Spiegel Online hat sich sogar aus dem Google Cache löschen lassen um zu verhindern das einer ihre Artikel ließt ohne zu zahlen! Ich glaub nicht das die es gut finden, wenn du die hier postest! Ich hab diese also erstmal entfernt. Zudem finde ich so ein kommentarloses Sammelsurium von Artikeln, grad in dieser länge auch unnötig! Die Meinung der Forenleitung dazu ist dir sicher bekannt! Betrachte dich als zum aller letzten mal verwarnt!!
Lazarus
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Ein Grund, warum Hitler in jenen Jahren [in der zweiten Hälfte der 20er Jahre] als Redner nur begrenzt zur Verfügung stand, waren seine vielen Reisen, auf denen er versuchte, wichtige Kontakte zu knüpfen und Gelder für die chronisch leeren Parteikassen aufzutreiben. Bei einer Partei im politischen Abseits überrascht es nicht, wenn diese Anstrengungen nur wenig einbrachten. Obwohl Hitler, entgegen der Vorlieben der "Sozialrevolutionäre" in der NSDAP, bei einigen Reden 1926 und 1927 die Industriellen und Geschäftsleute im Ruhrgebiet hofierte und dabei guten Anklang fand, zeigten diese nur geringes Interesse an einer Partei, die offenbar keine Zukunft hatte. Die Bechsteins und Bruckmanns, langjährige Gönner der Partei, spendeten weiterhin großzügig. Doch der betagte Emil Kirdorf, den Frau Bruckmann mit Hitler persönlich bekannt gemacht hatte, war praktisch der einzige unter den führenden Ruhrgebietsindustriellen, der so weit mit Hitler sympathisierte, daß er der NSDAP beitrat, 100 000 Mark spendete und damit viel zur Überwindung der unmittelbaren Nöte der Partei beitrug. Dessen ungeachtet hing die NSDAP nach wie vor in der Hauptsache von den Beiträgen der einfachen Mitgleider ab. Somit bereitete der Stillstand oder im besten Fall das langsame Wachstum der Mitgliederzahlen dem Schatzmeister Kopfzerbrechen. [...]
Schacht legte zu der Zeit [Anfang 1931] Brüning die Aufnahme der NSDAP in eine Koalition nahe, wobei er vermutlich dachte, die Regierungsverantwortung werde sie "zähmen". Auf ähnliche Weise hatte Thyssen, den der Korporatismus im Programm der NSDAP anzog, dem Reichskanzler gegenüber die Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten befürwortet. Weder Schacht noch Thyssen waren indes repräsentativ für die Großunternehmer.
Während der zwanziger Jahre hatten Wirtschaftsführer nur geringes Interesse an der NSDAP gezeigt, einer bedeutungslosen Partei am äußersten Rand, die offenbar keine Aussichten auf Macht oder Einfluß besaß. Das Wahlergebnis von 1930 hatte die Wirtschaft gezwungen, Hitlers Partei zur Kenntnis zu nehmen. Man arrangierte eine Reihe von Veranstaltungen, bei denen Hitler seine Ziele vor prominenten Wirtschaftsleuten darlegte. Ende September 1930 unterbreitete er seine Ansichten dem früheren Kanzler und jetzigen Chef der Hamburg-Amerika-Linie, Wilhelm Cuno, dem nachgesagt wurde, er überlege, mit Unterstützung der NSDAP für das Amt des Reichspräsidenten zu kandidieren, wenn Hindenburgs Amtszeit 1932 auslief. Cuno war von Hitler beeindruckt, der ein "gemäßigtes" Wirtschaftsprogramm vorstellte, das den Kapitalismus aufrechterhielt und behauptete, unter der NS-Herrschaft werde es nicht zu gewaltsamen Judenverfolgungen kommen.
