Tweedledee
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Woppadaq schrieb:Muß er nicht ! Der Staat muß keinesfalls immer für alles herhalten. Er könnte ja auch einfach "Nein" sagen, und dann gäbs für Sparer eben weniger oder keine Zinsen. Er läßt sich halt nur immer für alles mögliche breitschlagen, denn man will ja wiedergewählt werden.Tweedledee schrieb:Wenn der Einzelne sich nicht verschulden kann bzw. will, dann muss der Staat einspringen und die überhängenden Kredite aufnehmen, um den Zins hoch zu halten.
Das Problem ist eher, dass sich das Geld zunehmend vom Markt zurückziehen würde, wenn der Zins unter die Liquiditätsgrenze fällt, da sich Anlagen nicht mehr lohnen. Die Folge wäre eine deflationäre Abwärtsspirale.
Um einen solchen Zusammenbruch zu verhindern greift eben der Staat ein und tätigt mit Hilfe von Schulden öffentliche Investitionen. In welche Richtung diese Investitionen gehen mag dann relevant für die Wiederwahl sein, aber wesentlich ist der Zwang dafür zu sorgen, dass genügend Geld in Umlauf bleibt.
Woppadaq schrieb:Widerspricht sich irgendwie, oder ?Tweedledee schrieb:Die Zinssenkungen in den USA haben vor allem die private Verschuldung enorm angekurbelt, und natürlich bedeuten niedrige Zinsen auch Investitionsfreudigkeit, da Kredite immer günstiger werden. .... ...
Nebenbei bedeuten niedrige Zinsen auch Kreditzurückhaltung, was auch eher schädlich ist für eine Volkswírtschaft.
Nein, habe mich nur falsch bzw. unvollständig ausgedrückt. Ich meinte:
Ist der Zins zu niedrig gibt es weniger Kreditangebote, das Geld zieht sich vom Markt zurück, s.o. Dieses Problem will die Freiwirtschaft beheben, so dass der Zins auch unter die Liquiditätsgrenze sinken bzw. gegen Null gehen kann, und Kreditangebote dennoch lohnend sind, das Geld weiterhin auf den Markt drängt, also keine Deflation durch Geldzurückhaltung entsteht.
Woppadaq schrieb:Du siehst den Fehler darin, daß wir "die reichsten Menschen dafür zu bezahlen, dass sie reich sind" ....
Nein, das sehe ich nur als die unausweichliche Folge des genannten Systemfehlers.
Woppadaq schrieb:- ich seh den Fehler darin, daß wir derartig über unsere Verhältnisse leben, daß wir - oder besser gesagt, der Staat - inzwischen ein Drittel zum Schuldenabbau aufwenden müssen. Und uns nichts besseres einfällt als noch mehr Schulden zu machen. DAS führt sowohl privat als auch staatlich zu der expotentiellen Linie, von der hier immer die Rede ist.
Leben wir wirklich über unsere Verhältnisse? Wir haben immer noch ein Wirtschaftswachstum, d.h. wir produzieren immer noch jedes Jahr mehr als im Vorjahr. Wir produzieren heute dreißigmal so viel wie noch in den fünfziger Jahren. Wo geht denn das alles hin? Warum geht es der Volkswirtschaft denn immer schlechter? Wieso können wir uns heute den Sozialstaat nicht mehr leisten, obwohl wir doch so viel mehr erwirtschaften als noch vor ein paar Jahrzehnten?
Hätte der Staat von Anfang an keine Schulden gemacht wäre das sicher eine Weile gut gegangen. Nach einem Krieg gibt es einen kräftigen Investitionsprozess (Wirtschaftswunder). Doch irgendwann sind die Märkte gesättigt und die Kreditaufnahme der Unternehmen geht zurück. Die Rendite sinkt, da dem Kapital eine schwindende Kreditaufnahme gegenüber steht. Sobald die Liquiditätsgrenze unterschritten wird zieht sich das Kapital zurück und es kommt zur Wirtschaftskrise (s.o.)
Der Staat kann in dieser Situation nur Schulden machen um Konjunkturprogramme zu starten und die sinkende Kreditaufnahme durch die Unternehmen auszugleichen, womit der Zins wieder über die Liquiditätsgrenze steigt. Damit werden die Probleme aber nur in die Zukunft verschoben und die Lawine ins Rollen gebracht.
Es ist also nicht so, dass wir mehr konsumieren als wir erwirtschaften, sondern umgekehrt: wir erwirtschaften immer mehr und können immer weniger davon konsumieren, da durch den exponentiellen Charakter des Schuldendienstes immer mehr für Zinsen draufgeht.
Es ist ja nicht nur der Staat der ein Drittel des Haushalts für Zinszahlungen (nicht einmal Schulden"abbau" - wie du oben meinst) aufbringen muss. Auch der Verbraucher zahlt immer höhere Zinsen, die in den Preisen stecken. Zinsen der gleichfalls exponentiell wachsenden Schulden der Unternehmen.
Woppadaq schrieb:Ein Unternehmen geht nicht Bankrott, weil die Bank ihre Zinsen wieder haben will, sondern weil es entweder schlecht geführt wurde oder der Eigentümer zu gierig geworden ist und die Mechanismen des Geldflusses zu wenig verstand oder beachtete. Sorry für die dort arbeitenden Arbeiter, aber so ist das nun mal.
Das mag im Einzelnen der Fall sein, aber volkswirtschaftlich betrachtet:
Der Staat ist durch die hohen Kapitalkosten zu Steuererhöhungen und Sozialabbau gezwungen. Die Kaufkraft der Konsumenten sinkt, es kommt zu Konsumzurückhaltung. Unternehmen erwirtschaften weniger und sind zu Entlassungen gezwungen, sowie zum Preiskampf mit "Geiz ist geil"-Parolen. Diesen Preiskampf können viele Unternehmen nicht mithalten und reagieren mit noch mehr Entlassungen oder gehen Pleite. Dadurch sinkt die Kaufkraft der Konsumenten noch mehr, steigt die Arbeitslosigkeit, der Staat nimmt weniger Steuern ein und muss für immer mehr Menschen Sozialleistungen aufbringen, ist also wiederum zu Abgabenerhöhung und Kürzung von Sozialleistungen gezwungen usw.
Woppadaq schrieb:Ich wäre auch gegen Privateigentum an Produktionsmitteln, wenns was helfen würde, aber so siehts eher nicht aus.
Ich bin nicht gegen Privateigentum an Produktionsmitteln.
Woppadaq schrieb:Im übrigen muß ich inzwischen auch ein Drittel meines Geldes für meinen eigenen Schuldenabbau verwenden - keine einfache Sache. Da muß ich nun mal Einschränkungen in Kauf nehmen.
Sicher. Das geht immer mehr Menschen so. Und es wird auch immer drastischer so weitergehen. Warum nur, wo doch unsere Wirtschaft seit mehr als fünf Jahrzehnten stetig am Wachsen ist?