Die Sache mit dem Sinn

Simple Man

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Ausgehend von dieser Diskussion, würde ich gerne mal darüber reden, warum es so viele Menschen gibt, die scheinbar einen tieferen Sinn hinter dem Leben vermuten? Sei es, dass das Leben nach dem materiellen Tode weitergeht, sei es, dass es eine höhere Entität, die oftmals Gott genannt wird, gibt.

Was steckt dahinter? Ist es die Hoffnung, dass man Teil von etwas größerem, allumfassenden ist? Ist es die Angst vor dem Tode, die zu solchen Ansichten führt? Ist es das Unverständnis bzgl. bestimmter wissenschaftlicher Prozesse bzw. das Nicht-Verstehen von bestimmten "Dingen", die zu solch einem Glauben an einen Sinn führt? Ist es möglicherweise ein evolutionärer Aspekt, der das Überleben sichern soll? Oder Folge unserer kulturellen Entwicklung?

Oder gibt es möglicherweise einen Sinn und deshalb suchen soviele Menschen diesen ... oder erahnen zumindest an einen solchen Sinn?

Ich hoffe auf eine anregende Diskussion ... :)
 

Ihlenam

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Für den Menschen endet die Suche nach dem Sinn in der jetzigen, materiellen Welt zwangsläufig im Nichts - der Mensch kann den Sinn ad absurdum infrage stellen. Ich glaube, es ist die Sehnsucht nach einer Welt, in der die Frage nach dem Sinn nicht "verboten" ist, die Menschen ans Jenseits glauben lässt.
 

Simple Man

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Nun, wenn das Leben aber keinen Sinn hat - oder der Sinn des Lebens möglicherweise das Leben an sich ist - so wie ich glaube, dann kann man natürlich keinen Sinn suchen ... d.h., man kann natürlich schon, doch kommt man zwangsläufig zu von Menschen kreierten Gründen, was ja nichts schlechtes sein muss ...

Im Grunde finde ich deine Begründung aber ein wenig seltsam, Ihlenam ... die Menschen suchen, wenn ich das richtig verstehe, einen Sinn hinter dem Leben, um einen Sinn zu suchen? :gruebel:

Oder habe ich dich da mißverstanden?
 

deTommy

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langeweile ?

ruhm und ehre, wenn man ihn denn findet ?

oder etwas tiefergehend: verzweiflung, da ein sinnloses leben eben als wertlos erachtet wird... !?!
daher wäre deine sichtweise, dass das leben in sich selbst sinn macht die einfachste form dieses problem zu lösen. "der weg ist das ziel und man muss eigentlich gar nicht ankommen..."
zugegeben etwas unspektakulär, aber immerhin bequem :) ich würde mich da anschließen

ich glaube über die sache mit dem sinn kann man mindestens ebenso viel diskutieren, wie über den sinn selbst

aber wer weiss. vllt gibts ja durch diese herangehensweise einige erkenntnisse, die auch in der eigentliche frage etwas licht ins dunkel bringen können :kerze:
 

Ihlenam

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Ich meinte, dass man in unserer Welt die Frage nach Sinn (und damit meine ich nicht nur Sinn des Lebens) nicht befriedigend beantworten kann. Bis zu der Frage natürlich, was diese Welt insgesamt für einen Sinn macht. Also ist die Frage nach dem Sinn verboten, weil sie nach etwas verlangt, was in dieser Welt nicht bereitgestellt werden kann - die Frage nach dem Sinn ist quasi das kleine Stückchen, dessen Mangel unser Bewusstsein erkennen aber nicht ausgleichen kann. Klingt vielleicht abgehoben, ist aber ganz logisch und schon in der Semantik von dem Wort Sinn inbegriffen. Meiner Ansicht nach müsste daher unsere Welt in eine zweite eingebettet, in der die Frage nach dem Sinn "erlaubt" ist, oder zu einem Ergebnis führt. (das kann man vielleicht als abgehoben bezeichnen, ist ja auch nur reine Spekulation meinerseits)
 

Malakim

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Simple Man schrieb:
Ist es das Unverständnis bzgl. bestimmter wissenschaftlicher Prozesse bzw. das Nicht-Verstehen von bestimmten "Dingen", die zu solch einem Glauben an einen Sinn führt?

