Alltag an deutsche(n)r Schule(n)

Helika

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@"Recht auf Hauptschulabschluss":

Arbeitslose Schulabbrecher haben einen Anspruch auf einen Hauptschulabschluss. D.h. jeder Hauptschullehrer weiß genau, wenn er jetzt einen schwachen Schüler, der eigentlich jenseits von gut und böse wäre, nicht doch noch irgendwie durchschleift, dann hängt er wenig später in einem Haupschulabschlusskurs an einer Berufsvorbereitenden Schule oder bei freien Bildungsträgern rum. Selber Gedankengang bei den Berufsvorbereitenden Schulen und den freien Bildungsträgern.
Wenn jetzt also dieser Schüler irgendwo aufschlägt - sei es noch in der Hauptschule oder später bei einer Nachschulungsform: Jeder weiß, wenn zuviele durchfallen, steigt uns irgendwo die Aufsichtsdirektion/das Arbeitsamt auf's Dach, wieso wir so miese Abgangszahlen haben. Also wird durchgewunken, was geht, dass man Ruhe hat.

Denn die Regierung hat zwar bestimmt, dass jeder Anspruch auf einen Hauptschulabschluss hat - aber ansonsten erst einmal nicht viel getan. Jetzt werden die Abschlusslosen Schulabgänger in Massen in HaSA-Kurse gepresst, bis nix mehr reinpasst. Aber mehr Geld ins Schulsystem oder die Stützung geförderter Schüler zu investieren, davor zieren sich die Politiker.


@Gaia:

Ich hoffe du hast mich nicht falsch verstanden: Ich bin auch dafür, dass Lehrer pädagogisch arbeiten. Aber dafür muss man ihnen auch die Möglichkeit dazu geben. Und eine Lehrkraft auf 30 Schüler, die ggf. noch nicht sicher im Sprachgebrauch sind oder aus sozial schwierigen Familien stammen, das ist dann doch nicht ganz das, was pädagogisches Arbeiten an Schulen ermöglicht.

Ich jedenfalls bin dankbar dafür, dass ich nicht an einer staatlichen Schule arbeite - da hätte ich zwar mehr Gehalt und mehr Urlaub, aber auch sicher schon keine Nerven mehr. So arbeite ich zwar mit Abschlusslosen Schulabgängern zusammen, aber meine Klassen sind weit kleiner und meinen Schülern steht jederzeit ein Bildungsbegleiter und ein Sozialpädagoge zur Seite. Traumhafte Zustände für jede öffentliche Schule, die sicher weit mehr Schüler der Hauptschule (und anderer Schulformen) erfolgreich zu einem Abschluss führen würde.

Daher auch meine Überzeugung, dass längere gemeinsame Grundschule nicht sinnvoll ist. Fördern und Fordern - und nicht die starken Schüler noch mehr ausbremsen (weniger fordern), sondern die schwachen Schüler sinnvoll und frühzeitig fördern.
 

dkR

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gaia schrieb:
Ja genau, sie steigen- und wer bleibt auf der Strecke? Die Kinder die von unserem Schulsystem benachteiligt werden.
Und es lässt sich ja auch nicht abstreiten, dass es eben nicht super läuft an den Schulen. Speziell an den Hauptschulen.
Das Jugendliche an der Hauptschule immer öfter aufgeben,weil die sich chancenlos sehen, ist auch klar.
Ja, deshalb: Niveau anheben bis die lieben Kinderchen mit ihrem Abschluß wieder was machen können. Das gesamte Schulsystem wurde kaputtreformiert mit dem Anspruch, möglichst vielen Leuten einen Zettel mit der Aufschrift "Allgemeine Hochschulreife" in die Hand drücken zu können. Das Resultat sind Leute (Mit Abischnitt 1,x), die in der Vorlesung "Physik für Naturwissenschaftler" fragen, was dieses komische große S sein soll - es war ein Integral. Ich habe da einige traumatische Erlebnisse mit Leuen "Mathe/Physik-LK" aus Berlin oder diversen nördlichen Bundesländern.
Dieses Land braucht keine Pädagogik, sondern Leistungsbereitschaft! Aber die ist ja irgendwie außer Mode.
Ausgebremst werden Kinder nicht durch ein gemeinsames Lernen, sie könnten sich ja durchaus durch zusätzliche Bildungsangebote austoben. Mal abgesehen davon, dass hier auch wieder der soziale Aspekt dazu käme. Sich mit Gleichaltigren beschäftigen, mit ihnen gemeinsam Lernen, ihnen das eigene Wissen vermitteln. Voneinander Lernen.
Soweit die Theorie. In der Praxis legen die langsamsten das Tempo vor. Und mal ehrlich, welcher 10 jährige sucht sich "zusätzliche Bildungsangebote"? Sich mit Gleichaltrigen beschäftigen geht auch nach Trennung der Schüler?
Ich sehe da keine Nachteile.....
Ich sehe da keine Vorteile.
 

