Ausschreitungen in Frankreich

the_midget

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Also für Leute die sich wirklich tiefgehender mit der Ursache solcher Probleme befassen wollen (zum Beispiel Winston Smith!) hab ich hier mal ein paar Wikipedia-Links:

http://de.wikipedia.org/wiki/Abweichendes_Verhalten
(Devianz=abweichendes Verhalten=z.B. kriminelles Verhalten)
Wichtig zu beachten ist, dass die Wahrnehmung der Devianz immer von der Gesellschaft und den bestehenden Normen und Werte abhängig ist. So stellt zum Beispiel die Familie selbst einen gesellschaftlichen Mikrokosmos dar, in dem es Normen und Werte gibt, die bestimmend für den Einzelnen sind.
]

Insofern hat Winston natürlich recht, wenn er auf die Familie als Wert- und Normgeber verweist. Allerdings ist es wirklich etwas blauäugig das Thema einfach abzuhaken, indem man den Eltern die Schuld gibt. Mir persönlich ist besonders unverständlich, wie man Leute verurteilen kann, deren Leben unter komplett anderen Bedingungen abläuft als das eigene. Woher will man wissen, daß man unter anderen Umständen nicht vielleicht genauso wie die "Aufständigen" gehalten hätte?

http://de.wikipedia.org/wiki/Anomie
Robert K. Merton hat den Begriff verfeinert, indem er die Regeln näher beschreibt, deren Fehlen zu Anomie führt:

* kulturelle Ziele als Wünsche und Erwartungen der Menschen einer Gesellschaft
* Normen, welche die Mittel vorschreiben, die die Menschen zur Realisierung ihrer Ziele anwenden dürfen
* die Verteilung dieser Mittel.

Als Anomie wird nunmehr eine Dissoziation zwischen kulturellen Zielen und dem Zugang bestimmter Schichten zu dazu notwendigen Mitteln beschrieben. Dadurch schwächt sich die Bindung zwischen Mitteln und Zielen.

Dieser Ansatz kommt denen entgegen, die das kapitalistische System verantwortlich machen, ist aber natürlich nicht nur auf solche gemünzt.

Nimmt man zum Beispiel die Medien (z.B. Werbung) als Quelle "kultureller Ziele und Wünsche", betrachtet dann die Mittel solche Ziele zu erreichen (z.B. Studium der Medizin) und fragt sich dann inwieweit diese Mittel den Menschen in sozialen Brennpunkten zugänglich sind (objektiv und subjektiv) muss man sich nicht wundern, wenn abweichende Mittel (Raub etc.) gewählt werden. Unter gewissen Umständen kann einem ein entsprechendes Verhalten sogar rational vorkommen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Labeling_approach
Sack bezeichnet all das als kriminell, was die Gesellschaft als kriminell definiert. Dabei ist sie davon abhängig, in welcher Schicht und Familienverhältnissen sich der Täter befindet.

Dies ist insofern ein interessanter Ansatz, als er die Diskussion auf den kopf stellt. Der Labeling Approach geht davon aus, daß Individuen sich "schlecht" verhalten, weil sie von der Gesellschaft so definiert werden.

Die Soziologie geht davon aus, daß Menschen sich unter anderen in ihrem Verhalten an den Erwartungen anderer orientieren. Das heisst, das was die andere von einem denken (und was man denkt was die anderen von einem Denken) trägt zum sozialen Selbstbild bei. Dies hat auch Auswirkungen auf das Verhalten. Wenn man zum Beispiel einer Gruppe angehört, von der die Gesellschaft glaubt, sie neige typischerweise zu kriminellen Verhaltensformen, kann das dazu führen, daß Angehörige dieser Gruppe sich tatsächlich kriminell verhalten. Ich denke das Jugendliche besonders anfällig für solche gesellschaftlichen Zuschreibungen sind, was man an harmloseren Verhaltensweisen besonders im subkulturellen Kontext beobachten kann. Wenn ein Jugendlicher zum Beispiel einen auf Punk macht, gibt es eine Reihe typischer Verhaltensweisen, die er gleich mit aufnimmt.

