Aufstand der Atheisten

agentP

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Die letzten Fragen des Seins und Soseins der Welt sind nicht wirklich weg zu Diskutieren.

Wer priorisiert eigentlich, was die wichtigen Fragen sind?
Wer bestimmt, dass die Frage nach dem Jenseits oder einer höheren Macht unbedingt überlegt werden muss? Steckt darin, diese Fragen die "letzten Fragen des Seins und Soseins" zu nennen nicht an sich schon ein Dogma? Was spricht dagegen zu sagen, ich halte diese Fragen für recht unwichtig für mein Leben und knie mich lieber rein und versuche die Frage "Wie kann ich AIDS heilen?" zu lösen, anstatt meine recht begrenzte Zeit auf Erden mit einer abstrakten Fragestellung zu verschwenden, auf die es offenbar seit tausenden von Jahren keine Lösung gibt?
 

Malakim

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agentP schrieb:
Die letzten Fragen des Seins und Soseins der Welt sind nicht wirklich weg zu Diskutieren.

Wer priorisiert eigentlich, was die wichtigen Fragen sind?
Wer bestimmt, dass die Frage nach dem Jenseits oder einer höheren Macht unbedingt überlegt werden muss? Steckt darin, diese Fragen die "letzten Fragen des Seins und Soseins" zu nennen nicht an sich schon ein Dogma?

Dogma? Nö, das ist eine Gruppe von Fragen die sich aus dem Leben und der Beobachtung desselben ergeben haben, eine Priorität sehe ich da nicht. Auch finde ich "wichtig" und "unwichtig" garnicht zutreffend. Diese Fragen sind da und man kann sich damit befassen.

Trotzdem halte ich solcherlei Fragen für andersgeartet als z.B. die Frage nach einer Teekanne die um die Sonne kreist.

Edit:
Ich meine damit das die Frage nach dem Sinn oder Unsinn sowie der Wirkung des Todes sich weit deutlicher aufdrängt als die Frage nach einem rosa Einhorn das hinter dem Mond lebt. Ich denke jeder der mit dem Tod eines lieben Menschen konfrontiert wurde wird die höhere Dringlichkeit von Fragestellungen rund um den Tod bestätigen können.

agentP schrieb:
Was spricht dagegen zu sagen, ich halte diese Fragen für recht unwichtig für mein Leben und knie mich lieber rein und versuche die Frage "Wie kann ich AIDS heilen?" zu lösen, anstatt meine recht begrenzte Zeit auf Erden mit einer abstrakten Fragestellung zu verschwenden, auf die es offenbar seit tausenden von Jahren keine Lösung gibt?

Dagegen spricht nichts.
 

agentP

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Ich meine damit das die Frage nach dem Sinn oder Unsinn sowie der Wirkung des Todes sich weit deutlicher aufdrängt als die Frage nach einem rosa Einhorn das hinter dem Mond lebt. Ich denke jeder der mit dem Tod eines lieben Menschen konfrontiert wurde wird die höhere Dringlichkeit von Fragestellungen rund um den Tod bestätigen können.

Das sind aber zwei unterschiedliche Dinge: Wir reden hier von Atheismus, also von der Frage, ob es ein mystisches, unsichtbares und mächtiges Wesen gibt.
Die Frage nach dem Leben und Tod kann ich mir prima überlegen ohne ein solches Wesen. Biologen und Mediziner tun das sogar hauptberuflich.
Ich finde die Verkürzung: Wer nicht an ein höheres Wesen glaubt, stellt sich auch nicht die Frage nach dem Sinn von Leben und Tod ehrlich gesagt sehr vereinfachend.
 

Malakim

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agentP schrieb:
Das sind aber zwei unterschiedliche Dinge: Wir reden hier von Atheismus, also von der Frage, ob es ein mystisches, unsichtbares und mächtiges Wesen gibt.

Wenn das Deine Befüllung des Begriffes Gott ist.

