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- #21
14. Kapitel
„I know the one who waits
Satan is his Name
Across the Bridge of death
There he stands in flames“
(Manowar, Bridge of death)
Ein Sturm aus Haß und Gewalt erfüllte die Gegenwart Jeshayahs. Er war der Wind, der die Erde erzittern ließ und der Regen war das Blut seiner Widersacher. Blitze teilten den Nachhthimmel und erschlugen das Licht der Sterne, Donner erschütterte die zornschwangere Luft. Er spürte einen alten Haß in sich aufsteigen, eine lang vergessene Fehde.
Die Dornen der Krone auf Jeshayahs Kopf schnitten tief in sein Fleisch. Das brennende Schwert des Glaubens versengte ihn. Die Erlösung war nah, der Hunger verschlang die Hitze der Nacht. Seine Hände waren blutgetränkt, seine Augen brannten.
Schreie des Entsetzens hallte in seinen Ohren. Dunkelheit peitschte die Seelen derer, die ihm erschienen waren.
Diese Narren, wie konnten sie es wagen ihm zu widerstehen. Die Vergeltung wird kommen, fürchtet mich, denn ich bin die Rache.
Welche Verachtung empfand Jeshayah für diese anmaßenden Kreaturen, welche die Lehre der Ewigkeit so grotesk in Frage stellten. Die Rache für ihre Freveltaten wird kommen. Das Blut war schwach geworden und die Boten des Infernos hinterließen ihre Spuren auf den Leibern der Toten.
Eine alte Macht drohte das Tor zu Luzifers Reich aufzustoßen. Die Seelen der Verdammten erhoben sich. Das Feld der Verdammnis würde wieder erblühen, wenn die, die einst Haß säten, nun Blut ernteten.
Die Befreiung vom Schmerz der Zeit, die Vergebung des Erstgeborenen würde die Wunden im Fleische des Glaubens heilen und das brennende Schwert all jene erschlagen, deren Pfad vom Weg des Gerechten abwich. Es wird kommen, dachte Jeshayah, sein Wille geschehe.
15. Kapitel
Josef war sich nicht sicher, wie er mit seinem Wissen umgehen sollte. Der Fluch, wie alle die Vorkommnisse nannten, hatte seinen Ursprung hier in Alexandria. Hier lebte ein diabolisches Wesen namens Grieves, der in direktem Kontakt mit den Dämonen der Hölle stand. Ein Mitglied einer geheimen Randgruppe eines mysteriösen alten Todeskultes.
Josef war nicht gewohnt solches Wissen zu haben. Seine Ambitionen waren bisher immer nur persönlicher Natur gewesen.
Außerdem war er mit hundertunddreizehn Jahren noch ein sehr junges Mitglied der Gesellschaft der Unsterblichen.
Er hatte versucht seinen Mentor Harris in San Francisco zu erreichen, um ihn um Rat zu fragen, aber das war ihm bisher nicht gelungen.
Aber die Sache duldete keinen Aufschub, er mußte etwas tun. Dabei war er nur zufällig über dieses Wissen gestolpert.
Einer seiner Spione, die er geschickt hatte, um Nefala, eines Kinder von Ishem, zu beschatten, da er Geschäfte mit ihr gemacht hatte, und befürchtete, das sie ihn betrog, was übrigens stimmte, hatte ihm diese Informationen geliefert.
Außer einem Alten Spanier namens El Paco, kannte er nicht viele Vampire in der Stadt, die er für vertrauenswürdig hielt. Aber auch El Paco war unauffindbar. Es hieß, er sei von einer Frau, einer misteriösen Erscheinung mit infernalen Kräften, vernichtet worden.
Josef wußte, das El Paco dem selben alten Todeskult angehörte,wenn auch eher der Hauptströmung, die dafür bekannt war, von Zeit zu Zeit ihre eigenen unloyalen Mitglieder zu erschlagen.
