Hartz 4 der Zweite

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kaka

Großmeister
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aha, und weil du kein bock hast eine fremdsprache zu lernen oder eine andere möglichkeit in betracht zu ziehen, soll die allgemeinheit dafür dir also noch arbeitslosengeld überweisen? nö. das hat nichts mit globalisierung zu tun, sondenr mit dummheit. wer sich so die chance verbaut und ncith wahrnimmt, würd ich in kürzester zeit die stütze streichen.
ich muss auch arbeiten, auch wenn es mir nicht gefällt. das ist auch ein eingriff in meine entscheidungsfreiheit. würdest du den drang essen zu müssen, auch als eigriff in deine entscheidungsfreiheit sehen? verklag doch bitte die natur, oder gott^^ stütze ist kein allgemeines recht oder ein gottgegebende gabe - die wird von arbeitenen menschen bezahlt und wer nichts dafür tut, einen job zu bekommen, der soll zusehen, was er macht. geld hat er dafür noch lange nicht verdient...
 

nicolecarina

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naja ich mein, es gibt auch Jobs für die man keine neue Fremdsprache lernen muss und das war jetzt jahrtausende lang so.

Ob man die machen will und muss ist die nächste Frage, aber bloß weil neuerdings alles Key-Acoount, Wellness und Fake heißt, heißt das noch lange nicht, dass es a) gut ist und b) notwendig ist und ausgebaut werden muss.

Außerdem: Inuyashas Haltung als Dummheit zu bezeichnen finde ich schon sehr vermessen. Aber Charakter und Willensstärke liegen halt nicht so im Mainstream - schwer zu erfassen fürs Controlling^^

Im übrigen haben wir ja so eine Neidkultur, weil sich keiner traut zu sagen, dass er nen Job will, den er auch gerne macht. Das halte ich für eher für "dumm".

Neulich war ein Arbeitsvermittler im Nachtcafé - Talkshow auf bw - der mit sehr großem Erfolg Leute vermittelt, in dem er sie zu aller erst fragt, was möchten sie denn machen.

Aber ein Arbeitsheer von Leuten die glauben, man muss Gott weiß was machen für einen Jop, die sind eben einfach einfacher zu handhaben, das hab ich schon verstanden.
 

kaka

Großmeister
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Aber Charakter und Willensstärke liegen halt nicht so im Mainstream - schwer zu erfassen fürs Controlling^^

das stimmt :) aber wie definierst du charakter und willensstärke? doch bitte nicht darüber, dass man sich weigert zu arbeiten, wenn es eine möglichkeit gibt. meiner meinung nach soll jeder das machen, was er will. aber dann bitte keine forderung an die solidargemeinschaft! das ist nämlich unsolidarisch.
wenn man selbst die konsquenzen erträgt, ohne andere zu belasten, dann finde ich es richtig. das ist willensstärke und charakter und vor allem konsequent. ohne die letztendliche konsequenz ist es sturheit und dummheit und das ausnutzen von ressourcen, die einem nicht zustehen.
 

woelffchen

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von einer Arbeitskollegin arbeitet die Tochter in AT, und ich kenne viele, die am Tag über 100 KM zu ihrer Arbeitsstelle zurücklegen bzw. 4 Std. unterwegs sind.
Mein Onkel kommt aus AT und hat bis zur Rente auch hier gearbeitet.

Und wenn ich keine Arbeit habe, aber 50 KM weiter gibt es welche ?
Ich möchte auch nicht weg aus meinem Ort oder meiner Heimat. Aber was würde es helfen ? Leider haben es unsere Politiker und Landräte usw. nicht geschafft, Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen.

Und warum meint ihr sind die ganzen Italiener, Türken, Griechen, Jugoslaven, Polen und Tschechen hier ?
Weil es in Deutschland so schön ist, die Menschen so nett sind und weil einem die gebratenen Tauben in den Mund fliegen ? Nö, weil sie in ihrem Land keine Chancen haben/sehen, und von dem Geld, das sie hier als
Erntehelfer in 4 Wochen verdienen, dort 6 Monate leben können.

nochmal was anderes, warum es hier keine Arbeit gibt:
Ich habe letztens 2 Personen im Supermarkt an der Kasse „belauscht“ , also es lief ungefähr so ab:
"Hast jetzt schon Arbeit ?
Nö, war letztens bei einem Vorstellungsgespräch, der Chef hat gesagt, ist zwar nett, das ich komme, er gibt mir keine Arbeit, er stellt nur noch Tschechen ein.... (?????)
Dann bin ich aufgestanden und gegangen...."

Aber wer soll ihm seine Dienstleistung denn abkaufen, wenn alle in Deutschland ohne Arbeit sind ?
Oder glaubt er, die Tschechen, die hier ihr Geld verdienen, heuern IHN dann an, um bei denen daheim was zu machen ? Wohl kaum.....
 

Inuyasha

Meister
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Nun, lasst es mich mal so sagen:

Wenn ich ins Ausland gehe zum arbeiten, weil ich mal etwas Abwechlung haben will, einfach so aus freien Stücken, weil es mir hier nicht mehr gefällt oder wie auch immer, dann ist das eine Sache.

Ich sehe das allerdings etwas anders, wenn ich durch eine verfehlte und völlig falsche Politik dazu gegen meinen Willen genötigt werde etwas zu tun, was ich eigentlich garnicht will. Dazu kommt dann auch noch ein anderer Umstand, nämlich die Bequemlichkeit und Lethargie der breiten Masse, die es zulässt, das die Mächtigen machen können was sie wollen.

Niemand soll in der derzeitigen Situation glauben, das für ihn andere Maßstäbe gelten oder angesetzt werden könnten. Wir alle die wir hier diskutieren gehören zu den überzähligen 80% der Bevölkerung, egal ob wir einen Job haben oder welchen wir haben. Keiner von uns dürfte sowas wie ein „Top-Manager“ oder Investment-Banker sein oder dieser Kategorie nahestehen.

Niemand von Uns dürfte ein Jahreseinkommen von 500.000 Euro oder mehr haben, womit sich trefflich über allem schweben lässt. Oder gar der politischen Kaste im oberen Drittel angehören mit dem recht, sogar jenseits aller Realitäten zu sinnieren.

