Feindsender
Meister
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- 12. April 2002
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Sie fragen mich was Angst ist? Angst kann sehr vieles sein. Angst ist, wenn Sie nur sehr langsam wach werden; bevor Sie aufstehen liegen Sie einfach nur da und starren in den Raum. Über Ihrer Netzhaut liegt ein milchiger Film, der Ihre Umwelt weichzeichnet. Das verhaßte Licht des neuen Tages dringt durch ein Fenster während sie langsam beginnen, Ihren Körper wahrzunehmen. Angst ist auch, wenn Sie eine ganze Weile dafür brauchen, Ihre Gedanken in Bewegung zu versetzen. Angst ist, wenn Sie weder wissen welcher Tag es ist, noch was Sie gestern und am Abend zuvor getan haben. Als Sie alle Ordner und Schubladen Ihres Gehirns danach durchsucht haben, und endlich fündig geworden sind, fällt Ihnen augenblicklich, wenn nicht sogar gleichzeitig ein, welche angsteinflößenden und unangenehmen Aufgaben Sie auch heute wieder zu bewältigen haben werden. Während Sie aufstehen, sind Sie von ständig zunehmender Angst umgeben; Ihnen bleibt nicht anderes übrig, als sie einzuatmen. Die nächste Station der Angst begegnet Ihnen im Badezimmer. Sie blicken in den Spiegel und sehen ein Gesicht, das sie kaum kennen. Mit lebensmüden, aufgequollenen Augen schaut Sie ein Fremder an; fettige Haare, grobporige, schuppige Haut, unrasiert. Als dieser Fremde unter die Dusche tritt, bemerkt er, dass sein Körper nicht mehr so aussieht, wie er ihn in Erinnerung hatte; dass er nicht mehr im Besitz des Körpers ist, den er gerne hätte. Angst ist, wenn Sie sich selber nicht schön finden: wenn Sie dick und weiß sind und Sie sich in Ihrer Haut nicht wohlfühlen. Die bleichen Hände, die den verkalkten, matten Duschhahn aufdrehen, beginnen unter dem kalten Wasser eine lila Färbung anzunehmen. Angewiedert reiben Sie den schwammigen Körper mit Seife ein und fühlen sich dabei als würden Sie eine Qualle streicheln. Nachdem Sie alle Rituale, die zum traditionellen Beginn eines Tages notwendig sind ausgeübt haben und das Höchstmaß an Funktionalität von Körper und Geist wieder hergestellt ist, erreichen Sie den Höhepunkt des Tages mittels des Dramas um die erste Zigarette am Morgen. Bringen Sie es hinter sich. Nach drei Zügen sind Sie schonungslos im Depressionsholocaust verloren. Die Probleme, hauptsächlich solche, die Sie sich selbst konstruiert haben, sausen Ihnen wie Maschinengewehrsalven um die Ohren, Orgasmen aus Existenzängsten, Geldnöten, Beziehungskrisen, unfreundlichen Mitmenschen, bürokratiegetränkten Behördengängen und Termindruck schreien Ihnen von beiden Seiten in die Ohren, so dass Sie sich eine Kugel durch den Kopf schiessen möchten, um dem ganzen Fiasko ein angemessenes Ende zu bereiten. Nach viereinhalb Minuten hört der Spuk so schnell auf, wie er begonnen hat. Der Glimmstengel erlischt im Aschenbecher. Zusammenfassend würde ich sagen, das Angst ein sehr großer Bestandteil meines Lebens ist; besser gesagt: geworden ist.
A.K.
A.K.