Hitler sprach bei einer von Cuno arrangierten Veranstaltung abermals im Hamburger Nationalklub und vor einer Gruppe von Ruhrindustriellen im Haus von Emil Kirdorf, dem betagten Kohlemagnaten und langjährigen NS-Sympathisanten, in der Nähe von Mülheim an der Ruhr. Anfang 1931 folgten weitere Treffen in Hitlers Suite im Hotel Kaiserhof, initiiert von Walther Funk, dem früheren Herausgeber der Berliner Börsenzeitung, mit einer Reihe von Wirtschaftsführern, die für den Fall eines Putschversuchs von links angeblich beträchtliche Geldsummen versprachen. Weder Hitler noch Göring mit seinen guten Verbindungen zur Führungsetage der Wirtschaft gelang es bei derartigen Zusammenkünften, die Sorgen der meisten Wirtschaftsführer zu zerstreuen, die die NSDAP für eine sozialistische Partei mit radikalen antikapitalistischen Zielen hielten. Viele hielten Hitler für einen "Gemäßigten". Der günstige Eindruck, den Hitler selbst machte, reichte nicht aus, um das "sozialistische" Image seiner Partei in den Augen vieler Geschäftsmänner zu löschen. Die Unterstützung der NS-Bewegung für den Berliner Metallarbeiterstreik im Herbst 1930 und die Teilnahme der Ersatzgewerkschaft der NSDAP, der Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation (NSBO) bei vier Streiks im folgenden Jahr schienen neben der fortgesetzten antikapitalistischen Rhetorik mancher Parteisprecher lebendige Beweise für die "gefährlichen" Tendenzen der Partei.
Trotz der wachsenden Desillusionierung gegenüber der Regierung Brüning behielten die meisten "Industriekapitäne" ihre gesunde Skepsis in bezug auf die Hitlerbewegung auch 1931 bei. Es gab Ausnahmen wie zum Beispiel Thyssen, aber im allgemeinen sahen vor allem die Besitzer von kleinen und mittelständischen Betrieben in der NSDAP eine zunehmend attraktive Alternative. Die Geschichte, die der spätere Reichspressechef Otto Dietrich in seinen Memoiren in Umlauf setzte, daß Hitler in der zweiten Jahreshälfte 1931 pausenlos mit seinem Mercedes durch Deutschland gefahren sei, mit Wirtschaftsführern gesprochen und ihren Widerstand gegen die NSDAP gebrochen habe, war nur Versatzstück vom Mythos, Hitler habe die Macht über die Herzen und Köpfe aller Schichten des deutschen Volkes gewonnen. Auch die damalige Ansicht der Linken, die NS-Bewegung sei ein Geschöpf des Großkapitals und werde finanziell durch dieses gestützt, entbehrte jeder soliden Grundlage. Die meisten führenden Wirtschaftsvertreter und –manager waren nach dem "Durchbruch" klug genug, ihre Parteispenden, gewissermaßen als eine Art Rückversicherung, breit zu streuen. Das meiste Geld floß immer noch an die politischen Gegner der Nationalsozialisten, die Rechtskonservativen. Die Wirtschaftsbosse waren zwar keine Freunde der Demokratie, aber die meisten wollten keine nationalsozialistisch geführte Regierung.
Die Konstellation bleib im Jahr 1932 weitgehend unverändert, das von Wahlkämpfen beherrscht wurde, in deren Verlauf der Weimarer Staat in eine allumfassende Krise schlitterte. Hitlers mit großem publizistischen Aufwand begleitete Rede am 27. Januar 1932 im großen Ballhaus des Düsseldorfer Parkhotels vor etwa 650 Mitgliedern des dortigen Industrie-Clubs konnte, ungeachtet späterer Behauptungen der NS-Propaganda, die Skepsis der Wirtschaftsführer nicht abschwächen. Die Rede rief gemischte Reaktionen hervor, und viele registrierten enttäuscht, daß Hitler nichts Neues gesagt und detaillierte wirtschaftliche Erörterungen vermieden hatte. Unterdessen deutete einiges auf Unzufriedenheit unter den Arbeitern in der Partei, weil ihr Führer sich mit den Industriebossen verbrüderte. Die verstärkte antikapitalistische Rhetorik, die Hitler nicht ersticken konnte, beunruhigte die Wirtschaft nach wie vor. Während der Wahlkämpfe um das Amt des Reichspräsidenten im Frühjahr 1932 standen die meisten Wirtschaftsführer fest hinter Hindenburg, Hitlers Kandidatur unterstützten sie nicht. Und während der Kampagnen für den Reichstag im Sommer und Herbst unterstützte die Wirtschaft überwiegend die Parteien, die dem Kabinett Franz von Papens den Rücken stärkten.
