William S. Burroughs / DROGEN

BrettonWoods

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Wenn ich gefragt werde, welche Schriftsteller meine Lieblingautoren sind, gehört William S. Burroughs zu meinen Top 10.
Was haltet Ihr von William S. Burroughs?
Kurzer Link:
http://de.wikipedia.org/wiki/William_Seward_Burroughs

Burroughs über Denton Welch

So habe ich nun also den jungen Denton dienstver-
pflichtet als Helden meines neuen Romans 'The Place
of Dead Roads'. Gewissermaßen also ein Fall von lite-
rarischer Entführung. Mit einem ebenso ungewissen
Ausgang, wie wenn die CIA einen bekannten Russen
kidnappt, in der Hoffnung, ihn umdrehen zu können.
Ich meine, hätte sich Denton so ohne weiteres umge-
stellt auf eine Rolle als Westernheld? Als Revolverheld?
Ich denke, er hätte wohl mitgemacht:
"Kim ist ein morbider, schmieriger Junge mit unap-
petitlichen Neigungen und einem unersättlichen Hun-
ger nach Extremen und Sensationen. Er ist geradezu
vernarrt in diese dunkle Seite seines Charakters. Seine
Mutter hatte Séancen veranstaltet, und Kim begeistert
sich für Ektoplasma, Kristallkugeln, Geisterführer, Vor-
ahnungen und Auras. Er suhlt sich in der Vorstellung
von Abscheulichkeiten, unaussprechlichen Riten,
dämonischen Beischläfern mit schauerlichen Krank-
heiten, widerwärtigen Geheimnissen, die mitgeteilt
werden in einem dicken schleimigen Flüstern, süßlich
und wissend und böse; von alten zerfallenen Städten
unter einem dräuend purpurrotem Himmel, dem Pest-
hauch rätselhafter Exkremente, dem modrigen süß-
lichen Verwesungsgestank des gräßlichen Roten Fie-
bers; von erogenen Geschwüren, die sich eiternd durch
das verblödete kichernde Fleich fressen."
Es ist offensichtlich, Punky: Die Rolle sitzt dir so
hauteng wie ein Präser.
"Ich übe mich im Schießen und bin entschlossen, ein
unfehlbarer Schütze zu werden. Bald werde ich es aus-
tragen müssen mit dem bigotten griesgrämigen She-
riff, der an Verdauungsstörungen leidet und jedesmal
leicht missbilligend rülpst, wenn er einem ein Loch in
den Bauch schießt. Sie nennen ihn deshalb einfach den
'Rülpser'. Ich werde ihm einen Bauchschuss verpassen.
Er wird nach vorn knicken mit einem gewaltigen Rülp-
ser, und sein künstliches Gebiss wird ihm laut schnap-
pend aus dem Mund fliegen."
http://mitglied.lycos.de/Yumeko/burroughs.html
 

BrettonWoods

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burroughs_f2.jpg

William S. Burroughs 1990
99 cm x 66 cm. silver print. San Francisco Museum of Modern Art.
 

BrettonWoods

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Die Abschaffung der Dummheit :wink:
Dummheit ist eine ansteckende soziosemantische Störung, die jeden von uns heimsucht.
Dummheit bringt Genies um, verbrennt Bücher, metzelt ganze Bevölkerungen dahin, blockiert den Fortschritt.
Es gibt nichts verstandesmäßig Wünschbares, das nicht erreicht werden kann, falls der Verstand an und für sich größer wird.
Neurochemie heißt, das menschliche Nervensystem untersuchen und sich selber verbessern: Intelligenz heißt, die Intelligenz untersuchen und verbessern.
Dr. Nathan Kline, der im Bereich der Neuropharmakologie als Konservativer bezeichnet werden könnte (in demselben Sinne, wie Dr. Timothy Leary radikal und die US-Regierung reaktionär sind), hat in Psychotropic Drugs in the Year 2000 vorausgesagt, daß wir innerhalb von 20 Jahren Drogen haben werden, die uns das Gedächtnis verbessern helfen. Drogen, die uns das Auslöschen unerfreulicher Erinnerungen ermöglichen, die jegliche Gemütsbewegung vergrößern oder mindern; Drogen, welche die Kindheit verlängern oder verkürzen; Drogen, die den Mutterinstinkt fördern oder beenden, usw. Es braucht nicht viel Vorstellungsvermögen, um ein- zusehen, daß Wirkstoffe dieser Art uns mehr Kontrolle über unser Nervensystem ermöglichen, als dies bis dahin jemals möglich gewesen ist. Sicherlich werden die Leute diese Drogen auf vielerlei Art gebrauchen und mißbrauchen - auf wünschenswerte und andere Weise -, aber die Intelligentesten werden sie am intelligentesten verwenden, d. h. um ihre eigene neurologische Freiheit zu vergrößern, um ihre irrationalen Programme aufzubauen und ihr Bewußtsein und ihre Intelligenz allgemein zu erweitern und zu vergrößern.