Goatboy

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gaia schrieb:
Ich sehe da keine Nachteile
Der Nachteil wäre, wie bereits erwähnt, dass sich dann der Unterricht am Langsamsten ausrichten würde und die stärkeren Schüler somit trotz ihres Potentials auf das niedrigste Niveau der Klasse zurückfallen müssten. Es wird sehr viel über die Förderung schwacher Schüler geredet, aber man kann - um eine ausgeleierte Metapher ein weiteres Mal zu verwenden - auch ihnen nur die Tür öffnen, hindurchgehen müssen sie selbst. Aber nein. Wir öffnen nicht nur die Tür, wir heben sie sogar aus den Angeln. Und reißen die Wand ein. Der Schüler weigert sich aber immer noch, hindurchzugehen. Und wir wundern uns. Unser Bildungssystem ist bei weitem nicht perfekt, aber es kriegt jeder eine Chance. Auch eine zweite.

Darf ich kurz die Förderung starker Schüler und Studenten ins Gespräch bringen? Die scheint nämlich kaum einen zu interessieren. Nicht nur hier im Forum, sondern grundsätzlich. Wir haben zwar Programme wie Jugend forscht, die an sich begrüßenswert sind, aber an Schulen zu wenig Beachtung finden und in ihrer Kapazität nicht ausreichen. Wir haben elf Studienwerke, die irgendwo an der Grenze zur Lachhaftigkeit herumstreunen. Wir haben eine Regierung nach der anderen, die Bildung medienwirksam mit Worten fördert bis die Zungen glühen, aber wenn es um Taten geht, schneller zurückrudert, als sie ins Boot gestiegen ist. Das ist aber geradezu bezeichnend für die Entwicklung, die in Deutschland speziell in den letzten Jahren in exponentieller Steigerung zu beobachten war: Leistung ist uncool. Wer in der Schule gut ist, ist doch bestimmt ein schnöselhaftes Kind reicher Eltern. Wer viel Geld verdient, weil er rund 20 Jahre seines Lebens in Bildung investiert hat und 70 Studen pro Woche arbeitet, ist ein hochnäsiger Besserverdienender, der gefälligst mehr Steuern zahlen soll. Und wer Milliardär ist und verspricht, mindestens die Hälfte seines Vermögens wohltätigen Zwecken zukomen zu lassen, bekommt aus unserem Lande nicht ein Wort der Anerkennung zu hören. Statt dessen: ach, heben wir doch einfach den Spitzensteuersatz! Es ist absurd - es wurde tatsächlich vollbracht, dass das Wort Elite im heutigen Deutschland ein Schimpfwort ist! Man lasse das nur einmal kurz auf sich wirken! Unter den Umständen darf es natürlich nicht verwundern, dass nun der Schwächste in der Schule das Lerntempo aller anderen bestimmen soll.





dkR, ich könnte jetzt aber auch nicht aus dem Stand ein Integral berechnen... :hot:
 

dkR

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Goatboy schrieb:
dkR, ich könnte jetzt aber auch nicht aus dem Stand ein Integral berechnen... :hot:
Ja, aber du weißt was das ist und wie es aussieht. Und das als Mediziner!

Ansonsten sprichst du mir aus der Seele. Aber sich dann wundern, wenn die Akademiker in Scharen das Land verlassen und ausländische lieber woanders hingehen.
 

Helika

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@Goatboy:

Da sagst du wirklich was Wahres. Wenn ich mir anschaue, wieviel Geld und anderweitige Ressourcen zur Förderung der Schulschwächsten ausgegeben wird... da muss man sich dann auch die Frage gefallen lassen, wieso man nicht jeden so gut fördert. Würde man die selbe Energie in die Förderung der "normalen" Schüler oder der Spitzenschüler stecken, könnte man damit auch viel gutes Bewirken. Der Kommentar "aber die arbeitslosen Jugendlichen haben sonst ja garnichts, die anderen ja immerhin schon ihre Mittlere Reife oder Abi" kann da nicht drüberhinwegtäuschen, was bei ordentlicher Förderung und Forderung in unserem Schulsystem noch möglich wäre. Das selbe trifft natürlich auch für das Studium zu.

Hier fehlt es einfach überall an den nötigen Ressourcen. :-/
 

vonderOder

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shechinah schrieb:
NEIN!!! das kann nicht sein. so etwas gibt es doch gar nicht. das sind doch Unterstellungen und Diffamierung unserer ausländischen Mitbüger bzw. von jugendlichen mit Migrationshintergrund. und das diese Jugendlichen so etwas wie:
"Warum söllen wir hier Deutsch spreschen? Wir spreschen doch hier eh alle Türkisch und in 50 Jahren wird eh keiner von eusch Deutschen Schweinefressern Deutsch spreschen und ihr müsst unsere Sprache lernen"
sagen bzw. geschweige denn denken ist undenkbar. ja und wenn es wirklich mal einer von diesen armen missverstandenen Kindern gesagt hat, dann wollte es bestimmt bloß provozieren. und die sog. deutsch-türkische Fahne, soll ja auch auf keinen Fall in diesem oben genannten Hintergrund gesehen werden, sondern soll doch nur eine türkisch-deutsche Zusammengehörigkeit symbolisieren und keine zukünftigen Besitzansprüche.
glaub ihr das wirklich, die ihr so argumentiert?
nein, diese Jugendlichen und diese Erwachsenen leben nicht in der deutschen Kultur sondern in der Kultur ihrer Eltern und der Vorfahren. sie wollen unseren Lebensstil nicht sie lehnen ihn ab und sie bekämpfen ihn. und es gibt Leute, auch in der Politik, die das unterstützen.
 

