Farbe=Zahl, Zahl=Farbe

Konteradmiral

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Zum Thema "Synästhesie" fällt mir sofort ein genialer neurologischer Fallbereicht von Alexander Lurija ein. Es ist die zweite Geschichte in dem Buch "Der Mann, dessen Welt in Scherben ging". Dort beschreibt er einen Mann, der extreme Synästhesien und ein eng damit verbundenes, unbegrenztes Errinerungsvermögen hat. Dessen Synästhesien sind sehr vielseitig; fast jeder Eindruck ruft auf allen anderen Kanälen sensorische Reize hervor. Am besten machen das vielleicht ein paar Zitate deutlich:
"Im wird [in einem Experiment] ein Ton von 500 Hertz und 100 Dezibel gegeben. Er sieht einen geraden Blitz, der den Himmel in zwei Teile spaltet. BeimZurückgehen der Lautstärke auf 74 Dezibel sieht er ein sattes Orange, und es ist, als bohre sich ihm eine Nadel in den Rücken"

"Was für eine gelbe, mürbe Stimme sie haben."

"[Bei der Betrachtung eines Zauns]: Wie spitz und salzig dieser Zaun ist."

All diese Synästhesien kann er verwenden um eine unglaubliche Gedächtnisleistung zu erreichen. Bekannte Objekte stellt er einfach entlang einer Strasse im Geist auf und kann sie belibig oft wieder abrufen, indem er die Strasse entlang geht. Unbekannte Wörter, sinnlose Laute, Zahlen etc. übersetzt er in Muster aus "Spritzern", Linien und "Dampfschwaden", die er ebenso memorieren kann. Wenn er sich an etwas nicht erinnert, dann ist es kein "Vergessen" sondern ein Fehler beim ablesen, z.B. wenn er ein Ei vor eine weisse Wand stellt, oder ein Gegenstand zu klein oder in der Dunkelheit steht, oder auf andere Art "übersehn" wird.


Übrigens hat wirklich fast jeder mehr oder minder ausgeprägte synästhetische Eindrücke. Allein das ein Dur-Akkord als "hell" und ein Moll-Akkord als "dunkel" empfunden wird, ist schon Synästhesie. Bestimmte chemische Substanzen (LSD zum Beispiel) können auch starke synästhetische Erfahrungen hervorrufen.

@Ellinealea
Deinen Bericht finde ich sehr interessant. Die unterschiedlichen Melodien des PCs würde ich mir so erklären, dass wenn du aus der "Ferne" an den PC denkst, es direkt um die Maschine geht. Wenn du aber davor sitzt, ist er eher ein Portal zu den jeweiligen Inhalten und du denkst nicht an die Maschine selbst, sondern das, was du darin siehst. Kommt das ungefähr hin?
Wie ist es bei Büchern? Erzeugen fiktive Geschichten auch eine Melodie? Tritt bei dir auch ein umgekehrter Effekt auf, also können Melodien aus dem Radio oder so Bilder hervorrufen? Hast du deine Fähigkeit mal untersuchen lassen oder selbst spezifische Experimente gemacht? Du hast erwähnt, dass du Melodien mit der Flöte gespielt und aufgenommen hast. Würdest du die evtl. irgendwie zugänglich machen?
Tut mir leid, dass ich so neugierig bin, aber ich bin sehr an Neurologie interessiert und finde das Thema "Synästhesie" im speziellen extrem faszinierend.
 

Ellinaelea

Großmeister
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Konteradmiral schrieb:
@Ellinealea
Deinen Bericht finde ich sehr interessant. Die unterschiedlichen Melodien des PCs würde ich mir so erklären, dass wenn du aus der "Ferne" an den PC denkst, es direkt um die Maschine geht. Wenn du aber davor sitzt, ist er eher ein Portal zu den jeweiligen Inhalten und du denkst nicht an die Maschine selbst, sondern das, was du darin siehst. Kommt das ungefähr hin?
Kommt absolut hin *nickt*

Konteradmiral schrieb:
Wie ist es bei Büchern? Erzeugen fiktive Geschichten auch eine Melodie?
Das ist ein Mischmasch, was wieder von vielem abhängt. Zur Entspannung les ich gern Phantasy-Romane. Im Moment les ich gerade die Eld-Reihe von Mark Anthony. Die Melodie der Geschichte wächst von Band zu Band. Die Geschichte hat also auch als Ganzes eine Melodie. Aber viel spannender find ich die andere Musik darin. Einzelne Figuren haben ihre eigenen kleinen Akkorde und Melodien. Und wenns in der Geschichte grad eine Kampfszene gibt, kommen natürlich die Trommeln. Wenn wieder ein Hinweis auftaucht, der eine meiner Vermutungen (wie man sie halt beim Lesen von Geschichten hin und wieder hat) sich bestätigt erklingt wieder eine andere Melodie usw usf
Ein gute Fantasy-Serie ist für mich wie eine ganze CD-Sammlung. Kurze Geschichten, die in nur einem Buch geschrieben werden und keine Folgebände haben, hab ich nicht so gern, weil das nur sehr selten reicht, um die Musik komplett zu machen... Naja so irgendwie halt.
Sachbücher klingen komischerweise viel simpler. Wenn mich die Materie nicht gerade absolut fasziniert, kann ich die Musik in den Hintergrund schieben, so dass sie mich nicht ablenkt. Sollte mich der Stoff aber langweilen oder sonstwie abstossen, wird die Musik so stark, dass sie mich ablenkt. Wenn der Inhalt des Sachbuchs aber voll den Nerv meines Interesses trifft wird die Musik teilweise fast ekstatisch und vertieft meine Konzentration. Diesen Stoff vergess ich dann auch nur noch selten.