Das solchen psychopharmakologischen Fortschritten innewohnende Potential im Hinblick auf eine neurologische Revolution sollte jedermann ziemlich klar sein, der jemals mit einem Psychedelikum - und sei es ein so uraltes wie LSD - Bekanntschaft geschlossen hat. (Eine der jüngsten Daten zu LSD ist die Tatsache, daß die längste US-Einzeluntersuchung mit diesem Wirkstoff - durchgeführt im Spring Grove Hospital in Maryland -bei allen Versuchspersonen einen im Durchschnitt zehnprozentigen Intelligenzzuwachs aufzeigte; siehe Stafford, Enzyklopädie der Psychedelischen Drogen.)
Walter Bowart hat in Operation Mind Control ausführlich dokumentiert, daß Hypnose plus Neurochemikalien wirksamer verläuft als gewöhnliche Hypnose; daß Verhaltensmodelle in Verbindung mit Neurochemikalien effektvoller sind als gewöhnliche Verhaltensmodelle, und daß jede den Mind verändernde Technik mit Neurochemikalien wirksamer verläuft als ohne. Bowarts Beweise beruhen alle auf dem Mißbrauch oder der Pervertierung dieser Techniken - Armee- und CIA-Untersuchungen auf dem Gebiet der Gehirnwäsche -, doch besteht kein Grund, warum freiheitsorientierte und humane Leute solche Erkenntnisse nicht lieber zur Dekonditionierung und Deprogrammierung denn zur Rekonditionierung und Reprogrammierung verwenden sollten. Sichere und vernünftige Grundsätze für eine solche Mind-Erweiterung und Intelligenz-Befreiung finden sich bereits in Büchern wie Dr. John Lillys Programming and Metaprogramming in the Human Biocomputer, Dr. Learys Neuropolitik und Staffords und Golightlys LSD: The Problem-Solving Psychedelic. Man beachte bitte, daß diese Bücher nur von der Mind-Befreiung via LSD handeln, daß wir hier jedoch von sehr viel präziseren und voraussagbareren Wirkstoffen sprechen. (Bitte lesen Sie den letzten Satz nochmals durch!)
Wenn uns die Psychopharmakologie die Möglichkeit eröffnet, unser Selbst nach Wunsch zu programmieren, zu deprogrammieren und reprogrammieren, so betreten wir eine neue Stufe der Evolution. Mehr als Allgemeine Semantik, Transaktionsanalyse oder jedwelche mindverändernde Techniken der Vergangenheit stellt die Neurochemie einen wirklichen Quantensprung zu einer neuen Stufe der Freiheit dar: Das menschliche Nervensystem erforscht und verbessert sich selbst, Intelligenz erforscht und vervollkommnet sich.
Um dies bestimmter und deutlicher zu sehen, ziehe man die im Oktober 1975 von McGraw-Hill zusammengestellte wissenschaftlichen Meinungen in bezug auf die bis ins Jahre 2000 zu erwartenden Fortschritte in Betracht. Die Mehrheit der Neurowissenschaftler sagten spezifische Drogen zur permanenten Verbesserung der menschlichen Intelligenz voraus (siehe No More Dying von Kurzman und Gordon, S. 4). Ich habe dies erst nach den mehr allgemeinen Voraussagen von Kline erwähnt, um den Eindruck zu vermeiden, daß ich nur von der Zunahme des linearen I.Q. des dritten Schaltkreises sprechen würde. Es gibt sieben andere Arten der Intelligenz. Zwischen der Psychopharmakologie und anderen Sparten der Neurologie besteht eine direkte Feedbackschleife, wie die Elektrische Stimulation des Gehirns (ESG), Biofeedback usw.
Wie William S. Burroughs sagt: «Alles, was auf chemischem Weg vollbracht werden kann, ist auch mit anderen Mitteln möglich.» Jean Millay und andere haben gezeigt, daß Yoga in Verbindung mit Biofeedback eine schnellere Loslösung von geprägten, gefühlsmäßigwahrnehmungsbedingten Sets erbringt als Yoga allein. John Lilly hat die LSD-Wirkung mit seinen Isolations-Tanks verdoppelt. José Delgado hat mit Hilfe von ESG zahlreiche Wirkungen hervorgebracht, die bis anhin nur in Zusammenhang mit Drogen festgestellt worden waren.
Für Alarmisten gehört es zum Alltag, uns davor zu warnen, daß die sich entfaltenden synergistischen Neurowissenschaften unseren skrupellosen Regierungen die Möglichkeit verschaffen, ganze Völkerschaften totaleren Gehirnwäschen zu unterziehen als je zuvor. Wir müssen erkennen, daß dieselbe Technologie, von intelligenten Männern und Frauen weise angewandt, uns..................... :D

Warum niedergeschlagen, dumm und aufgekratzt sein, wenn du glücklich, gescheit und ruhig sein kannst?