Die Frage nach dem Leben und Tod kann ich mir prima überlegen ohne ein solches Wesen. Biologen und Mediziner tun das sogar hauptberuflich.
Ich finde die Verkürzung: Wer nicht an ein höheres Wesen glaubt, stellt sich auch nicht die Frage nach dem Sinn von Leben und Tod ehrlich gesagt sehr vereinfachend.

Diese Verkürzung habe ich nicht gemacht. Verkürzt wird höchstens das "Instrumentarium" mit dem man sich diesen Fragen nähert.

Sowohl der Theist als auch der Atheist geht mit einer fertigen Antwort (eine Prämisse betreffend) an diese Fragen heran. Je nachdem wie die betreffende Gottesvorstellung eigentlich ist die bejaht oder verneint wird entwickeln sich andere Denkmodelle. Diese Denkmodelle sind bzw. wären irgendwo da ganz am Ursprung der Gedankenkette (und des Seins) festgelegt. Das ist natürlich reine Theorie da sich ja sowieso keine Sau diese Gedanken macht.

Das Instrumentarium des Denkens wird interessanterweise von beiden Seiten gerne verkürzt*. Der Atheist möchte die ganze Fragestellung gerne rein dialektisch logisch angehen und verneint etwa direktes Erfahren irgendeiner höheren Wahrheit wohingegen der Theist vie lieber über diese direkte Erfahrung argumentiert und im Zuge dessen Logik und Dialektik unter den Tisch fallen lässt.

Da wir jedoch nicht erst seid Kant oder Wittgenstein um unsere begrenzten Möglichkeiten der Erkenntnis wissen ... greift irgendwie beides zu kurz.

* zumindest in den laufenden Diskussionen, das dies für die breite Masse der Atheisten und Theisten die keine homogene Gruppe bilden nicht stimmt ist klar.


Bei Licht betrachtet ist diese ganze Theismus/Atheismus Debatte eine Stellvertreter Diskussion in der es eigentlich um Religion vs. nicht Religion geht.
 

Goatboy

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Malakim, wie ist es denn deiner Ansicht nach mit all den Göttern, gegenüber denen, sagen wir Christen Atheisten sind? Jeder Christ ist Atheist gegenüber Zeus, Apollo, Wotan, Loki, Thor, Ra, Ganesh, Baal und unzähligen anderen Gottheiten. Wie ist es da mit der Verneinung des direkten Erfahrens irgendeiner höheren Wahrheit?
 

Gammel

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Malakim schrieb:
Gibt es Dir mehr Sicherheit in einer Diskussion den Nicknamen Deines Gesprächpartners zu verballhornen oder ist das nur Deine hochintelligente Gesprächskultur?
Bist du wirklich so dünn häutig, dass ein fehlendes 'm' am Ende deines Namens dich schon beleidigt ? Dann entschuldige ich mich in aller Form, es war keine Absicht.
 

Malakim

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@Gammel,
nein eigentlich nicht ... ich vermute ich war einfach sowieso schon schlecht gelaunt da mein Urlaub Gestern zuende war ;)
Also entschuldige ich mich wohl eher bei Dir!

@Goatboy,
Das verhält sich in meinen Augen genauso. Im Allgemeinen wird von einem Christ jeglicher Gedanke ob/wie oder was solche Gottheiten für einen tieferen Sinn haben könnten abgelehnt.
Passiert das denn nicht immer, wenn man eine festgelegte Antwort auf eine Frage hat?

Kurzer Exkurs in meine persönliche Verständniswelt der Religionen:
Ich sehe Gottheiten wie Odin, Thor oder auch Jupiter, Horus oder ähnliche als eine andere Art des Glaubens. Diese "Götter" sind Modelle für das Sosein, Archetypen oder auch andere beobachtbare Phänomene in der Welt werden personalisiert. Eine Persönlichkeit kann sehr komplex sein und diese Komplexität kann über Geschichten usw. einem anderen nahe gebracht werden. Dieser "Glaube" ist also innerhalb des Seins und nicht an den Endpunkten des Seins (so wir denn eine eschatologische Denkweise annehmen möchten). Odin opfert sich zwar wie Jesus sich selbst, jedoch nicht um ein transzendetales Wesen mit seiner der Sünde verfallenen Schöpfung zu versöhnen, sondern um Erkenntnis innerhalb der Schöpfung zu erlangen (Runen, Mimirs Brunnen etc.). Der Jenseitige Aspekt ist sehr gering. Das Selbstopfer Jesu hingegen dreht sich nur um Jenseitige Aspekte und sogar um einen der Endpunkte des Seins.

