Killerkommando gegen Kurden

Giacomo_S

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ibrayen schrieb:
Und niemand hat das Recht, einem Anderen seine Sprache zu verbieten... völkerrechtlich gesehen... Aber was ist schon das Völkerrecht wert...[???]

In der Praxis leider oft wenig.
Allerdings lässt sich aus einer eigenen Sprache und Kultur völkerrechtlich auch nicht zwingend das Recht auf einen eigenen Staat ableiten.
 

Ein_Liberaler

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ibrayen schrieb:
Du scheinst dich da bestens auszukennen... dann mach publik, damit wir auch uns die "Augen reiben" können...

Ich führe keine Statistik. Die drei Brüder, die in Berlin ihre Schwester ermordet haben sollen, sind z.B. Kurden, und auch von türkischen Verbrecherbanden hört man, bei denen es sich um halbe kurdische Dörfer handeln soll. Ich schätze, nicht wenige türkisch-kurdische Kriminelle sind auch mit der PKK verbandelt.


zerocoolcat schrieb:
...woraus erwächst deiner Meinung nach dieses Recht? Aus ihrer Zahl?

Jeder sollte die Sprache verwenden, die er will. Wenn der Staat etwas von ihm will, sollte er ihn in seiner Sprache ansprechen, das wäre das mindeste.
 

Giacomo_S

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Ein_Liberaler schrieb:
Ich schätze, nicht wenige türkisch-kurdische Kriminelle sind auch mit der PKK verbandelt.

Wenn man genau hinsieht, sind Terroristen - welcher Couleur auch immer - immer auch mit Kriminellen verbandelt. Das liegt in der Natur der Sache. Nicht einmal die (verhältnismässig intellektuelle) RAF hat das anders hinbekommen, und die wollten sich von "gewöhnlichen" Kriminellen eigentlich immer abgrenzen.
 

Ein_Liberaler

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Stalin hat bekanntlich für die Partei Banküberfälle begangen und der junge Mao mußte mit seinem der Partei gestohlenen Regiment bei einer Räuberbande Zuflucht suchen - aber die meisten russischen und Chinesischen Kriminellen hatten mit den beiden keinen Kontakt. Was ich sagen wollte, war, daß womöglich der größte Teil der kriminellen Kurden in Deutschland in das Abgabensystem der PKK eingespannt ist.
 

ibrayen

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Giacomo_S schrieb:
Im Gegenzug sollten die Kurden von der Forderung eines eigenen Staates abrücken.
Von dieser Forderung sind die Kurden schon lange abgerückt... Und seit langen kämpfen Kurden für einen demokratischen Türkei, in der auch Kurden als "Kurden" Existenzrecht haben und nicht als Türken, was sie nicht sind....

Ein_Liberaler schrieb:
Ich führe keine Statistik. Die drei Brüder, die in Berlin ihre Schwester ermordet haben sollen, sind z.B. Kurden...
Ja... es passiert, nicht weil man sich nicht integriert, sondern da spielt die Tradition eine Rolle... Und Tradition ist nunmal schlecht zu integrieren...

Ein_Liberaler schrieb:
und auch von türkischen Verbrecherbanden hört man, bei denen es sich um halbe kurdische Dörfer handeln soll. Ich schätze, nicht wenige türkisch-kurdische Kriminelle sind auch mit der PKK verbandelt.
Wie Giacomo_S bereits sagte, keine militante Bewegung kann sich gegen Kriminelles richtig abgrenzen... Aber es gibt keinen Nachweis darüber, dass die PKK sich des Kriminellen bedient... Die PKK hat sich von Anfang an verschrieben eine Befreiungsbewegung zu sein und genau dies versucht sie auch gerecht zu werden... Und außerdem: Vielleicht gibt es kriminelle Kurden, aber es gibt keine Banden, die irgendeinen Einfluss hätten, wovon die PKK profitieren könnte...
 

ibrayen

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Und ich als Kurde kann dir sagen, dass ich von diesen "Steuern" nichts weiß... Bzw. mussten wir bis jetzt keine PKK-Steuern zahlen...
 

ibrayen

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Der vollständige Text ist hier zu finden: http://www.jungle-world.com/seiten/2005/48/6746.php


Jungle World schrieb:
Kontraguerilla in der Türkei
von sabine küper-büsch



Für die Attentäter war der Anschlag Routine. Sie parkten am 9. November ihr Auto an der Hauptstraße von Semdinli, einer Kreisstadt in der südostanatolischen Provinz Hakkari.[...]