Quelle: http://www.physiologus.de/abschaffung.htm
 

BrettonWoods

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Schon der Name hatte einen dunklen, mysteriösen Klang. Burroughs. Das klang nach Tiefe. Burroughs. Das klang nach Untergrund. Burroughs. Das klang wie das geheime Codewort für den Eintritt in eine sittenlose Welt, in der Worte zu Messern wurden, die immer wieder auf die offenen Wunden der menschlichen Gesellschaft einstachen. Eine Welt aus Drogenrausch und Alkoholexzessen. Eine Welt aus brutalem Sex und roher Gewalt. Eine Welt der Neugier nach Verbotenem, in der die Philosophie der Gosse und die Strategie des nackten Überlebens regierten.
Burroughs, noch in den elendigsten Quartieren und Situationen stets in Anzug, Hut und Krawatte korrekt gekleidet, was ihm in Marokko den Beinamen "The Duke" einbrachte, hat die Höhen und vor allem die Tiefen des Lebens ausgelotet. Neben seinen vielen Romanen, darunter "The Soft Machine", "The Wild Boys" oder zuletzt "Western Lands" schrieb er auch die Texte zu Robert Wilsons "Black Rider". In den siebziger Jahren gab er aus seinem "Bunker", einer düsteren fensterlosen Bleibe im Waschraum einer ausgedienten YMCA-Gebäudes, der New Yorker Rock- und Punkszene neue Impulse, schrieb Songtexte für Patti Smith, trat mit John Giorno und Laurie Anderson auf, spielte noch in den Neunzigern Platten mit Kurt Cobain oder den Disposable Heroes of HipHoprisy ein.
Im Grunde war Burroughs der Alptraum der amerikanischen Gesellschaft -weil er aus ihrer innersten Mitte stammte.

Quelle: http://www.mardou.de/beat/nachrufbill.htm
 

BrettonWoods

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23 Skiddoo Kurzgeschichte von Burroughs

