Willensfreiheit: unmöglich und doch nötig

Calileo

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dimbo hat geschrieben:

Bei zwei so schönen Posts zum Einstand fühle ich mich glatt berufen, einfach mal fröhlich:

"Hi Calileo! Willkommen auf der WV!"

ich grüsse fröhlich zurück! hallo allerseids! :D



HamsterofDeath hat geschrieben:
eine absolut freie entscheidung ist die, die keine folgen hat. nur bei einer entscheidung, die komplett egal ist (oder wo ich die folgen nicht abschätzen kann), bin ich frei - ansonsten wird sie von meinem wissen beeinflusst, von meiner einschätzung des ergebnisses. streng genommen dürfte ich auch noch keine erfahrungen haben, die irgendwie mit dieser entscheidung in verbindung gebracht werden können - sie würden das ergebniss beeinflussen.
die absolut freie entscheidung dürfte auf nichts zurückzuführen sein, müsste also zufällig sein. und was zufällig sein *muss*, das kann nicht frei sein. wir haben also typ a) zufall und typ b) entscheidung durch bewertung.

Ich bin nicht einverstanden. Haben wir einen freien Willen? Diese Frage können wir nur beantworten, wenn wir wissen, was FREIHEIT ist. Wir können sie nur beantworten, wenn wir wissen, was BEWUSSTSEIN ist. Und wir können sie nur beantworten, wenn wir wissen, was ZUFALL ist.

Nehmen wir das Beispiel von HamsterofDeath, es ist sehr gut.
Dein Magen sagt dir: "ich habe Hunger". Also überquerst du die Strasse um dir ein Brötchen zu kaufen. Dass dein Magen hungrig ist, das ist eine Tatsache. Dein Magen hat nicht die Freiheit zu entscheiden, ob er hungrig sein will oder nicht. Aber du hast die Freiheit zu entscheiden, ob du seinen Hunger stillen willst. Diese Entscheidung triffst du nicht aufgrund zufälliger Hirnfrequenzen. Ebensowenig entscheidest du dich zwangsläufig für das, was für dich besser ist. Du hast die Wahl zu sagen, dass du im Moment zu faul bist. Wenn du dann die Strasse überquerst, kannst du ebenso frei entscheiden, ob du dich nicht lieber überfahren lässt.
Genau das ist mir kürzlich widerfahren. Ich überquerte die Strasse und sah, wie noch relativ weit entfernt, ein Auto auf mich zu brauste. Ich ging weiter, weil ich annahm, dass das Auto halten wird, so wie sie es immer tun. Doch es stoppte nicht. Zufall oder Bestimmung? Das spielt keine Rolle. Nichts ist absolut. Es hätte ebensogut Zufall wie Bestimmung sein können. Jedenfalls bremste das Auto nicht ab. Und ich merkte davon nichts. Als das Auto nur wenige Meter vor mir entfernt war, blickte ich mich um. Und in diesem Moment, es war ein eigenartiges Gefühl, verlief die Zeit viel langsamer. Ich erschrak eigenartiger Weise nicht. Ich stand da und überlegte sogar noch kurz, ob ich nicht stehen bleiben soll. Weiss nicht wieso ich das tat. Aber ich fühlte die freie Entscheidung. Kurz vor dem Aufprall nahm ich einen Seitensprung und konnte mich retten.
Ich brauch keine abstrakten Gedankenmodelle um zu beweisen, dass es meine Freiheit war, zu entscheiden.

Gäbe es die Freiheit nicht, dann wäre dieses Universum ein toter Mechanismus. Eine Maschine, die nicht lebt. Die Vielzahl seiner Teilchen. Aber das ist es nicht. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.
Wenn du zwei halbierte menschliche Körper hast, ist das dann gleich viel wert, wie ein ganzer Körper der noch lebt?
 

HamsterofDeath

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Dein Magen sagt dir: "ich habe Hunger". Also überquerst du die Strasse um dir ein Brötchen zu kaufen. Dass dein Magen hungrig ist, das ist eine Tatsache. Dein Magen hat nicht die Freiheit zu entscheiden, ob er hungrig sein will oder nicht. Aber du hast die Freiheit zu entscheiden, ob du seinen Hunger stillen willst. Diese Entscheidung triffst du nicht aufgrund zufälliger Hirnfrequenzen.

nein, diese freiheit habe ich nicht. ich kann mir zwar unter den möglichkeiten, die ich habe, die aussuchen, die ich will, aber was ich will, steht fest.
wenn mir vanille besser schmeckt als schokolade, kann ich mich nicht entscheiden, jetzt vanille ausnahmsweise scheußlich zu finden.

Kurz vor dem Aufprall nahm ich einen Seitensprung und konnte mich retten.
Ich brauch keine abstrakten Gedankenmodelle um zu beweisen, dass es meine Freiheit war, zu entscheiden.

um das mit einem abstrakten, vor logik triefenden, gedankenmodell zu kontern : wenn du dich bei jeder entscheidung auch anders hättest entscheiden können - warum hast du es dann nie gemacht ?

Gäbe es die Freiheit nicht, dann wäre dieses Universum ein toter Mechanismus. Eine Maschine, die nicht lebt. Die Vielzahl seiner Teilchen. Aber das ist es nicht. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.
Wenn du zwei halbierte menschliche Körper hast, ist das dann gleich viel wert, wie ein ganzer Körper der noch lebt?

der vergleich passt nicht. wenn du einen menschen in 2 hälften schneidest, geht er kaputt. (ein computer aber auch)

Du hast die Wahl zu sagen, dass du im Moment zu faul bist.
habe ich die ? ist es nicht das vorhandensein der faulheit (die ich nicht wegentscheiden kann), die mich dazu bringt, zu sagen "ich hab jetzt keine lust, ich bin zu faul" ? dann war eben die faulheit größer als der hunger. wenn ich gehe, ist es andersrum. der trick der illusion liegt darin, dass man tatsächlich auch das will, was einem die mysteriöse quelle des willens vorgibt.

ich mache dir einen vorschlag :
wenn du es schaffst, zu beweisen, dass ein mensch in 2 exakt gleichen situationen (erinnerungen, wissen usw. inklusive) unterschiedlich handeln kann, glaube ich dir das mit dem freien willen.
sprich, du müsstest eine zeitmaschine bauen, 1 tag zurückreisen, und beobachten, ob alle leute genau dasselbe tun, oder ob sie sich vielleicht dieses mal anders entscheiden.

alternativ könntest du mir den bauplan einer maschine geben, die unmöglich vorhersagbare ergebnisse liefern kann, dann glaube ich es dir auch.

es gibt so viele vorhersagbare konstruktionen - warum sollte gerade das gehirn eine ausnahme bilden ?
 

hives

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Calileo schrieb:
hives hat folgendes geschrieben:

Ich lese gewöhnlich nicht die PM und werde auch keine 60 Cent für den Artikel zahlen, kann mir aber nicht mal bei der PM vorstellen, dass Roths Ansichten dort so dargestellt werden. Falls es doch der Fall sein sollte, wäre ein Zitat nett

Das Zitat findest du unter dem Link, den ich angegeben habe. Der Titel des Artikels ist:
Sind wir wirklich Sklaven unseres Gehirns?
Dort steht das alles wortwörtlich.

Leider finde ich die Stellen nicht - weshalb ich jetzt den dort frei zugänglichen Teil zitiere, damit Klarheit herrscht:


P.M. Magazin 04/2004

Sind wir wirklich Sklaven unseres Gehirns?


Neurobiologen sagen: Der Mensch ist nicht Herr seiner Handlungen – das Gehirn schreibt ihm vor, was zu tun ist. Darüber sprach P.M.-Redakteur Andreas Séché mit dem Hirnforscher Gerhard Roth.

P.M.: Herr Professor Roth, ich habe Sie um dieses Interview gebeten. War das etwa nicht mein freier Wille?