[...] Es kam heraus, dass der weiße Renault der Jandarma gehört, einer Sondereinheit des Militärs, und die beiden Insassen Unteroffiziere waren. Passanten stellten im Kofferraum zwei Handgranaten, zwei Kalaschnikows, vier Magazine sowie verschiedene Dokumente sicher, darunter einen Lageplan des Buchgeschäftes und eine Liste mit mehr als hundert Namen möglicher PKK-Sympathisanten.

[...]

Wird der spontane Protest tatsächlich Veränderungen bewirken? Wohl kaum. Man hat gelernt, das Spiel der Institutionen zu spielen, Kommissionen zu bilden, Vorfälle zu dokumentieren. Nur Folgen dürfte dies nach den bisherigen Erfahrungen nicht haben.

Noch größeres Aufsehen als der Anschlag in Semdinli erregte ein Autounfall im November 1996. In einem nahe der Stadt Susurluk verunglückten Mercedes starben ein Kontra-Killer und Drogenschmuggler sowie ein Polizeipräsident, nur ein Abgeordneter der damaligen Regierungsparetei DYP überlebte. Die Zusammenarbeit zwischen der Mafia, der Polizei und Politikern war nicht mehr zu leugnen.

Ein paar Monate später wurde offensichtlich, dass auch das Militär in den Kontra-Aktivitäten mitmischte. Ein Unteroffizier des Geheimdienstes deckte auf, dass die als PKK-Taten getarnten Schmuggelaktivitäten, Erpressungen und Entführungen in Hakkari zu einem großen Prozentsatz von Militäroffizieren initiiert wurden, die sich eines PKK-Überläufers bedienten. Doch als der Prozess um diesen Mafia-Kontra-Ring in der vergangenen Woche nach fast zehn Jahren zu Ende ging, wurde nur der PKK-Überläufer verurteilt, die verantwortlichen Offiziere wurden freigesprochen [...]
Sorry Leute, dieses Land will in die EU...
 

Boabdil1492

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Der "mißglückte" Bombenanschlag von Semdinli (Hakkari) zeigt sehr deutlich, dass der Guerillakrieg bzw. Contra-Guerilla in der Türkei wieder voll entfesselt ist. Im August 2005 erklärte die PKK (bzw. die Nachfolgeorganisation; Kongra-Gel/Kurdischer Volkskongreß) den 1999 einseitig ausgerufenen Waffenstillstand für beendet.

Doch gab es schon Monate vorher Agriffe einer sogenannten "TAK-Freiheitsfalken Kurdistans". Aufällig dabei war, dass die TAK sich auf Bombenanschläge in Großstädten (über die ganze Türkei verteilt, nicht nur im kurdischen gebiet) spezialisierte. Auch diverse Anschläge auf Bahngleise und Züge im Südosten gehen wohl auf das Konto der TAK. Bisher herrscht über die Herkunft der TAK totale Verwirrung. Man weiss nicht einmal ob es sich um eine Türkei-Kurdische oder Nordirak-Kurdische Gruppe oder gar um eine "Co-Production" handelt. Die PKK hat sich jedenfalls mehrmals, offiziell, von Anschlägen der TAK distanziert.

Interessant ist auch das die PKK sich im Nordirak reorganisieren kann. Also in einem Gebiet die von der Talabani/Barzani-Mafia unter dem Schutz der US-Besatzungsmacht kontrolliert wird. Die Frage ist: Warum läßt die USA zu, dass aus dem Nordirak Guerillaangriffe gegen die Türkei geführt werden? Zur Erinnerung: Die EU und die USA stufen die PKK offiziell als terroristische Organisation ein.

Während sich die PKK im Nordirak frei bewegen und organisieren kann, geht der Iran sehr scharf gegen die PKK vor. In den letzten Monaten kam es zu mehreren Feuergefechten zwischen iranischen Sicherheitskräften und PKK-Guerillas auf iranischem Boden. Die PKK organisiert sich inzwischen im Iran unter dem Namen PJAK.

Offenkundig ist, dass die Zerschlagung des Irak und die Errichtung eines kurdischen Nationalstaats im Nordirak den kurdischen Nationalismus irrational aufgeputscht hat. Das Überleben eines agressiven (wie derzeit durch die Angriffe auf die Türkei und den Iran vorgeführt) kurdischen Nationalstaates zwischen drei großen (Türkei, Iran, Syrien) Regionalmächten ist reine Utopie. Hier muß eine starke Schutzmacht im Spiel sein. Zur Auswahl stünden natürlich die USA, Großbritannien und Israel. Das Syrien und der Iran als "Schurkenstaaten" natürliche Ziele der USA sind, steht ausser Frage. Warum aber wird der "strategische Partner" Türkei destabilisiert?

