung von beeinflussenden Praktiken, die außerhalb der Ordnung stehen, scheint eigentlich ein abwerthender Ausdruck für eigenmächtige oder / und aus egoistischen Motiven heraus vorgenommene Wirkhandlungen.
Kann man einen solchen Begriff werthfrei benutzen? Aber Einheitlichkeit scheint es zu keiner Zeit gegeben zu haben, was diesen Begriff angeht. Magie scheint mir eine Leerbezeichnung, die erst der jeweilige Kontext (Zeit, Ort, Kultur) oder der jeweilige Autor (Philosophen etc., oftmals jeder für sich) mit einem bestimmten konkreten Inhalt füllt.
Was ist Magie? Die Bandbreite spannt sich weit, ein komplexes Weltbild, in dem außernaturgesetzliche Verbindungen möglich sind, nur bestimmte Praktiken, nur die schlechte Seite außernaturgesetzlicher Handlungen, oder ganz andere Dinge – wie das allherrschende Wirkprinzip des Kosmos bei Plotin (dort dann die Liebe) …
Magie ist ein Begriff, der zur Beschreibung von außen verwendet wird, er wurde und wird zur Stigmatisierung von Abgelehntem, jedoch auch positiv als Selbstbezeichnung verwendet.
Ein hübsches Beispiel über die konfuse Fülle von zumindest einigem, das mit dem Magie-Begriff verbunden wird, ist der Wiki-Eintrag über Magie (in seiner momentan vorliegenden Form ;-) ):
http://de.wikipedia.org/wiki/Magie
Ist eine Definition von Magie kontextunabhängig bzw. kontextübergreifend überhaupt möglich?
Und selbst innerhalb eines Kulturkreises, einer Zeit, einer geistesgeschichtlichen Bewegung, einer Weltanschauung liegt eine genaue Definition dessen, was Magie jeweils bezeichnen soll, nicht unbedingt augenfällig auf der Hand.
Der Begriff wurde ja auch weiterhin in unterschiedlichsten Zusammenhängen verwendet und wird auch bis auf den heutigen Tag genutzt - von wissenschaftlicher Seite, um bestimmte religiöse Phänomene zu beschreiben, von esoterischer Seite, bis dahin, dass jeder einzelne das Wort (in mehr oder weniger unreflektierter Weise über dessen genaue Bedeutung) umgangssprachlich benutzt.
Auch ohne sich auf eine Definition des Begriffes zu einigen, wird der Begriff „Magie“ überall genutzt, und auch ohne eine klare Definition dessen im Kopf, scheint es doch personenübergreifend allgemeingültige Vorstellungen dessen zu geben, was Magie ist? Magie wird unterschiedlich aufgefaßt, verwendet, aber gibt es Allgemeingültigkeiten?
Für jeweils eine Zeit / Ort / Kultur müßte man klären,
- welche Phänomene genau mit dem Begriff umrissen werden sollen (z.B. offizieller Tempelkult, individuelle Praktiken – festgeregeltes, normiertes, Handeln innerhalb von Ritualen oder / und „Freistiltechnik zur Selbsterleuchtung“)
- welche Handlungsmöglichkeiten dieser Begriff einschließen soll (Zaubersprüche zur Heilung oder / und Schaden, Wahrsagungen / Orakel / Divination im weitesten Sinne, jeglicher Kontakt zu übernatürlichen Wesen (z.B. in Träumen?), „Seelenwanderungen“, sogar Selbsterkenntnis und Meditation werden z.T. unter dem Begriff Magie verstanden)
weitergehend stellt sich mir die Frage, wie magisches Handeln funktioniert:
Magie bezeichnet die Einflußnahme auf die Natur mittels übernatürlicher Hilfe?
Magie bezeichnet den Vorgang, sich an höhere Mächte zu wenden, um mit deren Hilfe die Welt zu beeinflussen?
- Setzt Magie damit die Existenz von Übernatürlichem bzw. außerweltlichen Kräften voraus?
Magie ist eine Bezeichnung von kausalen Handlungsketten (Handlung und daraus resultierende gewünschte Wirkung), die den Naturgesetzen widersprechen?
- Steht Magie damit per definitionem außerhalb eines naturwissenschaftlichen Weltbildes?
- welche (anderen) Wirkmechanismen verwendet Magie? (mir fallen im Moment nur ein: Magie funktioniert über Analogien (wenn x, dann auch y), oder auch mithilfe von Parallelismen (die sich im mythischen Spektrum des jeweiligen Weltbildes bewegen), kausative und Assoziative Verbindungen werden geknüpft)
Ist eine Änderung von Bewusstseinszuständen (mit und ohne Hilfsmittel) als Voraussetzung für Magie nötig?
