Der Kreml schweigt. Die Fragen werden lauter
MOSKAU, 29. Oktober. "Das war keine Geiselbefreiungsaktion, sondern eine Aktion zur Vernichtung der Terroristen." So urteilt die Journalistin Anna Politkowskaja, die bis in die Sonnabendnacht als Unterhändlerin zwischen Musical-Halle und Lagezentrum der Moskauer Polizei gependelt war. Geheimdienst-Offiziere widersprechen ihr in Interviews und berichten erstmals aus ihrer Sicht über das Ende der Geiselnahme: Ohne den Einsatz von Gas wäre es nicht möglich gewesen, mehr als 600 Geiseln zu retten.
Aus den ersten Zeugenaussagen ergibt sich ein erschütterndes Bild. Etwa eine Stunde vor dem Beginn des Angriffs der Antiterrorgruppen soll eine der tschetschenischen Terroristinnen zu den Geiseln im Saal gesagt haben: "Jetzt wird es Zeit zu beten. Es wird bald etwas geschehen." Das nährt Gerüchte in Moskau, Polizisten hätten die Tschetschenen per Handy laufend aus dem Lagezentrum informiert.
Etwa eine halbe Stunde nach der mutmaßlichen Vorwarnung drang aus den Lüftungsschlitzen Gas in den Saal. Allerdings berichten Überlebende, sie hätten noch Gelegenheit gehabt, sich nasse Tücher vor die Nase zu halten. "Ich wurde nach 15 bis 30 Sekunden ohnmächtig", sagt etwa die Programmiererin Olga Chuchrina in der Zeitung "Iswestia". In dieser Zeit hätten die Terroristinnen ihre Sprengsätze sehr wohl zünden können, aber sie taten es nicht. "Die waren wohl doch keine Kamikaze", sagte Olga.
Die Version, dass die Besetzer gar nicht vorhatten, ihre Geiseln zu erschießen, wurde am Dienstag vor allem auf dem "Tschetschenischen Weltkongress" in Kopenhagen verbreitet. Die russischen Behörden hätten die gewaltsame Beendigung der Geiselnahme angeordnet, um einen friedlichen Ausgang zu verhindern, erklärte dort der "Vize-Ministerpräsident" der tschetschenischen Republiksregierung im Untergrund, Achmed Sakajew. Er warf dem Kreml vor, den Sturm auf das Musical-Theater angeordnet zu haben, obwohl die Geiselnehmer über Handy in der Nacht zuvor erklärt hätten, dass sie alle Geiseln am Morgen freilassen wollten.
quelle: berliner zeitung...Der Anführer des Tschetschenen-Kommandos, Mowsar Barajew, soll, so berichtet eine Moskauer Zeitung, lebend gefangen genommen worden sein. Er wurde verhört und dann erschossen.
egal, wie die geiselnehmer sich verhalten hätten, ihr schicksal war eh schon besiegelt. die russische regierung hatte keinerlei interesse daran, sich im tschetschenienkonflikt zu bewegen, und, sie hatte noch weniger interesse daran, das die geiseln (ohne eingriff von aussen) freigelassen werden, denn das hätte ja das bild vom bösen, zu allem entschlossenen terroristen heftig ins wanken gebracht.
was ist das ausserdem für eine art, menschen, die schon bewusslos sind, mal eben per genickschuss zu liquidieren?