In der Türkei hat die ataturkistische Generalität ein existenzielles Interesse (türkischer Nationalstaat und damit das Fundament der ataturkistischen republik) daran den kurdischen Separatismus/Nationalismus zu bekämpfen. Der türkische Ministerpräsident Erdogan hat jedoch kürzlich zum erstenmal, innerhalb der ettablierten Politik, die Kurdische Frage (Kürt Sorunu)angeschnitten. Bisher wurde Konflikt in der Türkei offiziell immer als "Südost(anatolien)-Problem" propagiert. Damit nährt sich die (zivile)Staatsführung erstmals in der Geschichte der Modernen Türkei dem Kern des Konflikts.

Genau in dieser Phase scheinen weder die türkischen Militärs noch die PKK ein Interesse an einer politisch-zivilen Lösung zu haben. Die PKK bestätigt quasi täglich den Vorwurf des Separatismus und Terrorismus. Das z. B. die PKK das US-Projekt des "Großen Mittleren Ostens" als einzige Methode einer Demokratisierung des Nahen Ostens programatisch aufgenommen haben, läßt alle Alarmglocken in der Türkei, dem Iran und Syrien leuten. Die PKK manövriert sich damit in die Position eines Agenten des US-Imperialismus. Inzwischen herrscht in der Türkei eine allgemein Atmosphäre die sich an politischen und wirtschaftlichen Verschwörungstheorien orientiert (die TV-Serie "Kurtlar Vadisi"-"Tal der Wölfe" hat sich diesem Themenkomplex verschrieben und bricht wöchentlich Einschaltquoten). Am bekanntesten ist die Theorie wonach separatistische Gruppen aus dem Ausland gesteuret und von undurchsichtigen-korrupten Qulicken innerhalb des türkischen Staates (Geheimdienste, Armee, Intellektuelle, Wirtschaftsbosse etc) unterstützt werden. Mehr noch als auf die USA, schießen sich diese Theorien verstärkt auf das zionistische Israel und Juden (insbesondere die jüdische Sekte der Dönme bzw. Sabetaiisten in der Türkei) ein.

Um ihre Kriegspolitik, in dieser Situation, zu rechtfertigen und den Konflikt zu verschärfen macht das türkische Militär genau dort weiter wo sie schon immer am "besten" waren: Contra-Aktionen. Natürlich unter Mißachtung jeglichen rechtsstaatlichen Verständnisses.

Die zivile türkische Regierung hat nach dem "mißglückten" Bombenanschlag von Semdinli "totale Aufklärung" versprochen. Regierungspartei und Opposition sind sich angeblich in dieser Sache "absolut einig". Das jedoch Beweismaterial "verschwindet", kein Staatsanwalt sich für die Eröffnung eines Starfprozesses "interessiert" oder die Massenmedien sich "verweigern" über die Entwicklung zu berichten, spricht dafür dass die Kriegsdoktrin beider Seiten letztendlich aufgehen wird.
 

ibrayen

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Mit einem Großteil deines Beitrages kann ich mich durchaus anfreunden, bis auf paar Kleinigkeiten wie das hier:
Boabdil1492 schrieb:
[...] Genau in dieser Phase scheinen weder die türkischen Militärs noch die PKK ein Interesse an einer politisch-zivilen Lösung zu haben. [...]
Die PKK ist sehr wohl an einer politisch-zivilen Lösung des Konfliktes nicht nur interessiert, sondern hierfür wird seitens der PKK gekämpft. Seit Mitte 90'ern hat die PKK offiziell ein "unabhängiges Kurdistan" aus ihr Programm ausgelassen... Wenn sie nicht um ein "unabhängiges Kurdistan" kämpfen, dann bleibt denen praktisch nichts anderes als ein Kampf um eine politisch-zivilen Lösung....
 

rinret

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Mal abgesehen von der PKK, von dem sich in der Türkei auch viele Kurden distansieren, liegt das Problem viel tiefer. Die Türken werden in der jetzigen Situation niemals eine kurdische Sprache oder Kultur akzeptieren. Sie sind tiefe Nationalisten (umsonst ist Hitlers 'Mein Kampf' nicht das Topbuch in der türkischen Bestsellerliste). Die Tatsache des für mich wirklich übertriebenen Nationaltums bejahen sie selbst mit grossem Stolz. Sie bezeichnen sich als die Kinder Atatürks und für sie ist sein Wort Gesetz, deshalb könnten sie niemals eine andere Grenze der Türkei akzeptieren und auch niemals eine andere Sprache. Türkisch ist für sie die einzige Sprache, die im Land gesprochen werden soll. Etwas anderes ist 'unnationalistisch', gegen Atatürk und nicht zu akzeptieren.