Ein monotheistischer Schöpfergott entsteht imhO aus der Frage nach dem Übergang vom Nichtsein zum Sein, also direkt aus der Frage nach den Endpunkt(en). Beide Grundmodelle sind für uns schwer zu denken, wir können weder einen "Anfang" denken noch ein "Ewig". Eine Gottesvorstellung wie wir sie aus den derzeit üblichen Religionen kennen möchte gerne "Anfang" denken können und die Eigenschaften der Gottheit im Sein ergeben sich aus dem gedachten Anfang (mehr schlecht als recht wenn man an Dreifaltigkeit denkt). :roll:

Aber das alles ist wirklich nur meine ganz persönliche Auffassung die wirklich nicht sonderlich gut fuindiert ist.
 

agentP

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Wenn das Deine Befüllung des Begriffes Gott ist.

Es ist eine ziemlich gängige Befüllung, zumindest mystisch und unsichtbar. Mächtig sollte er in irgendeiner Form auch sein, sonst wäre er kaum der Rede wert. Wenn wir mit einbeziehen, dass jeder den Begriff beliebig befüllen kann, dann brauchen wir die Diskussion nicht führen, weil dann sind die Begriffe Gott, Atheist und Theist Hülsen für einen beliebigen Inhalt. Ich nehme an mit dem Ansatz haben allerdings Atheisten und Agnostiker sehr viel weniger Probleme, als Gläubige Menschen.

Der Atheist möchte die ganze Fragestellung gerne rein dialektisch logisch angehen und verneint etwa direktes Erfahren irgendeiner höheren Wahrheit

Was ist denn eine "höhere Wahrheit"? Schon wieder so ein wertendes Adjektiv? Wer legt fest welche Wahrheiten "höher" sind und welche "niedriger"? Allein der Ausdruck legt doch schon nahe, dass da Fragen in einer ganz bestimmten Tradition gestellt werden, nämlich einer Tradition in der Fragestellungen und Antworten gewertet werden: Die Frage nach dem Sinn des Lebens ist wichtiger, als die Frage wo ich das nächste Bier herkriege oder ob Bayern dieses Jahr wieder Meister wird.

Verkürzt wird höchstens das "Instrumentarium" mit dem man sich diesen Fragen nähert.
Das Instrumentarium wird auch verkürzt, wenn man nicht Biologie oder Medizin oder Astronomie oder Psychologie oder Linguistik oder was auch immer studiert oder sich zumindest äußerst intensiv damit beschäftigt. Allerdings erlebe ich eigentlich nie, dass Biologen oder Mediziner mir vorwerfen, ich würde etwas verpassen, wenn ich es nicht tue.
 

Malakim

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agentP schrieb:
Wenn das Deine Befüllung des Begriffes Gott ist.

Es ist eine ziemlich gängige Befüllung, zumindest mystisch und unsichtbar. Mächtig sollte er in irgendeiner Form auch sein, sonst wäre er kaum der Rede wert. Wenn wir mit einbeziehen, dass jeder den Begriff beliebig befüllen kann, dann brauchen wir die Diskussion nicht führen, weil dann sind die Begriffe Gott, Atheist und Theist Hülsen für einen beliebigen Inhalt. Ich nehme an mit dem Ansatz haben allerdings Atheisten und Agnostiker sehr viel weniger Probleme, als Gläubige Menschen.