Roth: Natürlich sagen Sie, es sei Ihr freier Wille gewesen, denn Sie haben mich ja angerufen. Aber ich bin da anderer Meinung.

Wenn es nicht mein freier Wille war, was dann?

Es gibt tatsächlich einen Willen, der Sie veranlasst hat, doch der ist nicht frei. Man muss sehr genau hinterfragen, was mit dem Begriff »freier Wille« gemeint ist. Seit Jahrhunderten gibt es Überlegungen, wie man diesen Begriff definieren kann. Man kann fragen, was die Philosophen dazu meinen, wie die Juristen freien Willen definieren und wie Normalbürger nach ihrem alltagspsychologischen Gefühl den Begriff auslegen. Interessanterweise verstehen alle drei Gruppen ziemlich dasselbe darunter. Freier Wille ist das Gefühl oder die Einbildung: Autor meiner Handlungen, Gedanken und Wünsche ist mein bewusstes Ich – und nicht das Unbewusste. Freier Wille bedeutet also, dass wir bei unseren Handlungen nicht vollständig determiniert, also festgelegt, sind. Dass wir, was die Zukunft angeht, einen Handlungsspielraum haben und dass wir in der Vergangenheit auch anders hätten handeln können, wenn wir gewollt hätten.

Das ist noch immer die vorherrschende Meinung ...

Ja, und deshalb ist im Strafrecht der Angeklagte schuldig, weil man ihm unterstellt, er hätte die Straftat auch unterlassen können. Willensfreiheit bedeutet, dass ich für meine Taten verantwortlich bin und auch schuldig werden kann. Zwar gab es schon seit Jahrtausenden Zweifel, ob das wirklich so stimmt mit dem bewussten Ich und der Handlungsfreiheit – aber man hat immer geglaubt, dass man diese Frage gar nicht empirisch untersuchen und gegebenenfalls auch beantworten kann. Jetzt können wir zumindest das Erstere.

Nun sind Sie und viele Ihrer Kollegen sich einig: Die Forschungsergebnisse beweisen, dass wir nicht anders handeln können, als wir handeln.

Genau. Es geht um die Frage: Handelt der Mensch nach freiem Willen, oder wird sein Handeln von naturgesetzlichen Abläufen in seinem Gehirn bestimmt?

Du hast daraufhin folgendes zum Besten gegeben:

Nur leider brechen die Theorien der Hirnforscher zusammen, wenn man die Sache mit etwas Abstand betrachtet.
In dem Artikel behauptet Prof. Gerhard Roth (immer diese verwirrten Professoren), wir seien Sklaven unseres Gehirns. Im weiteren erläutert er, das Gehirn sei nur zu einem rein egoistischen und jetzt-bezogenen Denkschema fähig.
Dann muss ich aber fragen:

Wie konnten sich denn aus solchen Gehirnen eine vernunftbegabte und soziale Gesellschaft herausbilden?
Wieso gibt es Menschen, die langfristig denken?
Es ist offensichtlich dass diese Tatsachen gerade das Gegenteil beweisen. Nämlich, dass nicht alle Gedanken und Gefühle das Ergebnis zufällig programmierter Hirnfrequenzen sind.

Für mich stehen die Aussagen in keinem Zusammenhang...

Aber gehen wir mal von den Prämissen aus, die du expliziert hast – egal ob sie nun wirklich im folgenden Text des Interviews auftauchen oder nicht:


Behauptung a der Neurobiologie laut Herrn Roth:
"Das Gehirn kann nur rein egoistisch denken. Soziale Verbindungen sind ihm fremd. "

Die Gesellschaft ist die Addition vieler Gehirne. Will heissen: Wenn ein Gehirn nicht fähig ist, sozial zu denken, wieso kann es dann die Gesellschaft?

Zunächst mal würde ich nicht unterstreichen, dass die Gesellschaft „sozial denkt“ – es entstehen durch die Wechselwirkungen zwischen Individuen gesellschaftlich-soziale Systeme, die ausgebaut, verändert, aufeinander abgestimmt etc. werden... die „sozial denkende Gesellschaft“ ist eine sehr freie Metapher.

Aber weiter im Text: Deine Frage ist wohl, wie soziale Verbindungen entstehen können, wenn die einzelnen Individuen nur egoistisch denken - ein Teil der Antwort ist ebenso banal wie erschöpfend: Altruismus aus Egoismus.
Es hört sich für dich wahrscheinlich unheimlich schrecklich an, soziale Verbindungen dem Egoismus zuzuschreiben – und ganz so einfach ist es dann natürlich auch wieder nicht: der Mensch ist dank Großhirnrinde etc. zu Abstraktionen fähig, er hat ein limbisches System, Emotionen, Erinnerungen etc.
Das alles hat mit einem freien Willen nichts zu tun, sondern ist ohne ihn genauso gut erklärbar.

Kurz gesagt: Ich kann deine Argumentation nicht nachvollziehen und schätze, du hast Roth nicht wirklich verstanden.
Was ich bisher von Roth gelesen habe (zugegebenermaßen nicht allzuviel, würde auch eher zb. Dennett empfehlen), deutet nicht darauf hin, dass er grundlegende Fähigkeiten des menschlichen Gehirns negieren will – er will sie vielmehr erklären - und analysieren, worauf sie basieren.

Im übrigen ist er Biologe und keine Philosoph :)


Ich glaube nicht mir fehlt es an Vorstellungsgabe, sondern Herrn Roth. Ja, diese Fähigkeiten bestehen ganz offenkundig und daher kritisiere ich ja auch die Behauptung, wonach es keinen freien Willen gibt.

Noch einmal: Der freie Wille hat mit den genannten Fähigkeiten nichts zu tun! Erkläre mir bitte mal, warum der freie Wille eine Bedingung für das oben genannte sein soll!

Aber mal was ganz anderes: Haben deiner Ansicht nach Tiere einen freien Willen, und wenn ja, welche?
Affen? Alle Säugetiere? Ringelwürmer? Bakterien?


Behauptung b der Neurologie laut Herrn Roth:
"Das Gehirn unterteilt nur in gut für mich und schlecht für mich. Es kann nicht langfristig denken, entscheidet nur für den Moment."

Aber ganz offenkundig können wir genau das. Wenn das Gehirn zu solchen Gedankengängen nicht fähig ist, wie es die Neurobiologie behauptet, dann muss der Geist dazu fähig sein. Auch das untermauert die "Existenz" einer Seele, bzw. einer höheren Denkform ausserhalb der Materie.

Okay, ich zitiere hier jetzt einfach mal Roth, damit klar wird, was er nicht abstreitet:


Der orbitofrontale Cortex (OFC) erhält seine wichtigsten Eingänge von allocorticalen und subcorticalen limbischen Zentren, d.h. vom Gyrus cinguli, vom EPPC, von der Amygdala und vom mesolimbischen System, und befasst sich mit den motivationalen und emotionalen Aspekten von Situationen und Handlungen. Patienten mit Läsionen im orbitofrontalen Cortex sind unfähig, positive oder negative Konsequenzen ihrer Handlungen vorauszusehen, wenngleich unmittelbare Belohnung oder Bestrafung von Aktionen ihr weiteres Handeln beeinflussen können (Bechara et al., 1997; Davidson und Irwin, 1999). Sie gehen wider besseres Wissen Risiken ein. Ebenso zeigen sie einen Hang zur "Perseveration", also zum hartnäckigen Verharren bei einer Sache, und einen Verlust der Verhaltensspontaneität und Kreativität. Derartige Läsionen führen auch zum Verlust der Fähigkeit, den sozial-kommunikativen Kontext zu erfassen, z.B. die Bedeutung von Szenendarstellungen oder die Mimik von Gesichtern,. Allgemein verflacht die Persönlichkeit, der Patient wird völlig "unemotional" (Damasio, 1994).
Der orbitofrontale Cortex ist auch der "Sitz" ethischer und moralischer Vorstellungen. Patienten mit Schädigung des orbitofrontalen Cortex in frühester Jugend zeigen ein schwer asoziales Verhalten, sie sind unerziehbar und unbelehrbar (Anderson et al., 1999). Sie haben bei ihrem Verhalten auch keinerlei Gewissensbisse und zeigen keinerlei Einsicht in ihr Verhalten. Die Tatsache, dass sie in normaler Umgebung aufwuchsen, hatte keinerlei positive Wirkung auf ihr Verhalten. Im Fall der Schädigung des OFC im Erwachsenenalter besteht nach Auffassung der Autoren die Schwierigkeit der Betroffenen in der Umsetzung von Erfahrung in sozial angepasstes Verhalten, über das diese Patienten durchaus verfügen. Im Fall der Schädigung des OFC in frühester Jugend wird das Sammeln solcher Erfahrung völlig verhindert; es gibt also nichts, worauf sie in Entscheidungssituationen an unbewusster, impliziter "moralischer Anweisung" hätten zurückgreifen können.