Ich frage mich ernsthaft wie ein türkischer Politiker seinem Volk dann den Geist der EU vermitteln soll. Neben dem Problem der Kurden gibt es auch noch das Problem der Armenier, der Griechen und das Zypernproblem. Wie will das Land in der EU klarkommen, wenn sie schon im Vorfeld Probleme mit einigen EU-Mitgliederstaaten haben? Wie wollen sie mit Griechenland verhandeln, wenn die Bevölkerung das Land immer noch als Feind ansieht? Viele Türken sind aus diesem Grund auch gegen eine EU Mitgliedschaft der Türkei.

Das schlimmst Problem ist allerdings das kurdische Problem. Wie das die Türkei lösen will ist mir ein grosses Raetsel. Der Hass hier ist sehr tief. Ich habe mich in der Türkei mit vielen Türken unterhalten. Egal ob politisch links oder rechts denkende Türken, beim Thema Kurden haben alle die gleiche Meinung. Sie sind im Grunde alle Terroristen und sie müssen sich anpassen und nicht wir an sie.
Viele sind auch sehr unwissend, was dieses Thema betrifft. Sie glauben, dass die kurdische Sprache ein türkischer Dialekt ist und dass sie eigentlich keine andere Kultur haben können. Denn es sind ja eigentlich Türken. Das was man als 'untürkisch' bei den Kurden wahrnimmt, sieht man als altmodische Tradition an. Da sie ja nicht gebildet sind. Solche Meinung lassen mir manchmal die Haare zu Berge stehen. Aber die Türken selbst geben auch nur das wieder, was sie in den Medien hören und was sie in der Schule lernen.

Leider ist die Kultur hier noch so, dass man Meinungen von Lehrern und Vorgesetzten viel zu schnell akzeptiert. Ich unterrichte in der Türkei selbst und stosse immer wieder auf diese Tatsache, dass man niemals nach dem Grund fragt sondern einfach die Sache akzeptiert.

Es stimmt, dass das Kurdenproblem internationalisiert wird, wenn es ungelöst bleibt und die Türkei ein EU-Mitgliedland ist. Das weiss auch die türkische Regierung. Also bleibt ihnen nichts anderes übrig als eine Lösung zu finden. Leider habe ich manchmal das Gefühl, dass sie die Lösung im Terrorismus suchen. Wenn sie die Kurden öffentlich als Terroristen hinstellen können, wird Europa weniger Drück machen und am Ende vielleicht sogar Verstaendnis für die Türkei zeigen. Also Fazit: Bombenanschlaege helfen am Ende vielleicht der Türkei. Also wenn die PKK gerade mal keine machen will - warum dann sie nicht selbst, das ist allerdings nur ein Vermutung. Aber es macht mir Angst!
 

Boabdil1492

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Die PKK ist sehr wohl an einer politisch-zivilen Lösung des Konfliktes nicht nur interessiert, sondern hierfür wird seitens der PKK gekämpft. Seit Mitte 90'ern hat die PKK offiziell ein "unabhängiges Kurdistan" aus ihr Programm ausgelassen... Wenn sie nicht um ein "unabhängiges Kurdistan" kämpfen, dann bleibt denen praktisch nichts anderes als ein Kampf um eine politisch-zivilen Lösung....

Das gekämpft wird ist ja offensichtlich. Die Aufkündigung des Waffenstillstands durch die PKK, also die Wiederaufnahme des Guerillakriegs gegen die Türkei, ist doch Wasser-auf-die-Mühlen der türkischen Militär-Junta!..

Öcalan ist ein vollendeter Prakmatiker. Nach seiner Verschleppung 1999 hatte er die Aussichtslosigkeit eines weiteren bewaffneten Kampfes erkannt. Besonders auch mit Hinblick auf die plötzlich zusammengebrochene Infrastruktur des bewaffneten Kampfes. Syrien hatte ja unter türkisch-israelischen (Stichwort: türkisch-israelisches Sicherheitsabkommen) Druck Öcalan, und damit die PKK, ausgewiesen. Auch Russland hat da mitgezogen (damals unterzeichnete die Ecevit-Bahceli Regierung ein "Terrorabkommen" wonach die Türkei gegen den tschetschenischen Widerstand vorgehen und Russland die PKK nicht mehr unterstützen sollte). Mysteriöserweise konnte nicht einmal die starke PKK-Lobby in der EU (besonders Deutschland, Italien, Holland) Öcalan in Sicherheit bringen. Öcalan wurde (wie inzwischen allgemein bekannt ist durch eine Mossad-Operation) in Afrika verschleppt und dem türkischen Geheimdienst übergeben. Kurzweilig entstand in der PKK eine starke anti-israelische Strömung, man wußte genau wer den Zusammenbruch eingeleitet hatte. Seitdem Öcalan verurteilt wurde rief er die "demokratisch-zivile Lösung" aus. Mit dem III. Golfkrieg und der Etablierung eines kurdischen Nationalstaats im Nordirak, änderten sich die Fronten wieder. Die PKK (inzwischen in mehrere Pro-USA/Israel und Anti-USA/Israel Fraktionen gespalten) bot sich als Bauernfigur für die "große Politik" an und wurde rekrutiert.