Papen, ein Vertreter des Establishments aus einer westfälischen Adelsfamilie und mit der Tochter eines Saarindustriellen verheiratet, unterhielt gute Verbindungen zu Industriellen, Großgrundbesitzern und Reichswehroffizieren. Politisch eher ein Leichtgewicht und Dilettant, verkörperte er den eingefleischten Konservatismus, reaktionäre Tendenzen und den Wunsch zur Rückkehr zum "traditionellen" autoritären Regime der deutschen Oberschicht. Im Vergleich mit Papen war Hitler der unberechenbare Außenseiter. Es überraschte niemanden, daß Papen und nicht Hitler als Favorit der Großindustrie galt. Erst im Herbst 1932, als Papen durch General Kurt von Schleicher – den Motor der meisten politischen Intrigen, der Anfang und Ende von Regierungen bestimmte – abgesetzt und abgelöst wurde, machten die meisten Wirtschaftsführer, die die Wirtschaftspolitik des neuen Kanzlers und seine Annäherung an die Gewerkschaften besorgt betrachteten, eine Kehrtwendung.
Die NSDAP finanzierte ihre Arbeit vor der "Machtergreifung" weiterhin überwiegend durch Mitgliedsbeiträge und das Eintrittsgeld für Parteiveranstaltungen. Was aus dem Umfeld freundlich gesonnener Wirtschaftsbosse beigesteuert wurde, diente eher dem Wohl einzelner NS-Größen als der Partei insgesamt. Göring, der ein enormes Einkommen benötigte, um seinen aufwendigen Lebensstil und sein Luxusbedürfnis zu fianzieren, war ein besonderer Nutznießer solcher Freigebigkeit. Vor allem Thyssen bedachte ihn mit großzügigen Zuschüssen, die Göring, der seine Besucher gern in eine rote Toga gehüllt und mit spitzen Pantoffeln wie ein Sultan im Harem in seiner prächtig eingerichteten Berliner Wohnung willkommen hieß, leichthin für einen feudalen Lebensstil verwendete. Desgleichen nutzte Walther Funk, einer von Hitlers Mittelsmännern zu führenden Industriellen, seine Kontakte, um die eigenen Taschen zu füllen. Auch Gregor Strasser gehörte zu den Empfängern. Die Korruption steckte jeden an.
(Aus: Ian Kershaw: Hitler 1889-1936, Stuttgart 1998, S. 383, 449-452)
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Die finanzielle Basis der Partei bildeten zweifellos die Mitgliedsbeiträge, kleinere Spenden opferwilliger Anhänger, Eintrittsgelder zu den Redeauftritten Hitlers oder Sammlungen, die unter den Kundgebungsteilnehmern veranstaltet wurden und oft mehrere tausend Mark einbrachten. Einige der früheren Gefolgsleute haben sich auch, wie der am 9. November vor der Feldherrnhalle umgekommene Oskar Körner, der einen kleinen Spielwarenladen besaß, zugunsten der Partei nahezu ruiniert, Geschäftsinhaber halfen mit Rabattscheinen, andere gaben Schmuck oder Kunstgegenstände, alleinstehende Anhängerinnen, die sich im Taumel nächtlicher Kundgebungen von der Erscheinung Hitlers zu nicht mehr erhofften Gefühlsaufschwüngen gebracht sahen, vermachten der NSDAP testamentarisch ihre Hinterlassenschaft. Vermögende Freunde wie die Bechsteins, die Bruckmanns oder Ernst "Putzi" Hanfstaengl halfen mit zuweilen hohen Beträgen. Auch fand die Partei Wege, ihre Mitglieder über die Beitragsleistung hinaus für die Beschaffung der Mittel zu aktivieren, indem sie unverzinsliche Schuldscheine ausgab, die von den Anhängern erworden und vertrieben werden mußten, laut polizeilicher Ermittlung wurden allein im ersten Halbjahr 1921 nicht weniger als 40 000 Schulscheine über je zehn Mark ausgegeben.
Gleichwohl litt die Partei in den ersten Jahren unter anhaltendem Geldmangel und konnte sich noch Mitte 1921 nicht einmal einen eigenen Kassierer leisten, mitunter fehlte den Plakatkolonnen, dem Bericht eines der früheren Miglieder zufolge, sogar das Geld für den benötigten Klebstoff, und im Herbst 1921 mußte Hitler aus finanziellen Gründen auf die Abhaltung geplanter Großveranstaltungen im Zirkus Krone verzichten. Die materielle Misere besserte sich erst vom Sommer 1922 an, als die Partei sich dank ihrer fieberhaften Aktivität immer auffälliger zu machen begann. Von da an fand sie zunehmend intensivere Kontakte zu einem Netz von Gönnern und Geldgebern, nicht Parteigänger im eigentlichen Sinne, sondern Vertreter der begüterten, von der kommunistischen Revolutionsdrohung verschreckten bürgerlichen Gesellschaft. In der Organisation ihrer Gegenwehr unterstützten sie alle widerstandswilligen Kräfte von den militanten Kampforganisationen der Rechten bis zu sektiererischen Wochenblättchen oder jener kraus blühenden Tagesschriftstellerei von protestierender Gesinnung, und richtig ist wohl, daß sie weniger Hitler nach oben helfen als sich der energischen Kraft gegen die Revolution bedienen wollten. [...]