http://www.lptw.de/vortraege2001/g_roth.html

Schon allein an diesem Zitat siehst du deine Vorstellungen des ach so bescheuerten Hirnforschers widerlegt:
"Sozial-kommunikativer Kontext" sowie "ethische und moralische Vorstellungen" beschreiben soziales Verhalten... und ebenso das "Absehen von Konsequenzen" ein langfristiges Denken...

Die meisten Hirnforscher sind keine kompletten Vollidioten :wink: wenige werden Fähigkeiten in Abrede stellen, die offensichtlich existieren. Mein persönlicher Tip: lese mehr von ihnen, als Einstieg zb. mal den Vortrag von Roth, der von PM verlinkt wurde, und aus dem auch das obige Zitat stammt:

http://www.lptw.de/vortraege2001/g_roth.html


Dass es einen freien Willen gibt, das ist eine sehr wirksame und sehr alte Propaganda...

Schon mal versucht einen Menschen, der glaubt, dass er keinen freien Willen hat, zb. von der Notwendigkeit einer ideologisch-religiösen Mission zu überzeugen?!

Also bestreitest du den freien Willen?
Ich denke nicht, dass die Herrscher den freien Willen erfunden haben, nur um uns für irgend welche Missionen einzuspannen. Dann hätten sie genau so gut argumentieren können:
Es ist dein Schicksal, deine Bestimmung. Du wirst es tun, so ist es seit jahrtausenden vorgegeben.

Das wäre eine viele wirksamere Propaganda.

Zunächst mal: Ich „bestreite“ den freien Willen nicht, da die Theorie seiner Existenz bisher nicht wirklich falsifiziert ist...
Aber ich halte ihn für sehr unwahrscheinlich. Ehrlich gesagt räume ich ihm eine ähnliche hohe Wahrscheinlichkeit ein wie dem Kreationismus.

Und zur Frage, was von beidem eher propagandatauglich ist, empfehle ich dir einfach mal, dich in der Welt umzuschauen, und mir dann zu berichten, wieviele Fanatiker du siehst, die den freien Willen bestreiten, und wieviele, die ihn gerade überzeugt - aus welchen ideologischen oder religiösen Gründen auch immer – ausüben.
Ein Philosoph, der den freien Willen schon im 17. Jh. zu einem Modus des Verstandes machte, war Spinoza. Wie angetan die herrschende Elite von seinen Gedanken war, kannst du schon an einer kleinen Biografie nachvollziehen:


In seinem Leben versuchte man gar, ihn zu ermorden und noch hundert Jahre nach seinem Tod machte man ihn mundtot und war sein Werk verboten. Die Verfluchung der Engstirnigen -- die sogar ihrem Gott die Vorschriften machen, denn den riefen sie auf, sein Zorn möge gegen ihn entflammen, er möge Spinoza austilgen und ihm niemals verzeihen - verfolgt ihn bis heute, denn Dummheit und Intoleranz sterben vermutlich zuletzt aus.
http://www.ureda.de/php/lexikon/anzeige.php3?id=677


Von all dem abgesehen habe ich niemals behauptet, dass die Herrschenden den freien Willen erfunden hätten (wobei die Idee interessant ist, aber natürlich keine derartige Monokausalität vorliegt), vielmehr war der Satz von mir eine Antwort auf die folgende Behauptung von dir:

Dass es keinen freien Willen gibt, das ist eine moderne Propaganda.

Und das halte ich, mit Verlaub, für unsinnig – denn der freie Wille ist notwendig für das bestehende „moderne“ System: Psychologie, Justiz, Pädagogik, Politik usw...



Aber ich fühlte die freie Entscheidung. Kurz vor dem Aufprall nahm ich einen Seitensprung und konnte mich retten.

Meiner Ansicht nach geht deine Kritik an den willen-freien Modellen nicht tief genug: natürlich entscheiden wir uns - wie bereits erwähnt kann dies als ein Modus des Verstandes beschrieben werden, der durch die komplexe Korrelation von Nervenzellen, Synapsen etc., zustande kommt. Wie das im Einzelnen abläuft ist natürlich noch lange nicht vollständig geklärt - dass du jedoch nicht jedem ersten Impuls deines Gehirns folgen musst, sondern dein Gehirn eben abwägt, denkt, folgert, entscheidet... dass ist keine Frage des freien Willens.

Gäbe es die Freiheit nicht, dann wäre dieses Universum ein toter Mechanismus. Eine Maschine, die nicht lebt. Die Vielzahl seiner Teilchen. Aber das ist es nicht. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.
Wenn du zwei halbierte menschliche Körper hast, ist das dann gleich viel wert, wie ein ganzer Körper der noch lebt?

Ein Ganzes ist mehr als die Summe seiner Teile – dafür brauche ich keinen freien Willen, wieso auch?

Viele komplexe Systeme zeigen Eigenschaften, die den einzelnen Teilen nicht zukommen, bzw. die oft nicht einmal vorhersehbar sind – warum ist deiner Ansicht nach alles tot, was keinen freien Willen hat? Das finde ich persönlich etwas obskur... ich erinnere an dieser Stelle auch noch mal an die Frage nach Tieren und Bakterien, s.o.



mfg
 

XakaY

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Als langjähriger Abonnent -hör ich da das Zischen fliegender Gesteinsmassen?- kann ich euch mit dem ganzen Artikel dienen. Allerdings muss ich gestehen, dass Roth die Thematik wirklich nur sehr oberflächlich ankratzt, was er jedoch bewusst tut, um es dem Laien genauer darzustellen zu können.

Sind wir wirklich Sklaven unseres Gehirns?

Neurobiologen sagen: Der Mensch ist nicht Herr seiner Handlungen – das Gehirn schreibt ihm vor, was zu tun ist. Darüber sprach P.M.-Redakteur Andreas Séché mit dem Hirnforscher Gerhard Roth.

P.M.: Herr Professor Roth, ich habe Sie um dieses Interview gebeten. War das etwa nicht mein freier Wille?

Roth: Natürlich sagen Sie, es sei Ihr freier Wille gewesen, denn Sie haben mich ja angerufen. Aber ich bin da anderer Meinung.

Wenn es nicht mein freier Wille war, was dann?

Es gibt tatsächlich einen Willen, der Sie veranlasst hat, doch der ist nicht frei. Man muss sehr genau hinterfragen, was mit dem Begriff »freier Wille« gemeint ist. Seit Jahrhunderten gibt es Überlegungen, wie man diesen Begriff definieren kann. Man kann fragen, was die Philosophen dazu meinen, wie die Juristen freien Willen definieren und wie Normalbürger nach ihrem alltagspsychologischen Gefühl den Begriff auslegen. Interessanterweise verstehen alle drei Gruppen ziemlich dasselbe darunter. Freier Wille ist das Gefühl oder die Einbildung: Autor meiner Handlungen, Gedanken und Wünsche ist mein bewusstes Ich – und nicht das Unbewusste. Freier Wille bedeutet also, dass wir bei unseren Handlungen nicht vollständig determiniert, also festgelegt, sind. Dass wir, was die Zukunft angeht, einen Handlungsspielraum haben und dass wir in der Vergangenheit auch anders hätten handeln können, wenn wir gewollt hätten.