Nein. Wir gehören alle zu den „überzähligen 80%“ wo sich zu allem überfluss noch einer für wichtiger als der andere hält, wo die arbeitende Kaste über die arbeitslosen herzieht, bzw. ausgespielt wird, wo eine Solidatität beschworen wird, die es „semi-offiziell“ schon garnicht mehr gibt und sich jeder nur noch selbst der nächste ist.

Politik wird nur noch für und mit den oberen 20% gemacht. Punkt. Jeder der Augen hat zu sehen, kann dies inzwischen sehen. Es hat sich wohl klar genug herauskristallisiert.

Da wird eine Kulisse aus Heuchelei und Neid kultiviert und die herrschenden 20% nutzen dies dann wunderbar aus, denn der Pöbel darf sich ja nicht einig sein und einen Kampf gegen die Obrigkeit starten. Da gibt es dann immer welche, die das Zückerchen kriegen und hinterher dann doch auf der Schlachtbank landen. Wer uneinig ist und sich ständig in Scharmützeln zermürbt ist wunderbar unterzubuttern.

Ein großer Teil dieser Leute schlägt dann auch noch in die Kerbe der 20%, weil sie innerlich aufgegeben haben, in Lethargie und Hoffnungslosigkeit versinken, auf das Beste hoffen, das niemals eintreten wird und selbst in den irrationalsten Ereignissen für sich selbst was positives herauszulesen meinen, das in wirklichkeit nicht vorhanden ist.

Wirtschaft und Politik haben das 80/20 Verhältnis schon längst realisiert. Und sie haben auch realisiert, das die Ressourcen für derzeit knapp 7Mrd Menschen niemals auf Dauer ausreichen werden.

Es geht hier in der Tat um wesentlich größere Zusammenhänge.

In letzter Konsequenz möchte ich diesen Gedanken lieber nicht zu Ende denken.
 

kaka

Großmeister
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meinst du, dass meine komilitonen sich aus jucks und dollerei im ausland beweorben haben? nein, die chancen, auch als akademiker, einen festen job zu bekommen sind schlecht. und wenn man arbeiten will, geht man das risiko und die "unbequemlichkeit" ein. sicherlich ist das für menschen, die kaum sprachen asuser deutsch sprechen und allgemein ein niedrigeres bildungsniveau haben, schwieriger, als für internationale und vielsprachige menschen.
die deutschen ärzte machen es seit langem vor: england und norwegen neben dankbar die überzähligen und gut ausgebildeten ärzte auf, auch spanien und portugal.
netter nebeneffekt ist, dass man in uk und norwegen deutlich mehr verdient und in spanien und portugal hast du zu deinem etwas niedrigeren gehalt, niedrigere lebenserhaltungskosten und kostenlos sonne, strand und meer, dazu eine schöne mentalität.

ich finde es nur natürlich, sich nach jobs im ausland umzuschauen, andere menschen in anderen ländern haben das schon immer getan. wir deutschen sind nur zu gemütlich geworden...
 

nicolecarina

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Ich finde es im übrigen klasse, Sprachen zu lernen und auch mal ins Ausland zu gehen, aber das von allen zu erwarten käme einer Nomadisierung der Menschheit gleich und war es denn nicht ein Fortschritt, sesshaft geworden zu sein?

Es geht mir lediglich darum, dass Selbstverwirklichung - gerade auch im Beruf - sehr gut mit dem Solidargedanken zu vereinen ist.
Allerdings nicht mit der Mentalität: anderen gehts noch schlechter und wenns mir nicht gut geht, sollst du auch leiden - mit sowas blockiert man sich selbst und die Gemeinschaft wenn wir grade dabei sind. Außer man wandelt den Neid in Schaffenskraft um - schwer, wenn man seit Jahren auf ausgetretenen Pfaden läuft...

Und ganz davon abgesehen: was machen Familien, Alte, nicht ganz Gesunde? Sollen die halt hinter der eigenen Haustür vor sich hin siechen, weil sie nicht mehr so reisen können? Was ist das für ein Sozialdarwinismus der mir hier entgegenschlägt. Falls ihr also sowas wollt, dann preist es und tut es - aber lasst mich in Ruhe damit *grml*
 

kaka

Großmeister
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nicolecarina schrieb:
Und ganz davon abgesehen: was machen Familien, Alte, nicht ganz Gesunde? Sollen die halt hinter der eigenen Haustür vor sich hin siechen, weil sie nicht mehr so reisen können? Was ist das für ein Sozialdarwinismus der mir hier entgegenschlägt. Falls ihr also sowas wollt, dann preist es und tut es - aber lasst mich in Ruhe damit *grml*

die haben jedenfalls einen grund und sollten dann auch demensprechend immer noch supplementiert werden. aber jüngere, gesunde menschen, ohne familie?
davon abgesehen: man kann auch mit familie umsiedeln. es ist zwar nicht wünschenswert, weil uns a)noch mehr kinder abhanden kommen und b)solche prozesse nicht ganz einfach sind für die beteiligten, aber grundsätzlich hat das nichts mit nomadismus zu tun.
im übrigen gehst du schon in die richtige richtung, wenn die ressourcen knapp sind, muss man ausweichen. das gilt für jeden.
 

SMartie77

Lehrling
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Hartz MIET Ärger der zweite Fall

ein neuer fall von "Umzugs-Schikane" wegen 18 euro kommt ans Tageslicht:

Quelle : http://de.indymedia.org/2004/11/99330.shtml

Wieder mehren sich die Hinweise, dass Hartz IV zu einer Ghettoisierung (wie die Arbeitslosen-Initiativen den Trend bezeichnen) von ALG II-EmpfängerInnen führen wird. Nach einem bekanntgewordenen Fall aus Bochum nun ein Fall aus Niedersachsen.

