Hartz 4 der Zweite

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Booth

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Rupert schrieb:
Gleichzeitig strebt unsere derzeitige Regierung einen Beitritt der Türkei an, der mit weiteren Kosten für den Hauptbeitragszahler, [...] verbunden ist, woraus resultiert, dass unser Budget noch kleiner wird.
Ähem Rupert... meinst Du nicht, daß wir die jeweilige Diskussion da belassen sollten, wo sie hingehört?
Denn da die meisten Regierungen nichtmal in der Lage sind, den Haushalt so zu führen, daß ein Nachhaushalt im nächsten Jahr ausgeschlossen werden kann, finde ich die Behauptung, daß ein EVENTUELLER Beitritt der Türkei irgendwann einmal die JETZIGE Haushaltslage beeinflusst, ziemlich an den Haaren herbeigezogen.
Abgesehen davon hätte dem Satz oben eine Wahrscheinlichkeitsform nicht geschadet - denn ein Beitritt ist zwar Ziel der Verhandlungen, aber noch keine beschlossene Sache.

Wir schalten zurück zum fröhlichen Hauen und Stechen über Hartz 4 (dem Hauen und Stechen zum Thema "Türkei-Beitritt" können Sie im Nachbarkanal beiwohnen) ;)

gruß
Booth
 

Rupert

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Booth, du hast schon Recht. Allerdings ist es Fakt, dass die Agrarsubventionen u.ä., die heute nach Osteuropa gehen, zum großen Teil von den Deutschen getragen werden, und auch ein Beitritt der Türkei wäre mit zusätzlichen Kosten für uns verbunden. Insofern finde ich die Behauptung, dass das unseren Haushalt schmälern würde, gar nicht so abwegig. Ist aber noch alles Zukunftsmusik, deswegen hat's im Präsens nichts zu suchen, auch wieder richtig.

Schluss mit dem Offtopic, zurück zu Hartz IV ... ;)
 

Booth

Erleuchteter
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Na - dann sag doch einfach, daß wir unser Geld nach Osteuropa pumpen, statt es in unseren Arbeitsmarkt stecken - die Aussage wäre (kurzsichtig gesehen) korrekt.
Die Türkei kannst Du dann gern in 8 oder 10 oder 15 Jahren in die Diskussion bringen, wenn wir Hartz 9 diskutieren ;)

Aber stimmt... und nun zum Spocht :D

gruß
Booth
 

bstaron

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Rupert schrieb:
@bstaron:

Nun, dieses Interview interessiert mich jetzt doch. Wo und wann wurde das ausgestrahlt? Und inwiefern darf man es verstehen, dass Horst Köhler (ehemals beim IWF) nun unser Bundespräsident ist? Gibt es irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass Deutschland neues "Opfer" der Weltbank werden soll, haben wir denen irgendwas getan? Oder wo liegt der Zusammenhang zwischen Hartz IV und diesem Post? :gruebel:

Steht doch genau drüber. 4.3.2002 in der Alex Jones Show (infowars.com). Er hat eine Radioshow und sendet aus Austin/Texas, Sender in USA, Internet und Kurzwelle weltweit.
Das Interview müßte es auch als MP3 noch in den weiten des Netzes geben, ich glaube ich habs sogar irgendwo. Um jetzt den Abschnitt zu verstehen solltest Du das ganze Ding lesen. Ich habs nur rausgestellt weil es doch genau beschreibt was gemacht wird: Mitten in der Rezession wird ein Sparprogramm aufgestellt. Gespart wird bei denen die eh schon nichts haben. Verkauft wird es mit: Dann gehts wieder Aufwärts. Genau das Gegenteil wird passieren.
Ach ja und wenn Du schon Köhler ansprichst. DER müßte wissen was für Desaster solche Programme anrichten. Und trotzdem spricht er sich für "Reformen" aus. Ich glaube ich schreib ihm mal und schicke den Link.
http://www.gregpalast.com/detail.cfm?artid=226&row=1
 

samhain

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@bstaron

So, ich hab mich jetzt mal entschlossen das alte Interview mit Greg Palast online zu stellen. Er beschreibt darin den 4 Punkte Plan von IWF/Weltbank (Neoliberale!) ganze Volkswirtschaften zu zerstören.

der iwf bzw. die weltbank wird ja auch nicht müde die "reformen" in deutschland zu loben- und mit immer denselben hohlen phrasen weitere zu fordern.

Deutschland muss dran bleiben

http://www.wams.de/data/2004/01/25/228158.html

IWF lobt Agenda 2010

Um das Wachstumspotential in Europa langfristig zu erhöhen, seien weitere Reformen zur Flexibilisierung der Arbeits- und Gütermärkte unverzichtbar. Eine Lockerung der Kündigungsschutzbestimmungen sei in vielen Ländern ebenso notwendig wie eine Reform der sozialen Sicherung mit dem Ziel, die Anreize zur Aufnahme einer Arbeit für Arbeitslose zu erhöhen, meint der Fonds und lobt die ersten Reformen im Rahmen der Agenda 2010 der Bundesregierung als einen ersten Schritt auf dem richtigen Weg. "Der Konjunkturaufschwung bietet eine ausgezeichnete Gelegenheit, die Reformen voranzutreiben."...

faz

..."Weitere Reformen sind notwendig"

Der Politik in Deutschland bescheinigte der IWF wichtige Fortschritte bei der Lösung tiefgehender struktureller Probleme: "Die Umsetzung von Strukturreformen im Rahmen der Agenda 2010 ist auf dem Weg, obwohl es merklichen Widerstand aus der Bevölkerung gibt." In Kombination mit größerer Flexibilität bei den Arbeitsentgelten und einer besseren Job-Vermittlung werde so die Wettbewerbsfähigkeit des Arbeitsmarktes erhöht. Fortschritte habe es auch bei den Reformen der Rentenversicherung und des Gesundheitswesens gegeben. Zugleich mahnte der IWF aber an: "Weitere Reformen sind notwendig, um das Potenzialwachstum zu vergrößern und sich für die alternde Bevölkerung zu wappnen."

Konkret schlug der IWF unter anderem vor, das von den Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) aus Hessen und Peer Steinbrück (SPD) aus Nordrhein-Westfalen erarbeitet Programm zum Abbau von Subventionen umzusetzen und die Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik zurückzufahren. "Gesunde Staatsfinanzen sind eine Vorbedingung für Wirtschaftswachstum", sagte Chopra.

http://www.ftd.de/pw/de/1099117007615.html?nv=rs

über den 4 punkte plan von iwf und weltbank auch hier ein artikel von greg palast:

Argentinien: 4 punkte-Plan von Weltbank und IWF
ende des kapitalismus: die blutsauger entfernen

schritt 1 ist die privatisierung.

statt sich gegen den verkauf der nationalen industrien zu wehren, sagt er[Stiglitz, ex-chefökonom der weltbank], hätten die staatsführer, die die forderungen des weltbank verwendet hätten, um die lokalen kritiker zum schweigen zu bringen, fröhlich die lokalen wasser und elektrizitätswerke liquidiert.

nach der privatisierug, sieht der schritt 2 des planes die liberalisierung des kapitalmarktes vor. in der theorie erlaubt die deregulierung des kapitalmarktes, daß das kapital kommt und geht. manchmal leider geht es aber nur und kommt nicht, wie in brasilien und indonesien geschehen. stiglitz nennt das den zyklus des "heißen geldes". bargeld kommt rein durch spekulation auf die einheimische währung und ...güter (benes raices?) und verschwindet beim geringsten problem. die reserven einer nation können so in tagen oder stunden wegschmelzen. wenn das geschieht, dann fordert der IWF zinsraten von 30, 50, oder 80%, damit die spekulierenden überrerdet werden können, ihr geld im land zu belassen.