Mann kann sich auch mal grundsätzliche Gedanken machen, wann Menschen aggressiv werden. Und das ist eben unter anderem dann der Fall, wenn sie sich existentiell bedroht fühlen. Also wenn es um die verteidigung des eigenen Besitz geht, wenn es um den Lebensunterhalt geht, wenn es um den Sexualpartner geht etc..

Dann muss man sich noch in die Situation, der "Randalierer" versetzen. Sie sitzen in so einem Ghetto fest, haben kaum Mittel, um da jemals rauszukommen, sehen das es andere gibt die es besser haben (ohne eine Legitimation für diesen Zustand feststellen zu können), wissen auch gar nicht wie es ist, wenn es anders wäre, sind also sowieso vom Rest der Gesellschaft ausgeschlossen. Da muss man sich nicht wundern, wenn in solchen Gebieten andere Gesetze und Normen entstehen zumal die Polizei schon länger nicht mehr in der Lage zu sein scheint, den Gesetzen der übrigen Gesellschaft Geltung zu verschaffen.
Und dann werden einige von "Ihnen" auch noch von der Polizei "in den Tod getrieben" (man kann darüber streiten ob es objektiv so ist, aber ich bin mir sicher, dass die Betroffenen es subjektiv so empfunden haben), es tritt also eine existentielle Bedrohung ein... Ich finde wenn man dies alles (und eigentlich noch mehr) berücksichtigt, muss man sich nicht wundern wenn das Pulverfass zwischendurch mal explodiert.

Ich hoffe einige Denkanstösse geliefert zu haben.


gruß

the midget
 

agentP

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morgenroth schrieb:
agentP schrieb:
. Es gibt äussere Umstände, da sind die besten Eltern überfordert und dann alles auf sie abzuschieben ist reichlich zynisch.

Welche äusseren Umstände meinst Du denn genau?
Und wodurch entstehen diese Umstände??

Arbeitslosigkeit und / oder Armut wären solche Umstände.
Wodurch das nun in Frankreich entsteht, kann ich dir nicht sagen, da ich weder Volkswirtschaftler bin, noch mit der wirtschaftlichen Situation in Frankreich sehr vertraut bin.


winston schrieb:
Und wenn Du frustriert gewesen wärst, haben Dich deine Eltern doch bestimmt so erzogen, dass Du zum Beispiel Respekt vor dem Eigentum anderer oder Respekt vor der Polizei hast, oder nicht?
Ja ? Und ? Teil meiner Erziehung war aber auch, daß man keinen Sex vor der Ehe haben darf, einmal im Monat beichten geht, nicht Hand an sich legt. Trotzdem habe ich mich an nichts davon gehalten, weil irgendwann andere Einflüsse mächtiger wurden. Da hätten meine Eltern gar keine Chance gehabt. Ich bin übrigens überzeugt, daß das zum Erwachsenwerden auch dazu gehört, daß man sich gegen die Eltern auflehnt und sich emanzipiert.
 

Rennfahrer

Meister
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Sehr interessant. die Franzosen scheinen ja so ihre liebe Not mit den dortigen Randgruppen zu haben. (man erinnere sich nur an die brennenden Asylantenheime vor ein paar Jahren)

Ich finde es aber sehr beruhigend zu sehen, dass die (unterdrückten) Bürger im Ernstfall doch noch Macht über die Herrschenden ausüben könnten.

Ich meine, halb Paris eine Woche lang in Schach zu halten.. da gehört schon was dazu! 8)
 

_Dark_

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@psst


also ich denke mal du überschätzt ganz klar den einfluss des kapitalistischen systems auf den menschen.. wenn ein mensch die rolex eines anderen haben möchte, dann nicht, weil ihm das der kapitalismus diktiert, sondern weil er neidisch ist, auf das prestige, auf das stück uhr an sich.
genau wie ein steinzeit mensch einen anderen umgebracht hat, weil er dessen knüppel wollte..

the_midget schrieb:
Dies ist insofern ein interessanter Ansatz, als er die Diskussion auf den kopf stellt. Der Labeling Approach geht davon aus, daß Individuen sich "schlecht" verhalten, weil sie von der Gesellschaft so definiert werden
ich halte den ansatz für undurchdachten müll, denn der geht auch davon aus, dass es nichts "schlechtes" gibt, sondern nur das schlecht ist, was dafür gehalten wird.. aber es gibt schlechte taten, wie zum beispiel kinder ermorden oder eine bank überfallen..

