Deterministisches Chaos - Richtig verstanden?

Trasher

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antimagnet schrieb:
und rauschen hat auch ein sehr charakteristisches aussehen
Dann beschreibe mir doch mal das Rauschen eines leeren Fernsehkanals.

Für mich ist charakteristisch, wenn das Fernsehbild rot ist, oder ich einen grünen Kreis sehe, oder ein Apfelmännchen. Etwas, was ich selbst aufzeichnen kann.

Wie schaut Rauschen aus? Es rauscht halt. *gg* Keine Ahnung. Ich kann Rauschen nicht beschreiben. Nur statistisch irgendwie. :gruebel:


Was vielleicht auch noch interessant ist, Rauschen ist ohne Informationsverlust nur sehr schwer komprimierbar, da es keine Redundanz enthält. Das Apfelmännchen dagegen kann man auf eine Formel reduzieren.
 

antimagnet

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ich würde es so beschreiben:

jedes pixel hat pro frequenzeinheit die fifty-fifty-chance, schwarz oder weiß zu sein.
 

Trasher

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Tarvoc schrieb:
Trasher schrieb:
Für mich ist Chaos, wenn der Einzelwert in keinem für uns messbaren Zusammenhang mit seinen Nachbarwerten steht

Die Frage ist, ob es dann überhaupt Chaos gibt. Denn es könnte immer sein, dass es einen messbaren Zusammenhang gibt, den wir noch nicht entdeckt haben...
So ist es. Für etwas unerklärbares hat sich der Mensch immer einen Überbegriff ausgedacht. Und wer weiß, vielleicht ist einiges, was wir heute noch Chaos nennen, in Zukunft einmal ein vorhersagbares Phänomen.
Eine interessante Frage ist, ob selbst mit einem Allwissen noch Chaos überbleiben würde.

Im Übrigen ist meine Frage immer noch unbeantwortet, ob und warum man Entropie und Chaos nicht gleichsetzen kann und wo die Unterschiede sind.
Wenn man annimmt, daß Chaos ungeordnet ist, könnte man es wahrscheinlich gleichsetzen.
 

Trasher

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antimagnet schrieb:
ich würde es so beschreiben:

jedes pixel hat pro frequenzeinheit die fifty-fifty-chance, schwarz oder weiß zu sein.
Und ich kann Dir daraufhin tausende Rauschbilder schicken, die dieser Beschreibung genügen. Aber die Mandelbrotmenge gibt es eben nur genau einmal.
 

antimagnet

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ich dachte, die nächste mandelbrotmenge sieht nur so ähnlich aus, nicht identisch.

ach so, ähnlichkeit wurde über die kreuzkorrelation gemessen. ok, die ist bei rauschen null.... hmm... wie ist denn die kreuzkorrelation bei einer sinuskurve (verzeih, wenn das totaler blödsinn ist). und bei einer kontanten? also, ich will die ähnlichkeit zwischen einer sinuskurve und einer konstanten. oder nee, besser noch, sinuskurve und ne lineare steigung. das wäre nach meinem empfinden maximal unähnlich.
 

Artaxerxes

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Die Mandelbrotmenge wird durch Iteration "berechnet", das Rauschen im TV wird ja nur durch die fehlende Signale hervorgerufen und ist schon recht chaotisch. (sieht man mal von der immer vorhandenen Linienabtastung ab)

Ich glaube, Trasher hat Recht mit seiner Annahme, das Chaos nicht kalkulierbar ist. Entropiekurven (in einem geschlossenen System) lassen sich zwar ermitteln. Das meint für mich, den Fortschritt - von der Ordnung zum Chaos - kann man zwar partiell ermitteln (Zeit, Temperatur), der Endzustand ist dann trotzdem chaotisch. Das liegt daran, das Entropie nur zunehmen oder (bei entsprechender Energiezufuhr) gleich bleiben kann.

Vielleicht ist man ja eines fernen Tages mal in der Lage - z. B. beim Wetter - alle Einflüsse zu berücksichtigen um genaue Vorhersagen zu treffen. Bisher haben Computer aber nicht die Rechenleistung um das zu vollbringen. Alle Klimamodelle sind daher - zumindestens bisher - noch Stückwerk.