Magie wurde und wird historisch untersuchen, als Erscheinung einer bestimmten Zeit, Region, Kultur – man kann ihre Vernetzung im dortigen Weltbild analysieren und nach und nach rückwirkend zu einer Definition dessen gelangen (oder besser: zu vielen … ), was mit dem Begriff „Magie“ dort jeweils an Erscheinungen bezeichnet werden soll / kann.
Man hat die psychologische Wirkung untersucht, Magie als Placeboeffekt, der die Selbstheilungskräfte in gang setzt (für den speziellen Fall, dass Magie bei der Heilung von Kranken eingesetzt wird / wurde), oder sie als Illusion und ohne Wirkung auf der real-weltlichen Ebene „enttarnt“.
Mit einer Betrachtung von außen geht man einem wichtigen Punkt, der Frage nach der relevanz für die eigene Weltsicht, jedoch aus dem Weg, und andererseits wird sie dadurch imho bereits zumindest unbewusst beantwortet: Nein, das ist nur ein Untersuchungsobjekt, mit mir selbst hat es jedoch nichts zu thuen.
Lässt sich Magie in einem säkularen, nicht-animosen Weltbild überhaupt unterbringen?
Ich hoffe, dass sich eine reiche Diskussion an dem Thema entzündet, dass man sich gemeinsam mit einigen der Fragen auseinandersetzen kann - gern auch weitere aufwerfen -, wenn auch vielleicht keine endgültige Lösung finden ... ;-)
greetz,
Semis
Das Wort „Magie“ ist eine Übernahme des griechischen Wortes mageia, und in der Antike begann auch die Geschichte dieses Begriffes – nicht dagegen die Geschichte des Gegenstandes, den er bezeichnet.
Es soll hier um beides gehen, den Begriff wie auch um das, was er bezeichnet, und letzteres war zu keiner Zeit – und bis heute nicht – einheitlich.
In diesem ersten Post seyen nur ein paar kurze Schlaglichter gegeben:
Der immer wieder gern zitierte Platon z.B. verwendete den Begriff, um soge. „individualreligiöse“, rituelle Praktiken zu bezeichnen, gegen die er sich im Gegensatz zu den offiziellen rituellen Praktiken wandte. (Politeia, 363e-264c). Uns heutigen Menschen mag das seltsam erscheinen, denn bei ihm lag die Trennlinie (Magie gegen x) nicht zwischen ritueller Praktik und säkularem Weltbild, sondern bei ihm schied der Begriff zugelassene (und damit richtige) und nicht-zugelassene, unerlaubte … ja, was? Wir würden heutzutage vermutlich beides mit „Magie“ bezeichnen…
In der Antike und im Christentum der ersten Jahrhunderte findet sich der Begriff „Magie“ immer wieder als polemische Stigmatisierung von beeinflussenden Praktiken, die außerhalb der Ordnung stehen, scheint eigentlich ein abwerthender Ausdruck für eigenmächtige oder / und aus egoistischen Motiven heraus vorgenommene Wirkhandlungen.
Kann man einen solchen Begriff werthfrei benutzen? Aber Einheitlichkeit scheint es zu keiner Zeit gegeben zu haben, was diesen Begriff angeht. Magie scheint mir eine Leerbezeichnung, die erst der jeweilige Kontext (Zeit, Ort, Kultur) oder der jeweilige Autor (Philosophen etc., oftmals jeder für sich) mit einem bestimmten konkreten Inhalt füllt.
Was ist Magie? Die Bandbreite spannt sich weit, ein komplexes Weltbild, in dem außernaturgesetzliche Verbindungen möglich sind, nur bestimmte Praktiken, nur die schlechte Seite außernaturgesetzlicher Handlungen, oder ganz andere Dinge – wie das allherrschende Wirkprinzip des Kosmos bei Plotin (dort dann die Liebe) …
Magie ist ein Begriff, der zur Beschreibung von außen verwendet wird, er wurde und wird zur Stigmatisierung von Abgelehntem, jedoch auch positiv als Selbstbezeichnung verwendet.
Ein hübsches Beispiel über die konfuse Fülle von zumindest einigem, das mit dem Magie-Begriff verbunden wird, ist der Wiki-Eintrag über Magie (in seiner momentan vorliegenden Form ;-) ):
http://de.wikipedia.org/wiki/Magie
Ist eine Definition von Magie kontextunabhängig bzw. kontextübergreifend überhaupt möglich?