Zunächst der Hintergrund, wie er in der Zeitung dargestellt wird:

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung berichtet in ihrer Ausgabe vom 17. November 2004 davon, dass ein Arbeitsloser von der Göttinger Arbeitsagentur aufgefordert worden sei sich eine neue Wohnung zu suchen. Als Grund wird vom DGB, der diese Praxis nun zum ersten mal kritisiert, angegeben, dass die Wohnung um 18,34 Euro zu teuer sei. Die Arbeitsagentur dementiert dies mit dem Hinweis, dass sie rechtlich gar keine Handhabe hätte um Menschen zum Umziehen zu bewegen.

Nachdem nun auch der DGB zu merken scheint, dass die Umsetzung von Hartz IV unsoziale Folgen haben wird, beginnt die Propaganda-Machine der Bundesregierung vermutlich demnächst mit einer neuen Kampagne. Ähnlich wie die stalinistisch beeinflusste Führung der DDR ("Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten") heißt es aus der Arbeitsagentur "niemand kann zum Umzug gezwungen werden". Dass diese Wahrheit eine Lüge ist, bleibt für Unbedarfte und Unbetroffene verborgen. Tatsächlich hat es die Arbietsagentur gar nicht nötig Menschen mit rechtlichen Mitteln zum Umzug zu Zwingen, ihr bleiben subtilere Mittel. Die Arbeitsagentur wird, wie das Sozialamt in der Vergangenheit, einfach nur den Regelsatz für eine Wohnung zahlen. Im Vorliegenden Fall also 18,34 Euro weniger. Die Mehrkosten müssen dann durch die Betroffenen selbst irgendwie bestritten werden. Faktisch heißt dies also eine Kürzung der Bezüge. Damit bleibt es den Betroffenen überlassen, ob sie bereit sind die finaziellen Einbußen in Kauf zu nehmen oder nicht nd damit in eine billigere Wohnung zu ziehen.

Mehr und kompetentere Informationen zu diesem Themenkomplex findet ihr (z.B.) bei der Arbeitsloseninitiative Oldenburg. Dort findet ihr auch Links zur Arbeitslosen Zeitung "quer"

http://www.also-zentrum.de/index.htm

Außerdem nicht vergessen: 3.1.2005 Agenturschluss auch in deiner Stadt:

http://www.labournet.de/diskussion/arbeit/aktionen/agenturschluss.html

Und falls ihr noch Arbeit haben solltet:

http://www.fau.org
 

nicolecarina

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wenn die ressourcen knapp sind, muss man ausweichen. das gilt für jeden.

Es heißt zwar weide meine Schafe und hüte meine Lämmer, aber ganz so passiv will selbst ich als Frau nicht sein.

Zu was haben wir hochdekorierte Experten? Nicht damit Esso unter Umweltsauereien für zig Millionen Öl aus Schiefer gewinnt - wie blöd und ignorant muss man eigentlich sein - nein sondern um Brennstoffzellen zu erforschen, um Rapsölmotoren zu entwickeln und das gilt für jeden Sektor, auch für den Arbeitsmarkt gibt es sicher neue Lösungen als die Stecknadeltheorie von Adam Smith von 1800irgendwas, die jeder anständige BWLer im ersten Semester auswendig lernt...

DaimlerChrysler hat seit 40 Jahren alternative Patente in der Tasche und viele kleine Initivativen vor Ort - drunter auch z.B. Trottwar - zeigen, dass es auch anders geht.

Aber ich wünsch Dir viel Spaß im Ausland kaka, kannst ja mal ne Postkarte schreiben - Wer weiß ob ich dann nicht doch auch noch auswander oder so...
 

samhain

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@Inuyasha

Es geht hier in der Tat um wesentlich größere Zusammenhänge.

so ist es- und viele wollen diese zusammenhänge immer noch nicht sehen, sei es aus angst, unwissenheit oder schlicht ignoranz.

arbeitslose sollen also ihr glück im ausland suchen.
wie praktisch für die regierung, die diese leute nicht mehr in ihren statistiken führen muss. ob man tatsächlich was im ausland findet und vor allen dingen wie lange, ob das ausland nicht selber genug probleme mit den eigenen arbeitslosen hat- all das wird nicht thematisiert.

warum, aber das nur nebenbei, wird eigentlich angeregt sich im ausland umzusehen und gleichzeitig sollen ausländische facharbeiter angeworben werden um hier zu arbeiten?

man braucht ja nicht mal unbedingt das ausland anzuführen:

ich kenne jemand, der wegen einem job von berlin nach köln übergesiedelt ist. nur leider war in köln nach einem halben jahr wieder essig angesagt...

der hat also hier seine wohnung aufgelöst, seinen freundeskreis/soziales umfeld zurückgelassen in dem glauben in köln eine perspektive zu haben, die sich in kürzester zeit in rauch auflöste.

natürlich gibt es immer ein paar bei denen das gut gehen kann- gerade was ärzte, facharbeiter, ingenieure angeht. kann, aber nicht muss.
resteuropa würde sich wohl bedanken wenn 100 000e arbeitsloser, was noch nicht mal viel wäre (wir haben ja millionen davon), auf der suche nach arbeit, die wie gesagt auch dort nicht gerade reichlich vorhanden ist weil überall derselbe film läuft, einwandern.

der vergleich mit deutschland in den 60er jahren, in denen es um wiederaufbau ging und viele gastarbeiter angelockt wurden, zieht nicht- der boom ist lange vorbei und wird auch nicht wiederkommen.

ich habe einen sehr treffenden artikel mit klaren worten entdeckt und man glaubt kaum, das der vom ollen Heiner Geissler (CDU) stammt. jetzt wo er seinen zenit überschritten hat, nicht mehr im rampenlicht steht und insofern nicht mehr viel zu verlieren hat, bricht der gesunde menschenverstand wieder durch.

ich fasse es immer noch nicht...Heiner Geissler...