Das ist noch immer die vorherrschende Meinung ...

Ja, und deshalb ist im Strafrecht der Angeklagte schuldig, weil man ihm unterstellt, er hätte die Straftat auch unterlassen können. Willensfreiheit bedeutet, dass ich für meine Taten verantwortlich bin und auch schuldig werden kann. Zwar gab es schon seit Jahrtausenden Zweifel, ob das wirklich so stimmt mit dem bewussten Ich und der Handlungsfreiheit – aber man hat immer geglaubt, dass man diese Frage gar nicht empirisch untersuchen und gegebenenfalls auch beantworten kann. Jetzt können wir zumindest das Erstere.

Nun sind Sie und viele Ihrer Kollegen sich einig: Die Forschungsergebnisse beweisen, dass wir nicht anders handeln können, als wir handeln.

Genau. Es geht um die Frage: Handelt der Mensch nach freiem Willen, oder wird sein Handeln von naturgesetzlichen Abläufen in seinem Gehirn bestimmt? Kann es einen von der Natur losgelösten Freiheitsraum geben, so, wie der französische Philosoph Descartes das gesehen hat? Da sind wir in der alten Dualismus-Debatte mit vielen unlösbaren philosophischen Problemen. Aber auch schon, bevor es die Neurobiologie gab, wurde gesagt: Ein solcher Dualismus Mensch-Natur ist völlig inakzeptabel, denn es gibt nicht den geringsten empirischen Beweis für einen solchen Dualismus.

Und jetzt beweist die Neurobiologie durch Hirnmessungen: Unser Handeln ist nicht vom freien Willen gesteuert.

Die Forscher haben sich halt gefragt, ob es im Gehirn des Menschen irgendeinen Prozess gibt, der darauf hindeutet, dass etwas nicht nach den Naturgesetzen abläuft. Und die Antwort lautet Nein. Anders gefragt: Läuft das menschliche Gehirn wie alle anderen Gehirne determiniert ab, also rein nach Naturgesetzen? Die Antwort heißt Ja. Bisher haben wir da nicht die kleinste Lücke, etwa für das Wollen, gefunden. Und wenn es eine gäbe, würde sie den Naturgesetzen fundamental widersprechen.

Dazu gibt es ja inzwischen zahlreiche Untersuchungen; den Anfang hat in den 1980er Jahren der amerikanische Neurophysiologe Benjamin Libet gemacht.

Libet hat durch Hirnmessungen festgestellt, dass schon, bevor wir etwas mit dem Gefühl des Wollens tun, im Gehirn Prozesse ablaufen, die – wie wir heute sagen – die Handlung eindeutig determinieren: Das Gehirn bereitet eine Handlung vor, und nachdem der Startschuss gefallen ist, haben wir das Gefühl, wir wollen das. Libets Experimente waren aber noch sehr unzulänglich und damals nicht einfach zu deuten. Das hat sich geändert. Heute weiß man ziemlich genau, wie Handlungen in unserem Gehirn vorbereitet werden. Und wir haben, weil wir das Gehirn jetzt viel besser beim Arbeiten beobachten können, auch genauere Vorstellungen davon, wie es in uns das Gefühl, etwas zu wollen, produziert. Deshalb sind sich inzwischen alle neurobiologischen und psychologischen Fachleute darin einig, dass es zwischen dem Gefühl, etwas zu wollen, und dem eigentlichen Auslösen der Tat keine kausale Beziehung gibt.

Wir tun also nicht, was wir wollen, sondern wir wollen, was wir tun?

Richtig. Prozesse im Gehirn bestimmen unser Tun – und erst eine bis zwei Sekunden später, während die Handlung schon anläuft, hab ich das Gefühl, es zu wollen. Die Psychologen haben seit langem herausgefunden: Der Wille sitzt sozusagen in meiner Hand, die nach der Kaffeetasse greift – so nehmen wir das wahr. Willensempfindung und Bewegung fallen zeitlich etwa zusammen. Dem geht aber der ganze unbewusste Hirnmechanismus voraus. Das hat ausgerechnet Libet entdeckt, der mit seinen Untersuchungen eigentlich den freien Willen beweisen wollte – doch genau das Gegenteil ist herausgekommen. Er glaubte aber weiterhin, wir hätten eine Art Vetorecht – aber dafür gibt es keine Belege.

Das heißt, wenn das Gehirn einmal entschieden hat, dann haben wir auch nicht mehr die Möglichkeit zu intervenieren?

Nein. Libet stellte sich vor, da käme aus heiterem Himmel rein geistig ein Veto, aber das gibt es nicht. Denn neuronale Impulse können nur durch andere neuronale Impulse unterdrückt werden.

Was die Illusion des freien Willens im Alltag bedeutet, zeigte ein Experiment in den USA. Frauen sollten sich aus einem Haufen Strümpfe einige aussuchen und nachher ihre Wahl begründen. Als Gründe nannten sie Farbe oder Qualität – tatsächlich aber waren alle Strümpfe identisch.

Ob ich diesen Strumpf nehme oder jenen, das wird häufig nicht bewusst entschieden. Ich tue etwas, ohne genau darüber nachzudenken, und anschließend wird rückwirkend mein Wille der Handlung angepasst. Menschen äußern vor einer Handlung bestimmte Wünsche, tun dann das Gegenteil – und behaupten danach mit vollster Überzeugung, sie hätten das getan, was sie vorher schon gewollt hätten.

Wenn ich aber nicht kraft freien Willens die Entscheidungen treffe, wie werden
sie dann getroffen?

Wir haben einen Apparat in unserem Gehirn, das Limbische System, das völlig unbewusst arbeitet. Es entscheidet schon im Mutterleib und das ganze Leben hindurch über das, was wir tun. Dies tut es auch anhand angeborener Präferenzen, aber überwiegend auf Grund von Erfahrung. Wir tun etwas, und Zellgruppen des Limbischen Systems bewerten, ob das gut oder schlecht war und ob wir das noch einmal tun sollten. So wird jede Sekunde unseres Lebens nach »gut« und »schlecht«, »anzustreben« oder »zu vermeiden« beurteilt.

Das klingt ja so, als würde ein neuronaler Erbsenzähler unser Leben bestimmen.

Absolut! Nur merken wir nichts davon. Dieses System arbeitet unbewusst. Es kann auch gar nicht bewusst arbeiten, weil es zu komplex und zu schnell ist.

Und unsere Vernunft hat dabei kein Wörtchen mitzureden?

Dieses System ist vernünftig nur insofern, als es immer fragt: Welche Vorerfahrung habe ich? Und nach den eigenen Erfahrungen zu handeln ist zunächst mal vernünftig. Aber dieses System ist auch extrem egoistisch. Es fragt nicht: Ist etwas auf lange Sicht gut für mich? Oder gar: Ist es gut für meine Gruppe oder gar für die Menschheit? Sondern es schreit nach unmittelbarer Bedürfnisbefriedigung. Die Erziehung läuft darauf hinaus, uns beizubringen, dass das nicht immer gut ist. Kinder lernen zum Beispiel, dass aufgeschobene Lustbefriedigung manchmal besser ist als sofortige. Daraus entwickelt sich das, was wir Verstand und Vernunft nennen. Aber das ist ein Verhalten, das gegenüber der unmittelbaren Lustbefriedigung zeitlich weiter sieht und das nicht im Unbewussten abläuft. Dafür sind Zentren verantwortlich, die in der Groß-hirnrinde sitzen und nicht im Limbischen System. Es gibt also in unserem Gehirn eine Ebene, wo purer Egoismus herrscht, und dann eine Lernebene, die Ratio.