psst schrieb:
Es gibt studien darüber und Du kannst mir glauben 90% der Straftaten haben mit dem Kapitalismus DIREKT oder INDIREKT zu tun.
du glaubst doch nicht wirklich, dass sich was im kriminalitätsverhalten der menschen ändert, wenn der kapitalismus nicht mehr wirtschaftssystem ist??
der kapitalismus ist nun mal das system, das der natur des menschen am nächsten kommt, das kann man nicht abschaffen
 

the_midget

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_Dark_ schrieb:
the_midget schrieb:
Dies ist insofern ein interessanter Ansatz, als er die Diskussion auf den kopf stellt. Der Labeling Approach geht davon aus, daß Individuen sich "schlecht" verhalten, weil sie von der Gesellschaft so definiert werden

ich halte den ansatz für undurchdachten müll, denn der geht auch davon aus, dass es nichts "schlechtes" gibt, sondern nur das schlecht ist, was dafür gehalten wird..

Nein tut er nicht. Und zwar deswegen nicht, weil er nicht den Anspruch hat, seinen Gegenstand in seiner Gesamtheit zu klären, sondern nur einen Aspekt daran. Und dieser Aspekt ist ein Teil des Problems. Ich habe das bereits näher erläutert.
Desweiteren bezweifele ich, daß DU den Ansatz gründlich genug durchdacht hast um ein so harsches Urteil darüber zu fällen. Deine Zusammenfassung zeigt lediglich, daß du ihn nicht verstanden hast.

mgt
 

_Dark_

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Der Labeling Approach geht davon aus, daß Individuen sich "schlecht" verhalten, weil sie von der Gesellschaft so definiert werden
dieser satz bestätigt doch das, was ich geschrieben habe :O_O:

es ist nicht etwas schlecht, weil es an sich normativ verwerflich ist, sondern weil es schlecht gemacht wird..

gut, der satz ist somit etwas aus dem zusammenhang gerissen, trotzdem widerspricht mir der ansatz, weil er einen großen teil der schuld an verbrechen der gesellschaft zuschiebt
 

the_midget

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_Dark_ schrieb:
Der Labeling Approach geht davon aus, daß Individuen sich "schlecht" verhalten, weil sie von der Gesellschaft so definiert werden

dieser satz bestätigt doch das, was ich geschrieben habe :O_O:

gut, der satz ist somit etwas aus dem zusammenhang gerissen

"Etwas aus dem Zusammenhang gerissen" ist gut... Aber ich hab das auch nicht sehr deutlich gemacht. Wie ich schon sagte, unterstellt deine Kritik die Annahme, der Ansatz würde sich selbst für die absolute und vollständige Erklärung seines Gegenstandes halten. Das tut er aber nicht. Er stammt aus der Soziologie, insofern beleuchtet er nur den soziologischen Aspekt des Gegenstandes. Da kommen noch viele weitere Aspekte hinzu, wenn man das Phänomen denn ganz fassen wollte (biologische, historische, psychologische, individuelle und viele weitere). Und natürlich ist jede Theorie eine Abstraktion und eine Abstraktion ist eine Reduktion der Wirklichkeit und kann deshalb niemals 1 zu 1 auf die Wirklichkeit übertragen werden. Ich wollte hier jetzt aber keine absolute Wahrheit präsentieren, sondern Denkanstösse geben. Und die kommen halt aus der Richtung, weil ich unter anderem Soziologie studiert habe. Mal ganz abgesehen davon, daß ein Approach also ein Ansatz schon definitionsgemäß keine Theorie ist, sondern eben nur eine Annäherungsweise. Und die hat nunmal eine Berechtigung, weil sie etwas platt ausgedrückt nützliche Erkenntnisse bringen kann.