In der globalen Wirtschaft herrscht die pure Anarchie


arbeitnehmer

»Wo bleibt Euer Aufschrei?«

In der globalen Wirtschaft herrscht die pure Anarchie. Die Gier zerfrisst den Herrschern ihre Gehirne. Ein Wutanfall

Von Heiner Geissler

»Das Kapital hat die Bevölkerung agglomeriert, die Produktionsmittel zentralisiert und das Eigentum in wenigen Händen konzentriert. Die Arbeiter, die sich stückweise verkaufen müssen, sind eine Ware wie jeder andere Handelsartikel und daher gleichmäßig allen Wechselfällen der Konkurrenz, allen Schwankungen des Marktes ausgesetzt.«
Karl Marx/Friedrich Engels, 1848, »Manifest der Kommunistischen Partei«

146 Jahre später warten in Deutschland – als ob es nie eine Zivilisierung des Klassenkampfes gegeben hätte – Zehntausende von Arbeitern auf den nächsten Schlag aus den Konzernetagen von General Motors, Aventis, Volkswagen und Continental, der sie in die Arbeitslosigkeit und anschließend mit Hilfe der Politik auf die unterste Sprosse der sozialen Stufenleiter befördert.

Nicht das Gespenst des Kommunismus, vielmehr die Angst geht um in Europa – gepaart mit Wut, Abscheu und tiefem Misstrauen gegenüber den politischen, ökonomischen und wissenschaftlichen Eliten, die ähnlich den Verantwortlichen in der Zeit des Übergangs vom Feudalismus in die Industriegesellschaft offensichtlich unfähig sind, die unausweichliche Globalisierung der Ökonomie human zu gestalten.

Unter Berufung auf angebliche Gesetze des Marktes reden sie vielmehr einer anarchischen Wirtschaftsordnung, die über Leichen geht, das Wort. 100 Millionen von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen in Europa und den USA und 3 Milliarden Arme, die zusammen ein geringeres Einkommen haben als die 400 reichsten Familien der Erde, klagen an: die Adepten einer Shareholder-Value-Ökonomie, die keine Werte kennt jenseits von Angebot und Nachfrage, Spekulanten begünstigt und langfristige Investoren behindert. Sie klagen an: die Staatsmänner der westlichen Welt, die sich von den multinationalen Konzernen erpressen und gegeneinander ausspielen lassen. Sie klagen an: ein Meinungskartell von Ökonomieprofessoren und Publizisten, die meinen, die menschliche Gesellschaft müsse funktionieren wie DaimlerChrysler, und die sich beharrlich weigern, anzuerkennen, dass der Markt geordnet werden muss, auch global Regeln einzuhalten sind und Lohndumping die Qualität der Arbeit und der Produkte zerstört...

http://www.zeit.de/2004/47/Ohnmacht_2fArbeiter
 

sillyLilly

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Ja ..... von Heiner Geissler hätte ich das auch nicht unbedingt erwartet. Als Politker mochte ich ihn nicht.
Klasse Artikel. Wäre schön gewesen, wenn er auf die Alternativen noch ein bischen mehr eingegangen wäre. Da deutet er Alternativen an, aber zeigt leider nichts genaueres auf.
Warum wird tabuisiert und totgeschwiegen, dass es eine Alternative gibt zum jetzigen Wirtschaftssystem: eine internationale sozial-ökologische Marktwirtschaft mit geordnetem Wettbewerb?

Ideen verändern die Welt.

Auch in einer globalen Wirtschaft sind Produktion und Service ohne Menschen nicht möglich. Neue Produktionsfaktoren wie Kreativität und Wissen sind hinzugekommen. Aber das Spannungsverhältnis zwischen Mensch und Kapital ist geblieben. Die Kommunisten wollten den Konflikt lösen, indem sie das Kapital eliminierten und die Kapitaleigner liquidierten. Bekanntlich sind sie daran gescheitert. Heute eliminiert das Kapital die Arbeit. Der Kapitalismus liegt derzeit genauso falsch wie einst der Kommunismus.


Namaste
Lilly
 

nicolecarina

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Der Kapitalismus liegt derzeit genauso falsch wie einst der Kommunismus.
Juhuuuu - ein echter Experte bestätigt meine Gedanken

Naja und jetz? Die Montagsdemonstrationen weiterführen?
Scheinbar haben die doch wenigstens ein bisschen Wirkung gezeigt...

@SL
Stimm ich Dir zu - über die Alternativen hört man in den Massenmedien herzlich wenig, aber im Netz gibt es doch gute Ansätze und auch Projekte zu finden. Habe grade keinen Link parat, werde sie aber beim Finden hier reinsetzen.

Zu Heiner Geissler geh ich wohl demnächst zur Lesung, weil er f+r mich wirklich ein integrer Mensch ist - leider eben auch nicht mehr politisch aktiv. Offenbar schließen sich Politik und Charakter gegenseitig aus... :roll:
 

hives

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samhain schrieb:
ich habe einen sehr treffenden artikel mit klaren worten entdeckt und man glaubt kaum, das der vom ollen Heiner Geissler (CDU) stammt. jetzt wo er seinen zenit überschritten hat, nicht mehr im rampenlicht steht und insofern nicht mehr viel zu verlieren hat, bricht der gesunde menschenverstand wieder durch.

ich fasse es immer noch nicht...Heiner Geissler...

warum seid ihr so überrascht? Ratet mal, warum er nur noch so selten zu sehen ist, wenn er nicht gerade allein unterwegs auf lesungen o.ä. ist ;)


edit @nic: da wünsche ich einen interessanten Abend!
...du könntest ja vielleicht ein kleines Exklusiv- Interview für die Redaktion machen ;)
 

Shiraffa

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Ein Gedicht von Johannes R. Becher, das die aktuelle Lage IMO gut trifft:
Arbeiterführer

(Zuerst veröffentlicht in "Die hungrige Stadt", 2. Auflage, Berlin 1928)

Aus der Tiefe kommend,

Mit den Massen auf Du und Du,

Selber den Arbeiterkittel tragend,

Der Name hatte nichts zu bedeuten,

War nichts weiter als ein Pfiff,

Worauf man die Ohren spitzte -

Auch ihnen wurde es vielleicht manchmal im Magen wund

Vor der Sorge ums tägliche Brot,

Auch sie wußten vielleicht manchmal nicht,

Woher die Miete nehmen,

Auch ihnen schrie vielleicht ein krankes Kind,

Und eine Mutter lag da,

Löcheriges Gesicht,

Leblos - - -

Auch sie waren vielleicht Väter und Männer,

Krummgespannt vor Verzweiflung,

Aufrechtgeschüttelt wieder vor Empörung,

Wußten nicht, wo ein, wo aus ...

