the_midget
Erleuchteter
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Also für Leute die sich wirklich tiefgehender mit der Ursache solcher Probleme befassen wollen (zum Beispiel Winston Smith!) hab ich hier mal ein paar Wikipedia-Links:
http://de.wikipedia.org/wiki/Abweichendes_Verhalten
(Devianz=abweichendes Verhalten=z.B. kriminelles Verhalten)
Insofern hat Winston natürlich recht, wenn er auf die Familie als Wert- und Normgeber verweist. Allerdings ist es wirklich etwas blauäugig das Thema einfach abzuhaken, indem man den Eltern die Schuld gibt. Mir persönlich ist besonders unverständlich, wie man Leute verurteilen kann, deren Leben unter komplett anderen Bedingungen abläuft als das eigene. Woher will man wissen, daß man unter anderen Umständen nicht vielleicht genauso wie die "Aufständigen" gehalten hätte?
http://de.wikipedia.org/wiki/Anomie
Dieser Ansatz kommt denen entgegen, die das kapitalistische System verantwortlich machen, ist aber natürlich nicht nur auf solche gemünzt.
Nimmt man zum Beispiel die Medien (z.B. Werbung) als Quelle "kultureller Ziele und Wünsche", betrachtet dann die Mittel solche Ziele zu erreichen (z.B. Studium der Medizin) und fragt sich dann inwieweit diese Mittel den Menschen in sozialen Brennpunkten zugänglich sind (objektiv und subjektiv) muss man sich nicht wundern, wenn abweichende Mittel (Raub etc.) gewählt werden. Unter gewissen Umständen kann einem ein entsprechendes Verhalten sogar rational vorkommen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Labeling_approach
Dies ist insofern ein interessanter Ansatz, als er die Diskussion auf den kopf stellt. Der Labeling Approach geht davon aus, daß Individuen sich "schlecht" verhalten, weil sie von der Gesellschaft so definiert werden.
Die Soziologie geht davon aus, daß Menschen sich unter anderen in ihrem Verhalten an den Erwartungen anderer orientieren. Das heisst, das was die andere von einem denken (und was man denkt was die anderen von einem Denken) trägt zum sozialen Selbstbild bei. Dies hat auch Auswirkungen auf das Verhalten. Wenn man zum Beispiel einer Gruppe angehört, von der die Gesellschaft glaubt, sie neige typischerweise zu kriminellen Verhaltensformen, kann das dazu führen, daß Angehörige dieser Gruppe sich tatsächlich kriminell verhalten. Ich denke das Jugendliche besonders anfällig für solche gesellschaftlichen Zuschreibungen sind, was man an harmloseren Verhaltensweisen besonders im subkulturellen Kontext beobachten kann. Wenn ein Jugendlicher zum Beispiel einen auf Punk macht, gibt es eine Reihe typischer Verhaltensweisen, die er gleich mit aufnimmt.
Mann kann sich auch mal grundsätzliche Gedanken machen, wann Menschen aggressiv werden. Und das ist eben unter anderem dann der Fall, wenn sie sich existentiell bedroht fühlen. Also wenn es um die verteidigung des eigenen Besitz geht, wenn es um den Lebensunterhalt geht, wenn es um den Sexualpartner geht etc..
Dann muss man sich noch in die Situation, der "Randalierer" versetzen. Sie sitzen in so einem Ghetto fest, haben kaum Mittel, um da jemals rauszukommen, sehen das es andere gibt die es besser haben (ohne eine Legitimation für diesen Zustand feststellen zu können), wissen auch gar nicht wie es ist, wenn es anders wäre, sind also sowieso vom Rest der Gesellschaft ausgeschlossen. Da muss man sich nicht wundern, wenn in solchen Gebieten andere Gesetze und Normen entstehen zumal die Polizei schon länger nicht mehr in der Lage zu sein scheint, den Gesetzen der übrigen Gesellschaft Geltung zu verschaffen.
Und dann werden einige von "Ihnen" auch noch von der Polizei "in den Tod getrieben" (man kann darüber streiten ob es objektiv so ist, aber ich bin mir sicher, dass die Betroffenen es subjektiv so empfunden haben), es tritt also eine existentielle Bedrohung ein... Ich finde wenn man dies alles (und eigentlich noch mehr) berücksichtigt, muss man sich nicht wundern wenn das Pulverfass zwischendurch mal explodiert.
Ich hoffe einige Denkanstösse geliefert zu haben.
gruß
the midget
http://de.wikipedia.org/wiki/Abweichendes_Verhalten
(Devianz=abweichendes Verhalten=z.B. kriminelles Verhalten)
]Wichtig zu beachten ist, dass die Wahrnehmung der Devianz immer von der Gesellschaft und den bestehenden Normen und Werte abhängig ist. So stellt zum Beispiel die Familie selbst einen gesellschaftlichen Mikrokosmos dar, in dem es Normen und Werte gibt, die bestimmend für den Einzelnen sind.