Das ist ein interessanter Punkt. Wenn ein Atheist sagt "Es gibt keinen Gott", was meint der dann genau? Gott aus Theologischer Sicht ist was ganz anderes als Gott aus der Sicht eines Gläubigen und das für diverse Religionen unterschiedlich. Wenn ein Atheist all das pauschal ablehnt, so lehnt er wie ich meine ganze Welten des Denkens ab. Aber das ist ja Defakto in den seltensten Fällen wirklich der Fall, meist richtet sich das ganze eben gegen Religion und nicht gegen theologisches Denken.


Der Atheist möchte die ganze Fragestellung gerne rein dialektisch logisch angehen und verneint etwa direktes Erfahren irgendeiner höheren Wahrheit

Was ist denn eine "höhere Wahrheit"? Schon wieder so ein wertendes Adjektiv?

"Höher" sollte aber von mir nicht wertend sein im sinne von besser/schlechter sondern bezog sich viel eher auf die dem "Sein übergeordneten Gesetze".

Mir persönlich als irgendeine Sorte von Agnostiker oder gar Atheist liegt es fern hier Wertungen vorzunehmen.

Wer legt fest welche Wahrheiten "höher" sind und welche "niedriger"? Allein der Ausdruck legt doch schon nahe, dass da Fragen in einer ganz bestimmten Tradition gestellt werden, nämlich einer Tradition in der Fragestellungen und Antworten gewertet werden: Die Frage nach dem Sinn des Lebens ist wichtiger, als die Frage wo ich das nächste Bier herkriege oder ob Bayern dieses Jahr wieder Meister wird.

Für die Menschheit ist die Frage wo Du Dein Bier herbekommst auch weniger wichtig, oder? Aber siehe oben, ich hatte das so nicht gemeint.

Das Instrumentarium wird auch verkürzt, wenn man nicht Biologie oder Medizin oder Astronomie oder Psychologie oder Linguistik oder was auch immer studiert oder sich zumindest äußerst intensiv damit beschäftigt.

Nö, dann verkürzt Du Deinen Wissensstand, nicht aber die Instrumente die Du Dir selbst gestattest zu nutzen.

Allerdings erlebe ich eigentlich nie, dass Biologen oder Mediziner mir vorwerfen, ich würde etwas verpassen, wenn ich es nicht tue.

Also abgesehen von militanten Atheisten oder religiösen Spinnern werde ich auch nur von sehr wenig Menschen mit der Gottesfrage belästigt. Übrigens auch eine Ähnlichkeit zwischen den beiden Gruppen, ich finde es ähnlich nervig mit einem "Jesus liebt Dich" angesprochen zu werden wie mit einem "Es gibt keinen Gott", leider kann einem heute beides auf der Strasse passieren. Dem Atheisten muß man zugute halten das er einer großen Minderheit angehört die ganz ohne Lobby auskommen muß, da kann man gerne mal etwas lauter werden ...
 

agentP

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Für die Menschheit ist die Frage wo Du Dein Bier herbekommst auch weniger wichtig, oder? Aber siehe oben, ich hatte das so nicht gemeint.

Heißt das andersrum, dass die Frage nach dem Sinn von Leben und Tod für die ganze Menschheit wichtig ist? Wurde sie denn gefragt, die Menschheit? Ich nehme mal an ein großer Teil der Menschheit wäre unter Umständen sehr glücklich damit, wenn sich stattdessen mehr Leute mit der Frage beschäftigen würden, was sie morgen essen können, als mit der Frage nach dem Sinn des Lebens.

Wenn ein Atheist all das pauschal ablehnt, so lehnt er wie ich meine ganze Welten des Denkens ab

Warum? Wir Menschen sind ziemlich gut darin auf Basis von Hypothesen zu denken. Warum sollte ein Atheist nicht die "Hypothese Gott" aufstellen können um diese Welten des Denkens zu beackern ohne gleich die Hypothese mit der Realität zu verwechseln?
 

Malakim

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agentP schrieb:
Für die Menschheit ist die Frage wo Du Dein Bier herbekommst auch weniger wichtig, oder? Aber siehe oben, ich hatte das so nicht gemeint.

Heißt das andersrum, dass die Frage nach dem Sinn von Leben und Tod für die ganze Menschheit wichtig ist? Wurde sie denn gefragt, die Menschheit?