Aber die Ratio könnte doch gegenüber meinem Unbewussten ein Veto einlegen: Lass dein Auto stehen, wenn du getrunken hast.

Wenn Sie sich trotzdem ins Auto setzen, ist das die unbewusste, egoistische Ebene, die sich gegen die vernünftigen Überlegungen durchsetzt. Aber auch wenn Sie das Auto stehen lassen, hat das mit freiem Willen und Ratio nichts zu tun: Das ist ebenfalls eine Vorgabe des Limbischen Systems, wenn zu Ihrem Erfahrungsschatz die schlimmen Folgen des Fahrens im Suff gehören. Was ich als freien Willen empfinde, ist, dass ich mich hinsetzen und überlegen kann: Fahre ich betrunken Auto oder lieber nicht – das erzeugt in mir das Gefühl, ich hätte eine Wahl. In Wirklichkeit werden mir die Alternativen vom Unbewussten vorgegeben, zu dem vor allem meine sämtlichen Lebenserfahrungen gehören, auch diejenigen, die einmal bewusst waren.

Das Unbewusste gibt also nicht nur die Alternativen vor – sondern bestimmt auch, für welche ich mich entscheide?

Ja. Das Unbewusste hat das erste und das letzte Wort. Das erste beim Entstehen der Wünsche, das letzte bei der endgültigen Entscheidung über meine Handlung. Dazwischen können wir beliebig lange hin und her überlegen und haben die Illusion des freien Willens. Doch was man dann letztlich tut, hängt nur sehr bedingt ab von dem, was man lange hin und her überlegt hat.

Ist langes Nachgrübeln Zeitverschwendung?

Diese Abwägungsphase ist schon wichtig, um langfristige Konsequenzen zu bedenken – das erregt in mir starke positive oder negative Emotionen, die dann wiederum vom Unbewussten mit berücksichtigt werden.

Der Verstand liefert also beim Grübeln bloß einen weiteren Input ans Unbewusste?

Genau. Aber dieser Input ist sehr wichtig für das Aufzeigen der längerfristigen Konsequenzen meines Tuns.

Dann arbeitet das neuronale Netzwerk im Prinzip wie ein Taschenrechner: Ich gebe durch bewusstes Denken etwas ein, und das Unbewusste rechnet mir unterm Strich aus, was zu tun ist?

So ist es. Nur, dass im Gehirn so viele Faktoren miteinander verrechnet werden, dass wir das nicht mehr nachvollziehen können. Was wiederum die Illusion erzeugt, als ginge das nicht kausal zu. Wenn man so ein Netzwerk physikalisch nachbaut, wie wir Forscher es getan haben, verhält es sich schon bei nur fünf oder sechs Faktoren so unberechenbar, dass man ihm fast einen freien Willen zuschreiben würde.

Kein freier Wille – heißt das nicht in letzter Konsequenz: keine Strafen mehr, weil ein Verbrecher für seine Tat nicht verantwortlich ist?

Ich behaupte: Straftäter können im moralischen Sinne nichts für das, was sie tun, sondern sie tun das, was das Resultat des komplizierten und höchst individuell verlaufenden Abwägungsprozesses in ihrem Gehirn ist – so abartig dieser Prozess auch ablaufen mag! Das heißt aber nicht, dass sie nicht bestraft werden dürfen. Sie dürfen nur nicht bestraft werden auf Grund der Annahme, dass sie auch anders hätten handeln können, sondern weil die Gesellschaft ihr Verhalten nicht duldet – und damit sie sich eventuell bessern. Selbst führende Strafrechtler sagen: Willensfreiheit ist eine soziale Fiktion, ohne die wir nicht arbeiten können. Andere halten dagegen: Man kann einen Straftäter doch nicht auf Grund einer Fiktion verurteilen. Diese Diskussion fängt gerade in großem Umfang an.

Der Straftäter hat tatsächlich keine Chance, seine Tat zu verhindern?

Nein, die hat er nicht.

Ihre Kollegen haben herausgefunden, dass bei einem Pädophilen, der im Versandhauskatalog Kinder in Badekleidung betrachtet, manche Gehirnprozesse anders verlaufen als normalerweise.

Tatsächlich hat man bei Soziopathen oder Impulsgewalttätern hirnorganische Faktoren feststellen können, die ihr abweichendes Verhalten bedingen. Das heißt: Die mit am härtesten bestraft werden, können wohl am wenigsten dafür. Sie sind unschuldig im moralischen Sinne, nicht im Sinne der Normabweichung und sozialen Schädlichkeit. Und da kommen wir zum Kern der ganzen aktuellen Diskussion: Strafen müssen einen anderen Sinn bekommen. Im angelsächsischen Recht zum Beispiel wird der Sinn des Strafrechts mehr in der Besserung oder der Prävention gesehen als in der moralischen Abstrafung. Die Angelsachsen sind Erziehungsoptimisten.

Wie soll sich denn ein Mensch verändern, wenn er gar keinen freien Willen hat?

Selbstverständlich braucht man nicht an einen freien Willen zu glauben, um von der Erziehbarkeit des Menschen auszugehen. Darüber wird im Zusammenhang mit Schuld und Strafvollzug erst jetzt langsam nachgedacht. Bisher haben wir es uns bequem gemacht und uns mit dieser Frage nicht wirklich beschäftigt, weil es ja um moralische Schuld und nicht um Besserung ging. Der bisherige Strafvollzug hat die Frage einer wirksamen Therapie nicht ernst genommen, wie auch Experten sagen.

Und was ist mit all den Resozialisierungs-Programmen?

Nach Expertenmeinungen ist die Effektivität dieser Therapien nahe Null.

Harte Worte …

… nicht von mir. Das sagen Strafrechts- und Strafvollzugsexperten, die ich gefragt habe. Und die hohen Rückfallraten sind ja auch ein deutlicher Hinweis.

Wenn jemand durch seine Lebensgeschichte zum Täter wird, ist dann seine Tat vorhersehbar? Könnte man da nicht auf die gefährliche Idee kommen, jemanden präventiv einzusperren?

Es gibt einen genetischen Sockel bei Straftätern, der liegt bei rund 20 Prozent. Aber der größte Teil liegt wohl in frühkindlichen Erfahrungen. Und hier wird es kompliziert. Wenn man bei schweren Straftaten in die Vergangenheit des Angeklagten guckt, findet man immer etwas. Aber man kann nicht umgekehrt von einem auffälligen Verhalten auf einen späteren Mord schließen. Ob jemand Mörder wird, hängt ja auch vom weiteren Lebensverlauf und auch von der Situation ab. Also kann man ihn nicht präventiv einsperren. Nur rückwirkend ist ein Determinismus erkennbar, aber nicht vorab.

Wenn ich selber nicht Herr meiner Entscheidungen bin, kann mein Handeln dann nicht sehr leicht von außen gesteuert werden?

Klar. Wenn zum Beispiel Testpersonen einen rechten oder linken Knopf drücken müssen, und auf einem Computerbildschirm erscheint zuvor für Sekundenbruchteile und damit nicht bewusst wahrnehmbar ein Rechtspfeil – dann liegt die Chance, dass sie rechts drü-cken, bei 60 zu 40. Normal wäre 50 zu 50. Das heißt, Sie können Menschen in bestimmten Grenzen beeinflussen, ohne dass sie es merken, und sie halten ihr Handeln sogar noch für freien Willen. Besser klappt das durch Hirnreizung: Sie stimulieren bestimmte Zentren in der Großhirnrinde, sodass der Patient den Arm hebt und behauptet, er hätte das gewollt.

All diese Erkenntnisse sind eigentlich ein Plädoyer für mehr Toleranz. Haben Sie früher mit Ihrer Tochter geschimpft – obwohl sie ja gar nicht anders handeln konnte?