Das die PKK nur noch Spielball imperialistischer Mächte ist geht aus der großen Verwirrung hervor, die jetzt durch die vielen PKK-Ableger hervorgerufen wurde. Wo steht nun der Prakmatiker Öcalan? Wie ernst ist sein zivil-demokratischer Lösungsvorschlag zu nehmen? Und: Inwieweit hat Öcalan denn noch den richtungsweisenden Einfluß auf die kurdische Bewegung innerhalb der Türkei?

"Seit zwei Wochen ist es offiziell: Der Kongra-Gel (Kurdischer Volkskongress), die Nachfolgeorganisation der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), hat sich gespalten. Die Abspaltung gehören eine ganze Reihe hochrangiger ehemaliger PKK-Führer an - darunter ihr früherer Europarepräsentant Kani Yilmaz und Osman Öcalan, der Bruder des PKK-Gründers und -Führers Abdullah "Apo" Öcalan, der auf der türkischen Gefängnisinsel Imrali in lebenslanger Haft sitzt. "Apo" soll die neue politische Formation mit dem Namen Patriotische Demokratische Partei (PWD) als "Verräter" gebrandmarkt haben - was in der Sprache der PKK traditionell einem Todesurteil gleichkommt.

Umgekehrt bezeichnen Repräsentanten der PWD den Kongra-Gel, dessen Führung sie bis vor kurzem angehörten, als undemokratisch, dogmatisch und kemalistisch. Die Neugründung sei notwendig geworden, um die Kurden aus dem "Teufelskreis" herauszuführen, in den hinein sie durch die bisherige Politik geführt worden seien. Die Perspektive der neuen Partei zeigt allerdings, dass sie diesen Anspruch nicht erfüllen wird.

Die politischen Differenzen zwischen Kongra-Gel und PWD sind trotz der Parteispaltung, die möglicherweise blutige Formen annehmen könnte, eher gering. Fürsprecher des Kongra-Gel behaupten, im Mittelpunkt der Spaltung stehe die Haltung gegenüber den USA. Während Abdullah Öcalan eine Einheitsfront der Völker des Mittleren Ostens (Kurden, Türken, Perser und Araber) gegen den US-Imperialismus vorschlage, wolle die Abspaltung mit den USA zusammenarbeiten."
(wsws.or vom 8. September 2004)

Seit Mitte 90'ern hat die PKK offiziell ein "unabhängiges Kurdistan" aus ihr Programm ausgelassen... Wenn sie nicht um ein "unabhängiges Kurdistan" kämpfen, dann bleibt denen praktisch nichts anderes als ein Kampf um eine politisch-zivilen Lösung....

Das die PKK im Rahmen des national-chauvinistischen "Großkurdistan" auf eine Abspaltung der kurdischen Provinzen der Türkei hinausarbeitet spricht dieser offiziellen Nicht-Separatistischen Haltung Hohn...

Mal abgesehen von der PKK, von dem sich in der Türkei auch viele Kurden distansieren, liegt das Problem viel tiefer. Die Türken werden in der jetzigen Situation niemals eine kurdische Sprache oder Kultur akzeptieren. Sie sind tiefe Nationalisten (umsonst ist Hitlers 'Mein Kampf' nicht das Topbuch in der türkischen Bestsellerliste).

Die neue nationalistische Welle in der Türkei ist recht differenziert. Bisher gab es zwei Hauptlinien: die Pan-Turkistische MHP und der offizielle ataturkistische Nationalismus (auch die ehemalige Staatspartei und jetzige "sozialdemokratische Opposition" CHP führt ja immer noch diesen Nationalismus in ihrem Parteiprogram). Neu ist nun das zusammengehen dieser beiden Strömungen. Nicht zuletzt unter dem propagandistischen Einsatz von Dogu Perincek wurde der Begriff "Ulusal" (National) geprägt. Dogu Perincek ist Führer der maoistischen Splitterpartei Isci Partisi (Arbeiter Partei). Perincek, berüchtigt durch seine Publikationen von Geheimdienstmaterialien zu allen möglichen politischen Fragen, wurde noch in den 90er Jahren wegen Landesverrat angeklagt weil er den PKK-Führer Öcalan getroffen hatte. Durch seine extrem nationalistischen Auftritte bezüglich der "Armenierfrage" und seinem althergebrachten Anti-Amerikanismus durfte er diese neue nationalistische Welle in der Öffentlichkeit Salonfähig machen. Das Perincek durch eine national-ataturkistische Qulicke innerhalb der türkischen Generalität und des Geheimdienstes (MIT) gesteuert wird ist kaum ein Geheimnis.