Meinst Du nicht, das der laufende Langzeitversuch zeigt das die Frage nach dem Sinn von Leben und Tod für die Menschheit irgendwie von Belang zu sein scheint? Immerhin wird diese Frage seid geraumer Zeit in diversen Kulturen beackert ... und das obwohl sie eben brotlos ist!

Wenn ein Atheist all das pauschal ablehnt, so lehnt er wie ich meine ganze Welten des Denkens ab

Warum? Wir Menschen sind ziemlich gut darin auf Basis von Hypothesen zu denken. Warum sollte ein Atheist nicht die "Hypothese Gott" aufstellen können um diese Welten des Denkens zu beackern ohne gleich die Hypothese mit der Realität zu verwechseln?

Stimmt kann er machen ... ich zum Beispiel tue dies. Aber ich unterstelle jetzt mal ganz einfach, das derlei Überlegungen von denen die einen am Bahnhof mit " Es gibt keinen Gott" ansprechen ebensowenig unternommen werden wie von gläubigen Christen Überlegungen ohne Gott angestellt werden. Es liegt doch in der Natur der Sache das eine felsenfeste Antwort jegliches Denken zur Frage abwürgt, oder nicht?

Wie ich schon öfter sagte, ich beziehe mich auf den kleinen Anteil der Atheisten der die Gottesfrage mit einem strikten NEIN beantwortet wissen will. Dies ist nämlich die Gruppe die immer lauter wird und sozusagen einen Missionsweg einschlägt. Meine persönliche Sicht auf die ganze Thematik ist so geartet das ich gerne von anderen Menschen mit Ihren Antworten solange verschont bleiben möchte bis ich interessiert Nachfrage! Mir geht es auf den Keks irgendwelche Götter oder deren Nichtexistenz als Wahrheit gepredigt zu bekommen ... nenn mich militanter Agnostiker ;)
 

Mr. Anderson

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Malakim schrieb:
Letztlich sollte sich die Theismus/Atheismus Diskussion um (unter anderem) die Frage nach dem Ursprung des Seins drehen. Das ist jedoch nicht wirklich der Fall was man hier sehr schön sehen kann
In diesem Thread geht es ja auch nicht primär um eine reine philosophische Diskussion darüber, ob es überhaupt einen Gott gibt, und auch nicht um den Ursprung des Seins; diese Dinge werden zwar fast zwangsläufig mit angesprochen, sind aber eigentlich doch nur ein Nebenprodukt.
Ursprünglich geht es hier um das neue – wenn man so will – "Sendungsbewusstsein" der Atheisten (oder eher: bestimmter Atheisten).

Bei Licht betrachtet ist diese ganze Theismus/Atheismus Debatte eine Stellvertreter Diskussion in der es eigentlich um Religion vs. nicht Religion geht.
Es geht zwar auch um Religion, allerdings um organisierte Religion, und ebenso um den Glauben vieler Menschen und die Konsequenzen daraus, d. h. wie die Menschen ihren Glauben anwenden und das Leben Anderer damit beeinflussen. Ebenso geht es darum, wie dieser Glaube wiederum von der organisierten Religion beeinflusst wird.

Diejenigen Atheisten, denen dieser Thread seine Eröffnung verdankt, also vornehmlich Richard Dawkins und Christopher Hitchens, stellen in ihren Debatten auch regelmäßig klar, dass sie nicht gegen Religion oder Glauben an sich vorgehen wollen, sondern im Grunde nur in Reaktion auf das tätig sind, was die organisierte Religion und bestimmte Glaubensformen in der Gesellschaft so anrichten.
Die Debatte darüber (oder vielmehr: die Verschärfung der Debatte darüber), ob ein Gott überhaupt existiert, ist eine Konsequenz daraus, aber m. E. keine Stellvertreter-Debatte. Es ist eine Methode, um mit den Behauptungen organisierter Religionen umzugehen.
Wenn organisierte Religionen und religöse Interessengruppen z. B. versuchen, Gesetze zu ändern, um ihre Glaubensansichten durchzusetzen, Lehrpläne zu beeinflussen (siehe "intelligent design"), die Anbetung ihrer Gottheit Teil des Unterrichts in öffentlicher Schulen zu machen, oder Ungläubige daran zu hindern, ein öffentliches Amt zu bekleiden, und das alles im Namen ihrer Gottheit, dann halte ich es z. B. für eine völlig plausible und auch legitime Vorgehensweise, unter anderem darauf zu antworten mit: "Hey Leute, Eure Gottheit existiert in Wirklichkeit doch gar nicht."