Ich halte auch übrigens die Wikipedia-Links in meinem post bezüglich der unterschiedlichen Theorien keineswegs für hinreichend und vollständig, aber sie bieten einen Einstieg.

es ist nicht etwas schlecht, weil es an sich normativ verwerflich ist, sondern weil es schlecht gemacht wird..

Ich bin mir nicht sicher wie du diesen Satz meinst. Ist das jetzt deine Übersetzung des strittigen Satzes oder deine Entgegnung darauf?

Aus soziologischer Sicht ist er jedenfalls eine Tautologie, weil "normativ verwerflich" und "schlecht gemacht worden" quasi das gleiche bedeuten.

Etwas ist normativ verwerflich, wenn es gegen Normen verstösst. Normen werden von der Gesellschaft definiert. Das Handeln der Menschen ist Teil der gesellschaftlichen Definition.

trotzdem widerspricht mir der ansatz, weil er einen großen teil der schuld an verbrechen der gesellschaft zuschiebt

Nun, im Grunde sagt der Ansatz nichts darüber aus, wie groß der Teil der Schuld der Gesellschaft ist. Er zeigt lediglich, daß die Gesellschaft eine "Teilschuld" hat, wobei es nach meinem Verständnis dabei aber auch gar nicht darum geht Schuldzuweisungen zu machen oder zu entschuldigen, sondern Verhalten zu erklären und zu verstehen.

Wenn man die Welt verändern möchte, reicht es nicht jemanden die Schuld zu geben. Wenn man sie verändern möchte, muss man versuchen sie zu verstehen um im günstigsten Fall aus dem was man Verstanden hat Handlungsstrategien zu entwickeln.

Vielleicht wird das zu grundsätzlich, aber ich kann mich nur wiederholen:

Hälst du es nicht für möglich, daß du Dich genau so verhalten würdest, wie die Jugendlichen in den Parise Vororten, wenn du dort aufgewachsen wärst oder leben müsstest?

midget
 

_Dark_

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@the_midget

danke für den post, jetzt wird mir das schon klarer.
mir war vorher nicht bewusst, wie aus dem zusammenhang gerissen der satz ist..
war halt für mich sehr einfach, dich so zu quoten und direkt auf das einzugehen..

the_midget schrieb:
Aus soziologischer Sicht ist er jedenfalls eine Tautologie, weil "normativ verwerflich" und "schlecht gemacht worden" quasi das gleiche bedeuten.
naja, nicht unbedingt..
ich halte normative werte, gegen die verbrechen verstoßen, für allgemeingültige, wie menschenwürde oder gleichberechtigung, oder ganz einfach die grundregeln des zusammenlebens zu respektieren..
wenn im iran ein schwuler von einem panzer überfahren wird, dann ist das "verbrechen", schwul zu sein, nicht normativ verwerflich, sondern eben von der gesellschaft so gemacht..
sicher, da müsste man jetzt allerdings unsere wertmaßstäbe als richtlinien nehmen, was auch schon wieder nicht unbedingt zulässig ist.


the_midget schrieb:
Nun, im Grunde sagt der Ansatz nichts darüber aus, wie groß der Teil der Schuld der Gesellschaft ist.
der wiki-artikel sagt aus, dass die gesellschaft einen recht großen anteil hat..
aber wie du sagst, ist der nur unvollständig, also bin ich da wohl einem fehler aufgelaufen

ich denke schon, dass ich mich genauso verhalten würde.. wenn ich in der selben situation wäre.. das ist aber für mich eine irrelevante frage..
das selbe kannst du auf alles in der welt beziehen, verharmlosen bringt aber nix
 

antimagnet

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obwohl es midget mehr oder weniger schon so gesagt hat:

der labeling approach will abweichendes verhalten erklären, nicht verurteilen.

was nicht heißt, dass die soziologen wollen, dass es nicht verurteilt würde - so sozialpädagogisch sind wir nun auch nicht drauf...
 

the_midget

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_Dark_ schrieb:
@the_midget

danke für den post, jetzt wird mir das schon klarer.
mir war vorher nicht bewusst, wie aus dem zusammenhang gerissen der satz ist..
okay. Freut mich, daß ich mich doch nicht so mißverständlich ausgedrückt habe.

the_midget schrieb:
Aus soziologischer Sicht ist er jedenfalls eine Tautologie, weil "normativ verwerflich" und "schlecht gemacht worden" quasi das gleiche bedeuten.