Kurios ist folgendes: Diese Militär-Geheimdienst Qulicke löste eine andere (ebenfalls aus Armee-und Geheimdienstkreisen) ab. Die vormalige (besonders aktiv seit dem Putsch von 28. Februar 1997) Qulicke war pro-zionistisch ausgerichtet. Zenit dieser Entwicklung war das israelisch-türkische Sicherheitsabkommen Ende der 90er Jahre (unter der von den Putschisten installierten Ecevit-Bahceli Regierung). Mit dem III. Golfkrieg, als sich immer deutlicher herausstellte das die israelisch-amerikanische Nordirak-Politik fundamentale Sicherheitsinteressen der Türkei gefährdete, wurde diese Qulicke entmachtet.

Die neue Qulicke hat ein breites Spektrum politischer und wirtschaftlicher Kräfte zusammengebracht: Die Perincek Partei mit der MHP (wobei sich beide seit Jahrzehnten als "Landesverräter" und "Faschisten" bis aufs Blut bekämpften), der berühmte TV-Nachrichtenmagazinsprecher Hulki Cevizoglu und der alte Haudegen der ataturkistischen Linken Atilla Ilhan (beide traten in den letzten Jahren verstärkt gemeinsam im TV auf und verbreiteten die Ansichten ihrer Chefetage zu allen möglichen/unmöglichen Themen, Ilhan ist vor kurzem verstorben), die links-ataturkistische Tageszeitung "Cumhuriyet" gehört genauso zu den Propagandaorganen dieses neuen Nationalismus wie der Perincek TV-Kanal "UlusalTV"...

Da tobt gerade ein heftiger Kampf zwischen dieser Gruppe und der Erdogan-Regierung, die wegen ihrer Pro-USA Haltung/Abhängigkeit, des Landesverrats bezichtigt wird. Wie stark die "Ulusalcilar" inzwischen sind kann man z. B. auch daran erkennen das Perincek öffentlich (und ohne juristisches Nachspiel) Armee-Offiziere (und ihre Familien) angreifen konnte die, seiner Meinung nach, christianisiert (und damit Agenten des Westens) sind.

Die "Ulusalci" (Nationalen) führen den Atatürk-Kult weiter. Oft benutzen sie synonym den Begriff "Kuvva-i Milliye" (Nationale Streitkräfte; Bezeichnung der Befreiungsbewegung während des Unabhänigkeitskriegs gegen die Aliierten und Griechenland nach dem I. Weltkrieg). Die ataturkistische Verwestlichungpolitik wird zu einer Zivilisationsfrage uminterpretiert (wonach der Westen nicht mehr als Vorbild zur "Zivilisierung" der modernen Türkei taugt). Versucht wird, paradoxerweise, auch den Islam als Hauptmotivationsquelle zu (re)aktivieren. Dabei propagieren jedoch die "Nationalen" eher den "türkischen Islam" (besonderes Anliegen dabei: türkisch als Gebetssprache wiedereinzuführen statt des arabischen). Einspannen konnten sie damit jedoch bisher nur religiöse Splittergruppen und Parteien (z. B. die BTP von Haydar Bas).

Ich frage mich ernsthaft wie ein türkischer Politiker seinem Volk dann den Geist der EU vermitteln soll. Neben dem Problem der Kurden gibt es auch noch das Problem der Armenier, der Griechen und das Zypernproblem. Wie will das Land in der EU klarkommen, wenn sie schon im Vorfeld Probleme mit einigen EU-Mitgliederstaaten haben? Wie wollen sie mit Griechenland verhandeln, wenn die Bevölkerung das Land immer noch als Feind ansieht? Viele Türken sind aus diesem Grund auch gegen eine EU Mitgliedschaft der Türkei.