Gruß Artaxerxes
 

Tarvoc

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Trasher schrieb:
Im Übrigen ist meine Frage immer noch unbeantwortet, ob und warum man Entropie und Chaos nicht gleichsetzen kann und wo die Unterschiede sind.
Wenn man annimmt, daß Chaos ungeordnet ist, könnte man es wahrscheinlich gleichsetzen.

Mit anderen Worten: Ordnung ist nicht das Gegenteil von Chaos, sondern von Entropie. Habe ich das jetzt richtig verstanden?
 

Artaxerxes

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Hallo Tarvoc,

Mit anderen Worten: Ordnung ist nicht das Gegenteil von Chaos, sondern von Entropie. Habe ich das jetzt richtig verstanden?

nun ich will's mal so sagen - Ordnung ist der Anfang, Chaos ist das Ende und der Weg dahin ist Entropie.

Gruß Artaxerxes
 

Trasher

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antimagnet schrieb:
also, ich will die ähnlichkeit zwischen einer sinuskurve und einer konstanten. oder nee, besser noch, sinuskurve und ne lineare steigung. das wäre nach meinem empfinden maximal unähnlich.
Wenn Du die lineare Steigung zeitlich begrenzt, also eine Rampe daraus machst, die außerhalb eines bestimmten Fensters Null ist, dann gibt es ein Ähnlichkeitsmaximum zwischen Sinus und Rampe, welches sich irgendwo zwischen 0 und pi/2 befinden dürfte.
Oder, um es anschaulich zu erklären: Du sendest mit einem Echolot eine Sinuskurve in Richtung Meeresgrund. Das durch verschiedene Effekte verfälschte Echo hat die Form einer Rampe. Wenn Du herausfinden willst, wo sich das ursprüngliche Sinussignal am ehesten "versteckt", dann suchst Du die Stelle, an der die beiden Signale am besten korrelieren. Das wird dann sicherlich irgendwo am ersten positiven Sinusbogen sein, dort ist die Überdeckung am größten.
Würdest Du ein Rauschen senden und ein stark verändertes Rauschen empfangen, dann hättest Du keine Chance, diese Stelle zu finden.

Falls Dich das ausführlicher interessiert, einfach mal nach KKF, AKF googlen. Mathematisch ist das besser darlegbar als in Worten.
 

Tarvoc

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Artaxerxes schrieb:
Ordnung ist der Anfang, Chaos ist das Ende und der Weg dahin ist Entropie.

Das hilft mir jetzt aber nicht wirklich weiter, wenn ich nach einer Definition von Chaos und Unterschieden zur Entropie suche.

Im Übrigen: Wie definiert sich Ordnung und in wie weit ist sie "der Anfang"?
 

antimagnet

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Trasher schrieb:
antimagnet schrieb:
also, ich will die ähnlichkeit zwischen einer sinuskurve und einer konstanten. oder nee, besser noch, sinuskurve und ne lineare steigung. das wäre nach meinem empfinden maximal unähnlich.
Wenn Du die lineare Steigung zeitlich begrenzt, also eine Rampe daraus machst, die außerhalb eines bestimmten Fensters Null ist, dann gibt es ein Ähnlichkeitsmaximum zwischen Sinus und Rampe, welches sich irgendwo zwischen 0 und pi/2 befinden dürfte.
Oder, um es anschaulich zu erklären: Du sendest mit einem Echolot eine Sinuskurve in Richtung Meeresgrund. Das durch verschiedene Effekte verfälschte Echo hat die Form einer Rampe. Wenn Du herausfinden willst, wo sich das ursprüngliche Sinussignal am ehesten "versteckt", dann suchst Du die Stelle, an der die beiden Signale am besten korrelieren. Das wird dann sicherlich irgendwo am ersten positiven Sinusbogen sein, dort ist die Überdeckung am größten.
Würdest Du ein Rauschen senden und ein stark verändertes Rauschen empfangen, dann hättest Du keine Chance, diese Stelle zu finden.