...in dieser etappe schubst der IWF die betreffende nation zum schritt 4 niedrige weltmarktpreise, das ist eine kunstvolle umschreibung dafür, daß die preise für lebensmittel wasser und gas erhöht werden.

vorhersehbar ist das von schritt drei einhalb aus: das was stiglitz IWF-Unruhen nennt. diese iwf unruhen sind schmerzhaft voraussagbar: wenn ein land "in ungnade gefallen" ist, kommt der IWF und preßt die bis zum letzten blutstropfen aus.

er erhöht die temperatur so lange, bis der topf explodiert. " wie als der IWF die beihilfen für essen und benzin für die armen indonesiens streicht. indonesien platze vor unruhen.

es gibt aber auch andere beispiele. die unruhen in bolivien wegen den preisen für wasser letztes jahr, und diesen februar die unruhen in ecuador wegen der von der weltbank angeordneten preise für gas. man gewinnt den eindruck als seinen die unruhen, auch ein teil des plans.

so kommen wir zu schritt 4:

das was der IWF und die weltbank die strategie der armutsverringerung nennen: den freihandel. das bedeutet der freie handel, wie er in den regeln der Welthandeslorganisation festgelegt ist.

4 punkte plan

was in den letzten jahrzehnten hauptsächlich in den sog. 3. weltländern umgesetzt wurde, hält nun auch immer mehr in den industrieländern einzug:

Privatisierung in den Industrieländern (artikel von 2000)

Auch in den Industrieländern rollt eine Privatisierungswelle. Privatisierungen haben entweder direkt mit dem GATS zu tun – Deutschland hat bereits sein Bildungswesen im GATS freigegeben – oder stellen eine Art vorauseilenden Gehorsam der Regierungen dar.

In England wurde die Wasserversorgung bereits verkauft, in Deutschland beginnt dieser Prozess gerade.

Allein die deutsche Hauptstadt Berlin hat seit 1994 bereits Landesvermögen im Wert von 20 Milliarden Mark verkauft. Bewag, Gasag und die Wasserbetriebe wurden privatisiert, Kliniken und Wohnungsgesellschaften sollen noch folgen.

Privatisierung bedeutet schlechtere Versorgung, Lohnsenkungen und den Verlust Hunderttausender Arbeitsplätze. Die Privatisierung der Bahn hat in den ersten fünf Jahren 120.000 Menschen ihren Arbeitsplatz gekostet.

Laut Süddeutscher Zeitung fehlen in deutschen Krankenhäusern zwischen 15.000 und 25.000 Ärztinnen und Ärzte, um die Patienten angemessen zu versorgen. In Folge der Privatisierung zahlreicher Kliniken wurden die Stellen gestrichen.

http://www.linksruck.de/litera/ngw/ngw1.htm

es gibt bereits genug artikel, die die verbindung zwischen privatisierung im gesundheitssystem und schlechterer versorgung der patienten aufzeigen, von dem steigendruck auf das personal gar nicht zu reden.

die gerade aktuell horrend steigenden preise für strom, gas und wasser muss ich ja hier wohl nicht besonders thematisieren.
nur soviel: die wasserpreise sind anfang des jahres in berlin schon um 15,4% gestiegen und sollen 2006 um weitere 15% steigen.
die privaten investoren RWE und Veolia haben durch die ende letzten jahres beschlossene änderung des teilprivatisierungsgesetzes deutlich vorteilhaftere abschreibungsregeln. während RWE und Veolia im jahr 2003 94,6 millionen euro und berlin 81,6 millionen euro als bilanzgewinn erhielten, sollen die investoren dieses jahr bereits 121 millionen erhalten- berlin begnügt sich mit 19,5 millionen. bis 2008 sind jedes jahr "teilgewinnabführungen" von bis zu 129,6 millionen euro an die investoren vorgesehen.

frag mal, wer das wohl bezahlt?
frag mal, wo da der vorteil für die einwohner sein soll?

da wir schon bei den privatisierungen sind:

der iwf hat auch großes interesse daran, die hiesigen sparkassen zu kassieren.
man sollte sich alle drei artikel (sind nicht so lang) durchlesen.

Sparkassen ade (2003)

Ab 2005 fallen staatliche Garantien für Sparkassen weg. Der IWF befürwortet dies, Hessen und Meck-Pomm nicht

HAMBURG taz Die Zeit spielt für die Privatisierer. Mitte der Neunzigerjahre hatten Deutsche Bank und der Bundesverband deutscher Banken (BdB) vor der EU-Wettbewerbskommission über Privilegien der öffentlich-rechtlichen Sparkassen geklagt. Die besonderen Beziehungen der Sparkassen zum Staat verstießen gegen Europas Wettbewerbsrecht. Nach jahrelangen Verhandlungen einigten sich Brüssel und Berlin 2002 auf einen Kompromiss, danach werden im Jahr 2005 die staatlichen Garantien -Gewährträgerhaftung und Anstaltslast - gänzlich wegfallen.

Das Ringen um die Zukunft der bundesweit 500 Sparkassen, auf deren Konten vier von zehn angesparten Euro liegen, hat längst begonnen. Kürzlich kritisierte auch der neoliberale Internationale Währungsfonds (IWF), dessen Präsident der frühere deutsche Sparkassenpräsident Horst Köhler ist, das Festhalten an den Sparkassen.

http://www.taz.de/pt/2003/12/09/a0132.nf/text

Große Bankpolitik im kleinen Stralsund

Oberbürgermeister will Stadtsparkasse verhökern und könnte damit einen Präzedenzfall für das deutsche Bankenwesen schaffen. Als Käufer werden private Geldinstitute gehandelt. Nachteile für Mittelstand und Randbezirke befürchtet.

...In Stralsund regt sich Widerstand in allen Parteien. Ohne Sparkasse fehle Wettbewerb und die Preise würden steigen, in Randbezirken drohen Schließungen von Filialen und der Mittelstand dürfte es noch schwerer haben, an Kredite zu kommen.

...Für die Frankfurter Großbanken ist die Provinzposse nur ein Test für die 2005 von der EU erzwungene Freigabe der deutschen Sparkassen. Die privaten Banken hoffen, profitable Marktanteile im Privatkundengeschäft zu erhalten und lästige Konkurrenz los zu werden. Bankenpräsident und Deutsche-Bank-Aufsichtsrat Rolf Breuer fordert bereits kategorisch, Sparkassen "müssen privatisiert werden".

Die Begehrten haben einiges zu bieten. Die Profitraten der Sparkassen sind höher als die der Großbanken, und fast jeder Bundesbürger besitzt statistisch in einer der 17.000 Zweigstellen ein Konto. Alle Aktiva der Sparkassen summieren sich auf rund 1 Billion Euro. Noch mehr Umsatz machen die ebenfalls (noch) öffentlich-rechtlich organisierten Landesbanken.

http://www.taz.de/pt/2003/12/09/a0134.nf/text

Über 350.000 Menschen arbeiten für öffentliche Finanzdienstleister. Damit könnte nach einer Privatisierung Schluss sein, befürchtet die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Ebenso wie Sparkassenpräsident Dietrich Hoppenstedt hält Jörg Reinbrecht von Ver.di die Öffentlich-Rechtlichen für volkswirtschaftlich unerlässlich. "Der Sparkassenfinanzverbund ist der wichtigste Anbieter von Finanzdienstleistungen für Privatkunden, die öffentliche Hand sowie Klein- und Mittelbetriebe." Über 80 Prozent aller neu vergebenen Kredite an den Mittelstand würden von Sparkassen vergeben.