Ja, klar hab ich geschimpft. Es ist schwierig, diese Erkenntnisse im Alltag umzusetzen. Dennoch: Die Forschungsergebnisse sprechen eine deutliche Sprache. Und da zu sagen, »Ich glaub das alles nicht«, das wäre ignorant. Man muss tatsächlich tolerant sein in dem Sinne, dass jeder Straftäter die Chance der Umerziehung erhält. Der einzelne Mensch ist nicht im moralischen Sinne verantwortlich für sein Tun, aber die Gesellschaft ist sozial verantwortlich für das, was ihre Mitglieder tun.

Autor(in): Andreas Séché
 

InsularMind

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Hm, ich hab das auch gelesen, und bei mir wirft es ziemliche Wellen auf, was diese Aussage bei gewissen Leuten auslösen mag.

Es braucht sich Keiner mehr dafür schlecht fühlen, was er macht, denn er kann ja gar nie anders.
Im Bezug auf Kriminelle ganz schön starker Tobak.
Die können sich damit entschuldigen, keine Entscheidungsgewalt zu besitzen.
Alles etwas einfach gemacht.

Andererseits können Opfer dann auch nichts dafür, wenn sie sich entschließen, Selbstjustiz anzuwenden. Sie können sich ebenso damit entschuldigen.
Es erscheint einfach, die Schuld oder Verantwortung einfach ins verschwommene Meer der Gesellschaft zu kippen.
Aber wenn's zur Erkenntnis mutiert, oder je als gültig übernommen wird,enthält es darin ne gewisse gerechte Verteilung wenigstens.
 

HamsterofDeath

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Die können sich damit entschuldigen, keine Entscheidungsgewalt zu besitzen.
Alles etwas einfach gemacht.

nenene, so nicht.
dann sagt einfach der richter : ich verurteile sie dann zu 20 jahren, denn ich habeja auch keine wahl.

man muss das so sehen : was muss ich tun, um zu verhindern, dass der verbrecher wieder ein verbrechen begeht ? welche erfahrungen muss ich ihn machen lassen ?
 

Calileo

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HamsterofDeath hat geschrieben:

man muss das so sehen : was muss ich tun, um zu verhindern, dass der verbrecher wieder ein verbrechen begeht ? welche erfahrungen muss ich ihn machen lassen ?

Bei uns gibt es da zum Beispiel Gefängnis- und Geldstrafen. In den USA haben sie aber eine altarnative Bestrafung. Der Verurteilte kann dann jeweils zwischen der "normalen" Strafe wählen und einer kreativen Strafe. Das bedeutet z.B. dass man eine Woche lang in der Stadt herum laufen muss, mit einem Schild auf dem steht: "Ich habe jemanden vergwalltigt".
Ich persönlich denke, dass diese altarnativen Strafen eine viel höhere Wirkung zeigen als die gängigen Gefängnisstrafen.


hives hat geschrieben:
Zunächst mal würde ich nicht unterstreichen, dass die Gesellschaft „sozial denkt“ – es entstehen durch die Wechselwirkungen zwischen Individuen gesellschaftlich-soziale Systeme, die ausgebaut, verändert, aufeinander abgestimmt etc. werden... die „sozial denkende Gesellschaft“ ist eine sehr freie Metapher.

Nun ja. Die heutige Gesellschaft denkt nicht besonders sozial, da muss ich dir Recht geben. Vorallem nicht, wenn man in Deutschland wohnt. *g*
Das soll aber nicht heissen, dass es keine sozialen Gesellschaften gibt. Ich finde es ist ignorrant und verleumdend zu behaupten, dass wir alle rein egoistisch denken. Diese Ideen sind vorallem mit dem Kapitalismus aufgekommen, in letzter Zeit. Du kannst die Welt mit vielerlei Brillen betrachten. Je nach Perspektive intepretierst du anders.

Ich fürchte mir bleibt im Moment keine Zeit mehr auf die weiteren Komentare zu antworten, da gerade die Schule wieder los geht. Aber ich werde das später noch nachhohlen.
 

hives

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Calileo schrieb:
Bei uns gibt es da zum Beispiel Gefängnis- und Geldstrafen. In den USA haben sie aber eine altarnative Bestrafung. Der Verurteilte kann dann jeweils zwischen der "normalen" Strafe wählen und einer kreativen Strafe. Das bedeutet z.B. dass man eine Woche lang in der Stadt herum laufen muss, mit einem Schild auf dem steht: "Ich habe jemanden vergwalltigt".
Ich persönlich denke, dass diese altarnativen Strafen eine viel höhere Wirkung zeigen als die gängigen Gefängnisstrafen.

Mal abgesehn davon, dass es wirkungsvollere psychotherapeutische Methoden gibt, als jemanden an den Pranger zu stellen oder durch die Stadt zu jagen, zeigt dein Zugeständnis genau das Prinzip eines Justizsystems, das sich an den Bedingungen des Menschen orientiert: nicht die Strafe steht im Vordergrund, sondern der Weg zu einer Rehabilitation - ein System, das die Neurobiologie einbezieht, würde zudem die nur scheinbar Rehabilitierten (die immmer wieder gerne aufgeführt werden, um für härtere Starfen und Überwachungsmaßnahmen, weniger Rehabilitation etc. Stimmung zu machen) leicht ausfindig machen und die Gesellschaft vor ihnen schützen, bis sie wirklich rehabilitiert sind. Alles eine Frage von Konditionierung und Desensibilisierung.

hives hat geschrieben:
Zunächst mal würde ich nicht unterstreichen, dass die Gesellschaft „sozial denkt“ – es entstehen durch die Wechselwirkungen zwischen Individuen gesellschaftlich-soziale Systeme, die ausgebaut, verändert, aufeinander abgestimmt etc. werden... die „sozial denkende Gesellschaft“ ist eine sehr freie Metapher.

Nun ja. Die heutige Gesellschaft denkt nicht besonders sozial, da muss ich dir Recht geben. Vorallem nicht, wenn man in Deutschland wohnt. *g*
Das soll aber nicht heissen, dass es keine sozialen Gesellschaften gibt.
Ich fühle mich so langsam von dir mutwillig missverstanden :wink:

Natürlich gibt es soziale Gesellschaften, dh. etablierte System, die nach meinen oder deinen Vorstellungen sozial erscheinen, deshalb denkt die betreffende Gesellschaft aber noch lange nicht sozial...


Ich finde es ist ignorrant und verleumdend zu behaupten, dass wir alle rein egoistisch denken. Diese Ideen sind vorallem mit dem Kapitalismus aufgekommen, in letzter Zeit.

Okay, du hast offenbar den Text entweder nicht gelesen, oder nicht verstanden... Macht aber nix, wir haben ja Zeit...

1. Die ursprüngliche Theorie von Smith, nach welcher der Egoismus durch den Staat in Bahnen gelenkt wird, in denen er der Gemeinschaft zugute kommt ist das Prinizp der sozialen Marktwirtschaft - ein Kapitalismus, der den Staat substrahieren will, muss im Gegensatz dazu jedoch von der freiwilligen Einsicht ausgehen: die Neoliberalen heutzutage argumentieren nicht mit dem Egoismus (denn das würde sie eingrenzen, da Einschränkungen legitimiert werden) sondern vielmehr mit der überall anzutreffenden Einsicht und dem Guten Willen, weswegen nicht alles in Gesetze und Vorschriften gegossen werden muss, sondern auch freiwillig einzuhaltende Richtlinien genügend Wirksamkeit entfaltet :!:

2. Wir denken selbstverständlich nicht rein egoistisch. Keiner könnte dir dies zudem besser erklären und beschreiben als ein Hirnforscher - ich werde mich jetzt nicht selbst zitieren, sondern empfehle dir einfach mal, den letzten Post von mir aufmerksam zu lesen - Roth streitet keine der von dir aufgezählten Fähigkeiten ab! (zum 423. Mal :roll: :wink: )
Auch bspw. der freie Wille existiert - als ein Modus des Verstandes!