Falls Dich das ausführlicher interessiert, einfach mal nach KKF, AKF googlen. Mathematisch ist das besser darlegbar als in Worten.

hab gegoogelt, und hab auch gleich ne seite gefunden, die mir exakt das zeigt, was du meinstest. denke ich...

http://ftsu01.nue.tu-berlin.de:8080/korrelation/

aber das hab ich nicht gemeint. denke ich. mit maximal unähnlich meinte ich, dass eine sinus-welle nur innerhalb eines bestimmten intervalls stattfindet und "irgendwie konstant nach rechts" geht. während eine lineare steigung immer größer wird, also nicht in einem begrenzten intervall stattfindet. außerdem gibts da die wellenform nicht. ok, inwiefern ein weißes rauschen da ähnlicher sein soll, weiß ich auch nicht. aber ein weißes rauschen ist ja sich selbst schon maximal unähnlich. zumindest nach der kreuzkorrelation. ich finde aber, dass ein weißes rauschen sich selbst (oder einem anderen) schon irgendwie gleicht. vielleicht bräuchte man da ein anderes ähnlichkeitsmaß, um diese art von gleichheit zu betrachten.

es ist aber auch vertrackt. pearsons korrelationskoeffizient hab ich ja drauf, deswegen find ich das auch grad sehr interessant. aber wenns zu physikalisch wird, schaltet mein gehirn ab. da komm ich nicht mehr mit.

:gruebel:
 

Artaxerxes

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Hallo Tarvoc,

ist nicht ganz so einfach zu definieren, will es aber mal an einem Beispiel festmachen.

Da hat jemand - sagen wir mal in Meissen - aus Ton und Kaolin und einigen anderen Sachen eine schöne Kaffeetasse geformt und dann anschließend gebrannt, glasiert und nochmal gebrannt - mit einem erheblichen Energieraufwand!

Die Tasse ist dann ein durchaus geordnetes Objekt - wie viele andere Tassen auch, sie ist bestimmbar und auch - aufgrund der eingesetzten Energie langlebig, d. h. sie könnte in 1.000 Jahren noch so aussehen wie heute, wenn sie in einem geschlossenen System (Schrank) stehen würde.

Nun greift jemand in dieses System ein, meint er nimmt die Tasse aus dem Schrank und kann sie nicht festhalten. Die Tasse zerschellt am Boden. Hier haben wir ein klassisches Beispiel von Entropie, sie bleibt gleich (die Tasse bleibt im Schrank) oder nimmt zu (die Tasse wird zerstört).

Entropie ist immer irreversibel (nicht umkehrbar), d. h. die Scherben der Tasse versetzen sich nie wieder in einen geordneten Zustand - also die Tasse - zurück!

Entropie endet auch nicht in einem geordneten System, d. h. die Scherben der Tasse bilden keinen neuen Teller oder zwei Moccatassen, nachdem sie heruntergefallen ist!

Man kann auch die Art und Anzahl der entstehenden Scherben nicht vorhersagen (kalkulieren) - man kann diese nur, nach dem Ereignis messen. Das heißt, wir finden die Scherben, nach dem Ereignis, in einem chaotischen Zustand vor.

Gruß Artaxerxes
 

Karrackoo

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@Artaxerxes
Verdammt gutes Beispiel :)
Das würde also bedeuten, dass jetzt solange nichts weiteres paissert, die Entropie wieder gleichbleibt. Wenn jetzt aber, sagen wir mal der Hund darüber rennt und die Scherben noch mehr verteilt, nimmt die Entropie (oder der entropische Zustand?) noch mehr zu.
Falls dies so ist, frag ich mich aber ob es denn einen maximalen entropischen Zustand gibt?

Artaxerxes schrieb:
Ordnung ist der Anfang, Chaos ist das Ende und der Weg dahin ist Entropie.

Demnach müsste Chaos = maximale Entropie sein?
Aber ab welchem Punkt ist diese erreicht?