Die Geschichte von El Pacos Vernichtung klang plausibel und es gab keinen Grund, daran zu zweifeln.
Josef saß in seiner Villa am Rande der Stadt, und überlegte, was er tun solle. Natürlich hatte er Harris eine Nachricht hinterlassen, aber er hatte nicht gewagt, dem Ansprechpartner alles zu erzählen. Wenn er in seinem kurzen Dasein etwas gelernt hatte, war das niemandem zu
trauen.
Josef stand auf und ging zum Fenster seines Wohnzimmers. Der Mond stand hoch am ägyptischen Nachthimmel. Eine leichte Brise frischte die schwere Luft ein wenig auf.
Ein Schatten huschte an Josefs Fenster vorbei. Josef schreckte auf.
Sie wissen, das ich es weiß, dachte er und lief die Treppe hinauf in sein Arbeitszimmer.
Dort ging er zu der Wand, an der sein alter Kavaleriesäbel hing, und nahm ihn herunter. Es war ein sehr beruhigendes Gefühl, diese vertraute Klinge in Händen zu halten. Sie hatte ihm gute Dienste geleistet, als er gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts unter Bismarck gegen die Franzosen gekämpft hatte.
Damals war er ein hochrangiger Offizier gewesen und hatte sich großen Ruhm erfochten, doch jetzt nutzte ihm das wenig.
Wenn sein Verdacht korrekt war, schlich ein Meuchelmörder im Auftrag dieses verdammten Geheimordens um seine Villa herum, um ihn zu ermorden. Möglicher Weise die selbe Person, die auch El Paco vernichtet hatte.
Es klingelte an der Tür. Josef öffnete die unterste Schublade seines Schreibtisches und nahm seinen Revolver heraus, der ihm bei vielen Verhandlungen bisher als schlagendes Argument gedient hatte. Dann griff er zum Telefon.
Er mußte sicher stellen, das sein Wissen nicht verloren ging. Es klingelte erneut. Harris Nummer war natürlich eingespeichert. Er drückte den Schnellwahlknopf. Niemand hob am anderen Ende der Leitung den Hörer ab.
Josef bekam Angst. Er war möglicherweise paranoid, aber das war ihm hundert mal lieber als tot zu sein.
Er wartete.
Von unten her hörte er wie eine Tür leise ins Schloß fiel. Ein sehr leises Geräusch, das er nicht gehört hätte, wenn seine Sinne sich nicht enorm geschärft hätten, seit er in der Dunkelheit wandelte. Jemand war also schon im Haus. Er stellte im Arbeitszimmer das Radio an und lief so leise er konnte in das benachbarte Gästezimmer. Sicher durch die laute Musik des Radios würde er den Eindringling nicht mehr hören, aber der ihn auch nicht. Und der Fremde könnte glauben, er sei noch immer im Arbeitszimmer, und ihm so einen Vorteil verschaffen.
Josef wußte es besser, als sich darauf zu verlassen.
Er öffnete das Fenster des Gästezimmers und kletterte auf das Fensterbrett. Von dort aus sprang er mit einem leichten Satz auf den kleinen Balkon des Arbeitszimmers, stieg über das Gitter und lehnte sich neben dem Fenster an die Wand.
Er spähte kurz über seine Schulter durch das Fenster und sah wie eine ganz in schwarz gekleidete, junge sehr hübsche Frau in diesem Moment das Radio abstellte.
Sie hatte ihre dunklen Haare hinterm Kopf zusammen gebunden und war vermutlich europäischer Herkunft. Keine sehr geübte Assasinin, dachte Josef, als er sah wie die Frau in den Schubladen seines Mahagonischreibtisches herumstöberte.
Auch schien sie unbewaffnet zu sein, aber darauf wollte er sich lieber nicht verlassen.
