Franziskaner
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level42 schrieb:Hervorgerufen wird Direktivität vor allem durch den glauben zu wissen, was gut für das Kind ist und was nicht
Gut, aber prinzipiell glaubst du das doch auch, oder?
Nur kommt es darauf an, was das Ziel ist. Wenn das Ziel wäre, dass das Kind keine Sachen mehr vom Tisch werfen soll, halte ich es für falsch, es durch einen Angriff auf seine Person zu demonstrieren.
Wie ich schon mal erwähnte, wenn das Kind noch zu klein ist, um den Sinn einer Strafe zu verstehen bzw. wenn dieser nicht erläutert wird, dann könnte man IMHO von einem Angriff auf seine Person sprechen.
Ich sehe das ähnlich z.B. einer Kündigung. Wenn mir mein Chef kommentarlos eine Kündigung ohne nähere Begründung auf den Tisch knallt, könnte ich das als Angriff auf meine Person verstehen. Wenn er mir aber die Kündigung in einem persönlichen Gespräch übergibt, in welchem er auf die Gründe eingeht, aus denen sich der Betrieb meine Mitarbeit nicht mehr leisten kann, ist das nicht mehr zwangsläufig der Fall.
Ihm zu zeigen, dass ich ihn als Person grundsätzlich liebe und nicht diese Liebe von Verhaltensweisen abhängig mache, halte ich für sehr wichtig.
Ich sehe immer noch nicht, dass sich bedingungslose Liebe zu einem Kind und Sanktionen bei Fehlverhalten prinzipiell ausschliessen müssen...
Ich finde Belohnungen und Lobe genauso schlimm wie Bestrafungen.
Du meintest jetzt sicher "genau so effektiv", oder?
Konditionierungsmaßnahmen halte ich für nicht angemessen. Ich konditioniere meinen Hund und er kann recht viele Kunststücke und erfreut damit auch jeden Besuch, aber bei Menschen halte ich dies eher für gefährlich.
Du hast einen sehr engen Begriff der Konditionierung. Wie schon erwähnt, sind Lob und Anerkennung bei erwünschtem Verhalten genau so eine Art der Konditionierung (eben "positive Verstärkung").
Ich setzte da lieber auf Entwicklungs- und Reifeprozesse und diese lassen sich nicht konditionieren.
Diese setzen aber gewisse sozialkompatible Konditionierungen als Grundlage voraus, wie du ja z.B. deinen Kindern wohl auch in Gesprächen beibrachtest, das man nicht einfach anderen Leuten etwas wegnehmen darf oder wie Konfliktsituationen im Gespräch zu bereinigen sind. Soziale Konditionierung, ganz einfach.
So meinte ich das nicht. Wenn man im Kindesalter keine bedingungslose Liebe erfahren hat, sucht man sich diese beim anderen Geschlecht. Jedoch gibt es in einer anderen zwischenmenschlichen Beziehung keine bedingungslose Liebe und das führt zu neuen Konflikten und zu einem falschen Verständnis der Sexualität. (z. Bsp. nach Rebeca Wild – weiß aber jetzt nicht, welches Buch eventuell „Erziehung zum Sein“– da muss ich erstmal bisschen in den Büchern nachlesen)
Ok, jetzt wirds klarer. Danke. Gut, das mag sein, kann ich jetzt mangels persönlicher Erfahrungen nicht beurteilen. Werd mal versuchen, mich da ein bisschen einzulesen.
Ich teile eigentlich nicht so gern die Erfahrungen in negativ und positiv, Erfahrungen sind Erfahrungen und sind Vorausetzung für Entwicklungsprozesse.
Komisch, genau das habe ich bisher aus deinen Postings eigentlich immer herausgelesen. Die Erfahrung, sich Wissen selbständig anzueignen = positiv. Die Erfahrung, an der Tafel abgefragt zu werden = negativ. Oder wieder falsch verstanden?
Z. Bsp. lähmt Angst den Geist, deshalb finde ich es nicht richtig, Schülern Angst zu machen um damit ihre Lernergebnisse zu verbessern bzw. lernen zu stimulieren.
Angst lähmt den Geist nur dann, wenn ich mit Situationen dieser Art nicht gewohnt bin, umzugehen. Angstsituationen zu bewältigen, kann man trainieren, jedoch nicht, wenn man diesen ständig ausweicht. Auch das ist eine Art der Konditionierung (wenn dir Training besser gefällt, nimm diesen Begriff).
Ausserdem sollte man unterscheiden, was du jetzt genau als Angst-Erlebnis betrachtest. Wenn ein Lehrer sagt, das die Kenntnisse des Schülers in einem gewissen Fach zu einer bestimmten Note führen können, sofern er sich nicht mehr engagiert - ist das Angstmacherei oder schlichtes Aufzeigen von Konsequenzen? Auch hier stellt sich die Frage wieder, ob die Angst in diesem Fall nicht daher rührt, dass in früheren Jahren keine Erfahrungen auch mit negativen Konsequenzen gemacht wurden und der Jugendliche daher in eine völlig unbekannte Situation gerät, die ihm auf Grund dessen Angst macht...
Das ist was ich meinte, du kannst nicht ewig unangenehme Erfahrungen von einem Menschen fernhalten, früher oder später macht er sie. Meiner Meinung nach kommen eben die schlechter damit zurecht, denen aus falsch verstandenem Schutzbedürfnis diese Erfahrungen länger verweigert wurden als anderen.