Begünstigt durch ihre Erträge im klassischen Kreditgeschäft gehören die Sparkassen zu den wenigen gewinnträchtigen Wirtschaftszweigen - und üppigen Steuerzahlern. Laut Verband zahlten Sparkassen 2002 mehr als 2 Milliarden Euro an Ertragssteuern, davon ein Großteil an Gewerbesteuer an kleine Gemeinden und Städte. Ähnlich soll es in diesem Jahr aussehen. Sparkassenpräsident Hoppenstedt gönnt sich darum einen Seitenhieb auf die ungeliebte Konkurrenz: "Nach unseren Erhebungen werden die privaten Banken 2003 keine Steuern zahlen." Kommunen beanspruchen Sparkassen freilich nicht allein als braven Steuerzahler, sondern auch indirekt als Förderer der regionalen Wirtschaft sowie als zahlungsfreudigen Sponsor für Kultur, Soziales und Sport.

http://www.taz.de/pt/2003/12/13/a0119.nf/text

da wir gerade beim thema privatisierung sind- es ist auch interessant was sich auf dem deutschen wohnungsmarkt tut, wo besonders britische und amerikanische finanzinvestoren (letztere bezahlen mit ihren US-dollars, die eigentlich nicht mal das bedruckte papier wert sind) massenhaft wohnungsgesellschaften aufkaufen- mit den entsprechenden nachteilen für die mieter:

Die Realität, das ist der Verkauf von Wohnungsgesellschaften an britische und amerikanische Finanzinvestoren. Seit vier Jahren kaufen sie deutschlandweit Wohnungen auf. Sie achten nicht auf Stuckdecken oder Fußbodenheizung. Nicht auf Schönheit kommt es ihnen an, sondern auf Masse. Freudig kaufen sie, was Staats- und Industriebetriebe gern abstoßen: Wohnblocks. Je billiger, desto besser. Die mit Fremdkapital (englisch: Private Equity) arbeitenden Finanzinvestoren spielen ein gewagtes Spiel. Ihr Investment lohnt sich in der Regel nur, wenn es in absehbarer Zukunft einen Run von Mietern aufs Eigentum gibt und die billig eingekauften und günstig aufgehübschten Wohnungen privatisiert werden können.

Das gilt auch für den Verkauf der Wohnimmobiliengruppe von ThyssenKrupp (Xetra: 750000.DE - Nachrichten - Forum) , den der Konzern gestern offiziell vermeldete. 2,1 Mrd. Euro zahlt ein Konsortium um die Investmentbank Morgan Stanley dafür. Die rund 48.000 Wohnungen an Rhein und Ruhr sind nicht einmal der größte Deal in diesem Jahr. US-Finanzinvestor Fortress übernahm 80.000 Wohnungen der Essener Gagfah, Blackstone kaufte vor wenigen Tagen der Beteiligungsgesellschaft WCM rund 31.000 Wohnungen ab. Mehr als doppelt so viele verscherbelte die Wohnungsbaugesellschaft GSW an ein Konsortium um den Finanzinvestor Cerberus...

Auch von den Konzernen werden sie umgarnt. Die konzentrieren sich auf ihr Kerngeschäft und trennen sich von Randaktivitäten. Dazu gehört fast immer der Immobilienbestand. Nicht nur ThyssenKrupp will seine Wohnungen loswerden, auch der Energiekonzern Eon hegt Verkaufspläne. Eon-Tochter Viterra hat gleich 140.000 Wohnungen im Angebot. Als Käufer buhlen unter anderem der britische Finanzinvestor Terra Firma und die Investmentbank Goldman Sachs. Der Verkaufspoker wird im Januar beginnen.

...Es kommt den Private-Equity-Gesellschaften zupass, dass die Kassen von Bund, Ländern und Kommunen leer sind. Als sie vor fünf oder zehn Jahren erstmals anklopften und kaufen wollten, wurde ihnen die Tür vor der Nase zugeschlagen: kein Interesse. Angst vor den Protesten der Mieter. Heute sind die Wohnungsgesellschaften der öffentlichen Hand so klamm, dass die Blackstones und Fortresses mit ihren prall gefüllten Portemonnaies geradezu hofiert werden.

...Trotz aller Klauseln kalkulieren die Investoren damit, im Schnitt 20 Prozent der Wohnungen verkaufen zu können. Dabei gilt: Je energischer die Mieten angehoben werden, desto attraktiver wird die Alternative "Kaufen"...

http://de.biz.yahoo.com/041215/345/4c95x.html

@Rupert

Und inwiefern darf man es verstehen, dass Horst Köhler (ehemals beim IWF) nun unser Bundespräsident ist? Gibt es irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass Deutschland neues "Opfer" der Weltbank werden soll, haben wir denen irgendwas getan? Oder wo liegt der Zusammenhang zwischen Hartz IV und diesem Post?

er liegt auf der hand. ich hoffe, das ist nachvollziehbar geworden.
 

IMplo

Großmeister
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Sorry, wenn ich nu den Ablauf des Threads störe, aber ich hab da ein Zitat von Semball, aus dem ersten Thread zum Thema, welches mir etwas die Galle springen läßt:

"Manche meinen wohl, das Ende der Geschichte ist erreicht und die Politik brauche sich nur noch darauf zu konzentrieren, das Leben angenehmer zu machen.
Tatsache ist, das wir uns im Umbruchsprozess zu einer globalisierten Weltwirtschaft bewegen (zwangsläufig) und daher auch selbstProbleme in der ersten Welt kriegen (entgegen dem "Wir-bösen-Imperialisten-beuten-die-dritte-Welt-nur-aus" Geplapper einiger Möchtegern-Linker)."

Na, dann ist ja alles klar, sowas sagt dann wohl ein Profipolitiker, der selbstvergessen und realitätsfern immer noch daran glaubt, daß in der ersten Welt die Politik noch was zu sagen hat, anstatt des Kapitals...

Wach auf Semball, ich habe respekt vor Deiner Kenntnis in Politik und ihrer Geschichte, aber dieser Satz ist reine Augenwischerei!

Wenn die Wirtschaft was will, dann bekommt sie es. Punktum, egal welche Regierung auch immer.

Ja, das provoziert tatsächlich Probleme im eigenen Land....die Moral verkommt, die Demokratie wird zur AG Global und wir NIcht-Beteiligten (an Macht wie Aktien oder Grundbesitz) schauen zu, wie WERTE! die welche sind (bspw. politische Unabhängigkeit der Parteien in den Entscheidungen, soziale Marktwirtschaft, Mitbestimmung der Arbeitnehmer,Solidarität mit den Armen, Schwachen und Kranken, Umweltschutz etc), der Globalen Profitmanie zum Opfer fallen.

Soviel zu Deiner Phrase von oben von einem Möchtegernlinken, und nun denke nicht, daß 40 Seiten geschliffener Relativierungen und "was-willst du den sonst machen" an dieser Wahrheit etwas änderten. Das Kapital hat uns im Sack, weltweit....jedenfalls gibt es wohl bald nicht mal mehr ein nicht-kommerzialisiertes Atoll auf dem Planeten....

So, wie es sich entwickelt, ist die sog. Zivilisation dabei, sich als ernsthafteste Bedrohung allen Lebens zu erweisen, abgesehen vom letzten galaktischen Meteoriteneinschlag.

Ja, verdammt nochmal, aber es ist nicht NUR die Aufgabe der Politik, das Leben angenehmer zu machen, es ist ihre verdammte Hauptaufgabe, denn es geht beileibe nicht bloß um Bequemlichkeit. Btw....Hartz 4 hat bspw. noch nicht einen einzigen Arbeitsplatz geschaffen! Nun erklär mir mal den Sinn des Ganzen, ohne mir davon zu erzählen, daß 1-Euro-Jobs doch eine toille Sache sind, wenn man für ne Wohnung von 30qm im Schnitt (Köln) über 300 Stunden lang arbeiten müßte..

Ja, es sind Schritte vonnöten, aber nicht SOLCHE!

Du hast ganz im Anfang Weimar erwähnt: soweit ich mich an Texte aus der Zeit erinnere, haben die Politiker damals aber noch an ein anderes Menschenbild geglaubt und sogar Sozialdemokraten lieber gestreikt (und es war verdammt härter damals), als aufzugeben....dieser Geist ist heute in der Politik nicht mehr vorhanden...warum keiner mehr wählen geht? Warum denen keiner mehr glaubt? Genau deswegen:

Keine Visionen
Kein Mut
Keine Utopie

---für die es sich zu kämpfen lohnt, wird von den Volksvertretern in diesem unserem Lande noch vertreten. Genauso saftlos wie die politischen Vertreter sind ihre "Lösungsvorschläge", "Reformen" genannt...saftlos, uninspiriert, ohne Vision...

Jemand spricht davon, es werde sich schon was bewegen, wenn das Elend groß genug geworden sei....LEIDER hat er recht---denn die, die sich verdammt nochmal bewegen müßten, weil sie dafür einen Auftrag erhalten, alle 4 Jahre wieder, DIE TUN ES NICHT!

Da werden solche Hartz-4-Reförmchen als Jahrzehnt-Reform und äußerst mutiger Schritt beschrieben...ja, stimmt, für Opportunisten ist das allerdings wohl damit vergleichbar....