Angriff war bekanntlich die beste Verteidigung. Josef zielte sorgfältig mit seinem Revolver, beschloß dann aber doch nicht zu schießen, da in dieser Gegend nur selten geschossen wurde, und er wenig Interesse daran hatte sich mit der Polizei, die zweifellos jemand rufen würde, auseinanderzusetzen.
Blitzschnell drehte er sich wieder vom Fenster ab, als er sah wie sie darauf zu kam. Er hob den Säbel, während das Fenster sich langsam öffnete.
Ja streck nur deinen Kopf raus, damit ich ihn dir abhauen kann, dachte Josef.
Es erschien ihm fast zu einfach. Diese Frau mußte entweder eine miserable Mörderin sein, oder so mächtig, das sie sich derartige Unachtsamkeit leisten konnte.
Gleich würde Josef es wissen. Egal welche von beiden Möglichkeiten zutraf, er wollte unter gar keinen Umständen zulassen, das jemand so mir nichts dir nichts in seine heilige Zuflucht eindrang.
Plötzlich wurde es Dunkel um ihn herum. Stockfinster, so das er die Hand vor Augen nicht mehr sah.
Infernale Kräfte, dachte Josef, sie hat El Paco getötet, und jetzt holt sie mich.
Er hieb mit einem mal wild um sich. Eine verzweifelte Tat, provoziert durch das plötzliche Aufsteigen einer Todesangst, die er noch nie so gespürt hatte. Ihm war klar geworden wer diese Frau war. Mit ziemlicher Sicherheit war es die Selbe, die auch El Paco vernichtet hatte. Die Kräfte die sie einsetzte verrieten sie. Nur Mitglieder dieses Todeskultes konnten die Dunkelheit beherrschen.
Sein erster Hieb ging ins Leere, der zweite zerschmetterte das Glas des Fensters. Dann traf er das Gitter des Balkons, während sein Mund die übelsten Flüche ausstieß.
„Beruhigen Sie sich, Herr von Maienau,“ sagte eine tiefe sinnliche Frauenstimme hinter Josef in deutsch mit einem leicht französischen Akzent, „Ich habe nicht vor ihnen etwas zu tun. Legen Sie die Waffe weg, und ich garantiere ihnen, Sie werden diese Nacht überleben.“
Irgend etwas war in dieser Stimme, dem Josef nicht widerstehen konnte. Er ließ die Klinge fallen.
Das Licht der Nacht kehrte zurück.
Josef drehte sich um. Die Frau stand direkt hinter ihm. Wenn sie es gewollt hätte, hätte sie ihn ohne größere Schwierigkeiten töten können.
„Mein Name ist Elaine,“ sagte sie ruhig, „vielleicht reden wir besser drinnen weiter.“
Sie deutete mit der Hand einladend ins Innere des Hauses und Josef folge dieser Geste, nachdem er seinen Säbel von Boden aufgehoben hatte. Sie gingen beide ins Arbeitszimmer und setzten sich dort hin.
„Sie können ihre Pistole getrost wieder in der Schublade verschwinden lassen,“ sagte Elaine, als sie sich dort an Josefs Schreibtisch gegenüber saßen, „wie gesagt, Sie haben von mir nichts zu befürchten.“
Josef tat wie ihm geheißen. Er konnte Elaine nicht widerstehen, ebensowenig, wie die meisten Sterblichen ihm widerstehen konnten. Ihre Augen waren wild und schienen direkt in seine Seele zu blicken.
„Ein sehr geschmackvolles Haus haben Sie,“ begann Elaine die Unterhaltung erneut.
„Danke,“ sagte Josef trocken, „sind Sie in mein Heim eingedrungen, um mir zu sagen, wie schön Sie mein Haus finden?“
Sie lächelte.
„Sie hätten mir ja auch die Tür öffnen können, vermutlich wäre Ihre Fensterscheibe dann noch ganz,“ bemerkte Elaine spitz, „aber Spaß beiseite.