Insofern hat Winston natürlich recht, wenn er auf die Familie als Wert- und Normgeber verweist. Allerdings ist es wirklich etwas blauäugig das Thema einfach abzuhaken, indem man den Eltern die Schuld gibt. Mir persönlich ist besonders unverständlich, wie man Leute verurteilen kann, deren Leben unter komplett anderen Bedingungen abläuft als das eigene. Woher will man wissen, daß man unter anderen Umständen nicht vielleicht genauso wie die "Aufständigen" gehalten hätte?
http://de.wikipedia.org/wiki/Anomie
Robert K. Merton hat den Begriff verfeinert, indem er die Regeln näher beschreibt, deren Fehlen zu Anomie führt:
* kulturelle Ziele als Wünsche und Erwartungen der Menschen einer Gesellschaft
* Normen, welche die Mittel vorschreiben, die die Menschen zur Realisierung ihrer Ziele anwenden dürfen
* die Verteilung dieser Mittel.
Als Anomie wird nunmehr eine Dissoziation zwischen kulturellen Zielen und dem Zugang bestimmter Schichten zu dazu notwendigen Mitteln beschrieben. Dadurch schwächt sich die Bindung zwischen Mitteln und Zielen.
Dieser Ansatz kommt denen entgegen, die das kapitalistische System verantwortlich machen, ist aber natürlich nicht nur auf solche gemünzt.
Nimmt man zum Beispiel die Medien (z.B. Werbung) als Quelle "kultureller Ziele und Wünsche", betrachtet dann die Mittel solche Ziele zu erreichen (z.B. Studium der Medizin) und fragt sich dann inwieweit diese Mittel den Menschen in sozialen Brennpunkten zugänglich sind (objektiv und subjektiv) muss man sich nicht wundern, wenn abweichende Mittel (Raub etc.) gewählt werden. Unter gewissen Umständen kann einem ein entsprechendes Verhalten sogar rational vorkommen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Labeling_approach
Sack bezeichnet all das als kriminell, was die Gesellschaft als kriminell definiert. Dabei ist sie davon abhängig, in welcher Schicht und Familienverhältnissen sich der Täter befindet.
Dies ist insofern ein interessanter Ansatz, als er die Diskussion auf den kopf stellt. Der Labeling Approach geht davon aus, daß Individuen sich "schlecht" verhalten, weil sie von der Gesellschaft so definiert werden.
Die Soziologie geht davon aus, daß Menschen sich unter anderen in ihrem Verhalten an den Erwartungen anderer orientieren. Das heisst, das was die andere von einem denken (und was man denkt was die anderen von einem Denken) trägt zum sozialen Selbstbild bei. Dies hat auch Auswirkungen auf das Verhalten. Wenn man zum Beispiel einer Gruppe angehört, von der die Gesellschaft glaubt, sie neige typischerweise zu kriminellen Verhaltensformen, kann das dazu führen, daß Angehörige dieser Gruppe sich tatsächlich kriminell verhalten. Ich denke das Jugendliche besonders anfällig für solche gesellschaftlichen Zuschreibungen sind, was man an harmloseren Verhaltensweisen besonders im subkulturellen Kontext beobachten kann. Wenn ein Jugendlicher zum Beispiel einen auf Punk macht, gibt es eine Reihe typischer Verhaltensweisen, die er gleich mit aufnimmt.
Mann kann sich auch mal grundsätzliche Gedanken machen, wann Menschen aggressiv werden. Und das ist eben unter anderem dann der Fall, wenn sie sich existentiell bedroht fühlen. Also wenn es um die verteidigung des eigenen Besitz geht, wenn es um den Lebensunterhalt geht, wenn es um den Sexualpartner geht etc..
Dann muss man sich noch in die Situation, der "Randalierer" versetzen. Sie sitzen in so einem Ghetto fest, haben kaum Mittel, um da jemals rauszukommen, sehen das es andere gibt die es besser haben (ohne eine Legitimation für diesen Zustand feststellen zu können), wissen auch gar nicht wie es ist, wenn es anders wäre, sind also sowieso vom Rest der Gesellschaft ausgeschlossen. Da muss man sich nicht wundern, wenn in solchen Gebieten andere Gesetze und Normen entstehen zumal die Polizei schon länger nicht mehr in der Lage zu sein scheint, den Gesetzen der übrigen Gesellschaft Geltung zu verschaffen.
Und dann werden einige von "Ihnen" auch noch von der Polizei "in den Tod getrieben" (man kann darüber streiten ob es objektiv so ist, aber ich bin mir sicher, dass die Betroffenen es subjektiv so empfunden haben), es tritt also eine existentielle Bedrohung ein... Ich finde wenn man dies alles (und eigentlich noch mehr) berücksichtigt, muss man sich nicht wundern wenn das Pulverfass zwischendurch mal explodiert.
Ich hoffe einige Denkanstösse geliefert zu haben.
gruß
the midget