Hidratos frühe werke :)

Hidratos

Meister
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15. März 2005
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Es gibt mir einen Sinn
dein Atem
ich vergesse.
mit dir wohin du willst

über eine Brücke
nicht sehr hoch
blaues, klares Wasser
dort unten zum greifen nah

du führst mich.
es macht sinn
doch das geländer endet
unten der dunkle Fluß

das Geländer splittert
die Balken sind schmal
es ist schön
das Wasser tobt

dann lässt du mich los

warum?

es macht keinen Sinn mehr

ich falle
endlos
sinnlos
 

phoenix

Großmeister
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6. Oktober 2002
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Auch eine ´Gedicht, daß man durchaus 2 oder 3 mal lesen sollte, um
es zu verstehen.

Erst beim 2. mal, wurde mir klar, daß die Schöne , nehme mal an , daß es um eine Frau geht, den Träumer zielbewußt zur Brücke führt,
der Träumer sieht das Wasser und assóziiert allerlei Schönes und Poetisches, nur nicht ,daß es sein Verhängnis sein wird da hinein zu stürzen...
Sie lässt ihn fallen, er fragt sich es sei sinnlos , doch
vielleicht ist es daß nicht für die Schöne ,

Für mich , wenn ich so weit kann eine Metapher, wie der Träumer fallen gelassen wird , von der Gesellschaft.
 

caligari

Meister
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Für die Schöne ist es ganz bestimmt nicht sinnlos, denn sie hört sich so gerne lachen! Es ist ein böses Lachen, das man sonst nur aus dem Munde der gefürchteten Hexe aus den Märchen kennt. Ihr Lachen ist immer gleich, es hat immer den gleichen Unterton: grausam und vernichtend, dominant und selbstverliebt.

Es ist ein sehr gefährliches Lachen und das weiß die Schöne ganz genau. Sie setzt es gezielt ein auf ihrer Jagd nach Beute, ohne die sie nicht leben kann...Seelen. Am liebsten ist ihr die "reine, unschuldige" Seele! Denn nur wer noch nie enttäuscht wurde, ist zu jenem bedingungslos naiven Glauben an das Gute im Menschen fähig, das der Schönen den Brennstoff für ihr eigenes Lebensfeuer liefert.

Es würde mich nicht wundern, wäre die "Verführung" im Gedicht von Hidratos das Sternzeichen Skorpion (ein spinnenartiges Tier). Denn Spinnen können sich nur von noch lebender Beute ernähren, sie müssen quasi das Zappeln ihrer Beute noch spüren können, sonst verweigern sie die Nahrungsaufnahme. Wird nicht auch in uns Menschen mit jeder Verletzung etwas an Offenheit und Vertrauen in unserer Seele abgetötet? (Wenn auch zugunsten von Erfahrung.)

Natürlich wurde die Hexe (wie jedes Raubtier) von der Natur bestens für ihre Beutezüge ausgestattet: sie kann ihr unwiderstehliches Lächeln gezielt einsetzen, indem sie sich dem ausgeguckten Opfer hilfsbereit und vertrauenswürdig präsentiert. Sie hat tatsächlich einen sechsten Sinn dafür, die unerfahrenen und orientierungslosen "unbeschriebenen Blätter" an die Hand zu nehmen und auf den rechten Weg zu führen.

Doch aus Sicht des "Träumers" ist es ein linker Weg! Er wird nicht einfach nur desillusioniert sondern geradezu geopfert. Er muss in den Fluten untergehen, damit die Schöne ihr geliebtes Lachen hören kann. Es ist so laut, es kommt so ganz ungefiltert aus ihr heraus, das es selbst einen tosenden Wasserfall übertönen kann. Und dieser Aufschrei ist es, der die Verführerin zu dieser Tat getrieben hat: ihre eigene Seele ist hart und scharf, ohne jedes Mitgefühl, weil sie selbst so oft verletzt worden war. Das brutale Lachen über den Untergang des Naiven überdeckt ihren eigenen Schmerzensschrei.

"...ich falle...endlos...sinnlos"
Für mich beschreibt das "sinnlos" nicht nur die unbeantwortete Frage des Opfers nach dem warum. Es drückt zugleich auch seinen Geisteszustand aus: seine Sicht der Welt wurde ihm genommen, der Träumer ist nun ohne Träume, ohne Ideale, ohne Seele, ohne Empfindung...ohne Sinn(e). Und genau diese Leere wollte die Hexe erreichen, denn sie ist "jenseits von gut und böse"!

Im Grunde sehnt sich die Schöne danach, von ihrer eigenen Pein erlöst zu werden. Doch Licht und Schatten lassen sich nicht trennen, wer das Schöne erleben will, muss auch das Schlechte ertragen. Unangenehme Gefühle vor dem Erleben aussortieren und nur die gewünschten Empfindungen zulassen, geht nicht. Noch nicht, vielleicht wird's mal einen Chip im Gehirn geben, der das für uns regeln kann.

Und die Deutung, "die Tussi wollte den Träumer halt ins kalte Wasser schmeißen, damit er aufwacht" lasse ich nicht zu. :lol:
 

phoenix

Großmeister
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Ja ein böses Lachen , schien auch ich zu hören...
 

Hidratos

Meister
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Erst mal danke schön für euer Feedback :)

Und Interpretationen sind gut! Interpretieren bedeutet sich über etwas gedanken zu machen und sich dann eine meinung zu bilden.

So ich wollte erstmal n paar statements zu den interpretationen abgeben.
Das es sich "um eine Schöne" handelt steht da so nicht. "es ist schön". damit meine ich mehr die situation (aus sicht des ich-erzählers, der die veränderungen des raumes nicht sehen kann) . Ich habe bewusst drauf verzichtet, die beschriebene Problematik einem Geschlecht zu zuordnen!

Die übertragung auf eine "hexe" ist interessant. zwar glaube ich nicht an solche, aber das beschriebene verhaltensmuster trifft auf die person im gedicht zu.

Ich würde mich über mehr antworten freuen. sagt mir mal ob euch das gedicht nun gefällt oder nicht und wenn warum das so ist :) mfg
 

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