Die Beweggründe für die Unterstützungen, die der Partei geleistet wurden, waren so unterschiedlich wie deren Herkunft. Zwar trifft zu, daß die spektakulären Unternehmungen Hitlers seit dem Sommer 1922 nicht ohne sie zu denken sind; doch richtig bleibt auch, daß der ungestüm aufsteigende Demagoge, der nach Jahren der Einzelgängerei und Menschenferne erstmals und rauschhaft das Gefühl der eigenen Unwiderstehlichkeit erlebte, für die materiellen Hilfeleistungen keine bindenden Verpflichtungen einging. Der antikapitalistische Affekt des Nationalsozialismus ist vom eifersüchtigen linken Zeitgeist niemals wirklich ernst genommen worden, weil er dumpf und rational unbegründet blieb; tatsächlich kam er auch im Protest gegen Wucherer, Schieber und Warenhäuser über die Perspektive von Hausmeistern und Ladenbesitzern nicht eigentlich hinaus. Doch daß er keine blitzenden System vorweisen konnte, hat der Glaubwürdigkeit seiner Empörung eher gedient, auch wenn er nur die Moral, nicht aber die materiellen Grundlagen der besitzenden Klassen in Frage stellte. Den werbewirksamen Irrationalismus der Bewegung hat einer der frühen Parteiredner überzeugend zum Ausdruck gebracht, als er den verzweifelten, unruhigen Massen zurief: "Geduldet euch nur noch kurze Zeit! Dann aber, wenn wir euch rufen, dann schont die Sparkassen, denn dort haben wir Proletarier unsere Sparpfennige, aber stürmt die Großbanken, nehmt alles Geld, das ihr dort findet, und werft es auf die Straße und zündet den großen Haufen an! Und an die Galgen der Straßenbahn hängt die schwarzen und die weißen Juden!"
Mit ähnlichen Ausbrüchen, ähnlich gefühlsbestimmt, hat auch Hitler, gerade vor dem düsteren Hintergrund der Inflation und des Massenelends, mit der immer wiederkehrenden großen Anklage gegen die Verlogenheit des Kapitalismus beträchtliche Anhängerschaften mobilisiert, allen kapitalistischen Zuwendungen zum Trotz. Max Amann, der Geschäftsführer der Partei, hat in seiner Vernehmung durch die Münchener Polizei kurz nach dem Putschversuch vom November 1923 behauptet, daß Hitler den Geldgebern "als Quittung lediglich das Parteiprogramm gegeben" habe, und trotz aller Zweifel im ganzen kann man davon ausgehen, daß mehr als taktische Zugeständnisse von ihm nicht erreichbar waren – wie überhaupt die Vorstellung korrupter Züge dem Bilde dieses Mannes eigentümlich unangemessen ist; sie unterschätzt seine Starre, das inzwischen gewonnen Selbstbewußtsein und die Macht seiner Wahngebilde. [...]
So ist die vielbeschworene "Harzburger Front" eher ein Begriff der politischen Mythologie als einer der wirklichen Geschichte. Sie gilt als eines der grandiosen Beweisstücke für jene Verschwörungstheorie, die in der Vorgeschichte des Dritten Reiches eine Kette finsterer Machinationen sieht und sich dabei vornehmlich von jenen ordensbesternten Brüsten, den Gehröcken und Standesallüren blenden läßt, die Hitler mit so viel besserem Recht verachtete; vor allem gilt sie als die Selbstenthüllung des Komplotts zwischen Hitler und dem Großkapital.