Die EU wird erweitert, der Markt wird enger, wir müssen die Kosten senken----ach klar, dann produzieren wir halt dort...und wenn die EU in 30 Jahren überall gleich teuer ist, dann erweitern wir sie hinter den Ural...wir werden noch 100 Jahre lang die selben Phrasen hören, wenn es nach der "globalen Politik" geht....mal drüber nachgedacht, daß auch nicht der Hauch einer Lösung in keinem Konzept aktueller zur Wahl stehender Parteien enthalten ist?

Es mag ja Grenzen des Machbaren geben, aber nicht Grenzen des Anstrebbaren und erstrecht gibt es keinen Mangel an Utopien.

Es gibt für alle auf der Welt genug zu Essen und zu Trinken, genug Mittel für alle wirklichen Bedürfnisse...eine Frage der Verteilung...der Kreis schließt sich hier, Semball....man kann nicht von Globalisierung reden und außer Acht lassen, daß das eine Lösung für den Globus im Sinne ALLER die ihn bewohnen möglichst gleichermaßen
und ALLER ihrer Nachkommen beinhalten muß!

Es sind eben nicht die Möchtegern-Linken, die sich gegen diesen Wahnsinn auflehnen, der abgeht...DIE sind die Möchtegern-Linken, die uns regieren und den ganzen Zinnober mitgestaltend begleiten!


Greetz!
IMplo
 

nicolecarina

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es klingt schrecklich banal und doch sagt mein vater seit etwa 15 jahren schon, dass deutschland eine bananenrepublik werden wird. damals wusst ich nicht so richtig was er damit meinte, aber wenn ich das hier so lese kommts schon hin...
und da soll noch einer sagen, deutsche produkte zu kaufen sei reiner blödsinn. es ist denk ich eine der letzten chancen die wir als normalos haben, unsere eigenen wirtschaftlichen interessen zu stärken und gleichzeitig willens- und meinungsausdruck und kräftigungsspritze für unseren binnen- und hoffentlich auch arbeitsmarkt. es werden ja noch nicht alle in deutschland sitzenden firmen von japanern, amerikanern, spaniern, russen oder chinesen aufgekauft worden sein...

gerade hier in stuttgart, wo es den leuten ja relativ gut geht, gibt es immer mehr alternativen zum mainstream und zur vermassung - designer, die offenkundig heimische rohstoffe verwenden, die kleinere produktionen wider globale ausbeutung setzen, die sich trauen, angemessene preise für ihre arbeit zu fordern. es ziehen sogar bio-supermärkte in ehemalige lidl-filialen ein - wenn das kein positives zeichen ist. es gibt eine sinnvolle umsetzung der neuen arbeit - zwei neue arbeiter konnt ich die tage bei einer reportage kennen lernen: sie arbeiten in einer schule, beaufsichtigen die dortige bibliothek und schüler die dort klassenarbeiten nachschreiben, reapieren hier und da und sind wirklich gut integriert im system. es bilden sich gerade in weniger noblen stadtbezirken unzählige initiativen die genau das probkem erkannt haben: es muss überschaubar und persönlich bleiben sonst greift verwahrlosung um sich. vor allem muss mit kindern und jugendlichen sinnvoll gearbeitet werden. das ist für mich wirkliche reformkraft und nicht die salbungsvollen reden die ich bei christiansen höre und die mich spätestens nach einer halben stunde rasend machen, da find ich grimms märchen ja weisheitsvoller *gg* die dort vorgestellten reformen lassen erst mal nichts zurück außer hilflosigkeit und bitterkeit - keine wirklich neuen anreize - wer glaubt noch ernsthaft, die verbilligte a-klasse-produktion rette das land? - keine perspektiven.

fakt ist: es muss ein gewisser wohlstand da sein um harmonische reformen durchzuführen, vor allem bewusstsein und guter wille. dann klappt das auch. ich rede nicht von luxus und fauler haut, aber mit massenverarmung durch hartz4 und die geplante agenda 2010 fördert man denke ich das gegenteil, außer die leute, die nichts mehr zu verlieren haben, werden ebenfalls auf eigene faust rührig - also im positiven sinne. :wink:

ganzheit, nachhaltigkeit, ressourcenschonung sind die zauberworte mit denen ja auch wirtschaftsexperten um sich werfen und leider doch ledigliche den gesetzen des mammons gehorchen. nicht mal mehr denen des marktes...

aber wie gesagt: es sprießen überall und immer mehr auch andere organisationen und initiativen aus dem boden, bei denen sich ein engagement lohnt.

ganz im sinne von:

man kann nicht von Globalisierung reden und außer Acht lassen, daß das eine Lösung für den Globus im Sinne ALLER die ihn bewohnen möglichst gleichermaßen
und ALLER ihrer Nachkommen beinhalten muß!

Es sind eben nicht die Möchtegern-Linken, die sich gegen diesen Wahnsinn auflehnen, der abgeht...DIE sind die Möchtegern-Linken, die uns regieren und den ganzen Zinnober mitgestaltend begleiten!
 

Booth

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@ IMplo
Abgesehen davon, daß ich auch finde, daß es sich semball manchmal (scheinbar) etwas zu leicht macht, wollte ich auf eine "Phrase" hinweisen, die Du selber verwendet hat, und mir ziemlich ins Auge gesprungen ist.
IMplo schrieb:
Wenn die Wirtschaft was will, dann bekommt sie es. Punktum, egal welche Regierung auch immer.
Da kann man ganz einfach drauf entgegenen, daß es "die Wirtschaft" genauso wenig gibt, wie "das Kapital" oder "die Arbeitslosen" oder "die Arbeitnehmerschaft" oder "die Politiker" oder oder oder...
Die Gruppe "der Wirtschaft" setzt sich aus so vielen, stark unterschiedlichen EInzelunternehmen und -unternehmern zusammen, daß man da so gut wie nie einheitliche Ziele für alle vorfindet.
Vergleiche nur mal ein DAX-Unternehmen (mit ca. 50.000 - 250.000 Beschäftigten) mit einem Drei-Personen-Handwerksbetrieb...

Aber ich gebe Dir recht, daß die Politik (neben den seit jeher und für alle Zeiten bestehenden Lobby-Einflüssen) viel zu wenig Veränderungsmöglichkeiten in diesem Land hat, was aus meiner Sicht an der Blockade zwischen Bund und Ländern, und den oft schwer nachvollziehbaren Vorgaben aus Brüssel liegt.
Daß die Föderalismuskommission letztens scheiterte zeigt umso mehr, wie wenig die Politiker zur Veränderung in der Lage sind.

Ach - und noch eine Sache:
die Moral verkommt
Ich wundere mich immer über die Annahme vieler Leute, daß es früher besser gewesen sein soll. Wenn die Moral "verkommt" impliziert das, die Moral wäre früher besser intakt gewesen... war sie das wirklich? Wenn ja, wann? Vor 10 Jahren? Vor 30 Jahren? Vor 50 Jahren?
Ich bezweifel das SEHR, daß es früher "besser" war.

Ansonsten finde ich gerade Deinen Aufruf zu Utopien völlig richtig. Die letzte Partei, die welche hatte (und irgendwo noch in Programmen vergraben hat), waren die Grünen - die von den meisten so lange belächelt wurden, solange sie diese Utopien aussprachen. Seit diese nicht mehr ausgesprochen werden, und man sich an die übliche Kurzfristpolitik hält, werden sie nicht mehr belächelt, sondern verachtet, wie alle Politiker - aber komischerweise erhalten sie mehr Stimmen als vor 15 Jahren... seltsame Welt.