Ist es für Dich denkbar, daß ein Nicht-Verstehen bestimmter Dinge zu einem Mangel an "glauben" an einen Sinn/Gott führen könnte?

Also das der Fall auch andersherum liegen könnte?
 

NoToM

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Den einen Sinn gibt es nicht, somit kann Sinn immer nur selbstgemacht sein.
Meistens beeinflusst und gemischt durch diverse inhaltliche Definitionen von Sinn anderer Menschen. Um so mehr Menschen an den selben Sinn glauben, um so aktzeptierter ist er, also wahrhaftiger und realer wird er, obwohl er auch dann nur eine Illusion ist. Natürlich kann jedoch eine Illusion zu Lebzeiten Teil der individuellen, aber auch Teil einer Gruppen oder Massenrealtät werden und somit als absolut Normal empfunden werden, verliert jedoch meistens mit dem Tod des Individuum an Realismus.

Beispiele:

Man kann einen Sinn darin sehen, in den Krieg zu ziehen.
Man kann einen Sinn darin sehen, sich in die Luft zu sprengen.
Man kann einen Sinn darin sehen, nach Geld und Macht zu streben.

Die Erkenntnis eines Sinnes sagt weder etwas über dessen Qualität oder richtigkeit für die Allgemeinheit aus, sondern nur etwas für und über ein Individuum.

Und, das ist selbstverstädnlich nur meine mehr oder weniger sinnvolle Meinung.
 

Aphorismus

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Malakim schrieb:
Simple Man schrieb:
Ist es das Unverständnis bzgl. bestimmter wissenschaftlicher Prozesse bzw. das Nicht-Verstehen von bestimmten "Dingen", die zu solch einem Glauben an einen Sinn führt?

Ist es für Dich denkbar, daß ein Nicht-Verstehen bestimmter Dinge zu einem Mangel an "glauben" an einen Sinn/Gott führen könnte?

Also das der Fall auch andersherum liegen könnte?

Sowas in der Richtung habe ich mich auch gefragt, als ich den Eingangspost gesehen habe. Wobei ich deutlicher differenzieren würde, da für mich der Sinnbegriff nicht zwangsläufig etwas mit Religiösität oder Glauben zu tun haben muss. (Das ist nur so üblich, weil unsere Folklore veraltet ist.)

Sinn, mal rein sprachphilosophischisch analysiert, ist zunächst mal ein Attribut. Sinn selbst ist kein beobachtbares Phänomen. Wir sprechen davon, dass Dinge Sinn ergeben, etwas Sinn macht. Die Frage nach der Sinnsuche selbst bezieht sich aber auf den jeweils größtmöglichen Gesamtkontext und nicht auf einzelne Phänomene. Man muss hier also unterscheiden zwischen dem Sinn von einzelnen Phänomenen, wie dem Sinn einer mathematischen Gleichung, dem Sinn einer Sicherungsvorkehrung usw. usf. und der Frage nach dem Sinn überhaupt. Um letztere Frage geht es in diesem Thread.

WIe bereits jemand geschrieben hat, wird man in der materiellen Welt alleine keinen Sinn finden. Jedoch ist damit nicht gemeint, dass materielle Zusammenhänge sinnlos seien - das Gegenteil ist offensichtlich wahr, wenn man einen Blick in die Natur wirft. Was damit gemeint ist, wenn jamend sagt, dass es in der materiellen Welt keinen Sinn gibt, ist, dass Sinn etwas ist, das einem Phänomen von jemandem zugesprochen wird.

Ich würde weiterhin unterscheiden zwischen Sinn und Zweck. Ein Zweck ist eine intendierte Bestimmung, eine Ausrichtung auf eine Aufgabe. Der Sinn hingegen ist viel weiter gefasst. Die Frage nach dem Zweck ist: Wofür? Die Frage nach dem Sinn sind: Weshalb und wie? Man spricht aus demselben Grund von einem Sinnzusammenhang, aber nicht von einem Zweckzusammenhang.

Einen Sinn in der Welt finden zu wollen heißt nicht, die Welt auf dieselbe Art zu durchsuchen, in der man nach einem Diamanten suchen würde, sondern den Gesamtzusammenhang erfassen zu wollen. Wissenschaft, also richtige Wissenschaften, Geistes- oder Naturwissenschaften (nicht so etwas zweckvolles aber sinnloses wie BWL :wink:), will genau dies erreichen. Und dennoch sind die Wissenschaftler alles andere als dicht davor zu wissen, welchen Sinn die Welt machen könnte. Tatsächlich hat man nicht einmal in Bezug auf den Zweck ihrer Existenz Hypothesen.