Dark schrieb:
naja, nicht unbedingt..
ich halte normative werte, gegen die verbrechen verstoßen, für allgemeingültige, wie menschenwürde oder gleichberechtigung, oder ganz einfach die grundregeln des zusammenlebens zu respektieren.. wenn im Iran ein schwuler von einem panzer überfahren wird, dann ist das "verbrechen", schwul zu sein, nicht normativ verwerflich, sondern eben von der gesellschaft so gemacht..

Hmm... sind Normen bzw. normative Were nicht immer von der Gesellschaft "gemacht"? Allerdings nicht nur von der aktuellen, sondern auch von der vergangenen (und der zukünftigen). Aber ich verstehe was du meinst, wenn du da Unterschiede machst. Zwischen der Norm einen Menschen nicht zu töten und der Norm einer Dame die Tür aufzuhalten gibt es natürlich wesentliche Unterschiede.

sicher, da müsste man jetzt allerdings unsere wertmaßstäbe als richtlinien nehmen, was auch schon wieder nicht unbedingt zulässig ist.

Ja so ist das mit dem Werterelativismus. Wer kann sich schon das Recht rausnehmen, die Werte der eigenen Kultur über die einer anderen zu stellen? Andererseits kann man das vermutlich auch übertreiben.

der wiki-artikel sagt aus, dass die gesellschaft einen recht großen anteil hat..
aber wie du sagst, ist der nur unvollständig, also bin ich da wohl einem fehler aufgelaufen

Nicht unbedingt einem Fehler. Es gibt schon radikale Vertreter des Labeling Approach, bei denen deine Kritik durchaus nicht unangebracht wäre. Die meisten sind aber eher gemäßigt.

ich denke schon, dass ich mich genauso verhalten würde.. wenn ich in der selben situation wäre.. das ist aber für mich eine irrelevante frage..

Diese Frage hab ich vor allem gestellt, weil ich den Eindruck hatte, du stellst mit deiner Einstellung die Berechtigung von soziologischen Fragestellung an sich in Frage. Dies betreffend ist meine Frage äußerst relevant. Und damit eben auch für die Frage, ob nicht auch "Gesellschaft" zum Entstehen gewisser Situationen beiträgt. Und ich muss zugeben, daß ich dabei noch einige andere Poster im Hinterkopf hatte, die es sich ein bisschen einfach machen und die ganze Sache damit abtun, daß eine schlechte Kindheit keine Ausrede sei.


das selbe kannst du auf alles in der welt beziehen, verharmlosen bringt aber nix

Verharmlosen wollte ich es auch gar nicht. Wenn ich im Zusammenhang mit den Vorfällen in Frankreich lese, daß eine alte Frau und ein Busfahrer mit Benzin übergossen und angezündet wurden, ist bestimmt nicht mein erster Gedanke, daß die Gesellschaft daran schuld ist (geschweige denn, das es ihnen zurecht geschehen sei). Die Täter sollen schon wenn möglich zu Rechenschaft gezogen werden und entsprechend bestraft werden.

Wenn man sich aber gesellschaftlich und politisch mit der Sache auseinandersetzt, reicht es eben nicht eine Zero-Tolerance-Polizeistrategie zu fahren. Wenn man langfristig etwas mit gesellschaftlichen/politischen Mitteln ändern will, muss man sich eben auch gesellschaftsbezogene Fragen stellen... Und die jetzige Situation kam eben nicht aus heiterem Himmel und insofern gibt es auch eine politische Verantwortung.