Unstreitig gab es ein Netz von Verbindungen zwischen dem Führer der NSDAP und einer Anzahl einflußgebietender Unternehmer, und ebenso sicher ist, daß die Partei materiellen Nutzen sowie ein gesteigerte Prestige aus diesen Beziehungen erlangte. Aber was ihr zugute kam, wurde den zerbröckelnden Parteien der Mitte früher, ebensolange und in erheblich höherem Maße zuteil. Weder die Stimmengewinne der einen noch die Verluste der anderen werden durch diese vermögenden Gönnerschaften erklärt. Wiederholt hat Hitler die Zurückhaltung der Unternehmer beklagt, Mussolini habe es, so meinte er, "in seinem Kampfe viel leichter gehabt, da er die italienische Industrie auf seiner Seite gehabt hat... Was tut die deutsche Industrie für die Widergeburt des deutschen Volkes – nichts!" Noch im April 1932 zeigt er sich bestürzt darüber, daß die zusammengeschmolzene DVP höhere Beträge von der Industrie bezog als seine eigene Partei, und als Walter Funk gegen Ende des Jahres eine Bettelreise durch das Ruhrgebiet unternahm, erhielt er nur einen einzigen Betrag zwischen zwanzig- und dreißigtausend Mark. Überhaupt wird der Umfang dieser Hilfeleistungen weitaus zu hoch angesetzt. Wer die Schätzng von rund sechs Millionen zwischen 1930 und dem 30. Januar 1933 für realistisch hält, würde selbst mit dem doppelten Betrag keine Parteiorganisation mit rund zehntausend Ortsgruppen und einem ausgedehnten Funktionärskorps, einer Privatarmee von annähernd einer halben Million Mann sowie die zwölf aufwendig geführten Wahlkämpfe des Jahres 1932 finanzieren können: Der Jahresetat der NSDAP lag tatsächlich, wie Konrad Heiden ermittelt hat, zu dieser Zeit bei siebzig bis neunzig Millionen Mark, und solche Größenordnungen waren es, die Hitler veranlaßten, sich gelegentlich ironisch als einen großen deutschen Wirtschaftsführer zu bezeichnen.
Keineswegs zufällig neigt die Verschwörungstheorie, selbst in ihren seriösen Zeugnissen, zu breiten und unscharfen Begriffen, um "das" Großkapital und die NSDAP zusammenzuführen, während auf der Ebene pseudo-wissenschaftlicher Polemik Hitler allen Ernstes zum "mühselig hochgespielten und teuer bezahlten politischen Kandidaten" einer im Hintergrund wirkenden "Nazi-Clique", zu ihrem "Public-Relations"-Manager, wird. Im Gegensatz dazu gab es deutlich divergierende Interessen zwischen den einzelnen Unternehmern sowie den Unternehmenszweigen. Sowohl die Exportunternehmer, die Börsenkreise und die Inhaber großer Warenhäuser als auch die chemische Industrie und die alten Familienunternehmen wie Krupp, Hoesch, Bosch oder Klöckner standen der Hitlerpartei zumindest vor 1933 mit beträchtlichem, zumeist durch wirtschaftliche Überlegungen motiviertem Vorbehalt gegenüber, ganz abgesehen von der nicht unerheblichen Zahl jüdischer Unternehmen. Otto Dietrich, der Hitler zu einem Teil seiner Kontakte mit der rheinisch-westfälischen Großindustrie verholfen hat, beklagte in einem zeitgenössischen Bericht die Weigerung der Wirtschaft, "in der Zeit unseres härtesten Kampfes... an Hitler zu glauben". Noch Anfang 1932 seien "starke Herde des wirtschaftlichen Widerstandes" spürbar gewesen, und Hitlers berühmte Rede vor dem Düsseldorfer Industrieklub vom 26. Januar 1932 sollte gerade ihrer Überwindung dienen. Die finanziellen Mittel, die der Partei im Anschluß daran gewährt wurden, beseitigten zwar die dringendsten Sorgen, erreichten aber nicht den erwarteten Umfang. Nicht einmal eine Ende 1932 von Schacht, dem Bankier v. Schroeder und Albert Vögler aufgesetzte Petition an Hindenburg, Hitler zum Kanzler zu ernennen, hatte Erfolg; die Mehrzahl der aufgeforderten Unternehmer weigerte sich, ihre Unterschrift herzugeben. Die Schwerindustrie, klagte Schacht in einem Brief an Hitler, trage ihren Namen zu Recht; denn sie entschließe sich schwer.