Naturgesetze sind nichts weiter als Formalisierungen empirischer Phänomene. Es gibt für sie keine Begründung, weder intrinsischer noch sonst irgendwelcher Natur. Für die Frage nach dem Sinn leisten sie rein gar nichts, weshalb es ein Irrglaube ist, zu denken, die Wissenschaft helfe einem bei der Suche nach Sinn. Sicher, es gibt physikalische Theorien zur Entstehung des Universums, aber letztendlich handelt es sich dabei nicht um Antworten auf Warum-Fragen, sondern auf Wie-Fragen. Aber, um Wittgenstein zu paraphrasieren, nicht wie die Welt ist, ist das Wunder, sondern dass sie überhaupt ist, und nicht nichts.

Antworten auf Warum-Fragen sind sicherlich schwer und nur annäherungsweise zu finden. Dennoch glaube ich in der Auseinandersetzung unterschiedlicher Kulturen und Epochen bestimmte Konstanten ausmachen zu können. Muster, die sich wiederholen, wenn es um die Auseinandersetzung mit dem Transzendentalen geht. Methaphern, Symbole, Zeichen, Riten, Kalender, Bräuche, Begriffe, Worte, Gedichte, Musik, Architektur, Kleidung -- alles hat Bedeutung. Und Bedeutung ist etwas, das sehr viel dichter am Sinnbegriff ist, als Zweckhaftigkeit.

Denn genau wie Sinn ist auch Bedeutung etwas, das wir einem Phänomen zuschreiben. Jede antike Kultur, die mir bekannt ist, hatte eine Art in sich geschlossenes Symbolsystem, dessen Anspruch war durch Bedeutungsrepräsentationen auf symbolhafter Ebene etwas über die Sinnhaftigkeit des Gesamtkontexts von Existenz auszusagen. Diese Symbolsysteme existierten auf verschiedenen Abstraktionsniveaus und die unterschiedlichsten Arten.

Die Germanen hatten Yggdrasil, die Weltenesche, die Kabbalisten haben den Lebensbaum, um mal zwei recht bedeutungsschwangere und stark abstrahierte Formen zu nennen. Aber es gibt natürlich auch pragmatischere Ansätze, wie das ägyptische oder tibetanische Totenbuch. Aber unabhängig davon, was genau an Inhalten vermittelt wird, gibt es bei diesen möglichen Antworten auf die Frage nach dem Sinn immer einige notwendige Komponenten:
  1. Ein Sprach- oder Schriftsystem. (Runen, Hebräisch, Hieroglyphen, Tibetisch)
  2. Einen kosmologischen Bezug.
  3. Eine Mythologie (, die kein vernünftiger Mensch jemals wörtlich nehmen würde).
  4. Ein holistisches Element. (Die Weisheiten des Hermes Trismegistos: Wie innen, so außen. Wie oben, so unten.; Das kabbalistische Konzept von Adam Kadmon, etc.)
Diese vier Punkte sind notwendig und immer vorhanden. Die Sinnfrage wird also rein strukturell betrachtet überall auf eine ähnliche Art beantwortet. Historisch gesehen scheint es, warum auch immer, zwingend notwendig zu sein, das System so zu gestalten, dass es jedem zugänglich ist, wobei sich der Grad der Zugägnlichkeit nach dem Vermögen des Fragenden richtet.

Für die, deren Abstraktionsvermögen nicht besonders ausgeprägt ist, gibt es die wörtlich verstandene Mythologie. Diese Leute glauben dann wörtlich irgendwelchen Quatsch, weil es sie überfordert den eigentlichen Sinngehalt zu erfassen. Darum ist es wichtig, keine missverständliche oder gewalttätige Mythologie zu haben.

Für die, die von einer wörtlich verstandenen Mythologie (berechtigterweise) enttäuscht sind, ergeben sich umfassendere Antworten aus der Auseinandersetzung mit abstrakteren Inhalten. Das Ziel ist in allen Fällen das gleiche. Erreicht werden soll eine Synchronisation zwischen Gedanken, formuliert in einer bestimmten Sprache, Symbolen, deren Anordnung auf Grund der jeweiligen Bedeutungen etwas über den Sinn vermitteln soll, und der Mythologie (oder Folklore) des jeweiligen "Stammes".