Aber sie kamen ins Rutschen eines Tags,

Ins Rutschen nach oben -

Glitten dahin,

Wie einer, der in den Abgrund saust -

Von Stufe zu Stufe,

Höher, immer höher - - -

Saßen zusammen mit Ministern an einem Tisch,

Die legten ihnen die Hand auf die Schulter,

Zwinkerten vertraulich,

Tranken ihnen zu -

Saßen zusammen mit Polizeipräsident, Bankfachleuten, Industriedirektoren -

"Ganz verständige Menschen eigentlich, was -

Höchst vernünftige Leutchen -

Haben sie uns immer anders vorgestellt,

Damals, als wir noch - - -"

Hatten Audienzen bei Kaiser und Königen,

"Hurra!" riefen sie, katzbuckelten "Majestät",

Schwangen den Zylinderhut "Hoch!" in wippenden Rhythmen.

Da schämten sie sich ihrer Proletarierfaust,

Der schwieligen,

Stülpten sich Glacéhandschuhe über,

Der Frack saß tadellos,

Auf festem Grund standen sie jetzt,

Auf dem Parkettboden,

Und drehten sich

Und scharwenzelten mit vornehmen Damen,

Daß es gar lieblich zu schauen war.

Ihr Name prangte in den Zeitungen.

"Ach Sie sind es, Herr Meyer, der berühmte - "

Überall wurde Herr Meyer erkannt, der Abgeordnete.

Postkarten mit dem Bild des beliebten Abgeordneten

Gab es in jedem größeren Papiergeschäft zu kaufen -

Alle "Illustrierten" waren voll davon.

Sie lernten ihre Vergangenheit hassen.

Sie taten alles gründlich von sich ab, was noch nach Proleten roch,

Sie zogen höchst eigenhändig unter ihre Vergangenheit einen Strich,

Einen roten, blutigen Strich,

Als sie ihre Zustimmung zur Abwürgung des Streiks gaben,

Bald darauf einen anderen Streik selbst abwürgten

Und den Befehl zum Feuern auf die Streikenden unterzeichneten.

Burschen von schwerstem Kaliber wurden sie.

Mit allen Wassern gewaschen,

Mit allen Hunden gehetzt -

Aalglatte Redner,

Geriebene Versammlungsleiter -

Schmierten jeden Tag ein halbes Dutzend Artikel,

Auf Bestellung, glänzendes Honorar -

Eiserne Stirnen,

Schwammige Backen,

Wässerige Fischaugen,

Die ohne zu zucken sehen können,

Wie Tausende, aber Tausende hungernder Proletarier

Langsam in den Fabriken zu Tode gemetzelt werden - -

Sie fühlen sich keineswegs betroffen.

Sie sind durch nichts aus der Ruhe zu bringen.

"Immer kaltes Blut, Genosse!"

Steigen ins Auto,

Flitzen davon,

Haben genug mit Konferenzen zu tun ...

Strecken alle viere von sich

An der Riviera oder in Tirol:

Reichstagsferien.

Lesen wo in der Zeitung

Von einem Aufstand, von einem Sabotageakt

Oder sonst was Gesetzwidrigem - -

Da schießt ihnen das Blut in den Kopf,

Schaum zwischen den Lippen,

Ballen die Faust:

"An die Wand mit der Bande!

Schluß mit dem Gesindel!"

- - -

So sitzen sie, die Bonzen, im fetten Himmel:

Zynisch lächelnd,

Alles wissend,

Nicht von Gewissensbissen oder Konflikten

Angekränkelt -

Kerngesund.
 

samhain

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alternativen zum kahlschlag gibts genug- ich habe in der vergangenheit auch schon einige artikel gepostet, aber ok, wer kann die in diesem schwarzen loch schon wiederfinden.

dieser vorschlag gefällt mir bis jetzt am besten, weil er irgendwie so etwas...mmmhh...kreatives hat.

Alternativen zur Repressanda 2010

Von Peter Grottian/Wolf-Dieter Narr/Roland Roth *

Die "Agenda 2010" ist Ausdruck interessierter Unverantwortlichkeit. Das, was die Bundesregierung und die etablierten Parteien rund um die herzöglichen Hartzereien bieten, kennzeichnet zugleich die Unfähigkeit und Gleichgültigkeit dessen, was als "Politische Klasse" bezeichnet wird. Unfähig sind diese professionellen "Volksvertreter", den global erweiterten, neoliberal-kapitalistischen Interessen eine grundrechtlich demokratisch ausweisbare Politik entgegenzusetzen. Gleichgültig sind sie, weil sie die massenhaften Verelendungen, die jede Bürgerin und jeder Bürger persönlich schicksalshaft erfährt, hinter gesetzlich aufgewirbelten "Reform"-Staub geschehen lassen, ja geschehen machen. Statt dem längst betrogenen "mündigen Bürger" die Wahrheit zu sagen, selbst wenn sie unbequem sein sollte, wird so getan, als müssten nur die reichen Wirtschaftsbosse zusätzlich reich machend gestreichelt und die Bürger, je weiter es nach unten geht, getreten werden. Und prompt ereignen sich morgen, in jedem Fall übermorgen - die ewig betörende Fata Morgana neoliberaler Habens- und Herrschaftsmacht: Arbeit und Wohlstand für alle. Nein. Dieser unhandliche, von niemandem ganz durchschaubare Gesetzeswust, genannt "Reformen" funktioniert nicht einmal unter seinen eigenen Voraussetzungen. Er wirkt allein als Mittel der Disziplinierung nach unten bei denen, die ohnehin nichts haben und bei denen, der Mehrheit, die Angst haben, in eine solche Situation zu geraten. Mit Ökonomie hat er nichts, mit Habensherrschaft hat er viel zu tun. Darum ist es höchste Zeit, dass wir und andere dagegen opponieren. All das, was rund um die "Agenda 2010" geschieht, die unterdrückend, allein den Namen "Repressanda" verdient hat, funktioniert sozialpolitisch demokratisch nicht. Auch ein Rückgriff auf die 'herkömmliche' Sozialpolitik und das, was als "Sozialstaat" bezeichnet worden ist, hilft nicht weiter. Diskriminierung inmitten und in der Art der sozialen Sicherungen und bürokratisches Verfahren kennzeichneten denselben. Nur ein neuer Ansatz eröffnet die Chance, eine Sozialpolitik zu organisieren, die den demokratisch menschenrechtlichen Normen gemäß eine Antwort auf die großen Fragen der Zeit darstellt: das Ende der eindeutig und immer schon dominanten Erwerbsarbeit; die Zunahme der ausgrenzenden Konkurrenz, die alte Un-Gleichheiten bestätigt und neue schafft; der wachsenden Chance der Unternehmen, ihrer Verantwortung klassenspezifisch globalisierend auszubüchsen; der erneut selbst im Rahmen der vergleichsweise wohlständischen Länder anwachsenden Verelendung, der Vorurteile und in deren Folge nationaler und internationaler Aggressionen. Das, was wir vorschlagen, sind nur erste bescheidene Schritte. Sie müssen jedoch endlich gegangen werden. Grundsicherung, die ihren Namen verdient, Schaffung anderer Arbeit und anderer, von den Arbeitenden bestimmte Arbeitsplätze, überfällige Arbeitszeitverkürzungen, die endlich auch Geschlechterdemokratie zur großen Chance machen und nicht zuletzt ein demokratisches, das heißt zu allererst lokal organisiertes Steuersystem - so lauten die ersten Schritte, die wir zur Diskussion stellen...