Ein alter Freund hat mir von Ihnen erzählt. Er hat gesagt, das es niemanden in Alexandria gibt, der die Stadt so gut kennt wie Sie. Außer natürlich die Herren der Stadt.“
Josef war stolz und ließ sich das auch anmerken. In der Tat war er schon länger in Alexandria, als alle anderen Nichtägypter. Er war nach Alexandria gekommen, als in Europa der erste Weltkrieg tobte und verweilte seit dem in der Stadt. Für einen Außenstehenden hatte er enormen Einfluß gewonnen, seit seiner Ankunft.
„Könnte schon sein,“ gab er zu, „aber das berechtigt Sie noch lange nicht in mein Haus einzubrechen.“
Er verschränkte die Arme vor der Brust.
„Sie haben Recht,“ stimmte Elaine ihm zu, „das hätte ich nicht tun sollen, ich bitte um Entschuldigung, aber in meinem Alter vergißt man schon mal die Regeln der Etikette, wenn etwas wichtig ist.“
„Warum haben Sie El Paco vernichtet?“ wollte Josef wissen.
„Gerüchte verbreiten sich schnell in dieser Stadt,“ stellte Elaine fest, „ein wenig zu schnell. Aber wenn Sie es genauer wissen wollen, El Paco war eine nichtswürdige Kreatur, die es nicht besser verdient hatte als im Feuer zu Grunde zu gehen. Sie sollten mir dankbar sein, das Sie nun nicht mehr unter seinem Einfluß stehen.“
Josef war empört über diese Aussage, aber irgendwie spürte er, das es die Wahrheit war. Wie hatte er sich so in jemandem täuschen können? Warum hatte er nicht die Stärke, solche Dinge zu durchschauen?
„Und was wollen Sie nun von mir?“
„Ich will, das Sie mir erzählen,“ sagte Elaine mit einer Kraft in ihrer Stimme, die Josef durch Mark und Bein fuhr, „was Sie über diese Vorkommnisse wissen.“
„I know the one who waits
Satan is his Name
Across the Bridge of death
There he stands in flames“
(Manowar, Bridge of death)
Ein Sturm aus Haß und Gewalt erfüllte die Gegenwart Jeshayahs. Er war der Wind, der die Erde erzittern ließ und der Regen war das Blut seiner Widersacher. Blitze teilten den Nachhthimmel und erschlugen das Licht der Sterne, Donner erschütterte die zornschwangere Luft. Er spürte einen alten Haß in sich aufsteigen, eine lang vergessene Fehde.
Die Dornen der Krone auf Jeshayahs Kopf schnitten tief in sein Fleisch. Das brennende Schwert des Glaubens versengte ihn. Die Erlösung war nah, der Hunger verschlang die Hitze der Nacht. Seine Hände waren blutgetränkt, seine Augen brannten.
Schreie des Entsetzens hallte in seinen Ohren. Dunkelheit peitschte die Seelen derer, die ihm erschienen waren.
Diese Narren, wie konnten sie es wagen ihm zu widerstehen. Die Vergeltung wird kommen, fürchtet mich, denn ich bin die Rache.
Welche Verachtung empfand Jeshayah für diese anmaßenden Kreaturen, welche die Lehre der Ewigkeit so grotesk in Frage stellten. Die Rache für ihre Freveltaten wird kommen. Das Blut war schwach geworden und die Boten des Infernos hinterließen ihre Spuren auf den Leibern der Toten.
Eine alte Macht drohte das Tor zu Luzifers Reich aufzustoßen. Die Seelen der Verdammten erhoben sich. Das Feld der Verdammnis würde wieder erblühen, wenn die, die einst Haß säten, nun Blut ernteten.
Die Befreiung vom Schmerz der Zeit, die Vergebung des Erstgeborenen würde die Wunden im Fleische des Glaubens heilen und das brennende Schwert all jene erschlagen, deren Pfad vom Weg des Gerechten abwich. Es wird kommen, dachte Jeshayah, sein Wille geschehe.