Die Theorie vom engen instrumentalen Bündnis zwischen Hitler und dem Großkapital weiß aber auch nicht zu begründen, warum die Millionen Wähler sich so erhebliche Zeit vor den Millionen der Industrie einfanden; als Hitler die Düsseldorfer Rede hielt, hatte seine Partei weit über 800 000 Mitglieder und schätzungsweise über zehn Millionen Wähler. Sie waren seine Basis, und die "große antikapitalistische Sehnsucht", die sie erfüllte, zwang ihn stärker als die eigenwilligen und widerspenstigen Unternehmer zur Rücksichtsnahme. Den Industriellen opferte er nicht viel mehr als den Räsoneur Otto Strasser, der auch ihm verhaßt war, und begründete ihnen gegenüber die Teilnahme seiner Anhänger am Berliner Metallarbeiterstreik brüsk damit, daß streikende Nationalsozialisten immer noch besser seien als streikende Marxisten. Am wenigsten vermag die These von der Hitlerpartei im Solde des Kapitals jedoch die Frage zu klären, auf die sie eigentlich Antwort sein will: warum diese neuartige, aus dem Nichts aufgetauchte Massenbewegung die traditionsreiche und hervorragend organisierte deutsche Linke so mühelos überflügeln konnte; die These ist denn auch eher eine Sache des Dämonenglaubens oder der marxistischen Orthodoxie, und im einen wie im anderen Falle ein Ausdruck linken Rationalitätsverlusts, gleichsam "der Antisemitismus der Linken!"
(Aus: Joachim Fest: Hitler. Eine Biographie, Neuaufl., Berlin 1999, S. 255-257, 446-448)
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Viele Zeitgenossen und nachträgliche Interpreten konnten sich Aufstieg und Erfolg der nationalsozialistischen Massenbewegung nicht anders erklären als durch einen Kauf-, Manipulations- oder Verschwörungsakt seitens des Großkapitals; andere deuteten den Nationalsozialismus als eine unter bestimmten Krisenbedingungen auftretende Konsequenz des kapitalistischen Wirtschafts- und Gesellschaftssystems. "Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen." Diese Forderung von Max Horkheimer, 1939 unter dem Eindruck eines scheinbar unaufhaltsamen Siegeszuges des Nationalsozialismus formuliert, wurde zum Leitmotiv unzähliger Abhandlungen. Nicht selten hat die gebetsmühlenartige Wiederholung solcher und anderer Formeln vom Zwang zum eigenen Nachdenken befreit und eine scheinbare eingängige Erklärung für das Unfaßbare gegeben. [...]
Was die NSDAP zwischen 1930 und 1933 an Mitteln von der Großindustrie nachweislich erhalten hat, war offenbar nur ein Bruchteil dessen, was dieselben Geldgeber in jenen Jahren an die Rivalen der Nazis aus dem Spektrum der bürgerlich-konservativen Parteien zahlten. Nichts Verläßliches wissen wir über die Zahlungen und Einflußnahmen der vielen kleinen und mittleren Unternehmen auf regionaler Ebene, die sich von ihrer Unterstützung der NSDAP gerade einen Schutz ihrer mittelständischen Interessen vor dem großen Kapital versprachen. Aus der mittelständischen Anhängerschaft kam auch ein großer Teil der Selbstfinanzierung der Partei, die beträchtlich war. So betrug im Gau Rheinland der Spendenanteil an den Gesamteinnahmen nur 5 Prozent, hingegen kamen 80 Prozent aus Beiträgen und Unterstützungen der Mitglieder.
Kein Zweifel, die NSDAP finanzierte sich vor allem selbst. Keine andere Partei konnte es sich leisten, für ihre Veranstaltungen und Kundgebungen Eintrittsgelder zu verlangen, die Glaubens- und Opferbereitschaft der Massen auch finanziell auszunutzen oder die Popularität ihrer Führer in klingende Münze umzusetzen. Auch schreckten manche Gau- und Ortsgruppenleiter nicht davor zurück, regelrechte Tributzahlungen und Gewinnanteile von Geschäftsleuten zu verlangen. Trotzdem herrschte in den Jahren der permanenten Wahlkämpfe eine fast chronische Geldknappheit in der NSDAP. Daß die Zuwendungen der Industrie diese Löcher bei weitem nicht stopfen konnten, belegt eine Klage Hjalmar Schachts, Kontaktmann und Aushängeschild der NSDAP zur Industrie- und Bankenwelt vom November 1932: "Die Schwerindustrie", schrieb er an Hitler, "trägt ihren namen 'Schwerindustrie' mit Recht von ihrer Schwerfälligkeit." Geld war es nicht, was die Machtergreifung Hitlers herbeiführte, weder in qualitativer noch in quantitaver Hinsicht. [...]