http://www.lebenshaus-alb.de/mt/archives/002033.html

geld gäbe es genug- wenn sie nur wollten- sie wollen aber nicht.

wenn die reichen und wohlhabenden stärker zur kasse gebeten (von mir aus auch gezwungen!), steuerbetrug bekämpft und schlupflöcher gestopft würden, dann wäre einiges reinzuholen.
alleine durch die steuerflucht ins ausland gehen deutschland jedes jahr 50 milliarden euro verloren und durch umsatzsteuerbetrug nochmal 20 milliarden.
man könnte die steuerfreiheit für flugbenzin und atomkraftwerke abschaffen.
man könnte großen konzernen, die jahr für jahr große gewinne ins ausland schaffen und dann noch vom steuerzahler millionen für gewerbesteuer zurückfordern mal zeigen was eine harke ist.
man könnte soviel tun, wenn diese knallchargen die sich politiker nennen, nicht schon längst ihren politischen spielraum, ihre handhabe (und die ist vom grundgesetz her gegeben...z.b. der passus "eigentum verpflichtet") verraten und verkauft hätten...und sie haben definitiv kein interesse daran, das zu ändern.

deswegen muss man ihnen feuer unterm hintern machen, sich nicht von ihrem ewig gleichen gelaber, ihren lügen einlullen lassen.
das wird vielleicht noch ein bisschen dauern- zuvielen scheint es noch zu gut zu gehen, zuviele haben hier scheinbar eine masochistische ader, zuviele lassen sich verblenden, zuviele sehen weg, wenn die hütte des nachbarn brennt und senden stoßgebete gen himmel das es ihre eigene nicht trifft.
es wird sie treffen.

dann gibt es aber schon die millionen, die es nicht später sondern jetzt schon trifft. die, die es schon wissen oder denen es zusehends dämmert, das sie schlicht und einfach verarscht werden und darüber hinaus schon jetzt den schmerz verspüren wenn es an ihre existenz geht. immer öfter höre man aus diversen beratungsstellen von leuten, die mittlerweile so verzweifelt sind, das sie überlegen sich umzubringen (gibt auch welche die das schon getan haben)- so einfach sollte man es den verantwortlichen dieser misere nicht machen.
das ist sozialer sprengstoff allererster güte und wir werden in den nächsten jahren zunehmend zeugen werden, wie er sich entlädt. hoffentlich an die richtigen adressaten.

so, genug ausgekotzt!

hier noch eine alternative, die sich mehr in richtung verteuerung der energie orientiert. hat viele interessante ansätze, aber mache sich jeder selber ein bild. aufschlussreich fand ich diese textpassage, die mit der hauptlüge, die immer wieder gerne angeführt wird, aufräumt:

Reformieren statt Deformieren

Die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme


...Ausgaben- oder Einnahmenkrise?

Der Sozialstaat ist zu teuer und nicht mehr finanzierbar - so wird es uns von den Neoliberalen, denen leider kaum jemand die Definitionshoheit darüber, was unter Reform zu verstehen sei, streitig macht, Tag für Tag um die Ohren gehauen. Die Betrachtung der absoluten Kosten scheint dies sogar zu bestätigen: Von 1975 bis 2002 stiegen die Gesamtausgaben der Sozialversicherungen in den alten Ländern der Bundesrepublik von 324 auf 1032 Milliarden DM. ([11], S. 4 f.) Ein gänzlich anderes Bild erhält man jedoch, wenn man diese Zahlen ins Verhältnis zur mittlerweile ebenfalls kräftig gewachsenen Wirtschaftsleistung setzt: "Die Sozialleistungsquote, also der Teil des BSP, der für Soziales ausgegeben wird, hat sich [...] seit 1975 nicht wesentlich verändert. Sie lag und liegt bei rund 30%. [...] Klammert man die Neuen Bundesländer aus der Betrachtung aus, so zeigt sich, dass die Sozialleistungsquote für Westdeutschland tatsächlich in den letzten 20 Jahren noch nie so niedrig war wie Mitte der 90er Jahre (Sozialleistungsquote: 29%). Und das, obwohl sich die Arbeitslosenzahlen in Westdeutschland seit Mitte der 70er Jahre verdreifacht haben. Selbst die viel beschworenen Lasten und Kosten der deutschen Einheit und eine Rekordarbeitslosigkeit haben die gesamtdeutsche Sozialleistungsquote (34%) nur marginal über das Niveau der 70er Jahre steigen lassen." (Boxberger / Klimenta [1], S. 67 f.) Im Jahr 2001 lag die (gesamtdeutsche) Sozialleistungsquote immer noch bei 32,1% [12].