Sind die Gedanken mit den Symbolen beschäftigt und erfolgt eine solche Synchronisation von Gedanken und Symbolen, soll sich, quasi automatisch, eine holistische Perspektive ergeben, die das eigene Ich in einen größeren Kontext rückt, dessen Sinnhaftigkeit und Bedeutung durch dieses Erlebnis erfasst werden kann, sodass die Frage nach dem Sinn auf persönlicher Ebene beantwortet wird. Soweit die Theorie.
 

Ihlenam

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Der Jenseitsglaube ist meiner Ansicht nach aber durchaus wörtlich zu nehmen.
 

Aphorismus

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Ihlenam schrieb:
Der Jenseitsglaube ist meiner Ansicht nach aber durchaus wörtlich zu nehmen.

Und Worte - besonders die in diesem Zusammenhang benutzten, aber auch allgemein - sind keine Metaphern? Wie sagte Alfred Korzybski so schön: "The map is not the territory."
 

Ihlenam

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Ich hab das bloß in Bezug auf Mythologieglauben gemeint. Aphorismus sagte ja, Menschen ohne Abstraktionsvermögen würden diesen wörtlich nehmen. Aber an ein Jenseits können auch Menschen "mit Abstraktionsvermögen" glauben.
 

Mr. Anderson

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@Simple:
Ist es möglicherweise ein evolutionärer Aspekt, der das Überleben sichern soll?
Ich weiß nicht, ob es Dir schon aufgefallen ist, aber indem Du diese Frage stellst, nimmst Du eigentlich schon implizit an, dass es soetwas wie einen höheren Sinn gibt. Die Betonung liegt hierbei auf dem Wort soll. Du hättest stattdessen nämlich auch fragen können, ob die Suche nach dem Sinn einfach nur bisher das Überleben gesichert hat.
Das kann man auch des öfteren bei Wissenschaftssendungen beobachten. Es heißt dort des öfteren "Diese und jene Eigenschaft hat das Tier (oder der Mensch) damit es hier und da überlebt, oder damit es dieses und jenes Problem lösen kann." Dahinter steckt offenbar die Vorstellung, dass sich "Mutter Natur" oder Gott irgendwo bewusst hinsetzt und sich überlegt: "Das konstruiere ich nun hierfür, und dies und jenes dafür." - was natürlich überhaupt nicht wahr sein muss.
 

Malakim

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Ihlenam schrieb:
Ich hab das bloß in Bezug auf Mythologieglauben gemeint. Aphorismus sagte ja, Menschen ohne Abstraktionsvermögen würden diesen wörtlich nehmen. Aber an ein Jenseits können auch Menschen "mit Abstraktionsvermögen" glauben.

Das hat Aphorismus imhO auch garnicht ausgeschlossen (also den Glauben an ein Jenseits an und für sich), sondern er hat die wörtliche(!) Auslegung von Mythen für unvernünftig erklärt. Da schwingt zwar auch eine Wertung mit, aber ich z.B. sehe das genauso.

@Mr. Anderson
Ich halte die von Dir genannten Aspekte für Sprachunzulänglichkeiten. Wer nutzt schon noch exakte Sprache ausser Philosophen die dazu ausgebildet wurden?
 

Mr. Anderson

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Das mit den Sprachunzulänglichkeiten glaube ich zu einem gewissen Grad auch; aber die Tendenz, sich irgendeinen "Konstrukteur" zu konstruieren, der hinter all dem steckt, ist meiner Meinung nach zu deutlich.
Ich würde vermuten, dass diese Denkweise auch mit dafür verantwortlich ist, dass die Sprache gerade auf diese Weise "falsch"(? oder auch nicht) benutzt wird.
 