23 Skiddoo von Burroughs übersetzt von Carl Weissner


Ich Arbeite in der Abteilung 23, wir "verwalten" sozusagen die gefährlichen Spinner und haben über jeden eine Akte, die unter anderem eine Prognose nach den Kriterien von 23 enthält. Zum Beispiel: "Könnte einen Drohbrief schreiben oder einen ungeladenen Spielzeugrevolver auf eine Tunte abfeuern, aber nur wenn wir ihm dabei das Händchen halten. Eindeutig kein 23er." Im Klartext: der Kerl hat nicht das Zeug zu einem Attentäter.
Da verlassen wir uns schon eher auf einen wie diesen stillen Typ, der zurückgezogen lebt und die Bibel las und einen immer so geistesabwesend ansah, ein verträumter und gleichzeitig unangehmer Blick, niemand achtet darauf, bis eines Tages der Konsul um 10:23 Uhr aus dem Wagen stieg und zu seiner Überraschung einen schäbig gekleideten Menschen vor sich sah, den er im ersten Augenblick für einen aufdringlichen Bettler hielt, der Mann hatte in der einen Hand eine Bibel, und was er in der andreren Hand hatte, erwies sich als man es dem Konsul aus dem Unterleib zog, als 25 cm langes Tranchiermesser. Und als der Attentäter zu stach, sagte er laut und vernehmlich: "Gott hat schließlich auch Messer gemacht."
Unser Spinner wurde von Konulatsbeamten überwältigt und der Polizei übergeben. Beim Verhör gab er an, er gehöre zum "Fly Tox Movement", einer extremistischen Sekte, die Haschisch für Teufelskraut hält und ihre Kicks größtenteils aus Vitaminmangel bezieht, und zu derart anfälligen Typen kriegt man leicht einen direkten Draht...
"Kannst du mich hören, Homer? Natürlich kannst du. Ich sag dir, was du tun mußt, Homer. Wir werden dich beschützen, Homer. Wenn du die Sache für uns erledigt hast, wirst du von einer Fiegenden Untertasse abgeholt."
Gelegentlich kann es vorkommen, daß unser direkter Draht zu so einem Spinner abreißt. Naja, dann setzen wir eben alle verfügbaren Leute auf ihn an, sie kämmen die Straßen durch und fangen ihn wieder ein, ehe er sich auf eine Seifenkiste stellt und intime Details über unsere Abteilung unters Volk bringt. Was ziemlich unwahrscheinlich ist, denn wir operieren so hart und eiskalt wie der Knüppel eines Bullen bei Nacht und Nebel und 20 Grad unter Null.
Einmal mußten wir nach einem verschollenen Spinner suchen, mit dem wir zuletzt Kontakt hatten, als er in einem Orgon-Akkumulator saß, und plötzlich wurde der Bildschirm weiß... In so einem Fall stellt sich gewöhnlich heraus, daß wir einen Saboteur in den Reihen haben... irgend jemand hat uns den Kerl heimlich ausgespannt, in der Abteilung werden immer wieder krumme Touren versucht, vielleicht haben ihm die von der Fachgruppe Ethnologie für ein Ritualmord abgezweigt, wir sind schließlich auf zahlreichen Gebieten engagiert, da kann so etwas schon mal vorkommen...
Jetzt geht das Suchen los, ein Buchhalter gerät in Verdacht und begegnet nun dem ganzen Department mit kaltem Haß. Man wirft ihm vor, er habe seine Bücher gefälscht, dabei weiß er doch genau, daß seine Bücher in Ordnung sind...
"Joe, ich sag's Ihnen, wie es ist, und die Pest soll mich treffen, wenn ich ihnen hier was vormache: Das Department ist überzeugt, daß Sie Dreck am Stecken haben."
Wir mußten damit rechnen, daß man unseren Spinner umgedreht hatte und mit seiner Hilfe einen unserer alten weißhaarigen Boys beseitigen wollte, womöglich den Old Sugar Boss persönlich....
Bei der Office Party mixt sich Mr. Blankslip aus der Buchhaltung gerade seinen "Blackout Special", da hört er eine kalte Flüsterstimme, die ihm sagt, der Mann muß beseitigt werden, um das Lamm Gottes der Alten Bestie 666 zu befreien...
"Du gehörst jetzt zu unserer Spezialabteilung, Kamerad, deine Pflicht ist klar, wenn die total Oil Company einen Job zu erledigen hat, dann stellt ein Mann keine langen Fragen sondern reißt sich am Riemen und tut was verlangt wird, und die Company hat schon immer dafür gesorgt, daß ihren Leuten nichts passiert, oder denkst du vielleicht, wir lassen dich hängen? Nee, ich bin nicht der liebe Gott, ich bin auch bloß'n ganz gewöhnlicher Joe der einen job zu erledigen hat, genau wie du, also nun mach uns mal diesen unsäglichen Old Sugar Boss kalt, ja?..."
Es stimmt schon, der Boß hat ein paar unerquickliche Angewohnheiten. Nach drei Martinis eröffnet er regelmäßig seinen "Mitarbeitern", wie er uns jovial nennt, wir seien alle Pfundskerle und echt anständige Joes, genau wie er selber. Aber las mal einen Angestellten mit ungeputzten Schuhen bei ihm im Büro erscheinen, da läßt er sich ab sofort die Schuhe nicht mehr wienern und bringt das bei jeder Gelegenheit penetrant aufs Tapet.
Gegenüber ausländischen Würdenträger, die er empfängt, entschuldigt er sich wortreich mit dem hinweis, es handele sich hier bedauerlicherweise um eine neue Regelung, die man im Department gegen seinen Willen durchgesetzt habe. Bis der Angestellte schließlich den Wink mit dem Zaunpfahl versteht und fortan mit Schuhwerk erscheint, dessen edler Glanz einem Spiegel aus Obsidian Konkurrenz machen könnte. Dann setzt der Boß ein zähes Sirup-Lächeln auf und sagt: "Freut mich, Sie zu sehn..."
Oder er läßt etwa einen kleinen Geldbetrag auf seinem Schreibtisch liegen und nimmt ihn im laufe der Unterredung unauffällig an sich...
"Oh, äh, Grimsy?"
"Ja, Sir?"
"Sie haben nicht zufällig 15 Schilling hier auf dem Schreibtisch liegen sehen oder? Vielleicht haben Sie's in unser Sparschwein gesteckt? Nein? Lag direkt hier auf dem Tisch...."
"Ich hab nichts gesehen, Sir."
"Naja, ist nicht so wichtig.... Gute Nacht, Grimsy."
"Gute Nacht, Sor."
"Oh.... Grimsy?"
"Ja, Sir?"
"Falls Sie einen Vorschuß auf ihr nächstes Gehalt brauchen.... Sie wissen ja, Sie können mich jederzeit darum bitten...."
Eine weitere Unart von ihm war, daß er bei seinen Angestellten immer wieder unverhofft hereinplatzte. Keiner durfte die Tür abschließen - nicht einmal wenn er aufs Klo ging -, und zu jeder Tages- oder Nachtzeit konnte die Tür aufgehen und der Boß stand da und sagte mit einem schmierigen Lächeln:
"Na, was schreiben wir denn da noch so spät in unser Tagebuch? Muß ja sehr Interessantes sein...."