Die Frage, ob ein ganz bestimmter Gott, oder auch nur "irgendein Gott" (was auch immer man darunter versteht) überhaupt existiert, ist natürlich schon viel älter, und es nahmen und nehmen unterschiedliche Personen(-gruppen) mit unterschiedlichen Motiven daran teil. Aber dieser Debatte wurde – imho völlig logischerweise – eben durch das Auftreten von Dawkins, Hitchens und Konsorten nochmal erheblich Auftrieb gegeben.
 

Goatboy

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Mr. Anderson schrieb:
Diejenigen Atheisten, denen dieser Thread seine Eröffnung verdankt, also vornehmlich Richard Dawkins und Christopher Hitchens, stellen in ihren Debatten auch regelmäßig klar, dass sie nicht gegen Religion oder Glauben an sich vorgehen wollen, sondern im Grunde nur in Reaktion auf das tätig sind, was die organisierte Religion und bestimmte Glaubensformen in der Gesellschaft so anrichten.
Ui, damit tust du Hitchens aber Unrecht. :lol:

Letztlich kannst du Religionen (zumindest monotheistische) und das, was sie in der Gesellschaft anrichten, nicht trennen. Wenn eine Religion einen Absolutheitsanspruch hat - und den hat jede Religion - dann müssen die Vertreter dieser Religion zwangsläufig versuchen, die Gesellschaft entsprechend zu beeinflussen.
 

Mr. Anderson

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Was Hitchens angeht, könnte ich mich da in der Tat geirrt haben. Ich habe mehrere Debatten gesehen, wo er mit ein oder zwei anderen prominenten Atheisten aufgetreten ist, und könnte etwas von dem, was die anderen gesagt haben, auf ihn projeziert haben. Jedenfalls finde ich auf die Schnelle zwar entsprechende Äußerungen seiner Kollegen, aber nicht von ihm.
 

Hans_Maulwurf

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agentP schrieb:
Atheismus ist der Glaube an die Theorie der Nichtexistenz eines ...hmm... übergeordneten Subjekts.

Verstehe. Dann bin ich sogar ein multi-Gläubiger, denn ich glaube auch an die Nichtexistenz des Osterhasen, von Einhörnern...

Da habe ich mich wohl in Begrifflichkeiten vergaloppiert . Man muß dann doch mehr zwischen Glaube, Meinung und Wissen unterscheiden.
Wenn ich darüber nachdenke ist Atheismus doch mehr eine Meinung. Diese wird allgemein gern von Leuten mit Wissen verwechselt und als solches vorgetragen. Das wirkt dann im Fall des Atheismus auf Nichtatheisten wie Glauben.
Was natürlich nichts an der ursprünglichen Aussage ändert dass Atheismus auf Gläubige ähnlich seltsam wirkt wie die Vorstellung für den nächsten Sonnenaufgang sei ein Menschenopfer notwendig auf einen Sannyasin.

Ich werde auch demnächst meinem Chef unter die Nase reiben, dass er ja nur an die Theorie von der Nichtexistenz meiner Gehaltserhöhung glaubt, behaupten...
Ich glaube daran glaubst du selber nicht und weist das auch.
Falls du Lust hast können wir gerne Geschäfte miteinander machen auf Basis der Schuldscheine, die ich von dir habe und an deren Nicht-Existenz du glaubst.
Du glaubst also ein Gläubiger zu sein !
Ein für mich revolutionärer Ansatz :zwinker:

Code:
A: Tod allen Gläubigen!!! 
Wilde Horde: (kuckt leicht verwirrt; die ersten fangen an sich gegenseitig abzuschlachten)
A: HALLLLLT! Also sorry,  Tod doch nicht ALLEN Gläubigen, sondern nur denen, die an die Nichtexistenz Gottes glauben!
Wilde Horde: (denkt nach; bekommt Kopfschmerzen)
usw. usw.