Simple Man

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So, erst mal Entschuldigung für die semantischen Ungenauigkeiten bzgl. des "überleben sichern sollen" ... als ich den Eröffnungspost geschrieben habe, habe ich einfach mal drauflos"geplappert" und mir den Beitrag auch nicht nochmal durchgelesen ... etwas, dass man im Unterforum "Philosophie und Grundsatzfragen" durchaus tun sollte ... ;-) ... ich persönlich vermute hinter der Evolution keinen Planer, andererseits kann ich ihn auch nicht ausschließen ... ich rede mich jetzt einfach mal damit raus, dass ich denen, die hinter der Evolution einen Sinn vermuten, nicht auf den Schlips treten wollte ... :norma:

Was Malakims Frage angeht: Ja, ich denke durchaus, dass ein Nicht-Verstehen zu Unglauben in Bezug auf den Sinn und/oder Gott führen kann. Wobei man hier fast von einer Trotzreaktion sprechen könnte - das ist so kompliziert, dass kann sich keiner ausgedacht haben ... lustigerweise funktioniert diese Trotzreaktion andersherum genauso ... ich denke aber, dass du das eher auf - ja, wie sag ich es am besten - eine mystische (?), nicht direkt messbare Ebene beziehst? Das Nicht-Verstehen von sog. Gotteserfahrungen kann imo dazu führen, dass man eben nicht an einen Gott oder Sinn glaubt ... das Nicht-Nachvollziehenkönnen einer, wie von AoS im WV-Forum beschriebenen, Nahtoderfahrung, kann dazu führen, dass ich nicht an einen tieferen Sinn glaube.

Wie sehe ich das ganze nun? Gibt es einen Sinn? Und was für einen? Ich persönlich glaube nicht an einen wie auch immer gearteten allumfassenden oder gar "objektiven" Sinn, der von einer höheren Entität bestimmt wird. Eher denke ich, dass jeder für sich einen Sinn finden muss, wenn er denn einen haben will. Ich glaube daher auch nicht an eine höhere Macht und/oder Gott, genausowenig wie an ein Jenseits, da sie gemäß meiner jetzigen Sicht der Dinge schlicht nicht notwendig wären ... (ironischerweise könnte man jetzt sagen, dass ich sie ausschließe, weil sie für mich keinen Zweck erfüllen ... es ist allerdings so, dass es auch meines Wissens keinen wissenschaftlich haltbaren Beweis für das Jenseits/Gott/einen übergeordneten Sinn gibt ... und die Verbindung aus beidem führt für mich, unter Beachtung weiterer Punkte, zu dem Schluss, dass es keine höhere Macht gibt) ...

Das war jetzt mal wieder munter drauflosgeplappert ... :oops: ... bei solchen Themen bin ich immer froh, dass wir hier Aphorismus an Board haben, der das ausgesprochen gut und eloquent erklären kann ... wollte nur mal anmerken, dass das imo ein toller Beitrag von ihm war ... :top:
 

InsularMind

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Ich denke inzwischen, dass die Idee eines Sinns nur im untrennbaren Bezug zum menschlichen Begreifen wirklich 'sinnvoll' ist. Selbst darin sehe ich sie als Konstrukt, vielleicht als eines der Verständnishilfe zur Ansicht von Zusammenhängen. Der Sinn wäre demnach, was die Kenntnis der ( oder beliebiger, gewisser ) Zusammenhänge in uns als Effekt verursacht, wir denken, aha, so macht das alles Sinn.
Vielleicht ist die Vorstellung dann aber auch Auslese dessen, was wir für den Sinn von etwas für notwendig erkennen. Also wir sehen Hufe, Mähne, Nüstern, Schwanz, hören Wiehern und Hufgetrabbel, riechen den Geruch, und der Sinn daraus sagt uns "Pferd". Ebenso können wir die Zusammenhänge zwischen Denken, Erkennen, Wahrnehmen, Reflektieren, Träumen oder Bewusstsein mit dem Sinn "Geist" verbinden.

Hier war aber wohl eher der Sinn hinter den Dingen oder dem Leben, dem Ist-Zustand des Seins gemeint. Den müssen wir uns wohl zusammenreimen. Also die Zusammenhänge benennen, die den Sinn ergeben sollen. Was wählen wir aus? Alles, was wir dafür heraussuchen, wird den Sinn wiederum zum Konstrukt unserer Überlegung und Handlung machen. So entstanden wohl sämtliche Geschichten um die Weltenstehung oder das geistige Werden des modernen Menschen. Mit Hilfe der Fantasie baute Mensch sogar Zusammenhänge mit ein, die gar nicht wirklich waren, das hat das Ganze endlos kompliziert und variantentechnisch multipliziert.