Eines Morgens flog er auf der Fahrt zum Büro mit seinem Dienstwagen in die Luft. Die Explosion war so stark, daß der ganze Häuserblock mit in Trümmer ging.
Damit war schlagartig klar, daß hier eine fremde Macht ihre Hand im Spiel hat. Der ganze Apparat ist unterwandert. Die Pleiten häufen sich. Unser Parteivorsitzender hat sofort den richtigen Riecher: "Schlitzäugige linke Strohmänner sind am Werk und sabotieren unsere entscheidenden Projekte."
Wir stehen jetzt vor der Aufgabe, sämtliche Irrläufer unter unseren Spinnern dingfest zu machen. Ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen, denn in vielen Fällen werden sie von Saboteuren aus unseren eigenen Reihen ferngesteuert, und daß einer in die falschen Hände geraten ist merkt man immer erst, wenn der Schaden schon angerichtet ist...
Eines Abends wird zum Beispiel unser Pförtner schwach, er verläßt seinen Posten und geht mal kurz um die Ecke, um sich ein Glas Rotwein zu genehmigen. Eine menschenleere Seitenstraße, auf der ihn plötzlich ein Besoffener rempelt...
"Nimm deine Pfoten weg, du versoffener Strolch....!"
Blutüberströmt trägt man unseren Türsteher in die Vorhalle herein. Er beschreibt und den Täter. "Hatte einen hellblauen Anzug an, der vorne total mit Rührei verkleistert war. Der Kerl stank entsetzlich nach Zwiebeln und billigem Sprit...."
"Der kriegt eine neue Tarnung verpaßt und zieht damit seine nächste Nummer ab", sagte ich.
Mein Vorgesetzter nickte. "Der verteilt an der Ecke irgendwelche Flugblätter, und wenn man sich gerade an ihm vorbeidrücken will..."
Der Erfolg unseres ehrgeizisten Unternehmens steht jetzt auf dem Spiel: "Projekt 23 Skiddoo", das wir in Indonesien gerade im großen Stil erproben. Wir haben die ganze Verwaltung auf Computer umgestellt, und wenn uns in diesem Stadium einer dazwischenfunkt, hätte das unvorstellbare Folgen. Unsere Abteilung könnte einpacken...
Das sagt sich auch unser Mann vor Ort, und während er gerade solchen Gedanken nachhängt, wird er plötzlich von einem Polizisten angehalten und gefilzt.
"Also hören Sie mal, was soll denn das! Ich bin aus dem Innenministerium!...." Mißtrauisch besieht er sich nun die Uniform des Polizisten ein bißchen genauer. "Was tragen Sie da überhaupt für eine Uniform? Die ist doch niemals echt....!"
Er fand nicht mehr die Zeit, um sich nach einem echten Polizisten umzusehen. Er starb, ohne das Bewußtsein wiederzuerlangen. Der Täter gab an, unser Unterstaatssekretär habe eine verdächtige Bewegung gemacht, und er habe ihn in Notwehr erschießen müssen.
Ein Tag wie jeder andere. Der stille Amerikaner sitzt im Nedick's vor einem Rührei, und der Filipino-Koch kommt hinter dem Tresen vor und nähert sich zielstrebig dem Tisch....
"Neuer Mann", sagt sich der stille Amerikaner. "Möchte sich bei der Kundschaft beliebt machen." Warm lächelt er dem Koch entgegen. "Nett von von dir, Jojo. Wollte dich gerade rufen. Dieses Rührei ist nämlich kalt. Wie wär's, wenn du das noch mal auf den Herd stellst..."
Und wenig später liegt der Amerikaner auf dem Boden und ist so kalt wie das Rührei und der Kaffee.
"Hallo, Senor. Wie gefällt's Ihnen in unserem Land?"
"Oh fabelhaft. Mutter und ich lieben Mexiko. Dürfen wir Ihnen ein Bier spendieren....?"
"Was soll der Scheiß?" sagt der Mex, nachdem er die beiden abgestochen hat. "Zwei Gringos mehr oder weniger - was ist schon dabei."
Die Reiche Tante, die vor dem Lipp's gerade ins Taxi steigen wollte, sah einen jungen Kerl in schwarzer Lederjacke auf sich zurennen und dachte "Nanu, hab ich etwas liegengelassen und dieser unappetitliche junge Mensch bringt es mir heraus und denkt vielleicht, er bekommt von mir auch noch ein Trinkgeld? Aber was hat er da eigentlich in der Hand, das sieht doch gar nicht aus wie..." Dann ging die Handgranate hoch, und in fünfzig Metern Entfernung fand man noch Fetzen von ihrem Persianer.
Den nächsten erwischte es am Eingang zum Yale Club. Ein Mann, offensichtlich ein neuer Pförtner, der noch nicht alle Mitglieder kennt, verwehrt ihm den Zutritt.... im nächsten Augenblick übergießt er ihn mit Benzin und zündet ihn an.
Tja, und es fing doch alles so harmlos an... da hockte einer in seinem Orgon-Akkumulator und unser direkter Draht zu ihm riß ab, der Bildschirm wurde weiß, na schön, es war Winter und draußen hatten wir einen Schneesturm, da kommt es schon mal vor, daß es auch auf dem Bildschirm schneit...
Mittlerweile besteht die ganze Abteilung aus Illegalen, und Mr. Blankslip sieht sich der unsäglichen Erniedrigung ausgesetzt, der Fachgruppe Ethnologie erklären zu müssen, weshalb er der Alten Bestie 666 das Lamm Gottes mit einem Blackout Special ausspannen wollte, und er uns jovial nennt, mit der alten leier von wegen wir wüßten doch, wie es manchmal so geht, wir seien doch astreine Joes genau wie er, dieser Schleimer, es wird einem richtig schlecht, wenn man ihn so reden hört, er klingt genau wie Old Sugar Boß nach seinem dritten Martini: "Tja, ich seh hier lauter echte stinkbesoffene Joes um mich rum, ihr seid mir richtig ans Herz gewachsen, ist doch aschklar..."
In der Eingangshalle des Konulats versperrt einem plötzlich ein neuer Pförtner den Weg, er hat eine Handgranate in der Hosentasche, seine Uniform ist vorne ganz verkleckert und stinkt nach Benzin, ein Polizist taucht auf und mischt sich ungefragt ein - "Wie wär's mit einem Bier auf meine Rechnung?"
Attentäter, die schon auf Eis lagen, wachen plötzlich wieder auf und fallen über Passanten her, jeder Polizist hat einen professionellen "Bruder" und der Schwedische Konsul verstummt für immer über einem Rührei im Nedick's... Oswalds und Rubys quellen uns aus sämtlichen Knopflöchern und explodieren als menschliche Zeitbomben auf Befehl eines Computers... die ganze Präzision ist beim Teufel, wildgewordene Strohmänner und Attentäter pfuschen uns überall dazwischen, und woher diese Anarchie? Nur weil uns ein einziger Spinner durch die Lappen ging. Und nun denken Sie mal kurz nach - da hat Sie doch neulich einer auf dem Golfplatz angesprochen... und jetzt steht er plötzlich wieder vor Ihnen. So ein Zufall, nicht? Ganz recht, ein 23er. Und so einen wird man nie mehr los.......
ENDE