gruß

midget
 

Booth

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Giacomo_S schrieb:
In nichtkapitalistischen Systemen gab und gibt es ebenfalls reichlich Straf- und Gewalttaten. Scheint nicht allein am System zu liegen...
Du meinst sicher die Kriminalität in den sozialistischen Ländern.[/quote]Nein -
Ich meinte eigentlich die Kriminalität in allen möglichen Gesellschaftsformen seit der Geschichtsschreibung.
psst schrieb:
Welche Länder meinst Du ?
Letztlich alle Länder, die es seit der Geschichtsschreibung gegeben hat. Oder kennst Du Berichte über einen Staat, in dem es keinerlei Kriminalität gegeben hätte?
psst schrieb:
Es gibt studien darüber und Du kannst mir glauben 90% der Straftaten haben mit dem Kapitalismus DIREKT oder INDIREKT zu tun.
Oha - Quelle dieser Studien? Übrigens... ich habe gerade in einem etwas älteren Spiegel ein Interview mit einem Psychologen gelesen (Spiegel 35/2005, S. 146ff), der behauptet, daß ein Großteil aller Morde von Männern auf Grund des Fortpflanzungstriebes begangen werden.

gruß
Booth
 

Technoir

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Habe gerade im TV gesehen, dass auch schon Synagogen angezündet werden...

Falls du dich erinnerst:
Ich hatte vor längerer Zeit hier meine Befürchtungen gepostet, daß bei Ausschreitungen wie wir sie jetzt in den MuslimGhettos haben, durchaus auch Agent Provocateur, die der Islamistenszene zuzurechnen sind, die angespannte Situation ausnutzen werden um die Stimmung ordentlich anzuheizen und die Situation immer weiter eskalieren zu lassen.
 

Winston_Smith

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@tech

Eigentlich war ich schon offline und wollte gleich schlafen. Aber als ich die letzten Berichte im ZDF gesehen habe, kam mir genau der gleiche Gedanke.

Da liefen junge Muslime rum und haben "Gott ist Groß" (wie schreib man das eigentlich?) geschrien dazu noch die angezündeten Synagogen....

Aber was wäre wenn das ganze erst der Anfang einer groß angelegten Aktion ist?

ws
 

morgenroth

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Macht euch doch nicht lächerlich :wink:

Es gab mal Zeiten, da war der gewaltsame Weg zu Veränderungen noch auf viele verschiedene Interessengruppen verteilt. Da ist es heute ja einfacher sein terrorbringendes Feindbild zu finden.

Egal was passiert - irgendwie ist es immer der pöse, pöse Islam.
 

morgenroth

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Wo sonst, wenn nicht in Frankreich, sollte es knallen, wenn die Menschen sich ungerecht behandelt fühlen????

Und wer sonst, wenn nicht die Jugend, sollte merken, dass wir ungerrecht behandelt werden???
 

samhain

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nachfolgende berichte, übersetzt von indymedia frankreich. die dort angesprochene tränengasattake auf eine moschee hat die wut endgültig zum überlaufen gebracht, wie auch heute mittag in einem interview mit einem jugendlichen auf info-radio zu hören war:

Paris brennt: Rassismus und Repression explodieren in einer Woche der Revolte

Die in Paris lebenden und arbeitenden Afrikaner wurden in ghettoisierte Vororte von Paris verdrängt (banlieue), wo der Staat Ausbildung, Gesundheitssystem und andere Dienste abbaut und einschränkt, während die Polizeipräsenz, Polizeikontrollen, Überfälle auf "Papierlose" (sans-papiers) und das Niveaus der Unterdrückung im allgemeinen zugenommen hat. Diese Woche sind die Vororte explodiert.

Der Auslöser kam am Donnerstag, Oktober den 27, 2005, als eine Gruppe von 10 Oberschüler im Vorort Clichy-sous-Bois Fussball spielten. Als die Polizei vorfuhr um Identitätsüberprüfungen durchzuführen, rannten die Jugendlichen davon und versteckten sich, da einige von ihnen keine Ausweise hatten. Drei der Jugendlichen versteckten sich vor der Polizei in einen Transformator-Häuschen der EDF. Zwei von ihnen, Ziad Benn (17) und Banou Traoré (15) starben; der Dritte, Metin (21), wurde schwer verletzt.