Das die EU in der "Armenierfrage", dem Zypernkonflik bzw. der türkisch-griechischen Feindschaft einseitig die Interessen der griechischen und armenischen Lobby unterstützt, beflügelt (genau wie die Agitation der kurdischen Nationalisten) diesen neuen türkischen Nationalismus. Die EU hat auch ihre (trojanischen) Pferde im Rennen. Angesichts dieser irrationalen Machtpolitik(en) ist eine Entwirrung des Konfliks kaum vorstellbar.

http://de.geocities.com/trotzalledem_ta/Zeitungen/26/wahlen.html

http://www.cevizkabugu.com.tr/kitap.html
 

ibrayen

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Das gekämpft wird ist ja offensichtlich. Die Aufkündigung des Waffenstillstands durch die PKK, also die Wiederaufnahme des Guerillakriegs gegen die Türkei, ist doch Wasser-auf-die-Mühlen der türkischen Militär-Junta!..
Lieber "Boabdil1492",
dir möchte ich jetzt nichts unterstellen, aber deine Einstellung kommt mir sehr verdächtig einem türkischen "Linken" nahe, der die kurdische Seite kritisiert, ohne seinen Standpunkt klar zu definieren. Und überhaupt sind die türkischen "Linken" sehr eigenartig, ja eher national-chauvinistisch sind die. Das erwähne ich, weil ich deinen Standpunkt nicht klar erkennen kann... Du kritisierst die Aufkündigung des Waffenstillstandes nach sechs Jahren durch die PKK, ohne gleichzeitig zu erwähnen, welch einen hohen Preis die PKK hierfür zahlen musste. Sicherlich kennst du dich hiermit bestens aus, aber dennoch möchte ich es ein wenig erläutern: Wie du sagtes, erkannte Öcalan "die Aussichtslosigkeit eines weiteren bewaffneten Kampfes" und forderte die PKK auf, sich aus der Türkei zurückzuziehen, um der Frieden bzw. einem "zivil-politischen" Lösung Chancen einzuräumen. Diesem Forderung ist die PKK auch nachgekommen. Was hat sich aber geändert? Eigentlich nichts, denn die Türkei hatte nie Interesse an eine demokratische Lösung, weil man glaubte die PKK auch militärisch besiegen zu können, ohne aus dem 15jährigen Krieg mit der PKK gelernt zu haben, dass eine aus dem Volke agierende Bewegung militärisch nicht einfach zu besiegen ist, weil solche Bewegungen sich sehr schnell neu organisieren können, auch wenn sie am Boden liegen sollten. Nach dem Rückzug der PKK aus der Türkei glaubte kaum jemand an der Rückkehr der PKK. In dieser Zeit wollte die PKK sich in eine politische Partei umformieren, doch diese Gelegenheit hat man ihr nicht gelassen, einmal seitens der Türkei, andererseits der "Westen"... Bei jedem Versuch wurde man auf dem Boden der Tatsachen geholt, dass die PKK so oder so immer "terroristisch" bezeichnet werden wird. Der PKK blieb nichts übrig als wieder die Waffen sprechen zu lassen.

6 Jahren lang Waffenstillstand seitens der PKK und der Preis hierfür:
Während innerhalb der PKK sich ein Machtkampf um die strategische Neu-Orientierung abspielte, glaubte man in der Türkei, die Kurden mit ein paar lächerlichen "Zugeständnissen" zufriedenstellen zu können, wie 1/2 Std. kurdisch im Staatsfernsehen und Privat-Kurse auf kurdisch für Erwachsene, die mit allerlei Schwierigkeiten verbunden waren. Von diese kleine "Schritten" ist heute kaum mehr die Rede, weil diese sich in der Realität nicht bewährt haben. Außer diese Bemühungen hat die Türkei nichts mehr unternommen, um diesen Konflikt zu lösen. Der Machtkampf innerhalb der PKK ging darum, ob man den Waffenstillstand weiterhin aufrechterhalten sollte oder es aufkündigen. Die Befürworter des Waffenstillstandes, gleichzeitig die Verfolger eines pro-amerikanischen Haltungs, konnten sich nicht durchsetzen und haben sich abgespalten. Die "Real-PKK'ler" hatten den Waffenstillstand praktisch "satt", weil es nur "einseitig" war und niemand eine Interesse daran hatte. Das von der PKK erzwungene Aufrechterhaltung des Waffenstillstandes hat der PKK sehr viel Kraft gekostet, weil sie praktisch immer unter Beschuss stand. An diesem Waffenstillstand ist die PKK fast zur Grunde gegangen durch die Spaltung und weil der Waffenstillstand zum Scheitern verurteilt war [-->sie war einseitig und blieb bis zum Schluss einseitig!]. Die PKK ["Real-PKK'ler"] sahen sich gezwungen wieder zu kämpfen, weil die Aufrechterhaltung des gescheiterten Waffenstillstandes der PKK zu kräftezerrend war und die kurdische Frage auf diese Weise nicht gelöst werden konnte. Also haben die gezwungenermassen wieder den Kampf aufgenommen, weil ein anderes Weg seitens der Türkei & Co. nicht zugelassen wurde. Jetzt hierfür die PKK zu kritisieren ist einfach "falsch" und wird dem Thema nicht gerecht....