Ich glaube nicht, dass ohne den Menschen ( oder ähnlich strukturiertes, erkennendes Wesen ) ein Sinn da wäre. Wozu bräuchte die Welt einen Sinn, wenn ihn keiner erkennen könnte? Ich denke, dass der Begriff des Sinns so an ein sinn-erkennendes Wesen gekoppelt ist, und aus dem Menschlichen kommt, außerhalb des Menschlichen überflüssig, wenn nicht unnötig wäre.
 

Arabella

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Ich denke jeder Mensch hat eine andere Aufgabe im Leben und daher auch eine andere sinnhaftigkeit.

Von klein auf zieht sich dieser rote Faden durch ein Leben und läßt irgendwann den Sinn der dahintersteht erkennen.

Warum sind in ein und der selben Familie die Kinder so sehr verschieden?

Darum steht noch heute auf dem delphischen Tempel, erkenne Dich selbst.

Das ist für mich ein Teil des Sinnes, mich erstmal selbst zu verstehen und zu erkennen.

Wie macht man das?

Man guckt sich diesen roten Faden an, seine Ideale, welche Helden man hat, welche vorlieben usw.

Einer meiner Helden war Baruch Spinoza (1632-1677), er war ein früher Kritiker:

Die Schrift stellt eine Kritik an der religiösen Intoleranz und ein Plädoyer für eine säkularisierte Gesellschaftsordnung dar. Zugleich verteidigt Spinoza mit dem Tractatus seine (postum veröffentlichte) Schrift über die Ethik, die ihm harte Kritik eingebracht hatte.
Das war ihm ganz egal.
Spinoza, selbst jüdischer Herkunft, unterzieht dabei nicht nur das Christentum, sondern mit dem Judentum und dem Islam auch die anderen Offenbarungsreligionen einer systematischen Kritik und erklärt, dass nicht blinder Glaube, sondern kritische Vernunft der Maßstab menschlichen Handelns und Denkens sein müsse.
Phänomenal zu der damaligen Zeit.
Folgerichtig verweist er Prophezeiungen, Wunder und übernatürliche Phänomene in das Reich der Legende, da sie nicht real seien. Gott selbst handle nicht nach einem teleologischen Prinzip – dieses sei lediglich eine menschliche Annahme, die aus Furcht entstanden sei –, sondern nach Regeln, die seinem eigenen Wesen gemäß seien und damit Naturgesetzen gleichkämen
Kant kam später darauf zurück:
Nach KANT hat das teleologische Argument zwar nicht die Kraft eines Beweises, verdient aber »mit Achtung genannt zu werden« (Krit. d. rein. Vern. S. 489). »Objektiv können wir also nicht den Satz dartun: es ist ein verständiges Urwesen, sondern nur subjektiv für den Gebrauch unserer Urteilskraft in ihrer Reflexion über die Zwecke in der Natur, die nach keinem andern Prinzip als dein einer absichtlichen Kausalität einer höchsten Ursache gedacht werden können« (Krit. d. Urt. II § 75). »Die Physikotheologie kann uns doch nichts von einem Endzwecke der Schöpfung eröffnen.

Ara
 

morgenroth

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Ich denke, dass es in der Natur des Menschen liegt, in seiner Beschaffenheit und geistigen Funktionalität, dass alles irgendwelcher Kausalitäten unterliegt. Die Dinge haben einen Anfang und sie haben ein Ende - eine Ursache und eine Wirkung. Alles, was der Mensch wahrnimmt, wird diesen Regeln "unterworfen". Dies funktioniert auch bei den allermeisten Dingen, da der menschliche Geist, der wohl verarbeitungsstärkste der Evolution ist. Ich könnte mir aber vorstellen, dass der menschliche Geist auch Grenzen hat, das auch er nur Ausschnitte des Ganzen wahrnehmen, bzw verarbeiten kann.
Wenn Dinge vor diesen Ausschnitten existiert haben und nach diesem Ausschnitt weiterexistieren, bzw sie sich diesen Erlärungmustern entziehen, könnte dies m.E. zu großen Leeren im menschlichen Verständnisapparat führen - gerade so, als wolle eine Kuh erklären, wie ein CD-Player funktioniert. :D
 

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