Dies ist der Hintergrund der viel zitierten Eingabe vom 19. November 1932 an Hindenburg, Hitler als "dem Führer der größten nationalen Gruppe" die Reichskanzlerschaft zu übertragen. Das war nicht der Auftakt einer großen Offensive einer Mehrheitsgruppe deutscher Industrieller für den Nationalsozialismus, sondern ist ganz im Gegenteil als "der angestrengte Versuch der nationalsozialistisch orientierten Großlandwirtschaft und des Hitler-Flügels der Industrie zu interpretieren, die 'letzte Chance' einer faschistischen Krisenlösung wahrzunehmen und zu realisieren."
Parteigänger des Nationalsozialismus waren zu diesem Zeitpunkt neben den Agrariern vom Reichslandbund nur Thyssen und Schacht und mit ihnen die Mitglieder des sogenannten Keppler-Kreises, zu dem mit Ausnahme von Albert Vögler von den Vereinigten Stahlwerken und dem Bankier Kurt v. Schröder nur Wirtschaftsvertreter aus dem zweiten und dritten Glied der Eisen- und Stahlindustrie gehörten. Auch der Keppler-Kreis war ein Produkt jener intensiven Annäherungsphase des Frühjahrs 1932 zwischen Industrie und NSDAP, wobei nicht die Wirtschaft mit dem Ziel der Einflußnahme auf die NSDAP die Initiative ergriffen hatte. Es war vielmehr umgekehrt: der Hitler ergebene Wilhelm Keppler, Inhaber einer Gelatine-Fabrik, sammelte für die NSDAP einen wirtschaftspolitischen Beraterkreis von Gefolgsleuten der NSDAP, aus dem später einmal der Freundeskreis Himmler werden sollte. Auch Schacht wechselte noch im Jahre 1932 zu diesem Kreis über, von dem er sich offenbar mehr Wirkungsmöglichkeiten versprach, und kehrte seiner eigenen Arbeitsstelle den Rücken. Der Unterschied zwischen beiden Arbeitskreisen erscheint auf den ersten Blick gering, und doch ist er von grundsätzlicher Bedeutung. Die Arbeitsstelle Schacht war ein Versuch, aus der Schwerindustrie heraus auf die NSDAP Einfluß zu nehmen; sie wäre mithin ein Beweis für den Verdacht, daß der Nationalsozialismus nichts anderes als der Büttel des Kapitals gewesen ist. Aber dieses Experiment ist sofort wieder aufgegeben worden. Es blieb beim Kreis der bereits für die NSDAP geworbenen Unternehmer, und der war eben nicht groß.
Daran änderte auch Hitlers Bemühen nichts, nach dem Rückgang der großindustriellen Unterstützung im zweiten Halbjahr 1932 alles aus der Programmatik der NSDAP verschwinden zu lassen, was bei der Industrie Anstoß erregen könnte. Das "wirtschaftliche Sofortprogramm" der NSDAP von Gregor Strasser wurde durch das unternehmerfreundliche "wirtschaftspolitische Aufbauprogramm" ersetzt, die Wirtschaftsabteilung in der Reichsleitung der NSDAP wurde im September verselbständigt und damit die Position des der Wirtschaft genehmen Walther Funk gestärkt.
Es half nichts, die Mehrheit der deutschen Industrie optierte für Papen und konnte sich allenfalls eine Einbeziehung der NSDAP als Juniorpartner in dessen autoritäre Regierung vorstellen. Der Flügel der Hitler-Anhänger war und blieb klein.
(Aus: Hans-Ulrich Thamer: Verführung und Gewalt. Deutschland 1933-1945, Berlin 1986, S. 207f., 210f.)
paul20dd schrieb:
paul20dd schrieb:Also ich finde es nicht schlimm ein Thema angeschnitten zu haben was nicht gerade geboren wurde!
Irgendwie passt dieses Bild zu diesem ThreadBush finanzierte Hitler?
caligari schrieb:"Es wird gar nicht lange dauern, wenn man das Jahr 2000 geschrieben haben wird, da wird nicht ein direktes, aber eine Art von Verbot für alles Denken von Amerika ausgehen, ein Gesetz, welches den Zweck haben wird, alles individuelle Denken zu unterdrücken."