15. Kapitel
Josef war sich nicht sicher, wie er mit seinem Wissen umgehen sollte. Der Fluch, wie alle die Vorkommnisse nannten, hatte seinen Ursprung hier in Alexandria. Hier lebte ein diabolisches Wesen namens Grieves, der in direktem Kontakt mit den Dämonen der Hölle stand. Ein Mitglied einer geheimen Randgruppe eines mysteriösen alten Todeskultes.
Josef war nicht gewohnt solches Wissen zu haben. Seine Ambitionen waren bisher immer nur persönlicher Natur gewesen.
Außerdem war er mit hundertunddreizehn Jahren noch ein sehr junges Mitglied der Gesellschaft der Unsterblichen.
Er hatte versucht seinen Mentor Harris in San Francisco zu erreichen, um ihn um Rat zu fragen, aber das war ihm bisher nicht gelungen.
Aber die Sache duldete keinen Aufschub, er mußte etwas tun. Dabei war er nur zufällig über dieses Wissen gestolpert.
Einer seiner Spione, die er geschickt hatte, um Nefala, eines Kinder von Ishem, zu beschatten, da er Geschäfte mit ihr gemacht hatte, und befürchtete, das sie ihn betrog, was übrigens stimmte, hatte ihm diese Informationen geliefert.
Außer einem Alten Spanier namens El Paco, kannte er nicht viele Vampire in der Stadt, die er für vertrauenswürdig hielt. Aber auch El Paco war unauffindbar. Es hieß, er sei von einer Frau, einer misteriösen Erscheinung mit infernalen Kräften, vernichtet worden.
Josef wußte, das El Paco dem selben alten Todeskult angehörte,wenn auch eher der Hauptströmung, die dafür bekannt war, von Zeit zu Zeit ihre eigenen unloyalen Mitglieder zu erschlagen.
Die Geschichte von El Pacos Vernichtung klang plausibel und es gab keinen Grund, daran zu zweifeln.
Josef saß in seiner Villa am Rande der Stadt, und überlegte, was er tun solle. Natürlich hatte er Harris eine Nachricht hinterlassen, aber er hatte nicht gewagt, dem Ansprechpartner alles zu erzählen. Wenn er in seinem kurzen Dasein etwas gelernt hatte, war das niemandem zu
trauen.
Josef stand auf und ging zum Fenster seines Wohnzimmers. Der Mond stand hoch am ägyptischen Nachthimmel. Eine leichte Brise frischte die schwere Luft ein wenig auf.
Ein Schatten huschte an Josefs Fenster vorbei. Josef schreckte auf.
Sie wissen, das ich es weiß, dachte er und lief die Treppe hinauf in sein Arbeitszimmer.
Dort ging er zu der Wand, an der sein alter Kavaleriesäbel hing, und nahm ihn herunter. Es war ein sehr beruhigendes Gefühl, diese vertraute Klinge in Händen zu halten. Sie hatte ihm gute Dienste geleistet, als er gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts unter Bismarck gegen die Franzosen gekämpft hatte.
Damals war er ein hochrangiger Offizier gewesen und hatte sich großen Ruhm erfochten, doch jetzt nutzte ihm das wenig.
Wenn sein Verdacht korrekt war, schlich ein Meuchelmörder im Auftrag dieses verdammten Geheimordens um seine Villa herum, um ihn zu ermorden. Möglicher Weise die selbe Person, die auch El Paco vernichtet hatte.
Es klingelte an der Tür. Josef öffnete die unterste Schublade seines Schreibtisches und nahm seinen Revolver heraus, der ihm bei vielen Verhandlungen bisher als schlagendes Argument gedient hatte. Dann griff er zum Telefon.