Gute Seite zu Burroughs.
http://www.popsubculture.com/pop/bio_project/william_s_burroughs.html
 

dimbo

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[offtopic] Carl Weissner ist ein genialer Übersetzer! [/offtopic]
 

innerdatasun

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Kenne von burroughs leider nur "westernlands", aber allein das war schon das abgedrehteste stück buch was ich jemals gelesen habe.
 

dimbo

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http://www.davidcronenberg.de/burrcron.html
http://www.deepleafproductions.com/wilsonlibrary/authors/WilliamBurroughs.htm

Wusstest du, dass er 1951 seine Frau erschoßen hat? Gibt dem Bild mit der Knarre ne ganz andere Bedeutung, hm? Hast du zufällig das Bild von Burroughs und Al Capone, wo ihm letzterer ne Knarre schenkt? Such ich noch...

In 1951 Burroughs was living in Mexico City with his wife, Joan, and young son, Billy Jr., after a heroin and marijuana possession charge against him back in the States had been dropped. One September afternoon, Burroughs and his wife dropped by to see an acquaintance and a few other friends who had gathered to enjoy some drinks. Burroughs was packing a Star .380 automatic. At one point in the festivities, he said to his wife, who was sitting in a chair across the room, ``I guess it's about time for our William Tell act.'' They'd never performed a William Tell act in their lives, but Joan, who was drinking heavily and undergoing withdrawal from a heavy amphetamine habit, and who had lived with Burroughs for five years, was game. She placed a highball glass on top of her head. Burroughs, known to be a good shot, was sitting about six feet away. His explanation for missing was not that his aim was off, but that this gun shot low. The bullet struck Joan in the head. She died almost immediately.

The judge in Mexico believed the shooting to be accidental, as the other people present in the room asserted that this was the case. And so after paying a lawyer $2,000 and serving thirteen days in jail, Burroughs was allowed to post $2,312 and was freed.
 

BrettonWoods

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Burroughs erschießt seine Frau Joan

burroughs_1951.jpg

1951 erschießt Burroughs unter Alkoholeinfluss seine Frau Joan. Er sieht diese Tat als Manifestierung des evil spirit und schreibt sich in den folgenden Jahren seine Mitschuld am Tod Joans vom Leib.
Ein schrecklicher Unfall.
Das Bild hat meiner Meinung nur indirekt mit dem Tod seiner Frau zu tun.

Die elektronische Revolution 1970/71
http://www.weltverschwoerung.de/modules.php?name=Forums&file=viewtopic&t=8754

Blade Runner
Ein Film Aus dem Amerikanischen von 1979 Eco Verlag 1980
http://www.weltverschwoerung.de/modules.php?name=Forums&file=viewtopic&t=7953
 

BrettonWoods

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@innerdatasun
Vielen Dank für die Beteiligung und den David Cronenberg link.
Cronenberg ist ein genialer Regisseur.




William S. Burroughs: The cat inside
Erzählungen, übertragen von Esther und Udo Breger
über das Buch:
William Seward Burroughs - ein alter Schriftsteller, der unaufhaltsam "das Ende aller Worte erreicht, das Ende dessen, was sich mit Worten sagen läßt". Und so stellt er, einmal noch, Betrachtungen über das ambivalente Verhältnis Katze/Tier und "Homo sap" an, dem Umweltzerstörer par excellence, der durch sein Denken und Handeln eine Spezies um die andere abhakt; der, scheinbar ungerührt und zielgerichtet, dabei auch am eigenen Ast sägt, auf dem er, selbst schon vom Aussterben bedroht, kauert. "Der Mensch ist ein böses Tier" schrieb Gysin - Burroughs nimmt den Gedanken auf, illustriert ihn anhand zwischenmensch/katzlicher Beziehungen, und er schildert, wie er die ihm verbliebene Liebe hauptsächlich mit Katzen lebt.

Quelle: http://www.galrev.com/material/seiten/burrou.htm
 

BrettonWoods

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@dimbo
Burroughs über den tod seiner Frau "Ich sehe mich zu dem erschreckenden Schluß gezwungen, daß ich ohne Joans Tod nie Schriftsteller geworden wäre... Ich lebe mit der ständigen Bedrohung der Besessenheit und dem ständigen Bedürfnis, vor dieser Besessenheit, dieser Kontrolle, zu fliehen. So hat mich Joans Tod in Kontakt mit dem Eindringling gebracht, dem Häßlichen Geist, und mich in einem lebenslangen Kampf manövriert, in dem ich keine andere Wahl habe, als mich da herauszuschreiben.". Und er erklärte: "Schreiben als Immunisierung. Sobald etwas aufgeschrieben ist, verliert es die Macht, einem unverhofft zusetzen zu können; genau wie ein Virus seinen Vorteil einbüßt, sobald sich wachsame Antikörper gebildet haben als Reaktion auf ein geschwächtes Virus. Ich erlangte also eine gewisse Immunität gegen weitere riskante Abenteuer dieser Art, indem ich meine Erfahrungen aufschrieb."
burroughs2.jpg

mrbburr_u_gun1.gif
 

antimagnet

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wollte euch zwei bilder von meinem lieblingsmaler sebastian krüger nicht vorenthalten:

large_picture_01.jpg


und

burroughs.gif


schick, was?
 

dimbo

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Boah WAS?!?!?!?!