Seitdem Öcalan verurteilt wurde rief er die "demokratisch-zivile Lösung" aus. Mit dem III. Golfkrieg und der Etablierung eines kurdischen Nationalstaats im Nordirak, änderten sich die Fronten wieder. Die PKK (inzwischen in mehrere Pro-USA/Israel und Anti-USA/Israel Fraktionen gespalten) bot sich als Bauernfigur für die "große Politik" an und wurde rekrutiert.
Deine Analyse in aller Ehre, sie entspricht aber nicht der Realität. Diese "demokratisch-zivile Lösung" wurde nicht erst ausgerufen, als Öcalan verurteilt wurde, sondern dies ist seit Mitte 90'ern die "offizielle" Linie der PKK. Und es ist ganz natürlich und logisch, dass die positiven Entwicklungen in Südkurdistan Wirkung auf die kurdische Bewegungen in Nordkurdistan hat. Die Spaltung, die du nennst, ist heute nicht mehr nennenswert, denn es haben sich wieder klare Verhältnisse entwickelt: Die Abspalter von der PKK wurden praktisch vom kurdischen Volk nicht anerkannt, somit sind die heute völlig bedeutungslos. Dass die PKK sich als "Bauernfigur" angeboten haben soll, ist weit dahergeholt, denn die USA kann sich nicht erlauben, gegen die PKK vorzugehen, weil man dadurch die Zusammenarbeit mit den Südkurden erheblich erschweren wird und zweitens will man zusehen, dass man den Problem mit den Aufständischen in Griff bekommt. Und es wär sehr unklug seitens der Amis in dieser Situation auch noch ein weiteres Front zu eröffnen. Des Weiteren hat die PKK in ihrer Geschichte noch nie ein amerikanisches Ziel angegriffen und das wissen die Amis! Und der "Deal" hier ist, dass die PKK von sich aus die USA nicht verärgern will, weil man keine Interesse an eine direkte Konfrontation mit den Amis hat... So lebt man Seite an Seite nach dem Motto "du mir nix ich dir nix" und das gefällt den Unterdrücker der Kurden nicht, was den Kurden am wenigstens kümmert...


Das die PKK nur noch Spielball imperialistischer Mächte ist geht aus der großen Verwirrung hervor, die jetzt durch die vielen PKK-Ableger hervorgerufen wurde. Wo steht nun der Prakmatiker Öcalan? Wie ernst ist sein zivil-demokratischer Lösungsvorschlag zu nehmen? Und: Inwieweit hat Öcalan denn noch den richtungsweisenden Einfluß auf die kurdische Bewegung innerhalb der Türkei?
Also, es gibt nicht "viele Ableger der PKK", sondern einen, der heute in Bedeutungslosigkeit versunken ist. Und es herrscht wieder klare Verhältnisse. Was Apo angeht, so ist er noch immer ein Freiheitssymbol für die meisten Kurden, das ist auch der Grund, warum die PKK sich nicht leisten kann, sich von Apo loszulösen. Es gibt Strömungen in der PKK, die Apos Vorstellungen eins zu eins umsetzen wollen, was kaum möglich ist. Dann gibt es eine andere Strömung, die Apo nur noch als Ehrenvorsitzende ansehen und keinesfalls ihm überlassen wollen, die Ausrichtung der PKK zu bestimmen und genau diese Leute sind die einflussreichsten in der PKK. Die Tendenz geht also dahin, dass man Apo nur noch das "Philosophische" überlässt, ihn respektiert, sich mit seinen Vorstellungen vom kurdischen Freiheitsbewegung auseinandersetzt und dies der Linie der PKK "anpasst"...


Das die PKK im Rahmen des national-chauvinistischen "Großkurdistan" auf eine Abspaltung der kurdischen Provinzen der Türkei hinausarbeitet spricht dieser offiziellen Nicht-Separatistischen Haltung Hohn...
Dann sag einfach die Alternative... Natürlich, wenn die PKK könnte, würde sie heute auch vom "unabhängigen Kurdistans" reden, das macht sie aber nicht, weil die Zeit es nicht zulässt. Also müssen die sich mit "Weniger" zufrieden geben. Solange die kurdische Frage nicht im Rahmen der Demokratie gelöst wird und solange man für die Rechte der Kurden kämpft, solange wird auch "unabhängiges Kurdistan" im Hintergrund schweben... So einfach ist das nunmal...


mfg
 

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