Er mußte sicher stellen, das sein Wissen nicht verloren ging. Es klingelte erneut. Harris Nummer war natürlich eingespeichert. Er drückte den Schnellwahlknopf. Niemand hob am anderen Ende der Leitung den Hörer ab.
Josef bekam Angst. Er war möglicherweise paranoid, aber das war ihm hundert mal lieber als tot zu sein.
Er wartete.
Von unten her hörte er wie eine Tür leise ins Schloß fiel. Ein sehr leises Geräusch, das er nicht gehört hätte, wenn seine Sinne sich nicht enorm geschärft hätten, seit er in der Dunkelheit wandelte. Jemand war also schon im Haus. Er stellte im Arbeitszimmer das Radio an und lief so leise er konnte in das benachbarte Gästezimmer. Sicher durch die laute Musik des Radios würde er den Eindringling nicht mehr hören, aber der ihn auch nicht. Und der Fremde könnte glauben, er sei noch immer im Arbeitszimmer, und ihm so einen Vorteil verschaffen.
Josef wußte es besser, als sich darauf zu verlassen.
Er öffnete das Fenster des Gästezimmers und kletterte auf das Fensterbrett. Von dort aus sprang er mit einem leichten Satz auf den kleinen Balkon des Arbeitszimmers, stieg über das Gitter und lehnte sich neben dem Fenster an die Wand.
Er spähte kurz über seine Schulter durch das Fenster und sah wie eine ganz in schwarz gekleidete, junge sehr hübsche Frau in diesem Moment das Radio abstellte.
Sie hatte ihre dunklen Haare hinterm Kopf zusammen gebunden und war vermutlich europäischer Herkunft. Keine sehr geübte Assasinin, dachte Josef, als er sah wie die Frau in den Schubladen seines Mahagonischreibtisches herumstöberte.
Auch schien sie unbewaffnet zu sein, aber darauf wollte er sich lieber nicht verlassen.
Angriff war bekanntlich die beste Verteidigung. Josef zielte sorgfältig mit seinem Revolver, beschloß dann aber doch nicht zu schießen, da in dieser Gegend nur selten geschossen wurde, und er wenig Interesse daran hatte sich mit der Polizei, die zweifellos jemand rufen würde, auseinanderzusetzen.
Blitzschnell drehte er sich wieder vom Fenster ab, als er sah wie sie darauf zu kam. Er hob den Säbel, während das Fenster sich langsam öffnete.
Ja streck nur deinen Kopf raus, damit ich ihn dir abhauen kann, dachte Josef.
Es erschien ihm fast zu einfach. Diese Frau mußte entweder eine miserable Mörderin sein, oder so mächtig, das sie sich derartige Unachtsamkeit leisten konnte.
Gleich würde Josef es wissen. Egal welche von beiden Möglichkeiten zutraf, er wollte unter gar keinen Umständen zulassen, das jemand so mir nichts dir nichts in seine heilige Zuflucht eindrang.
Plötzlich wurde es Dunkel um ihn herum. Stockfinster, so das er die Hand vor Augen nicht mehr sah.
Infernale Kräfte, dachte Josef, sie hat El Paco getötet, und jetzt holt sie mich.
Er hieb mit einem mal wild um sich. Eine verzweifelte Tat, provoziert durch das plötzliche Aufsteigen einer Todesangst, die er noch nie so gespürt hatte. Ihm war klar geworden wer diese Frau war. Mit ziemlicher Sicherheit war es die Selbe, die auch El Paco vernichtet hatte. Die Kräfte die sie einsetzte verrieten sie. Nur Mitglieder dieses Todeskultes konnten die Dunkelheit beherrschen.
Sein erster Hieb ging ins Leere, der zweite zerschmetterte das Glas des Fensters. Dann traf er das Gitter des Balkons, während sein Mund die übelsten Flüche ausstieß.