Von einer "Kostenexplosion" kann also kaum die Rede sein, weder im Gesundheitswesen noch bei den Renten. Schon eher angebracht ist der Begriff "Explosion" hingegen beim Anstieg der Beitragssätze: Diese sind von ca. 27% im Jahre 1975 auf derzeit 42% geklettert. Hier zeigt sich, dass die Sozialversicherungen primär nicht ein Ausgaben-, sondern ein Einnahmenproblem haben: Ihre traditionelle Finanzierungsbasis, die Erhebung von Sozialbeiträgen auf den Faktor Arbeit, bricht mehr und mehr weg. Boxberger und Klimenta nennen fünf Gründe für diese Entwicklung ([1], S. 69 f.):

http://www.sfv.de/lokal/mails/wvf/sozialre.htm

uhh, wunderbar:

hier wird eines meiner lieblingsekelpakete, Hans Werner Sinn (der mit dem backenbart...) auseinandergenommen.

Mehrarbeit für weniger Arbeit

Eine Kritik an der gängigen Position, dass wir mehr arbeiten müssen, um wieder mehr Arbeitsplätze zu schaffen

Bis etwa 2003 galt in der Debatte um die Senkung der Arbeitslosenzahlen: Es ist nicht genug Arbeit für alle da. Die weniger werdende Arbeit muss gerecht verteilt werden. Die Gewerkschaften forderten zusätzlich zu kürzeren Arbeitszeiten auch noch mehr Lohn. Das ging lange gut. Auch gegen den Widerstand der Wirtschaft. Doch bei kürzeren Arbeitszeiten zu geringeren Löhnen hätten auch die meisten Unternehmer bei der Arbeitszeitverkürzung mitgemacht. Seit 2004 aber wird gefordert: Wir müssen mehr arbeiten. Damit mehr Arbeitsplätze entstehen.

Ich behaupte: Diese Position ist entweder von Paranoia oder von Perfidie getrieben. (Ich schließe klassische Dummheit angesichts der formalen Bildungsgrade der Beteiligten aus.) Die Intensität der Debatte, die keine ist, weil niemals genau argumentiert wird, hat mittlerweile vielen Beteiligten den (unterstellt) einst vorhandenen gesunden Menschenverstand ausgetrieben.

Ich demonstriere das an einem wichtigen Herrn, der seit Jahren die deutsche und europäische Arbeitsdebatte mitprägt: Hans-Werner Sinn, Präsident des Ifo-Institutes. Seine Begründung findet sich in dem Artikel Warum wir länger arbeiten müssen. Der 14. November 2004 in der Welt am Sonntag erschienen ist.

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/18/18824/1.html

@Shiraffa

Ein Gedicht von Johannes R. Becher, das die aktuelle Lage IMO gut trifft

ja, trifft es! hier noch eins von Kurt Tucholsky, das in dieselbe kerbe haut und heute so aktuell wie damals ist. rolle rückwärts ist angesagt.


1930

Kurt Tucholsky

"Ihr sollt die verfluchten Tarife abbauen..."

"Die freie Wirtschaft"

Ihr sollt die verfluchten Tarife abbauen.
Ihr sollt auf Euren Direktor vertrauen.
Ihr sollt die Schlichtungsausschüsse verlassen.
Ihr sollt alles Weitere dem Chef überlassen.
Kein Betriebsrat quatsche uns mehr herein.
Wir wollen freie Wirtschaftler sein!

Wir diktieren die Preise und die Verträge -
kein Schutzgesetz sei uns im Wege.

Ihr braucht keine Heime für Eure Lungen,
keine Renten und keine Versicherungen.
Ihr solltet Euch allesamt was schämen,
von dem armen Staat noch Geld zu nehmen!
Ihr sollt nicht mehr zusammenstehen
Wollt Ihr wohl auseinandergehen'

Ihr sagt: Die Wirtschaft müsse bestehen.
Eine schöne Wirtschaft! Für wen? Für wen?

Das laufende Band, das sich weiterschiebt,
liefert Waren für Kunden, die es nicht gibt.
Ihr habt durch Entlassung und Lohnabzug sacht
Eure eigene Kundschaft kaputtgemacht.
Denn Deutschland besteht -
Millionäre sind selten
aus -
Arbeitern und aus Angestellten!

Und Eure Bilanz zeigt mit einem Male
einen Saldo mortale.
Während Millionen stempeln gehen.
Die wissen, für wen!
 

kaka

Großmeister
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sorry, wenn ich euch so höre klingt das alles für mich für komplette umverteilung und gemässigten kommunismus. ich dachte, dass wir alle inzwischen aus der geschcihte gelernt hätten...
 

samhain

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@kaka

ich dachte, dass wir alle inzwischen aus der geschcihte gelernt hätten...

dann beschäftige dich doch mal mit der geschichte...und lerne hoffentlich daraus:

01.05.1929: Während der Maikundgebungen kommt es in vielen Städten zu Unruhen. In Berlin gehen 13.000 Polizisten gewaltsam gegen Demonstranten vor. Neun Menschen sterben, 63 werden schwer verletzt ("Blutmai").
25.10.1929: Der "Schwarze Freitag" an der New-Yorker Börse leitet die Weltwirtschaftskrise ein. Der Crash an der Wallstreet hat vor allem für die deutsche Wirtschaft gravierende Folgen. Die kurzfristigen Auslandskredite werden aus Deutschland zurückgezogen. Die Konkurse häufen sich, Arbeitslosenzahl und die Kurzarbeit steigen sprunghaft an.
21.12.1929: Der Reichstag verabschiedet ein Sofortprogramm zur Beilegung der Finanzkrise. Es beinhaltet auch eine Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und der Tabaksteuer.

01.09.1930: Die Reichsregierung erhebt eine "Reichshilfe zur finanziellen Sanierung der Arbeitslosenversicherung": Alle fest angestellten Arbeitnehmer müssen bis Ende März 1931 2,5 % ihres Gehalts abführen. Wegen der sprunghaft gestiegenen Arbeitslosenzahl verfügt die Arbeitslosenversicherung bereits seit Winter 1929 nicht mehr über ausreichende Mittel.
Das Statistische Reichsamt gibt bekannt, dass die Spareinlagen der Deutschen mit rund 10 Mrd. RM den höchsten Stand seit 1923 erlangt haben. Damit ist der Vorkriegsstand noch lange nicht erreicht.
01.12.1930: Reichskanzler Brüning erlässt die Notverordnung zur "Sicherung der Wirtschafts- und Finanzlage", um den Haushalt für 1931 sicherzustellen. Damit umgeht Brüning die parlamentarische Beratung seiner Sanierungspläne.