Wahrscheinlich ist darum vereinfachend vom Tod aller Ungläubigen die Rede. Also der Menschen die einem falschen, einem Unglauben anhängen.

Gammel schrieb:
Atheismus ist die Erfindung von Gläubigen, um Ihr primitives Weltbild, dass jedermann an etwas Glauben müsse, aufrecht erhalten zu können.

Ich bin weder atheistisch getauft noch sonstwie irgendeinem Verein beigetreten.
Du bist aber nicht im Wald von Wölfen aufgezogen worden und bist irgendwann zu der Endscheidung gekommen nicht an so etwas wie Gott zu glauben.
Es war sicher etwas selbstverständliches für dich aber immerhin vertrittst du deine gefundene Meinung offensiv nach außen.
 

Goatboy

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Hans_Maulwurf schrieb:
Wenn ich darüber nachdenke ist Atheismus doch mehr eine Meinung. Diese wird allgemein gern von Leuten mit Wissen verwechselt und als solches vorgetragen. Das wirkt dann im Fall des Atheismus auf Nichtatheisten wie Glauben.
Ja meine Güte, diese Aussage wird nun wirklich nicht klüger, wenn sie jeder Einzelne fünfmal wiederholt. Du meinst also, dass auf deinem Schoß gerade nicht Elvis Presley sitzt, in Rommels Stahlhelm über einem Bunsenbrenner ein Spiegelei brät und dabei in ostfriesischem Platt Bohemian Rhapsody singt? Denn wissen kannst du es schließlich nicht.
 

Angel of Seven

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Goatboy schrieb:
Du meinst also, dass auf deinem Schoß gerade nicht Elvis Presley sitzt, in Rommels Stahlhelm über einem Bunsenbrenner ein Spiegelei brät und dabei in ostfriesischem Platt Bohemian Rhapsody singt? Denn wissen kannst du es schließlich nicht.

Ja aber wo sind denn die jahrtausendalten Schriften die über Elvis und seine Spiegeleibraterei berichten und die ganze Welt über Jahrhunderte maßgeblich verändert haben?
Du kannst nicht jeden frei erfundenen Müll mit der Frage nach der Existenz eines Gottes in Relation setzen.
 

Gammel

Großmeister
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Angel of Seven schrieb:
Du kannst nicht jeden frei erfundenen Müll mit der Frage nach der Existenz eines Gottes in Relation setzen.
Welche Art von Wissenvorsprung hatten denn die Leute vor tausenden von Jahren dass ich deren "frei erfundenen Müll" ernst nehmen muss, den von
Goatboy hingegen als Unsinn ablehnen muss. Oder ist Goatboy etwa einfach erkennbar soviel dümmer als die Steinzeitmenschen ?
 

haruc

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Angel_of_Seven schrieb:
Ja aber wo sind denn die jahrtausendalten Schriften die über Elvis und seine Spiegeleibraterei berichten und die ganze Welt über Jahrhunderte maßgeblich verändert haben?

Also wenn man frei erfundenen Müll in ein Buch schreibt und über 1500 Jahre dieses Buch das einzige Buch ist, das die Mehrheit der Bevölkerung je zu Gesicht bekommt (noch dazu nur auszugsweise und aus zweiter Hand), dann kann dieses Müllbuch durchaus die Jahrhunderte maßgeblich verändern. Die Leute kennen ja nichts anderes. Die Kraft der Bibel liegt nich in ihr selbst, sondern darin, dass hundert Generationen damit indoktriniert wurden und ihr geistiger Horizont sich nicht über den Inhalt der Bibel bzw. dessen, was sie in den Andachten davon zu hören bekamen, hinaus erstreckte.