„Beruhigen Sie sich, Herr von Maienau,“ sagte eine tiefe sinnliche Frauenstimme hinter Josef in deutsch mit einem leicht französischen Akzent, „Ich habe nicht vor ihnen etwas zu tun. Legen Sie die Waffe weg, und ich garantiere ihnen, Sie werden diese Nacht überleben.“
Irgend etwas war in dieser Stimme, dem Josef nicht widerstehen konnte. Er ließ die Klinge fallen.
Das Licht der Nacht kehrte zurück.
Josef drehte sich um. Die Frau stand direkt hinter ihm. Wenn sie es gewollt hätte, hätte sie ihn ohne größere Schwierigkeiten töten können.
„Mein Name ist Elaine,“ sagte sie ruhig, „vielleicht reden wir besser drinnen weiter.“
Sie deutete mit der Hand einladend ins Innere des Hauses und Josef folge dieser Geste, nachdem er seinen Säbel von Boden aufgehoben hatte. Sie gingen beide ins Arbeitszimmer und setzten sich dort hin.
„Sie können ihre Pistole getrost wieder in der Schublade verschwinden lassen,“ sagte Elaine, als sie sich dort an Josefs Schreibtisch gegenüber saßen, „wie gesagt, Sie haben von mir nichts zu befürchten.“
Josef tat wie ihm geheißen. Er konnte Elaine nicht widerstehen, ebensowenig, wie die meisten Sterblichen ihm widerstehen konnten. Ihre Augen waren wild und schienen direkt in seine Seele zu blicken.
„Ein sehr geschmackvolles Haus haben Sie,“ begann Elaine die Unterhaltung erneut.
„Danke,“ sagte Josef trocken, „sind Sie in mein Heim eingedrungen, um mir zu sagen, wie schön Sie mein Haus finden?“
Sie lächelte.
„Sie hätten mir ja auch die Tür öffnen können, vermutlich wäre Ihre Fensterscheibe dann noch ganz,“ bemerkte Elaine spitz, „aber Spaß beiseite.
Ein alter Freund hat mir von Ihnen erzählt. Er hat gesagt, das es niemanden in Alexandria gibt, der die Stadt so gut kennt wie Sie. Außer natürlich die Herren der Stadt.“
Josef war stolz und ließ sich das auch anmerken. In der Tat war er schon länger in Alexandria, als alle anderen Nichtägypter. Er war nach Alexandria gekommen, als in Europa der erste Weltkrieg tobte und verweilte seit dem in der Stadt. Für einen Außenstehenden hatte er enormen Einfluß gewonnen, seit seiner Ankunft.
„Könnte schon sein,“ gab er zu, „aber das berechtigt Sie noch lange nicht in mein Haus einzubrechen.“
Er verschränkte die Arme vor der Brust.
„Sie haben Recht,“ stimmte Elaine ihm zu, „das hätte ich nicht tun sollen, ich bitte um Entschuldigung, aber in meinem Alter vergißt man schon mal die Regeln der Etikette, wenn etwas wichtig ist.“
„Warum haben Sie El Paco vernichtet?“ wollte Josef wissen.
„Gerüchte verbreiten sich schnell in dieser Stadt,“ stellte Elaine fest, „ein wenig zu schnell. Aber wenn Sie es genauer wissen wollen, El Paco war eine nichtswürdige Kreatur, die es nicht besser verdient hatte als im Feuer zu Grunde zu gehen. Sie sollten mir dankbar sein, das Sie nun nicht mehr unter seinem Einfluß stehen.“
Josef war empört über diese Aussage, aber irgendwie spürte er, das es die Wahrheit war. Wie hatte er sich so in jemandem täuschen können? Warum hatte er nicht die Stärke, solche Dinge zu durchschauen?
„Und was wollen Sie nun von mir?“
„Ich will, das Sie mir erzählen,“ sagte Elaine mit einer Kraft in ihrer Stimme, die Josef durch Mark und Bein fuhr, „was Sie über diese Vorkommnisse wissen.“