Da sehe ich jetzt einige Probleme anrollen, die in der Art der Formulierung stecken. (sowie in der Interpretation derselben)
Wenn ein Staat sagt: "Ich garantiere Ihnen diese und jene Rechte." Behauptet er dann damit implizit, dass diese Rechte vorher nicht da waren? Oder: Was, wenn er sagt: "Sie haben das Recht auf [so-und-so]." Heißt dies dann: "Ich gewähre Ihnen dieses Recht", oder "Ich erkenne dieses Recht an?"
Und wenn er sagt: "Jeder hat von Geburt an diese und jene Rechte", bedeutet das, dass er Rechte von Geburt an anerkennt, oder gerade, dass er sie nicht anerkennt und sich das lediglich ausdenkt?
Oder kann es dem Staat vielleicht egal sein, wo das Recht herkommt, da er sich sowieso dran halten muss, solange es in der Verfassung steht? Und welcher Staat argumentiert bei seinen Rechtsentscheidungen mit Rechten, die nicht in der Verfassung stehen und sich auch nicht daraus ableiten lassen?
Und wenn der Staat der Meinung ist, dass das Recht von "außerhalb" kommt, also nicht von ihm selbst, bedeutet dies dann möglicherweise, dass er
- ein "Naturrecht" anerkennt,
- ein gewisses ethisches Minimum anerkennt, oder
- eine Grundsatzentscheidung der Gesellschaft anerkennt?
Aber wie dem auch sei, der Staat kann solche Rechte nur im Zusammenhang mit seiner eigenen Existenz betrachten, wenn er denn eine Rolle dabei spielen soll, sie umzusetzen oder sie zu garantieren. Er muss sich etwas davon zu eigen machen. Ansonsten würde es keinen Sinn ergeben, sich an den Staat zu wenden, wenn man ein Recht geltend machen will. Andererseits muss der Bürger dann natürlich wiederum anerkennen, dass der Staat der Schiedsrichter hierbei sein soll, wenn er (der Bürger) ein Recht gegenüber jemand anders geltend machen- und den Staat hierfür als Schnittstelle oder als Vollstreckungsorgan benutzen will.
Wahrscheinlich schweife ich gerade ab bzw. komme durcheinander.
Mal zurück zum Beispiel mit den Mauerschützen: Das Schießen in diesem Zusammenhang zu legitimieren, ist vermutlich "typisch" rechtspositivistisch. Allerdings ist es von der Tatsache, dass das BGH-Urteil in der "Linken" umstritten ist (ich habe ehrlich gesagt kein gutes Bild davon, inwiefern dies der Fall ist), imo noch ein weiter Weg dahin zu sagen, dass "Die Linke" sich den Satz "Es gibt keine angeborenen Rechte" zu eigen macht.
agentP schrieb:
Und da schliesst sich für mich auch der Kreis zum Anfang dieser Teil-Diskussion, die mit meiner These:
Das ist für mich jetzt vermutlich etwas weniger schlüssig als möglicherweise für Dich.
Der Hinweis auf den Kollektivismus liefert hier m. E. auch keine Entscheidung in der Frage, ob ein Sozialist kein "Naturrecht" anerkennt. Man kann ebensogut die Auffassung vertreten, dass "im Naturrecht" die Gemeinschaft über dem Individuum steht, wie umgekehrt.