Öhm - und wo ich es gerade lese:
nicolecarina schrieb:
es muss ein gewisser wohlstand da sein um harmonische reformen durchzuführen
1. Glaube ich nicht an Harmonie in der Politk überhaupt. Politik ist Diskurs - Politik ist Konflikt - und am Ende ist Politik Kompromiss.
2. Glaube ich, daß Veränderungen oftmals auch Einschnitte bedeuten. "Harmonisch" wird die niemand hinnehmen, für den finanzielle Aspekte eine wesentliche Bedeutung haben.

gruß
Booth

gruß
Holger
 

nicolecarina

Erleuchteter
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booth schrieb:
1. Glaube ich nicht an Harmonie in der Politk überhaupt. Politik ist Diskurs - Politik ist Konflikt - und am Ende ist Politik Kompromiss.
2. Glaube ich, daß Veränderungen oftmals auch Einschnitte bedeuten. "Harmonisch" wird die niemand hinnehmen, für den finanzielle Aspekte eine wesentliche Bedeutung haben.


deshalb kommt die politik derzeit wahrscheinlich auch nicht zu rande, trotz aller einschnitte und konflikte. höchsten wenn ich aus deiner aussage logisch schlussfolgere, dass die politik konflikte mit konflikten löst - das läuft immer gut, geb ich dir recht :lol: 8)

aber seit der verschwörungsdiskussion wissen wir ja, dass das keine lösungen sondern machterhaltungsmittelchen sind. so hab ich das wenigstens verstanden.

...wahrhaft siegt wer nicht kämpft, wusste schon suntsu :wink:
 

Booth

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nicolecarina schrieb:
höchsten wenn ich aus deiner aussage logisch schlussfolgere, dass die politik konflikte mit konflikten löst - das läuft immer gut, geb ich dir recht
Zwei Hinweise dazu:
Zum einen habe ich zuvor deutlich auf den "Kompromiss" als Ergebnis hingewiesen.
Zum anderen scheinst Du ein Mißverständnis bzgl des Wortes "Konflikt" zu haben. Nicht jeder Konflikt ist ein "gewaltsamer Konflikt". Ganz im Gegenteil. Allein schon wenn zwei Menschen miteinander interagieren, und der eine möchte in einer ganz, ganz langweiligen, alltäglichen, banalen Situation etwas anderes haben als der andere - schon hat man einen "Konflikt", oder um es mit Wikipedia zu formulieren:
wikipedia schrieb:
Ein Konflikt ist die Folge von wahrgenommenen Differenzen, die gegenseitig im Widerspruch stehen und eine Lösung erfordern.
Ich will zu Pizza Hut, mein Kumpel nicht - schon hat man einen Konflikt.
Die Politik ist aus meiner Sicht u.a. der Versuch der staatlichen Verwaltung, Organisation und Reglementierung von Konflikten in einer Gesellschaft.

gruß
Booth
 

nicolecarina

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ja schonklar dass ein konflikt nicht immer gewaltsam sein muss um echte probleme zu schaffen - und das gängige herrschaftsprinzip baut auf den grundsatz: teile und herrsche. und dazu braucht es konflikte und falls keiner da ist dann schürt man ihn - so wie die amis beispielsweise seinerzeit im iran zwischen schahanhängern und denen des neuen ministerpräsidenten. so hab ichs gemeint.

der kompromiss allerdings ist dann trotzdem gewaltig und muss nicht immer im dienste der sache stehen sondern kann einigen ganz wenigen zum vorteil gereichen, auch wenn der rest drunter leidet. mir scheint diese art von kompromiss nimmt immer mehr überhand.

die von dir genannte blockade zwischen bund und ländern ist beispielsweise ein schönes beispiel für diesen politischen grundsatz.
 

trashy

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vonderOder

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trashy schrieb:
ich glaub im ersten Hartz-IV-Thread haben wir bereits gemutmaßt das Hartz IV verfassungswidrig sei - nun will der wissenschaftliche Dienst des deutschen Bundestages herausgefunden haben das Hartz IV in der Tat in gewissen Teilen verfassungswidrig ist.
hörte von dieser meldung grad auf N-TV und habe mal ganz schnell nachgeschaut.

www.reuters.de/newsPackageArticle.jhtml?type=topNews&storyID=647278&section=news
Zeitung: Hartz IV könnte laut Gutachten verfassungswidrig sein
Sonntag 2 Januar, 2005 09:57 CET

Berlin (Reuters) - Ein Gutachten des Bundestages kommt einer Zeitung zufolge zu dem Schluss, dass das Hartz-IV-Gesetz verfassungswidrig sein könnte.
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages sieht in dem Gesetz Klauseln, "die im Grundgesetz ausdrücklich weder bestimmt noch zugelassen sind", zitierte die "Bild am Sonntag" in einem Vorabbericht aus dem Gutachten. Wenn dies der Fall sein sollte, wären alle 2,66 Millionen Bescheide über das neue Arbeitslosengeld 2 rechtswidrig, hieß es weiter.
Die Hartz-IV-Reform legt Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum neuen Arbeitslosengeld II zusammen. Über drei Millionen Langzeitarbeitslose sollen in den kommenden Tagen erstmals die neue Leistung erhalten.
dazu auch: http://de.news.yahoo.com/050102/12/4cwrl.html
Sonntag 2. Januar 2005, 12:07 Uhr
Gutachten: Hartz IV möglicherweise verfassungswidrig

Berlin (AP) Nach einem Gutachten des Bundestages könnten die Hartz- IV-Gesetze verfassungswidrig sein. Wie die «Bild am Sonntag» berichtete, sieht der Wissenschaftliche Dienst des Parlamentes in den Gesetzen Klauseln, «die im Grundgesetz ausdrücklich weder bestimmt noch zugelassen sind». Falls das zuträfe, wären alle 2,66 Millionen Bescheide über das neue Arbeitslosengeld II rechtswidrig.
Zweifel gibt es dem Bericht zufolge vor allem daran, ob die Arbeitsgemeinschaften von Kommunen und Arbeitsagenturen mit dem Grundgesetz vereinbar seien. In dem Gutachten würden diese verfassungsrechtlich «überprüfungsbedürftig» genannt. Der FDP-Arbeitsmarktexperte Dirk Niebel sagte dem Blatt: «Wir haben eine hohe Rechtsunsicherheit. Wenn die Bundesregierung das ungeprüft laufen lässt, wird das ein Ritt auf der Rasierklinge.»

schon am 30.11.2004 gab es ein PDS-Gutachten in dem erklärt wurde
Hartz IV in zehn Punkten verfassungswidrig
http://www.bag-shi.de/sozialpolitik/arbeitslosengeld2/pm_pds_gutachten/view

aber wenn man mal bei Google nachschaut, wird man finden das es diese bedenken schon um einiges früher gab. denn schon in August 2004 war bei N24 zu lesen:
05. August 2004

Hartz IV verfassungswidrig?

Juristen: Sozialgesetzgebung verstößt gegen Grundgesetz


Teile der deutschen Sozialgesetzgebung sind wegen der jüngsten Reformgesetze und anhaltender Leistungskürzungen nach Meinung von Juristen verfassungsrechtlich nicht mehr legitimierbar. Mit Blick auf die Arbeitslosenversicherung sagte Wolfgang Spellbrink, Richter am Bundessozialgericht in Kassel, der in Chemnitz erscheinenden "Freien Presse" (Donnerstagausgabe): "Leistet ein soziales Zwangs-Sicherungssystem deutlich weniger, als der Bürger bei privater Vorsorge erzielen könnte, so delegitimiert sich dieses System unter dem Gesichtspunkt des Artikel 2, Absatz 1 des Grundgesetzes." Damit werde die allgemeine Handlungsfreiheit verletzt, ohne dass dies mit einer vergleichbaren Gegenleistung begründet werden könnte.



Verfassungsrechtliche Bedenken bei Hartz IV

Gerade nach den Leistungskürzungen bei der Arbeitslosenversicherung in den letzten Jahren sei es verfassungsrechtlich nicht mehr zu rechtfertigen, Beiträge in Höhe von 6,5 Prozent des Bruttolohnes für diese Versicherung zu erheben, weil ihnen keine ausreichende Leistung gegenüberstehe. Spellbrink: "Die Arbeitslosenversicherung vernichtet mithin permanent Kapital und Eigenvorsorgemöglichkeiten zu Lasten dauerhaft beschäftigter Arbeitnehmer."
Heinrich Lang, Verfassungsrechtler an der Universität Köln, erkennt sogar einen erhöhten Eingriff in die Grundrechte der Bürger. Er begründet das damit, dass nicht nur bei der Arbeitslosenversicherung, sondern auch bei der Kranken- und Rentenverscherung erworbene Ansprüche der Bürger per Gesetz gestrichen wurden.