Helika

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Anscheinend gibt es aber auch die Möglichkeit, das zu ändern:

Siehe die Rütli-Schule in Berlin-Neuköln und den Bericht einer der Kommentatoren auf der verlinkten Seite:

Solche Zustände kenne ich aus meiner Schule auch, keine Großstadt, aber sehr viele Migranten. Wir haben innerhalb von 5 Jahren die Kuh vom Eis bekommen, aber das war eine gemeinsame Aufgabe alle Mitglieder der Abteilung, der Schulleitung, Polizei und Sozialarbeiter der Stadt. Keinesfalls kann man dafür den Ref alleine in die Pflicht nehmen.

Wir haben sehr viel konzeptionell gearbeitet, alle zusammen. Es hat sich gelohnt.


Lösungsweg Zusammenarbeit. Wenn die Schule allein dasteht - oder noch schlimmer, einzelne Lehrer - braucht man sich natürlich auch nicht zu wundern, dass man diesem gesellschaftlichen Problem nicht beikommen kann.
 

vonderOder

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Helika schrieb:
Anscheinend gibt es aber auch die Möglichkeit, das zu ändern: Siehe die Rütli-Schule in Berlin-Neuköln
'ne Rütli-Schule als solches gibt es nicht mehr.
Die ehemalige Rütli-Schule ist eine Gemeinschaftsschule in Berlin-Neukölln.
Das ganze Projekt nennt sich jetzt 1. Gemeinschaftsschule Berlin, Bezirk Neukölln.
Dazu gehören:
die ehemalige Franz-Schubert-Schule (Grundschule), Weserstraße 12, 12047 Berlin,
die ehemalige Rütli-Schule (Hauptschule), Rütlistraße 45, 12045 Berlin und
die ehemalige Heinrich-Heine-Schule (Realschule), Rütlistraße 41, 12045 Berlin‎.
 

Helika

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Ändert diese Tatsache daran, dass sich die Zustände dort anscheinend nach dem "Hilferuf" der Lehrer verbessert hat? :?:
 

vonderOder

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Helika schrieb:
Ändert diese Tatsache daran, dass sich die Zustände dort anscheinend nach dem "Hilferuf" der Lehrer verbessert hat?
Der Brandbrief der Lehrer der Rütli-Schule schlug ja ziehmlich hohe Wellen und er brachte es fertig das im In- und Ausland über das "Integrationsproblem", dass speziell Leute die dem islamischen Kulturkreis angehören, hier in Deutschland haben. Jahrelang hat man diese Probleme die an den Schulen herrschen vertuscht, und gehofft die nächste Generation dieser Heranwachsenden werde sich schon integrieren. aber deren Altvorderen lebten und leben ihnen vor dass sie das nicht brauchen. und die Sache eskalierte und die Lehrer kamen mit den ihnen Anvertrauten nicht mehr zurecht. nicht mehr zurecht, weil sie wohl nicht akzeptiert wurden, als Lehrer, als Deutsche, als Frauen, als Autoritätspersonen.
Um etwas zu tun legte man drei Schulen zu einer zusammen, bastelte einen Campus und machten dabei mal Kleingärten platt.

http://www.baurecht.de/forum/messages/9306.html
http://gartenkolonie-hand-in-hand.de/wp/wp-content/uploads/kundigung-hand-in-hand-09-02.pdf
 

Helika

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@vonderOder:

Ja, ein Skandal! Da trauen sich diese Integrationsprobleme doch mal tatsächlich sich von den Schulen in die Öffentlichkeit zu stellen. Wie soll man die Problematik denn jetzt weiter totschweigen und die alleinige Verantwortung zur Klärung des Problems weiter den Lehrern aufhalsen? :twisted:


Alltag an Deutschen Schulen? Schön wenn es nur so rüberkommt, da zumindest in den Schulen noch ein Kontaktpunkt zwischen der Parallelkultur der Nichtintegrierten zu den Normalos gibt. Aber ist das Problem wirklich behoben, wenn die nichtintegrierten Teenies dann nach der Schule durch die Stadt posen oder sich allein unter sich treffen, um dort den selben Motiven zu fröhnen, wie in der Schule?

Da macht man es sich aber sehr leicht, wenn man das Problem allein auf die Schulen abwälzt. Und kein Wunder, dass das nichts werden kann, wenn man erwartet, die Lehrer sollen die Integration schon richten. Ich denke, da gehört noch ein bisschen mehr dazu.

Mir tut's leid für die Kleingärtner, aber hier wurde fristgerecht ein Pachtvertrag gekündigt. Und der Stadt sollte es doch ebenso wie einer Privatperson freistehen, wie sie ihre Gelände nutzt. Zumal damit ja keine Villenkolonie ermöglicht, sondern eine Schule ausgebaut wurde.
 

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