Das mit dem Hund ist William S. Burroughs? Das Bild kenn ich schon seid ich ein Kind bin... Wann ist das entstanden? Oder ist das eine Persiflage auf ein bekanntes Bild, das ich auch kennen könnte?
 

antimagnet

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da ist ja einer von der schnellen sorte... :lol:

keine ahnung, dimbo, ob das ne persiflage sein soll. ist aber burroughs - heißt ja auch so...

wenn du was rauskriegst, über ein original-bild oder sowas, lass es mich wissen - würd mich interessieren...

woher kennst denn das bild? kowalski? krüger war ja kowalski-stammkünstler sozusagen...
 

BrettonWoods

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Die Industrial Culture-Szene

Die Industrial-Musik, zu deren wichtigsten Vertretern Throbbing Gristle, Chris and Cosey, Coil, Psychic TV, außerdem Cabaret Voltaire, Test Department, Monte Cazazza, SPK und Einstürzende Neubauten zählen, ist vor allem durch die un­gewöhnliche Instrumentierung gekennzeichnet. Als Instrumente werden Stahlschlagwerk, Werkzeuge und Maschinen wie Bohrer, Flex, Preßlufthämmer, Mate­rialien wie Stein, Metall, Kunststoffe oder synthetisch erzeugte Geräusche und Krach verwendet. Zum anderen arbeiten diese Gruppen collageartig mit vormals antimusikalischen Elementen, z.B. mit verschiedenen Tapes, mit Industriegeräuschen oder Tönen des Alltags. Es entstehen Klangcollagen, die Ausschnitte aus der Geräuschkulisse einer industriellen Gesellschaft repräsentieren.

Die thematischen Schwerpunkte sind Tod, Krankheit, Krieg und Verbrechen. Man legt die Funktionsprinzipien und Krebsgeschwüre einer kranken Gesellschaft frei. Industrial Culture Bands versuchen nachzuvollziehen, wie sich die marode Industrielandschaft auf die Psyche des Menschen auswirkt. So beschäftigen sie sich in ihren Texten und auf ihren Plattencovern hauptsächlich mit dem pervertierten menschlichen Verhalten, dessen Entwicklung sie maßgeblich den Bedingungen der hochtechnisierten Ge­sellschaft zur Last legen. Sie entwickeln großes Interesse an den Fällen von Massen- oder Ritualmördern, wie z.B. Charles Manson, der Kindesmörderin Mary Bell, dem Paar Ian Brady and Myra Hindley, wobei dieses Interesse oft als Zustimmung zu Mord und Gewalt ausgelegt wird. Es geht aber darum, die schlimmsten, ausgeblendeten Seiten der Gesellschaft - die Bereiche, die selbst von den Medien ausgespart werden oder über die in ganz bestimmter Art und Weise berichtet wird - zu präsentieren. Diese speziellen Fälle von Gewaltverbrechen sind sozusagen die großen Erzählungen dieser Szene.

Link: http://www.birgitrichard.de/texte/indust.htm

Hervorzuheben sind Cosey F. Tutti und Chris Carter, deren 1982 erschienene Produktion "Heartbeat" bereits den minimalistischen Stil heutiger Ambient-Tracks andeutete.
http://members.chello.at/industrial_girl/ind1.html
 

dimbo

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Na ja gut, ist ja auch dein Thread (und ein sehr schöner, danke nochmal :p), aber was hat das mit William S. Burroughs zu tun? :gruebel:
 

BrettonWoods

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imagemu7new.jpg

W.S.Burroughs,Throbbing Gristle und B.Gysin: Inspirierte mit seinen Versen die Avantgardband
Experiments for Industrial Dreeammachines. SPK:der schizophrene L´artBrut-Künstler,Maler
Musiker und Schriftsteller A.Wölfli

Einige Empfehlungen von literarischen Werken, die meines Erachtens einen nicht unerheblichen Einfluß auf den Neofolk und die Industrial-Kultur gehabt haben...
Fast jeder zweite - gute - Tonkünstler stellt einen Bezug seiner Musik zu einem bestimmten Schriftsteller her. So weiß wohl jeder, daß David Tibet seine Inspiration von Thomas Ligotti bezieht. Ein weitaus größerer Kreis jedoch nährt sich vom Geist des Franzosen Charles Baudelaire - einmal natürlich die französischen Chansonniers selbst wie Becaud und Gainsbourg, aber auch Diamanda Galás in ihren „Litanies Of Satan“ oder Marc Almond auf seinem großartigen „Absinthe: The French Album“. Der Dead Can Dance-Sänger Mark St. John Ellis geht noch weiter: in seinem Projekt „Elijah’s Mantle“ spricht er zu orchestraler Musik komplette Gedichte, so auf der CD „Poets And Visionaries“ zum Beispiel Baudelaire, Verlaine und Rimbaud. Was liegt somit näher, Freunden dieser Musik Baudelaires „Blumen des Bösen“ ans Herz zu legen? Baudelaire wurde 1821 in Paris geboren und starb eben dort 46jährig im Jahre 1867. Seine Gedichtsammlung „Die Blumen des Bösen“ erregte bei ihrem Erscheinen 1857 einen Skandal, einige Gedichte wurden sogar verboten. Das ist erstaunlich in einem Land, das einen Marquis de Sade hervorgebracht hat. Die Sprachgewalt der Gedichte war ein Schlag ins Gesicht der bürgerlichen Heuchelei, und ein Angriff auf Werte und Normen der Gesellschaft ist ja bisher keinem Künstler gut bekommen, was man auch in heutiger Zeit an Aktionen der politisch Korrekten sehen kann, die glauben, die Allgemeinheit zu vertreten.
http://www.lucid-zoom.de/musik/Lit in Music.html
 