(N24.de, ddp)
www.n24.de/wirtschaft/wirtschaftspolitik/?a2004080507585537583
 

nicolecarina

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dsa finde ich ja erfreulich, dass es doch einigermaßen erfolgreiche wehrhafte maßnahmen gibt.

habe für den gott ist real-thread recherchiert und dabei eine wie ich find hochinteressante abhandlung über die opferrolle jesus christus gefunden, deren jahrtausendealte auslegung das christliche abendland und deutschland ganz besonders prägen. die autorin zeigt recht erfrischend auf, wie sich das auch auf aktien und rendite sowie auf das verhältnis arbeitnehmer/arbeitgeber auswirkt. ich bin begeistert^^

hier ein auszug:
Höhere Aktienrenditen fordern Opfer
Die Denkstruktur, in die wir durch die theologische Idealisierung des Opfers eingeübt werden, ist äußerst problematisch. Mit der Vorstellung, dass Opfer sinnvoll, ja heilbringend seien, wird den Entscheidungen der Wirtschaftselite der Boden bereitet. Und gleichzeitig werden jene, die deren Entscheidungen zum Opfer fallen, dazu gebracht, diese als richtig oder zumindest als unumgänglich zu akzeptieren. In der Logik des Opferdiskurses, dass Menschen geopfert werden dürfen, entscheiden die Machthaber, für welche Ziele welche Menschen über die Klinge springen müssen. Mit dem Ziel der Profitmaximierung werden die Arbeitenden angehalten, immer mehr zu leisten und sich bis zum letzten (Herzinfarkt, Magenkrebs, Nervenzusammenbruch) zu vorausgaben. Oder sie werden durch noch schneller arbeitende Maschinen ersetzt und infolge von Restrukturierungen entlassen. Denn im Interesse, den Börsenwert der Aktien eines Unternehmens zu steigern, müssen die Betriebe ‚schlank’ gemacht werden, das heißt, weniger Lohnkosten verschlingen. Die Inhalte von kirchlich-christlicher und säkularer Opferideologie sind verschieden, aber die Denkstruktur ist dieselbe. Die kirchlich-christliche Erlösungstheologie formuliert den Glauben an einen Gott, der bereit ist, für das Heil der Menschen seinen einzigen Sohn zu opfern. Parallel dazu sind die Kapitalgeber bereit, Menschen für die Steigerung der shareholder values bzw. Aktienrenditen zu opfern.7 Die Ziele, für die Opfer gefordert werden, sind im theologischen und im wirtschaftlichen Opferdiskurs unterschiedlich. Aber es ist gefährlich und zu spät, wenn wir erst bei den Zielen zu diskutieren beginnen, ob es legitim sei, für das Heil der Menschen oder die Steigerung der shareholder values Menschen zu opfern. Alle Ziele können durch Indoktrination und / oder Gewalt plausibel gemacht und durchgesetzt werden. Es gilt deshalb, diese Denkstruktur zu verändern, nach der es Ziele und Werte gibt, für die Menschen geopfert werden dürfen oder sollen. Und vor allem können wir als ChristInnen genau dieses Verhalten nicht mehr länger als Erlösung ausgeben. Weder soll unser Heilwerden auf einer brutalen Hinrichtung durch das römische Imperium beruhen, noch dürfen die satten Profite einiger weniger shareholder weiterhin mit dem Leben anderer bezahlt werden. Viele halten die Opfertheologie für überholt, obwohl sie in Liturgien, Liedern und Predigten nach wie vor verbreitet wird. Häufig erfährt sie dabei allerdings eine Modifikation, indem Jesus nicht mehr als Opfer dargestellt wird, sondern als einer, der sich für das Heil der Menschen freiwillig hingibt.

der ganze text als pdf:
http://www.theologinnen.ch/feministisch/Workshop1-R-Strobel.pdf
 

samhain

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es ist ja schon länger klar, das Hartz IV mit der verfassung korrodiert. einiges wurde ja schon angesprochen, zu ergänzen wären die 1,-€ jobs, die eindeutig verfassungswidrig sind:

Artikel 12
[Berufsfreiheit; Verbot der Zwangsarbeit]

(...)

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

wenn man sich das GG mal durchliest, dann wird klar das hier einiges schon länger unterlaufen wird. so findet nach und nach eine erosion statt- das GG wird durch gewohnheitsrecht unterlaufen.

@nic

habe für den gott ist real-thread recherchiert und dabei eine wie ich find hochinteressante abhandlung über die opferrolle jesus christus gefunden, deren jahrtausendealte auslegung das christliche abendland und deutschland ganz besonders prägen. die autorin zeigt recht erfrischend auf, wie sich das auch auf aktien und rendite sowie auf das verhältnis arbeitnehmer/arbeitgeber auswirkt.

interessanter ansatz- kann die datei nur leider nicht öffnen...

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wie die lobby aus wirtschaft und der mit ihr verbandelten politik so nach und nach das öffentliche bewusstsein entert, wurde ja schon mal angesprochen---> stichwort "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft". die gerade aktuelle debatte über verflechtungen von politikern und ihren "tätigkeiten" (mit den entsprechenden finanziellen vergütungen) für große konzerne passt da gut rein.

klartext: ohne hintergedanken werden diese leute nicht gekauft und für ihre bezahlung müssen sie schon eine gegenleistung bringen- "politik" im sinne der konzerne.

was jetzt thematisiert wird ist nur die spitze des eisberges:

Politiker auf der VW-Gehaltsliste

VW gewährt Politikern nicht nur Rabatte für Dienstwagen, sondern auch ebenso großzügige Zweitgehälter. Bislang wurden vier niedersächsische Mandatsträger bekannt, die neben ihren Abgeordnetenbezügen auch Monatsgehälter aus Wolfsburg bekamen.

Einer der vier SPD-Politiker ist der Bundestagsabgeordnete und
(Ex?)Betriebsrat Hans-Jürgen Uhl, die anderen sind niedersächsische Landtagsabgeordnete, darunter Wolfsburgs Bürgermeister Ingolf Viereck.

Der Bürgermeister behauptet, er bekomme sein Geld von
Volkswagen, weil er das Unternehmen "sportpolitisch berate". Der bei VW bis Mitte 2004 für Sportförderung zuständige Ekkehard Wiesener bestritt indes in der "Bild"-Zeitung, Viereck je als sportpolitischen Berater erlebt zu haben.

...Derweil will die "Bild"-Zeitung erfahren haben, VW habe rund 100 deutsche Politiker auf der Gehaltsliste...

http://www.wams.de/data/2005/01/02/382442.html

RWE

Die Vollversorger

Vom RWE-Konzern bekam der CDU- Politiker Hermann-Josef Arentz jedes Jahr 60.000 Euro Gehalt und 7500 Kilowattstunden Strom - ohne irgendeine Gegenleistung

...Fakt ist dies: Seit Jahren haben SPD und CDU nach ungeschriebenen Gesetzen genau austarierte Ansprüche auf Versorgungsposten beim Vollversorger RWE. Oder auf andere höchst angenehme Vergünstigungen. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer etwa profitiert dort, wie andere RWE-Mitarbeiter auch, von billigem Strom und einem zinsgünstigen Darlehen für sein Haus. Als er in den Düsseldorfer Landtag gewählt wurde, stellte ihm die RWE-Tochter VEW außerdem einen Dienstwagen mit Chauffeur. Meyer be-stätigt das: "Aufgrund meiner beruflichen Position als kaufmännischer Leiter der VEW-Bezirksdirektion Arnsberg hatte ich Anspruch auf einen Dienstwagen mit Fahrer."