Lese doch bitte das nächste Mal ein wenig mehr und aufmerksamer, bevor du postest. Und wenn du postest, orientiere dich bitte am Originaltext, über den du redest, und sauge dir bitte nicht so viel aus den Fingern- das bringt nämlich weder dich noch die Diskussion hier weiter...

Ich fürchte mir bleibt im Moment keine Zeit mehr auf die weiteren Komentare zu antworten, da gerade die Schule wieder los geht. Aber ich werde das später noch nachhohlen.

Niemand hat es hier eilig, also lass dir Zeit. Am Besten versuchst du mal wirklich zu verstehen, worin überhaupt die Kritik der Neurowissenschaft am freien Willen besteht - mir kommt es so vor, als würdest du dir deine ganz eigene Theorie der Neurobiologie zusammenstückeln, die mit der eigentlichen herzlich wenig zu tun hat.

Du bist hier nicht im Zugzwang. Beschäftige dich mit eigehender mit dem Thema, dann können wir gerne noch mal von vorne anfangen, ohne dem netten Onkel Doktor Theorien zu unterstellen, die er nicht vertritt :wink:

Wie schon öfters angedeutet würde ich mich sehr über eine tiefergehende Verteidigung des freien Willens freuen - allerdings muss man sich zu diesem Zweck auch wirklich mit den Neurowissenschaften, ihren Ergebnissen und Theorien beschäftigen...


mfg
hives
 

SentByGod

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Es gibt Gott. Er schuf den Menschen. Er gab ihm den freien Willen und die Verantwortung über sein eigenes Handeln.
Daher ist der Mensch in der Lage seinen Mitmenschen böses und gutes Anzutun. Gott kann daher nicht zur Verantwortung für das Handeln der Menschen gezogen werden, da er ihnen ja die Möglichkeit gab Leid zu sähen oder nicht.

Zwar kann man sagen das Gott dem Menschen die Freiheit gab, wohlwissend das der Mensch diese auch Missbrauchen kann aber dies ist nunmal der Preis für die Freiheit den Gott für den Menschen bezahlte.
 

willi

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Hi

"Ich weiss wirklich nicht, was die Leute meinen, wenn sie von der Freiheit des menschlichen Willens sprechen. Ich habe zum Beispiel das Gefühl, dass ich meine Pfeife anzünden will, und tue das auch; aber wie kann ich das mit der Idee der Freiheit verbinden?"

Albert Einstein
 

hives

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SentByGod schrieb:
Es gibt Gott. Er schuf den Menschen. Er gab ihm den freien Willen und die Verantwortung über sein eigenes Handeln.
Daher ist der Mensch in der Lage seinen Mitmenschen böses und gutes Anzutun. Gott kann daher nicht zur Verantwortung für das Handeln der Menschen gezogen werden, da er ihnen ja die Möglichkeit gab Leid zu sähen oder nicht.

Zwar kann man sagen das Gott dem Menschen die Freiheit gab, wohlwissend das der Mensch diese auch Missbrauchen kann aber dies ist nunmal der Preis für die Freiheit den Gott für den Menschen bezahlte.
Ich verstehe nicht ganz, mit welcher Intention du in philosophischen Themen deine Glaubensüberzeugungen postest, ohne dich auch nur ansatzweise auf das bisher Geschriebene oder eine mögliche Argumentation einzulassen...
Sowas bringt die Diskussion imho nicht einen Deut weiter.

Ebenso könnte ich andauernd ohne den Hauch einer Argumentation schreiben: Der Mensch hat keinen freien Willen und es gibt keinen Gott. Punkt. Was bringt mir bzw. dir das?

Warum nicht zum Beispiel eine Interpretation der erwähnten Experimente aus deiner Sicht, wenn du wirklich etwas zur Diksussion beitragen willst?

Nichts für ungut und sorry für meine ehrliche Fragen - ich verstehe manche Leute hier einfach nicht :wink:


mfg
 

bombaholik

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hives schrieb:
Libet hatte Versuchspersonen gebeten, spontan den Entschluss zu fassen, einen Finger oder die ganze Hand zu bewegen, und dabei den Augenblick der Entscheidung mit einer Uhr festzuhalten. Protokolliert wurden dann erstens dieser Zeitpunkt, zweitens der Zeitpunkt, an dem sich erstmals ein so genanntes Bereitschaftspotenzial als Vorbereitung der Bewegung im Gehirn aufbaute, und drittens der Zeitpunkt der tatsächlichen Bewegung. Das Ergebnis war eine überraschende Reihenfolge: Der bewusste Entschluss zur Handlung trat 0,2 Sekunden vor dem Bewegungsbeginn auf, aber erst mehr als 0,3 Sekunden nach dem Beginn des Bereitschaftspotenzials.




http://www.wissenschaft.de/sixcms/detail.php?id=151370

Da ich von Xakay ebenfalls schon mit dieser Theorie zugelabert worden bin, möchte ich fragen wie er dies bitte messen kann und wenn dies überhaupt nachvollziehbar scheint, er ausschließen kann, dass er nicht nur teile eines komplexeren Vorganges aufgezeichnet hat.

Zweitens identifiziere ich mein "ICH" also mein Wille nicht mit meinem Bewusstsein, somit wäre mein ich, dieses Bereitschaftspotenzial, nähmlich meine Seele.

Gruss

edit: zu dem interview:

Wie der Typ so schön von naturgesetzen redet, von GESETZEN, läßt bei mir schon mal was klingeln.
Von welchen naturgesetzen redet er?
Ich werde ihm mein leben opfern wenn er mir die ultimativen pysikalischen gesetze vorlegen kann.
Seine sogenannten gesetze werden jeden tag gebrochen.
Materiell wie auch Geistig und er will uns etwas unterordnen, was die menschheit noch nicht einmal versteht?
Was noch nichteinmal alles erklären kann, unumstößliche gegebenheiten.
Materiell denkende menschen wollen dies wohl nicht einsehen oder begreifen, dass es doch russische forscher gibt die einfach in radioaktiv.-verseuchtem gebiet in tschernobyl z.b. rum marschieren und keinerlei strahlung aufgenommen haben.
nur so als beispiel.
Von gravitationsaufhebungen, sowie der relativen zeit abläufe oder deren beeinflussung durch bestimmte ...... klingt natürlich zu fantastisch.

Menschen die ihren Freien Willen auf das beschränken was gerade hier ließt, sind in meinen augen so oder so auf dem holzweg, tun dies forscher und wollen damit auch noch etwas beweisen, sind sie für mich idioten.

GRUSS
 

bombaholik

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antimagnet schrieb:
mir ist auch noch was eingefallen:

mir scheint, als würden die hirnwissenschaftler folgendes sagen:

du hast keinen freien willen, weil dir dein hirn schon vorher befiehlt, was du zu tun hast. du folgst dann nur noch den vorgaben deines hirns.

da machen sie aber meiner meinung nach den fehler, hirn und ich zu trennen. sie sagen ja praktisch: egal, wofür du dich entscheidest - dein gehirn hat sich schon vorher entschieden.

wer bitte sonst, außer meinem hirn, sollte mir denn sagen, was ich zu tun hab?

Und genau das denke ich auch!!!

Danke dass du mir die worte vorgelegt hast!

Nur dass du nicht dein bewusstsein bist.
Dein bewusstsein, dein ego, ist einflüssen untergeben und lebt von erfahrungen und deren folgerungen.
Leider bist das aber nicht du und daher ist die suche des freien willen dort auch völlig unangebracht.

Dein freier wille , deine seele, von mir aus dein bewusstsein schläft auch nie.
Du lebst 100 -Jahre und schläfst keine sekunde davon.
Dies ist eine schönes beispiel um die trennung des bewusstseins von deinem wahren "ich" aufzuzeigen.

auch diese tests können wiedermal nur zeigen, dass auch solch ein Gedanke, oder eine überprüfung vor der "handlung", ebenfalls ein bewertendes Ich haben muss, dass entscheidet, welche erfahrungen "herausgepickt" werden um sie 0,2 sec danach auszuführen.

