In der neuesten Ausgabe von "Gehirn & Geist" ist auch ein Beitrag über Verschwörungstheorien von Thomas Grüter, aus dem ich einige Passagen zitieren möchte:
" Der böse Schein
....Die meisten Verschwörungsgläubigen sind sicher geistig gesund, auch wenn die Grenzen zu einer so genannten Denkstörung fließend sein können. Als >>Wahn<< bezeichnen Psychater eine falsche Beurteilung der Realität, an der die Betroffenen mit subjektiver Gewissheit festhalten. Wahnideen sind unkorrigierbar, also durch Argumente und Augenschein nicht zu erschüttern, und können ganz unterschiedlicher Natur sein:
..... Beim Verfolgiungswahn fühlt sich der Patient belauscht, überwacht oder gejagt. Wer unter einem Bedeutungswahn leidet, weist zufälligen Ereignissen einen besonderen persönlichen Sinn zu. Gestaltet der Kranke seine Vorstellungen zu einer Weltanschauung aus, handelt es sich um einen systematischen Wahn. ......
.......
Verschwörungstheorien basieren also oft auf Vorurteilen und Aberglauben, die der Konspiration selbst wiederum ihre Glaubwürdigkeit verleihen. In diesem Teufelskreis geht schnell jeder Bezug zur Wirklichkeit verloren. .......
Der Glaube an eine Verschwörung - einen geheimen Masterplan, ausgeheckt von einer mächtigen Organisation - beruht meist auf einer eindimensionalen Sichtweise: Ursachen und Wirkungen bilden eine lineare Kette von Folgen. Zufälle oder Mehrdeutigkeiten haben darin keinen Platz; die Pläne der Dunkelmänner gehen immer auf. .....
.....
Diese Verkehrung von Ursache und Wirkung ist ein typisches Kennzeichen des Verschwörungsdenkens: Die Folgen zeitgeschichtlicher Ereignisse - wie der >>Krieg gegen den Terror<< als Reaktion auf die Anschläge auf das World Trade Center - wird im Nachhinein zu einem von langer Hand geplanten Ziel erhoben. Das Abwägen der vielfältigen Faktoren, die solche Entwicklungen beeinflussen, ist nicht die Sache von Verschwörungstheoretikern. ...
In ihrem Kokon von unterstellten Motiven und Machenschaften verbauen sich die Urheber von Verschwörungstheorien zugleich jeden Rückzug: Ihr Ansehen hängt davon ab, ob sie ihre Theorie verteidigen können, ganz gleich was dagegen sprechen mag. Nur so können sie ihre Deutungshoheit behaupten. .....
Weil Verschwörungen definitionsgemäß im Dunkeln gedeihen, erkennt nur ein Eingeweihter ihr Wirken. Nur er verfügt über das Wissen, die subtilen Spuren unsichtbarer Konspiration scheinbar kompetent zu deuten. Das hebt ihn in die Position eines Propheten und befriedigt sein emotionales Bedürfnis nach Selbstüberhöhung. Er kann immer dann mit Zustimmung rechnen, wenn seine Deutungen die Vorurteile vieler Menschen bedienen.
Verschwörungstheorien verraten viel über Feindbilder, über Ängste und Vorurteile ihrer Anhänger und können deshalb auch als Zeitdokumente gelesen werden. "
" Der böse Schein
....Die meisten Verschwörungsgläubigen sind sicher geistig gesund, auch wenn die Grenzen zu einer so genannten Denkstörung fließend sein können. Als >>Wahn<< bezeichnen Psychater eine falsche Beurteilung der Realität, an der die Betroffenen mit subjektiver Gewissheit festhalten. Wahnideen sind unkorrigierbar, also durch Argumente und Augenschein nicht zu erschüttern, und können ganz unterschiedlicher Natur sein:
..... Beim Verfolgiungswahn fühlt sich der Patient belauscht, überwacht oder gejagt. Wer unter einem Bedeutungswahn leidet, weist zufälligen Ereignissen einen besonderen persönlichen Sinn zu. Gestaltet der Kranke seine Vorstellungen zu einer Weltanschauung aus, handelt es sich um einen systematischen Wahn. ......
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Verschwörungstheorien basieren also oft auf Vorurteilen und Aberglauben, die der Konspiration selbst wiederum ihre Glaubwürdigkeit verleihen. In diesem Teufelskreis geht schnell jeder Bezug zur Wirklichkeit verloren. .......
Der Glaube an eine Verschwörung - einen geheimen Masterplan, ausgeheckt von einer mächtigen Organisation - beruht meist auf einer eindimensionalen Sichtweise: Ursachen und Wirkungen bilden eine lineare Kette von Folgen. Zufälle oder Mehrdeutigkeiten haben darin keinen Platz; die Pläne der Dunkelmänner gehen immer auf. .....
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Diese Verkehrung von Ursache und Wirkung ist ein typisches Kennzeichen des Verschwörungsdenkens: Die Folgen zeitgeschichtlicher Ereignisse - wie der >>Krieg gegen den Terror<< als Reaktion auf die Anschläge auf das World Trade Center - wird im Nachhinein zu einem von langer Hand geplanten Ziel erhoben. Das Abwägen der vielfältigen Faktoren, die solche Entwicklungen beeinflussen, ist nicht die Sache von Verschwörungstheoretikern. ...
In ihrem Kokon von unterstellten Motiven und Machenschaften verbauen sich die Urheber von Verschwörungstheorien zugleich jeden Rückzug: Ihr Ansehen hängt davon ab, ob sie ihre Theorie verteidigen können, ganz gleich was dagegen sprechen mag. Nur so können sie ihre Deutungshoheit behaupten. .....
Weil Verschwörungen definitionsgemäß im Dunkeln gedeihen, erkennt nur ein Eingeweihter ihr Wirken. Nur er verfügt über das Wissen, die subtilen Spuren unsichtbarer Konspiration scheinbar kompetent zu deuten. Das hebt ihn in die Position eines Propheten und befriedigt sein emotionales Bedürfnis nach Selbstüberhöhung. Er kann immer dann mit Zustimmung rechnen, wenn seine Deutungen die Vorurteile vieler Menschen bedienen.
Verschwörungstheorien verraten viel über Feindbilder, über Ängste und Vorurteile ihrer Anhänger und können deshalb auch als Zeitdokumente gelesen werden. "