Konteradmiral schrieb:
Tritt bei dir auch ein umgekehrter Effekt auf, also können Melodien aus dem Radio oder so Bilder hervorrufen?
Kommt auch vor, aber selten. Das sind dann eher nur Farbenflash's, weniger konkrete Bilder. Öfter ist aber, dass die Melodie, die ein Mensch in seinem Sprachrhythmus hat Bilder auslöst. Keine Ahnung, warum.
Seltsamerweise ausgerechnet wenn ich chatte oder andere Kontakte rein online-mässig betreibe, gibts zu den Menschen-Melodien noch Bilder. Ich stelle mir Menschen niemals so vor, wie sie real sein könnten – wie das vermutlich alle anderen halten. Dafür hab ich die manchmal sehr komischen Bilder. Gestern Nacht zB hab ich mit einer Frau gechattet, die ne tanzfähige Popmelodie hatte, dazu sah ich eine Fee auf einer Ratte reiten und Schmetterlingen hinterherjagen *ggg*
Solche Personen-Bilder übers Internet bleiben so lange fest auf eine Person fixiert, bis ich den Menschen evtl. real kennernlerne. Dann verschwindet das Bild und nur die Melodie bleibt. Lern ich den Menschen nicht real kennen, bleiben die Bilder erhalten. Allerdings hat längst nicht jede Web-Bekanntschaft so ein Bild.

Konteradmiral schrieb:
Hast du deine Fähigkeit mal untersuchen lassen oder selbst spezifische Experimente gemacht?
Nein, wüsste nicht wo oder wer an sowas Interesse hätte. Ausserdem wohn ich wie gesagt auf dem Land, fahr nicht Auto und komm hier nur schwer und umständlich weg.
Ich beschäftige mich selbst erst seit ca. 4-5 Jahren bewusst mit meiner Synästhesie. Vorher war sie einfach da und ich hab sie genossen und genutzt.
Hättest du denn evtl. Vorschläge für interessante Experimente, die ich selbst durchführen kann? Ich wär dabei :)

Konteradmiral schrieb:
Du hast erwähnt, dass du Melodien mit der Flöte gespielt und aufgenommen hast. Würdest du die evtl. irgendwie zugänglich machen?
Ich überleg immer noch, ob ich sie vielleicht irgendwann irgendwelchen Berufsmusikern verkaufen könnte, die was Richtiges draus machen. Es sind zum Teil wunderschöne Sachen dabei.
Ich seh mich übrigens nicht als Komponistin. Denn ich entwickle die Musik ja nicht bewusst. Ich finde sie sozusagen nur. Du bist nicht zufällig Musiker? *g

Konteradmiral schrieb:
Tut mir leid, dass ich so neugierig bin, aber ich bin sehr an Neurologie interessiert und finde das Thema "Synästhesie" im speziellen extrem faszinierend.
Ist voll ok. Ich bin ein geschwätziges altes Weib ;-) Frag ruhig! Solang ich Antworten habe, kannst du sie haben :)
 

Zerch

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rai69 schrieb:
@zerch
sorry für die krasse aufforderungsform.
-nicht notwendig , passt schon....aber danke :wink:
-ich müßte mich bei Ellinaelea und allen anderen mit dieser Gabe entschuldigen.

@Ellinaelea

Entschuldigung.-Ich habe es nicht so gemeint daß Synästhetiker unglücklich sind.....ich habe manchmal auch plötzlich Musik im Kopf , aber je mehr ich mich versuche darauf zu konzentrieren , desto mehr löst sie sich auf.....bei dir scheint das wohl genau anderstherum zu sein. :wink:
 

struppo_gong

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apropos zahlen,
soweit ich das aus gesprächen mit anderen verstanden habe, haben nicht unbedingt die zahlen selber eine Farbe, sondern das Wort, das die zahl beschreibt. So dass acht anders aussieht als eight oder huit, so dass für einen menschen aus dem deutschen Sprachkeis also eine 8 so aussieht wie eine acht.
Kann man das als tendenziell richtig einschätzen?

Ähm, und noch ne Frage an ellinaelea hätte ich ;,
träumst du öfter in Musik? , und nimmt sie dann eher Formen an, oder ist sie so wie im Wachleben Begleiterscheinung. Oder wie weit varriert das.
 
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