09.01.1931 Nach einer Notverordnung können von der Regierung eingesetzte Schlichtungskommissionen auch gegen den Widerspruch der Tarifparteien einen Schiedsspruch fällen. Damit wird der Staat zum ausschlaggebenden Faktor bei Tarifverhandlungen.
10.01.1931: Im Tarifkonflikt im Ruhrbergbau beschließt eine Schlichtungskommission mit Zustimmung der Regierung eine sechsprozentige Lohnkürzung, zugleich aber die Rücknahme der Massenkündigungen.
15.03.1931: Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland beträgt fast fünf Mio. Nur die Hälfte von ihnen ist durch die Arbeitslosenversicherung abgesichert. 19 % erhalten Mittel aus der Krisenunterstützung, der Rest ist auf die Wohlfahrt angewiesen. Die wirtschaftlichen und psychologischen Folgen der Weltwirtschaftskrise erzeugen eine allgemeine Katastrophenstimmung und bringen den radikalen Parteien Zulauf.
28.03.1931: Reichspräsident Paul von Hindenburg schränkt mit einer Notverordnung zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen das Versammlungsrecht und die Pressefreiheit ein.
05.06.1931: Reichspräsident Hindenburg erlässt die "2. Notverordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen", die weitreichende Sparmaßnahmen – u.a. einen Leistungsabbau in der Arbeitslosenversicherung – vorsieht. In einem Aufruf an die Gläubigerstaaten Deutschlands fordert die Reichsregierung ein Ende der Reparationen.
11.06.1931: In mehreren Städten veranstaltet die KPD Kundgebungen und "Hungermärsche". Sie will damit auf die Arbeitslosigkeit hinweisen und Arbeitslose mobilisieren.
03.08.1931: Der "freiwillige Arbeitsdienst" wird durch eine Verordnung von Reichsarbeitsminister Adam Stegerwald zur öffentlichen Einrichtung. Arbeitslose können nun zu gemeinnützigen Arbeiten herangezogen werden.
07.09.1931: Die Reichsregierung diskutiert erstmals über Siedlungen für Arbeitslose. Land im Besitz der öffentlichen Hand soll zur Bebauung freigegeben werden. Die Siedler sollen überwiegend "Selbstversorger" werden.
27.09.1931: Die "Dietramszeller Notverordnung" ermächtigt Landesregierungen und Gemeindeverwaltungen, Maßnahmen zum Haushaltausgleich auf dem Verordnungsweg zu regeln.
01.10.1931: Die Höchstdauer der Arbeitslosenunterstützung wird von 26 auf 20 Wochen gekürzt.
06.10.1931: Reichspräsident Hindenburg erlässt die "3. Notverordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung von politischen Ausschreitungen": Rentenbezüge werden gesenkt, und ein Nothaushalt für das zweite Quartal 1932 wird aufgestellt. Auch sollen "Sammelstätten staatsgefährlicher Betätigung" wie die SA-Unterkünfte geschlossen werden.
08.12.1931: Reichspräsident Hindenburg erlässt die "4. Notverordnung zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutz des inneren Friedens". Sie friert die Löhne auf dem Stand von Januar 1927 ein und sieht eine Senkung der Mieten vor; außerdem wird ein Uniformverbot für politische Vereinigungen erlassen.
10.12.1931: Der Leipziger Oberbürgermeister Carl Friedrich Goerdeler wird zum Reichskommissar für Preisüberwachung ernannt.
23.12.1931: WTB-Plan (Woytinski, Tarnow, Baade) zur Arbeitsbeschaffung, eine Initiative aus den Gewerkschaften, wird vorgestellt.
31.12.1931: Die Arbeitslosenzahl erreicht die Höhe von 5,6 Mio.

http://www.gonschior.de/weimar/Deutschland/1931-33.html
http://www.gonschior.de/weimar/Deutschland/1928-30.html

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Ab ins Ausland!

...Eine prima Idee, die man aber nicht nur auf „junge Leute“, sondern auch auf altgediente Politiker anwenden sollte: Angela Merkel sollte sich im Irak bewerben, Schwesterwelle in Afghanistan kandidieren, und am besten nehmen sie Fuchs & Niebel gleich mit. Dies könnte die politische Bühne in Deutschland deutlich entlasten….

writersblog

Zurück ist nicht möglich

Wer freiwillig für einen Euro pro Stunde bei der »hamburger arbeit« einsteigt, kann nicht mehr aussteigen. Bald 10 000 Menschen in der Hansestadt in Beschäftigungstherapie?

http://www.jungewelt.de/2004/11-18/016.php

Lebensarbeitszeit

Nach der Mehrarbeit ist jetzt die Lebensarbeitszeit dran.
Wenn man der Financial Times Deutschland vom 14.11.2004 Glauben schenken darf, dann haben die üblichen übelsten Übeltäter ihre Contergangedanken in eine Art kollektivem Abgesang zelebriert. Allen voran musste natürlich Superwolli Clement, der Minister für Arbeit und Wirtschaft seinen Schnabel aufreißen:

http://www.blogigo.de/machopan/entry/34177
 

kaka

Großmeister
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25. Oktober 2004
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aua samhain, damit schiesst du dir eher selbst ins bein. soll ich jetzt willenlos links und daten zum kommunismus posten? was willst du mir damit sagen?

geissler sagt es ja übrigens klar: er will an der marktwirtschaft festhalten. ihr wollt sie aber anscheinend abschaffen. das kann nur der weg in die falsche richtung sein, davon abgesehen, dass er sich, gott sei dank, nicht durchsetzen lassen wird.

ich gebe geissler im prinzip recht: der globalisierte kapitalismus gerät mehr und mehr aus den fugen. aber eine abschaffung fordere ich deswegen trotzdem nicht.
 
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