BrettonWoods

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Baudelaire: DIE BLUMEN DES BÖSEN

Charles Baudelaire DIE BLUMEN DES BÖSEN
Deutsch von Terese Robinson

An den Leser

In Dumpfheit, Irrtum, Sünde immer tiefer
Versinken wir mit Seele und mit Leib,
Und Reue, diesen lieben Zeitvertreib,
Ernähren wir wie Bettler ihr Geziefer.

Halb sind die Sünden, matt ist unsre Reue,
Und unsre Beichte macht sich fett bezahlt,
Nach ein paar Tränen rein die Seele strahlt
Und wandert froh den schmutzigen Pfad aus neue.

Satan, der Dreimalgroße, übt die Künste,
Auf seinem Kissen wiegt er unsern Geist,
Bis das Metall, das Kraft und Wille heißt,
Vom Zauber aufgelöst in fahle Dünste.

Des Teufels Fäden sind's, die uns bewegen
Wir lieben Graun, berauschen uns im Sumpf,
Und Tag für Tag zerrt willenlos uns stumpf
Der Böse uns der Hölle Stank entgegen.

Wie an der Brust gealterter Mätressen
Der arme Wüstling stillt dei tolle Gier,
So haschen nach geheimen Lüsten wir,
Um sie wie dürre Früchte auszupressen.

Gleich Würmern wimmelnd ist ins Hirn gedrungen
Die Teufelsschar, die uns zerstören muß,
Wir atmen, und ein unsichtbarer Fluß,
Der Tod, strömt klagend hin durch unsre Lungen.

Wenn Notzucht, Gift und Dolch und alles Böse
Noch nicht geschmückt mit holder Stickerei
Des Schicksals Grund voll fadem Einerlei,
Dann ist's, weil unsre Seele ohne Größe.

Doch zwischen Panthern, Schakalen und Hunden,
In Skopionen, Schlangen, Affen Welt,
Die kriecht und schleicht und heult und kläfft und bellt,
Im Tierhaus unsrer Laster ward gefunden

Das schlimmste, schmutzigste von allen Dingen
Die Qual, die nicht Gebärde hat noch Schrei,
Und doch die Erde macht zur Wüstenei
Und gähnend wird dereinst die Welt verschlingen:

Der Überdruß! - Tränen im Blick, dem bleichen,
Träumt vom Schafott er bei der Pfeife Rauch.
Du, Leser, kennst das holde Untier auch,
Heuchelnder Leser - Bruder - meinesgleichen!

Baudelaire 1858

Das Rätsel Rimbaud

Am 10. November 1891 starb Arthur Rimbaud nach einem langen und schmerzhaften Todeskampf in einem Krankenhaus in Marseille. Er war 37 Jahre und litt an Knochenkrebs. Bei seinem ersten Krankenhausaufenthalt wurde ihm deshalb das rechte Bein abgenommen. So kurz sein Leben auch war, es ist eines der größten Rätsel der französischen Literatur.

Er war ein frühreifes Genie. Zwischen dem 15. und 18. Lebensjahr schrieb er ein Werk von großer Reife, das die moderne Poesie begründete. Danach gab er die Schriftstellerei auf, um Weltenbummler und Waffenhändler in Abyssinien (heutiges Äthiopien) zu werden. Rimbaud schrieb nie wieder ein Wort und ging sogar soweit, sein früheres Werk als "billig" zu bezeichnen. Über 100 Jahre nach seinem Tod suchen Wissenschaftler und Literaturkritiker immer noch nach den wirklichen Gründen, die den Poeten von "Bateau ivre" ("Das trunkene Schiff") dazu veranlaßt hat, die Poesie so brutal abzulehnen und die Brücken zur Pariser Literaturwelt, die er früher verblüffen wollte, abzubrechen.

http://www.france.diplomatie.fr/label_france/DEUTSCH/LETTRES/rimbaud/rimbaud.html
 

Henry_Schinasky

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Ein Einzelgänger unter dessen Finger sich jedwede Substanz zu einer beherrschenden Droge wurde, hat er wohl auch selbst so gesehen. Bemerkenswerte Familiengeschichte, und, um auf seine Literarischen Leistungen zu kommen, ein super Stil.
Ich mochte Naked Lunch (der Film war schlecht), besonders gelungen waren die autobiographischen Stellen.
 

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