Und noch was, ein Wassertropfen fällt ja auch nicht entropisch auseinander sondern ordnet sich zu einer bestimmten Form. Dies wäre ja genau verkehrt?
 

Trasher

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antimagnet schrieb:
ich finde aber, dass ein weißes rauschen sich selbst (oder einem anderen) schon irgendwie gleicht. vielleicht bräuchte man da ein anderes ähnlichkeitsmaß, um diese art von gleichheit zu betrachten.
Ich glaube, das ist einfach der subjektive Eindruck. Wir erkennen natürlich sofort, daß ein Kanal leer ist, daß es dort rauscht. An sich gibt es ja ein Muster, nur eben ein chaotisches. Wahrscheinlich ist es aber einfach die Infomationslosigkeit des Rauschens, welches es für uns so unverwechselbar macht.
 

antimagnet

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Ich glaube, das ist einfach der subjektive Eindruck.

ja - und nein.


der eindruck ist insofern subjektiv, als dass ich meine wahrnehmungsorgane gebrauche, um ähnlichkeit festzustellen, und darauf basierend fordere, auch hier müsse es doch ein ähnlichkeitsmaß geben.

er ist aber insofern nicht mehr subjektiv (besser: "wäre", denn ich müsste das noch untersuchen), als dass nicht nur ich diesen eindruck habe, sondern ganz, ganz viele menschen. ich kann das intersubjektiv nachvollziehbar machen. und durch mein neues ähnlichkeitsmaß könnte ich das dann exakt quantifizieren - sodass wir das dann objektiv nennen. obwohl auch das nur intersubjektiv nachvollziehbar heißen müsste. aber das gilt für jede form der objektivität. für wahre objektivität bräuchten wir ein gottgleiches außenkriterium, welche nachgewiesenermaßen immer die wahrheit spricht. das gibts aber nicht, so dass es eigentlich immer um intersubjektive nachvollziehbarkeit geht. das ist aber auch nicht schlimm, dass wir das dann objektiv nennen, denn wie gesagt, dass ist die einzige art von objektivität, die wir haben. jetzt gehts aber sehr von thema weg...
 

Tarvoc

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Trasher schrieb:
An sich gibt es ja ein Muster, nur eben ein chaotisches.

Ahaaaa! Also ist Chaos nicht das Selbe wie Strukturlosigkeit?

Trasher schrieb:
Wahrscheinlich ist es aber einfach die Infomationslosigkeit des Rauschens, welches es für uns so unverwechselbar macht.

Oder wir brauchen hier mehr synergetische Wahrnehmung. :roll: :mrgreen:
 

Artaxerxes

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Hallo Karrackoo,

mein Beispiel war eher etwas simpel - in Wirklichkeit ist Entropie wesentlich komplizierter. Damit Entropie nicht zunimmt, muss eine gewisse Energieversorgung gewährleistet sein. Dies kann jedoch nur für den Idealfall gemeint sein.

In Wirklichkeit nimmt die Entropie ständig zu. Basalt z. B. ist ein Ergußgestein, dass mit einem extremen Energieaufwand gebildet wurde und daher sehr langlebig ist. Trotzdem verursacht die Verwitterung - über einen gewissen Zeitraum - dessen Zerstörung. Übrig bleiben nur chaotische Überreste.

Gruß Artaxerxes
 

Karrackoo

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Ich hab noch mit einre anderen Person darüber gesprochen und die hat mir das ähnlich erklärt.
Du hast auch geschriben, dass Entropie irreversibel ist. Das müsste aber bedeuten, dass wir mit unserer Ordnung gegen Windmühlen kämpfen und so immer mehr Chaos entsteht bis es irgendwann nur noch Chaos gibt. Und was dann (wenn das ganze Universum in einzelne Atome zerfallen ist)?
Scheint so als müssten wir, um die Entropie aufzuhalten, einfach schneller als sie sein...
Im Moment fältt mir dazu irgendwie nichts mehr ein :roll:
 

spriessling

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Es wird dann keine Atome mehr geben, sondern nur noch die kosmische Hintergrundstrahlung. werden die Menschheit aber vermutlich nicht mehr erleben.
 

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