Und selbst innerhalb eines Kulturkreises, einer Zeit, einer geistesgeschichtlichen Bewegung, einer Weltanschauung liegt eine genaue Definition dessen, was Magie jeweils bezeichnen soll, nicht unbedingt augenfällig auf der Hand.
Der Begriff wurde ja auch weiterhin in unterschiedlichsten Zusammenhängen verwendet und wird auch bis auf den heutigen Tag genutzt - von wissenschaftlicher Seite, um bestimmte religiöse Phänomene zu beschreiben, von esoterischer Seite, bis dahin, dass jeder einzelne das Wort (in mehr oder weniger unreflektierter Weise über dessen genaue Bedeutung) umgangssprachlich benutzt.
Auch ohne sich auf eine Definition des Begriffes zu einigen, wird der Begriff „Magie“ überall genutzt, und auch ohne eine klare Definition dessen im Kopf, scheint es doch personenübergreifend allgemeingültige Vorstellungen dessen zu geben, was Magie ist? Magie wird unterschiedlich aufgefaßt, verwendet, aber gibt es Allgemeingültigkeiten?
Für jeweils eine Zeit / Ort / Kultur müßte man klären,
- welche Phänomene genau mit dem Begriff umrissen werden sollen (z.B. offizieller Tempelkult, individuelle Praktiken – festgeregeltes, normiertes, Handeln innerhalb von Ritualen oder / und „Freistiltechnik zur Selbsterleuchtung“)
- welche Handlungsmöglichkeiten dieser Begriff einschließen soll (Zaubersprüche zur Heilung oder / und Schaden, Wahrsagungen / Orakel / Divination im weitesten Sinne, jeglicher Kontakt zu übernatürlichen Wesen (z.B. in Träumen?), „Seelenwanderungen“, sogar Selbsterkenntnis und Meditation werden z.T. unter dem Begriff Magie verstanden)
weitergehend stellt sich mir die Frage, wie magisches Handeln funktioniert:
Magie bezeichnet die Einflußnahme auf die Natur mittels übernatürlicher Hilfe?
Magie bezeichnet den Vorgang, sich an höhere Mächte zu wenden, um mit deren Hilfe die Welt zu beeinflussen?
- Setzt Magie damit die Existenz von Übernatürlichem bzw. außerweltlichen Kräften voraus?
Magie ist eine Bezeichnung von kausalen Handlungsketten (Handlung und daraus resultierende gewünschte Wirkung), die den Naturgesetzen widersprechen?
- Steht Magie damit per definitionem außerhalb eines naturwissenschaftlichen Weltbildes?
- welche (anderen) Wirkmechanismen verwendet Magie? (mir fallen im Moment nur ein: Magie funktioniert über Analogien (wenn x, dann auch y), oder auch mithilfe von Parallelismen (die sich im mythischen Spektrum des jeweiligen Weltbildes bewegen), kausative und Assoziative Verbindungen werden geknüpft)
Ist eine Änderung von Bewusstseinszuständen (mit und ohne Hilfsmittel) als Voraussetzung für Magie nötig?
Magie wurde und wird historisch untersuchen, als Erscheinung einer bestimmten Zeit, Region, Kultur – man kann ihre Vernetzung im dortigen Weltbild analysieren und nach und nach rückwirkend zu einer Definition dessen gelangen (oder besser: zu vielen … ), was mit dem Begriff „Magie“ dort jeweils an Erscheinungen bezeichnet werden soll / kann.
Man hat die psychologische Wirkung untersucht, Magie als Placeboeffekt, der die Selbstheilungskräfte in gang setzt (für den speziellen Fall, dass Magie bei der Heilung von Kranken eingesetzt wird / wurde), oder sie als Illusion und ohne Wirkung auf der real-weltlichen Ebene „enttarnt“.
Mit einer Betrachtung von außen geht man einem wichtigen Punkt, der Frage nach der relevanz für die eigene Weltsicht, jedoch aus dem Weg, und andererseits wird sie dadurch imho bereits zumindest unbewusst beantwortet: Nein, das ist nur ein Untersuchungsobjekt, mit mir selbst hat es jedoch nichts zu thuen.
Lässt sich Magie in einem säkularen, nicht-animosen Weltbild überhaupt unterbringen?
Ich hoffe, dass sich eine reiche Diskussion an dem Thema entzündet, dass man sich gemeinsam mit einigen der Fragen auseinandersetzen kann - gern auch weitere aufwerfen -, wenn auch vielleicht keine endgültige Lösung finden ... ;-)
greetz,
Semis