Für RWE wichtige Kommunalpolitiker, so ein Insider, haben mitunter höhere Einkünfte als Abgeordnete des Bundestages. Ihr einziger Unterschied zu Hermann-Josef Arentz: Sie alle leisten zumindest pro forma etwas für RWE, etwa einen kleinen Vortrag, für den sie sich während der Parlamentsferien, so der Insider, "da mal hinquälen". Hermann-Josef Arentz hat als Einziger überhaupt nichts getan. Und RWE hat das geduldet. Man kann ja nie wissen, wofür so ein designierter Arbeitsminister einmal gut sein kann...

stern

Reklamefahren für die Industrie

Autohersteller geben dem Bund enorme Rabatte für Dienstwagen - und machen Politiker damit gefügig

...Obwohl sie zubuttern müssen, lohnt sich das Geschäft für die Autokonzerne. Sie hoffen auf einen Imageffekt, wenn ihre Staatskarossen in den Abendnachrichten auffahren. "Die Werbeminuten sind durch nichts zu bezahlen", sagt ein Insider. Außerdem kann es nie schaden, einen Spitzenpolitiker mit dem eigenen Produkt vertraut zu machen. Irgendwann zahlt sich ein Sympathiebonus meist aus...

http://www.wams.de/data/2005/01/02/382443.html

jetzt möchte ich nochmal den bogen zu lobby-organisationen wie der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" u.ä. spannen- wurde schon angesprochen, doch dieser artikel bringt es nochmal gut auf den punkt:

Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft

Wie in deutschen Landen Meinung gemacht wird: Man nehme 100 Millionen Euro in die Hand. . .

...Die Botschafter ziehen durchs Land und verkünden immer wieder die gleichen Parolen: "Deutschland ist auf dem Arbeitsmarkt ein Jurassic Park" (Roland Berger); "Gewerkschaften und Verbände haben zu viel Macht" (Hans Tietmeyer); "Wir brauchen Reformen, um Verbesserungen im Niedriglohnsektor zu erreichen" (Rainer Wend). Ganz besonders einer tut sich dabei hervor: Hans Tietmeyer, Aushängeschild der INSM und ehemaliger Präsident der Bundesbank. Tietmeyer hat regelmäßige Kolumnen in der Welt und im Handelsblatt. Er versorgt damit die Öffentlichkeit mit immer neuen Parolen aus dem Hause Enzweiler und Rath. Der angestrebte "gesellschaftliche Klimawechsel" ist nur so herbeizuführen.

Um die Herzen und Köpfe der Bevölkerung zu erreichen, kann nichts dem Zufall überlassen werden. Profis sind gefragt für die "Massage des öffentlichen Bewusstseins". Mit unserem alten Politikverständnis hat das nichts mehr zu tun. Politik wird bei der INSM von Werbeprofis gemacht. Mit 10 Millionen Euro im Rücken lässt sich die Lobbyarbeit für den Arbeitgeberverband und die Wirtschaft leichter machen. Genutzt werden dabei alle Medien: Anzeigen in Zeitungen, Interviews, Filme, Internet, Hörfunk. "Integrierte Kommunikation" nennen Kommunikationsfachleute ein solches Vorgehen. Die eingesetzten Medien werden aufeinander abgestimmt. Die INSM macht sich die Mittel der modernen Kampagnenführung zunutze. Notwendig dazu sind Geld, ein langer Atem und eine Strategie.

Ein Glanzstück lieferte die Initiative mit dem Slogan "Sozial ist was Arbeit schafft". Er wurde Schritt für Schritt in den öffentlichen Diskurs lanciert. Bereits im Jahr 2000 benutzte ihn Dagmar Schipanski, Botschafterin der Initiative und 1999 Kandidatin um das Bundespräsidentenamt. Im Mai 2002 wurde die INSM-Kampagne "Sozial ist …" eröffnet. Edmund Stoiber zog mit diesem Slogan in die Bundestagswahl. Und der Slogan war die Überschrift des Hauptredners, Bundesminister Wolfgang Clement, beim INSM-Kongress in Berlin.
Aufgabe der Botschafter ist es, ihre Bekanntheit einzusetzen und als Multiplikatoren zu wirken. Sie gehören inzwischen zu den Stammbesetzungen der Talkshows von Christiansen, Illner, etc.. Damit schaffen sie es, Themen auf die politische Tagesordnung zu setzen und das Meinungsklima zu prägen...

http://www.saar-echo.de/news.php?news_ID=17432

@Booth

Da kann man ganz einfach drauf entgegenen, daß es "die Wirtschaft" genauso wenig gibt, wie "das Kapital" oder "die Arbeitslosen" oder "die Arbeitnehmerschaft" oder "die Politiker" oder oder oder...
Die Gruppe "der Wirtschaft" setzt sich aus so vielen, stark unterschiedlichen EInzelunternehmen und - unternehmern zusammen, daß man da so gut wie nie einheitliche Ziele für alle vorfindet.
Vergleiche nur mal ein DAX-Unternehmen (mit ca. 50.000 - 250.000 Beschäftigten) mit einem Drei-Personen- Handwerksbetrieb...

dir wird aber auch nicht entgangen sein, das die wirtschaft durch die großen konzerne dominiert wird und das die kleineren, mittelständischen betriebe nicht mehr als ein feigenblatt in dieser argumentation sind- zunehmende schwierigkeiten zu überleben, massenhafte konkurse werden billigend in kauf genommen.

Über Monopole und Abhängigkeiten von Wirtschaftsteilnehmern sowie die Frage: Quo vadis, Wirtschaftssystem?

...Mit Vorsicht sollte man von "Wettbewerb" in Zeiten der Dominanz durch Großkonzerne sprechen. Die Handvoll immer größer werdende Firmen haben nämlich ein gemeinsames Interessensmonopol: Rendite. Verglichen mit der Wirtschaft vor einigen Jahrzehnten, als viele Tausende mittelständische Firmen vielen Millionen Kunden gegenüberstanden gibt es heute nur noch wenige Wirtschaftsbereiche, in denen den Kunden mehr als eine Handvoll riesige Firmen gegenüberstehen. Und aus Renditesicht macht es Sinn, die Produktion so zu optimieren, dass die Kunden möglichst häufig wiederkommen. Alles andere wäre "irrationales Mäzenatentum". "Wir sind kein Wohltätigkeitsverein, wir sind ein Unternehmen!" - welcher Mannesmann würde dies wohl nicht unterschreiben?

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/16/16853/1.html
 

forcemagick

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samhain schrieb:
dir wird aber auch nicht entgangen sein, das die wirtschaft durch die großen konzerne dominiert wird und das die kleineren, mittelständischen betriebe nicht mehr als ein feigenblatt in dieser argumentation sind- zunehmende schwierigkeiten zu überleben, massenhafte konkurse werden billigend in kauf genommen.

ein außerordentlich wichtiger punkt

wirtschaft wird inzwischen gleichgesetzt mit leuten wie dem chef des bdi ... doch letztlich bin auch ich mit meinem kleinen unternehmen wirtschaft... der bäcker um die ecke, der schreiner von nebenan mit seinen paar mitarbeitern ... wir alle sind auch wirtschaft ... doch kein aas kümmert sich darum was für uns und unsere arbeitnehmer gut wäre....
 

Booth

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samhain schrieb:
Booth schrieb:
daß es "die Wirtschaft" genauso wenig gibt, wie [...]
dir wird aber auch nicht entgangen sein, das die wirtschaft durch die großen konzerne dominiert wird
Was soll ich dazu noch sagen...

gruß
Booth

edit:
@forcemagick
wirtschaft wird inzwischen gleichgesetzt mit leuten wie dem chef des bdi ...
Von wem?
doch letztlich bin auch ich mit meinem kleinen unternehmen wirtschaft...
Genau davon habe ich geredet - genau das war mein Hinweis, den ich auch Samhain klarzumachen versuchte.
Also - WER setzt "die Wirtschaft" mit den Großkonzernen gleich? Daß zuviele Politiker dazu neigen, die Großkonzerne für wichtiger (aber auch für bequemer in der Möglichkeit, sie anzusprechen) halten, habe ich selber gesagt. Aber daß selbst der dümmste Poltiker sieht, daß die Wirtschaft auch aus vielen kleinen Unternehmen besteht, halte ich für logisch, denn ich will nicht wissen, wie oft Abgeordnete auf kleinen Veranstaltungen im Wahlkreis daran erinnert werden.
Also - wer setzt wirklich "die Wirtschaft" nur mit Großkonzernen gleich?