Das ist jetzt nicht wirklich ein Argument dafür, dass irgendein Schmonzes, der in einem sehr alten Buch steht, "besser" sein muss, als Goatboy's Geschichte, die es erst in 2-3 Jahren in ein Buch/Film schaffen wird.
 

Goatboy

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Angel of Seven schrieb:
Ja aber wo sind denn die jahrtausendalten Schriften die über Elvis und seine Spiegeleibraterei berichten und die ganze Welt über Jahrhunderte maßgeblich verändert haben?
Du kannst nicht jeden frei erfundenen Müll mit der Frage nach der Existenz eines Gottes in Relation setzen.
Jetzt sind es also auf einmal die jahrtausendealten Schriften, mit denen du deinen Glauben rechtertigst. Korrigiere mich, aber hast du bis jetzt nicht üblicherweise etwas von Erkenntnis und Nähe zu Gott und Ähnlichem erzählt? Immerhin siehst du jetzt davon ab, Religion mit Denken begründen zu wollen. Ich betrachte das als Fortschritt.

Was die jahrtausendealten Schriften als Religionsgrundlage angeht, so frage ich mich, ob diese denn wirklich so bedeutend sind wie du dich darzustellen bemühst. Rund 1500 Jahre lang konnten die meisten Christen nicht lesen, wie wahrscheinlich ist es, dass sie wirklich von den Schriften überzeugt wurden? Nein, sie mussten einfach glauben, was ihnen andere erzählten. Zumindest ein wesentlicher Teil der weiblichen Muslime ist auch heute illiterat, hält sie das vom Glauben ab? Die Schriften der Bahai sind nach 1860 entstanden und die Missionierungen hatten bereits vorher begonnen. Zur Religionsgründung reichte die Behauptung des Bab, er habe eine göttliche Offenbarung gehabt, und die Verbreitung dieser Behauptung durch Baha'u'llah. Das Buch Mormon entstand um 1830 zeitgleich zum Aufbau der Religion. Auch hier waren keine Jahrtausende der Wartezeit nötig, um Gläubige zu gewinnen. Scientology bezieht sich meines Wissens nicht vorrangig auf eine heilige Schrift und hat dennoch um die 100000 Anhänger. Was ist mit den Aborigines, den Indianern, unzähligen afrikanischen und südamerikanischen Naturreligionen, deren Lehren in Geschichten, Liedern und Tänzen weitergegeben werden oder wurden? Auch hier keine Schriften.

Wie wir sehen, sind jahrtausendealte Schriften keineswegs Voraussetzungen für eine Religionsgründung. Wesentlich ist eine kühne Behauptung. Drohungen gegenüber Andersdenkenden sind sicher hilfreich. Oder man macht es so elegant wie Abdul-Baha und erzählt einfach, dass jeder, der innerhalb der nächsten tausend Jahre behauptet, ein Offenbarer zu sein, ein Lügner ist. Das ist doch sehr vorausschauend gedacht, oder?

Nur hatten sie alle unrecht. Denn mir ist vorhin ein Engel in Gestalt eines riesengroßen elsässischen Flammkuchens mit einer Baseball-Kappe auf Krücken gehend erschienen und hat mich über den auf dem Schoß sitzenden, Spiegelei in Rommels Stahlhelm über einem Bunsenbrenner bratenden und dabei Bohemian Rhapsody im ostfriesischen Platt singenden Elvis Presley erleuchtet. Ich habe versucht, die Lehre an dich weiterzugeben, da jeder, der nicht an sie glaubt, nach seinem Tod dazu verdammt sein wird, bis in alle Ewigkeit Ottfried Fischer und Alice Schwarzer dabei zuzusehen, wie sie sich - von Markus Lanz moderiert - der Sünde hingeben. Und das will ich nun wirklich niemandem zumuten, jetzt, wo ich das Licht gesehen habe. Bekenne auch du dich! Bekennt euch alle, wollt ihr diesem grausamen Schicksal entfliehen!
 

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