Gruss
 

hives

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bombaholik schrieb:
Da ich von Xakay ebenfalls schon mit dieser Theorie zugelabert worden bin, möchte ich fragen wie er dies bitte messen kann und wenn dies überhaupt nachvollziehbar scheint, er ausschließen kann, dass er nicht nur teile eines komplexeren Vorganges aufgezeichnet hat.

Les dir mehr zum Experiment durch (zb. mal die letzten drei Seiten plus Verlinkungen :wink: ) und konkretisier deine Fragen.


Auch der Eintrag in der englischen Wikipedia zum Thema Freier Wille ist lesenswert:

It has also become possible to study the living brain and researchers can now watch the decision-making "machinery" involved in what is commonly referred to as free will. A seminal experiment in this field was conducted by Benjamin Libet in the 1980s, wherein he asked subjects to choose a random moment to flick their wrist while he watched the associated activity in their brains. Libet found that the brain activity leading up to the subject flicking their wrist began approximately one-third of a second before the subject consciously decided to move, suggesting that the decision was actually first being made on a subconscious level and only afterward being translated into a "conscious decision." A related experiment performed later by Dr. Alvaro Pascual-Leone involved asking subjects to choose at random which of their hands to move. He found that by stimulating different hemispheres of the brain using magnetic fields it was possible to strongly influence which hand the subject picked. Normally right-handed people would choose to move their right hand 60% of the time, for example, but when the right hemisphere was stimulated they would instead choose their left hand 80% of the time (recall that the right hemisphere of the brain is responsible for the left side of the body, and the left hemisphere for the right). Despite the external influence on their decision-making, the subjects continued to report that they believed their choice of hand had been made freely.


http://en.wikipedia.org/wiki/Free_will_and_determinism



Zweitens identifiziere ich mein "ICH" also mein Wille nicht mit meinem Bewusstsein, somit wäre mein ich, dieses Bereitschaftspotenzial, nähmlich meine Seele.

Ja, das wurde oben schon geschrieben,: du identifizierst damit jedoch deine unbewussten neurobiologischen Prozesse mit deinem freien Willen - das kannst du sicher tun, allerdings führst du die Vorstellung eines bewussten freien Willens schon ad absurdum – und hast somit die Theorie, dass eben dieser nicht existiert, übernommen.
Anders formuliert: du hast die "Willensentscheidungen" in das Unterbewusstsein übertragen – was eben genau die Theorie ist.

Ob du in das Unterbewusstsein wiederum irgendwelche transzendentalen Vorstellungen verlagerst, ist eine andere Frage. :)



mfg
 

bombaholik

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Nur, dass ich sage, dass du Einblick in dein Unterbewusstsein haben kannst, beziehungsweise es "bewusst" machen kannst.

Dazu diehnt z.B. Meditation.
 

hives

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bombaholik schrieb:
Nur, dass ich sage, dass du Einblick in dein Unterbewusstsein haben kannst, beziehungsweise es "bewusst" machen kannst.

Dazu diehnt z.B. Meditation.

Ich würde wiederum insofern zustimmen, dass es Möglichkeiten gibt, die uns selbst bedingenden Prozesse besser zu verstehen. Doch selbst wenn du die Prozesse vollkommen durchschauen würdest, könntest du nicht der dich bedingenden Kasualität entfliehen (an dieser Stelle auch ein Gruß an dimbo :wink: ).



mfg
 

bombaholik

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Dies war gerade mein 666 Post, wenn das nicht alles sagt.

Wie du dir deine Träume bewusst machen kannst, sie deuten kannst, kannst du ebenfalls dein Unterbewusstsein zum bewussten denken bewegen.

Ist es möglich ohne Sprache zu denken?
 

hives

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bombaholik schrieb:
Ist es möglich ohne Sprache zu denken?

Gute Frage, jedoch vor allem eine der Definition.
Ich würde sie jedenfalls positiv beantworten - das vorsprachliche Denken hat aber durchaus sprachliche Qualitäten (allein die prädikative Struktur: dieser Vorstellung wird jene zugeschrieben), expliziert nur eben nicht alles, sondern verbindet eher assoziativ.


ps: wär auch ein guter neuer Thread, es gibt auch forschungen und Theorien dazu :wink:
 

antimagnet

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was mir an libets experimenten nicht gefällt:

was er misst, ist doch eher sowas wie eine selbstinduzierte reaktion. der moment des absprungs bzw. der entscheidung auf dem zehnmeterturm. was er bewiesen hat, ist eine theorie, die erklären kann, wie ein frühstart beim hundermeterlauf passiert. da wollte der körper vor dem gehirn. es wäre gut, wenn er die nicht-existenz des freien willens auch in anderen situationen beweisen könnte.

was mir an roth nicht gefällt:

Ob jemand Mörder wird, hängt ja auch vom weiteren Lebensverlauf und auch von der Situation ab. Also kann man ihn nicht präventiv einsperren. Nur rückwirkend ist ein Determinismus erkennbar, aber nicht vorab.

rückwirkend ist definitiv kein determinismus erkennbar, weil das gar nicht geht. naja, erkennbar schon, wenn man in wissenschaftslogik nicht aufgepasst hat. eine theorie, die sich hinterher immer als bestätigt sieht, aber sich vorher zu keinen prognosen traut, was will man denn mit der?

das problem ist:

soziologische und psychologische und ökonomische und all die anderen theorien, die auf einem menschenbild mit einem freien willen basieren, haben bis jetzt sehr (!!!) viel leistungsfähigere und umfassendere theorien hervorgebracht, die weitaus mehr erklären können als fehlstarts. unsere zivilisation ist darauf aufgebaut. wenn roth so den freien willen auffasst, dann müsste er auch sagen, dass das "ich" selbst nur eine illusion ist. eine sehr manifeste illusion, möchte(!) ich(!) sagen. möchte (!) herr roth denn der psychologie ihren gegenstand wegnehmen bzw. sie ins behaviouristische mittelalter zurückkatapultieren?

:wink:


im übrigen, wenn roth sagt, dass das ich auch nur eine illusion ist (vielleicht hab ichs ja überlesen), dann bin ich (fast :wink:) völlig einverstanden mit ihm...
 

hives

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antimagnet schrieb:
was mir an libets experimenten nicht gefällt:

was er misst, ist doch eher sowas wie eine selbstinduzierte reaktion. der moment des absprungs bzw. der entscheidung auf dem zehnmeterturm. was er bewiesen hat, ist eine theorie, die erklären kann, wie ein frühstart beim hundermeterlauf passiert. da wollte der körper vor dem gehirn. es wäre gut, wenn er die nicht-existenz des freien willens auch in anderen situationen beweisen könnte.
Also ganz passend find ich das 100m- Beispiel nicht.
Die Versuchsteilnehmer entschieden sich ja schon willentlich, egal wie oder warum die Entscheidung getroffen wird, sie stehen in keiner Weise unter Druck, warten auf keinen äußeren Impuls etc.
Aber ich stimme natürlich zu, dass dieser Versuch allein den freien Willen noch nicht wirklich widerlegt.

Es gibt für mich noch drei letzte Möglichkeiten ( :twisted: ):

1. letztes Veto (wie auch von Libet, der ja den Willen beweisen wollte, und anderen vorgeschlagen)
-> möglich, gibt es keine wirklichen Indizien dafür

2. Beeinflussung in speziellen Situationen
-> möglich, klingt ohne Indizien aber auch stark nach einer Willenskonstruktion :wink:

3. "Freier Wille" im vorbewußten Bereich
-> hat mit dem eigentlichen Begriff wenig zu tun, ohne transzendentale Elemente auch ziemlich langweilig, da das Vorbewußte dann ohnehin bedingt ist...



:D
 

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