gruß
Booth
 

forcemagick

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Booth schrieb:
@forcemagick
wirtschaft wird inzwischen gleichgesetzt mit leuten wie dem chef des bdi ...
Von wem?
doch letztlich bin auch ich mit meinem kleinen unternehmen wirtschaft...
Genau davon habe ich geredet - genau das war mein Hinweis, den ich auch Samhain klarzumachen versuchte.
Also - WER setzt "die Wirtschaft" mit den Großkonzernen gleich? Daß zuviele Politiker dazu neigen, die Großkonzerne für wichtiger (aber auch für bequemer in der Möglichkeit, sie anzusprechen) halten, habe ich selber gesagt. Aber daß selbst der dümmste Poltiker sieht, daß die Wirtschaft auch aus vielen kleinen Unternehmen besteht, halte ich für logisch, denn ich will nicht wissen, wie oft Abgeordnete auf kleinen Veranstaltungen im Wahlkreis daran erinnert werden.
Also - wer setzt wirklich "die Wirtschaft" nur mit Großkonzernen gleich?

gruß


Booth

offensichtlich die politik, die sogenannten wirtschaftsweisen und all jene, die die ewigen mantras nachbeten, die usn so gern vorgesetzt werden

ich habe meine zweifel, dass selbst der dümmste unserer politiker diese einfache wahrheit so sieht... ehrlich gesagt sind sogar einige kollegen aus der mittleren und kleinwirtschaft dumm genug um zu glauben, dass die exportindustrie gradmesser für die "wirtschaft" an und für sich sei...

ein schönes verzeichnis derjenigen, die dies sagen findet sich jeden montag im spiegel ;)

immer wieder sehen wir diese leute im fernsehen die genau das glauben und sagen...

das wirklich dumme an der geschichte ist, dass aus dem eklatanten wahrnehmungsfehler heraus eine schädliche politik betrieben wird...
 

Rupert

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Zum Thema Gesetzeswidrigkeit: ich denke, ihr macht es euch hier etwas zu einfach - die Regierung hat keine doofen Schollenbauern angestellt, sondern findige Anwälte, die das Ganze schon so auslegen werden, dass es passt, Beispiel:

Grundgesetz schrieb:
(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

Gezwungen wird bei Hartz IV niemand zur Arbeit - aber wer nicht will, der kriegt kein Geld mehr. Da liegt ein subtiler Unterschied, der für den BGH jedoch groß genug sein dürfte.


Grundgesetz schrieb:
(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Hier zieht dann das Argument von vorhin - kein Arbeitszwang, daraus folgt keine Zwangsarbeit.


Saar-Echo schrieb:
Sie gehören inzwischen zu den Stammbesetzungen der Talkshows von Christiansen, Illner, etc.. Damit schaffen sie es, Themen auf die politische Tagesordnung zu setzen und das Meinungsklima zu prägen...

Tja, und genau hier liegt das ganze Problem. Mindestens 80% der "politisch Interessierten" in diesem Lande holen sich ihre Informationen über die Meinung ihrer Wahlmänner aus diesen mit hohlen Phrasen und keinem Ich-Bezug gefüllten "Sendungen", die neben den Rosamunde-Pilcher-Schnulzen den absoluten Tiefpunkt der öffentlich-rechtlichen Sendezeit ausmachen.

Das letzte Mal, als ich mir Christiansen angesehen habe, war ein sehr schlauer Unternehmer aus Bayern zu Gast, der meinte, er gehe ins Ausland, um Jobs in Deutschland zu sichern, aber gleichzeitig verschwieg das gute Männlein, dass es dafür eben diese Jobs in Deutschland abbauen muss. Der Sachsenkönig Biedenkopf war natürlich auch eingeladen und erntete desöfteren Applaus, als er das Publikum an seinem regen Erfahrunsschatz teilhaben ließ, der zwar kaum zur Lösung des Problems beitrug, aber so ein "Lassen Sie mich 30 Jahre zurückgreifen ..." kommt schließlich immer gut an. Desweiteren waren noch ein paar der üblichen Phrasendrescher dabei, deren Namen ich mir gar nicht erst gemerkt habe.

Aber ein Lichtstrahl erschloss sich mir, immer wenn Frank Bsirske redete. Was er sagte, wurde (insbesondere von dem kauzigen Chefchen aus bayrischen Landen) oft als "Humbug" oder "Extrembeispiel" bezeichnet, aber es passte - im Gegensatz zu dessen Äußerungen. Er frage die Runde, wo ein Angestellter im Nachtdienst mit seinen 500 Euro im Monat noch sparen sollte - wo die Grenze für Niedriglohn anfängt und wo es schon ans Existenzminimum geht und ähnliches ... zum Glück sitzt in solchen Polittalkshows der Vollständigkeit halber immer noch einer, der weiß, wovon er redet ...


samhain schrieb:
die kleineren, mittelständischen betriebe nicht mehr als ein feigenblatt in dieser argumentation sind

Wenn's an die eingemachte Politik geht, ja - im Wahlkampf hält man sich allerdings stark an den "armen Mittelstand". Ich erinnere mich noch an den Wahlkampfspot, den die CDU bei der Bundestagswahl 2002 gebracht hat - ein Schwarzweiß-Filmchen, in dem gescheiterte Existenzen zu sehen waren, Firmenpleiten, Vater und Sohn in den Armen, im Hintergrund die Hetze auf die böse rot-grüne Regierung. Wie rührselig. Nachdem der Wahlkampf vorbei war, hörte man jedoch eher Töne wie "Kündigungsschutz abschaffen", "Die Reformen gehen nicht weit genug" und so weiter. Politiker mit Rückgrat wie Horst Seehofer schießt man ab - gnadenlos. Erst macht man ihn öffentlich "zur Sau", wie man in Bayern sagen würde, und dann lässt man ihn in der dunklen Schublade verschwinden, wo Norbert Blüm und Kurt Biedenkopf schon sehnsüchtig warten.

Es ist ohnehin interessant zu beobachten, dass ehemalige Schützenhelfer in der wirtschaftsfreundlichen Regierung Kohl wie Norbert Blüm auf einmal die Initiative ergreifen und sich Vereinigungen wie ATTAC anschließen - ist das nun die späte Macht der Schuldgefühle oder wurde es dem Altherrenclub in der Rente zu langweilig? In beinahe jeder Talkshow, in der man Blüm und Konsorten hört, erzählen sie das, was jedem Gewerkschaftler das Herz aufgehen ließe, hörte er es von einem Regierungspolitiker - sozialer Raubbau, Realitätsfremde, Konzeptlosigkeit. Allerdings fragt sich, warum Nobbi diese Einsichten nicht schon vorher hatte und mit Phrasen wie "Die Rende ist sischä" Wahlkampf betrieb ...
 

Booth

Erleuchteter
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Sorry Forcemagick - ich finde einfach nur die Verallgemeinerungen (wie auch Du eben wieder von "der Politik" gesprochen hast) recht anstrengend. Ich halte "die Wirtschaft" für ein Sammelsurium unterschiedlichster Interessen und Vertreter. Und ich kenne auch einige Forderungen von Kleinstunternehmern, die nicht wenigen Gewerkschaftern sehr überspitzt formuliert die Haare zu Berge stehen lassen - Stichwort Kündigungsschutz.
Aber egal...

Abgesehen davon blieb wohl der erwartete, erste "Ansturm", die "Revolte", der "Aufstand" an den Arbeitsämtern aus. Hier ein paar Hundert, dort ein paar Dutzend... in mehreren Dutzend Städten jeweils einige Leutchen. Erscheint mir etwas dünn. Die Panikmache, daß Leute ohne Geld da stünden, ist zumindest laut "die Zeit" ebenfalls passe. Aber falls jemand von Einzelfällen Wind bekommt, wäre ich für Postings dankbar. Selbst samhains Hauszeitschrift (die junge Welt) vermag es aus meiner Sicht nicht, die heutigen Aktionen als Erfolg zu verkaufen, auch wenn man sich rhetorisch doch sehr bemüht ;) - hier die Artikel, die ich bisher gelesen habe:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,335330,00.html
http://www.jungewelt.de/2005/01-04/001.php
http://zeus.zeit.de/hb/662556.xml
 
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