Am Samstag Morgen beteiligten sich 1000 Menschen an einer Demonstration organisiert von religiösen Vereinen and Moschen in Clichy-sous-Bois. Repräsentanten der muslimischen Gemeinschaft riefen zu Ruhe auf und Demonstranten trugen T-Shirts mit der Aufschrift mort pour rien ("tot für nichts"). Der Bürgermeister von Clichy, Claude Dilain, forderte eine Untersuchung der Todesumstände der beiden Jungen. Alle Augen waren auf Innenminister Nicolas Sarkozy gerichtet. Die Antwort? Als sich die Menschen in der "Schicksalsnacht" in der Moschee versammelten, der heiligsten Nacht des Fastenmonates Ramadan versammelten, eine Nacht welche die Leute für gwöhnlich in der Moschee verbringen, füllten sich die leeren Straßen der Cité du Chêne Pointu mit rund 400 Bereitschaftspolizisten der CRS und Gendarmerie und riegelten die Gegend ab. Nur einige wenige liessen sich davon in dieser für sie heiligen Nacht provozieren, trotz der rassistischen Beleidigungen seitens Polizei.

Am Sonntag jedoch, wandelte sich die Provokation in Verbrechen als die Polizei in den Frauen-Gebetsraum der Bousquets Moschee Träengas warf. Als die Frauen, nach Luft ringend, nach draussen taumelten, wurden sie von den Polizisten als "Huren", "bitches" und mit anderen Beleidigungen geschmäht.

Seit dieser Nacht brennt Clichy-sous-Bois, während sich die Revolte am Montag auf Seine-Saint-Denis und Dienstag Nacht (1.November) auf neun weitere Pariser Vorstädte ausweitete. Eine Woche nach dem Tod der beiden Jugendlichen, breitet sich dieser Aufruhr in Frankreich aus - nach Dijon, Bouches-du-Rhone und Rouen...

http://www.indymedia.org/de/2005/11/827290.shtml

Die Ausschreitungen in Clichy-sous-bois: Jugendliche erheben Vorwürfe gegen die Polizei

Zwischen polizeilicher Provokation und Repression

http://de.indymedia.org/2005/11/131354.shtml
 

Winston_Smith

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Wo sonst, wenn nicht in Frankreich, sollte es knallen, wenn die Menschen sich ungerecht behandelt fühlen????

Wo, wenn nicht in einem Ghetto kann man den Menschen durch Religion eine vermeintliche Pespektive geben, eine fanatisch, religiöse Paralellgesellschaft bilden?

Und wer sonst, wenn nicht die Jugend, sollte merken, dass wir ungerrecht behandelt werden???

Wer, wenn nicht die Jugend ist leicht verführbar. Wem, wenn nicht der Jugend kann man das Märchen der Religiösen Erfüllung durch Gewalt versprechen?

Ich kann mir mittlerweile wirklich gut vorstellen, dass irgendwelche Strippenzieher die Situation der Jugend ausnutzen, diese aufstacheln, ihnen das Gefühl der Benachteiligung, des "muslimischen-Überlebendskampfes" eintrichtern, um dadurch ganz Frankreich in einen religiösen Bürgerkrieg zu ziehen.

Wer weiß, vielleicht gibt es ja schon in Deutschland einige Gruppen, die sich mit den "Muslimischen-Brüdern" solidarisieren und auch hier Krawalle starten wollen?

Vielleicht stehen wir ja wirklich am Beginn einer neuen Zeit.

Ich hoffe nicht.

@holo

Danke.

ws
 

_Dark_

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Und wer sonst, wenn nicht die Jugend, sollte merken, dass wir ungerrecht behandelt werden???

komm mal wieder runter, was heißt denn hier "wir"?
also ich nehme mal, du wohnst nicht in einem vorot von paris mit 70% jugendarbeitslosigkeit und wirst von der gesellschaft ausgeschlossen?
inwiefern kannst du denn von einer ungerechten behandlung sprechen?

@topic

ich kann mir im moment zwar nichts organisiertes vorstellen, aber ich denke schon, dass sich in den letzten tagen hunderte hooligans oder "rowdies", die einfach bock auf kloppen haben, in die banlieus aufgemacht haben.. daher kommt denke ich auch der rasante anstieg des ausmaßes der gewalt..
das ist wie bei einem schlimmen hochwasser.. kaum passiert was, kommt man auf den stegen der regensburger innenstadt nicht mehr durch, weil so viele katastrophentouristen da sind (nur mal so als hinkender vergleich)
 

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