Willensfreiheit: unmöglich und doch nötig

hives

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deffel schrieb:
Jedoch ist freier Wille dem Instinkt untergeordnet eine Instinktive Handlung findet ja immer automatisch statt.

Also greift die Entscheidungsmöglichkeit des "freien Willens" immer erst dann, wenn keine "instinktive Automatisierung" stattfindet...

Da sich hier offenbar kein einziger der Advokaten des freien Willens die Interpretation der im vorigen angesprochenen Experimente zutraut, geht nun die Frage an dich:

Wie erklärst du dir die Existenz eines Hirnpotentials vor der "willkürlichen Entscheidung"?
Oder war bei den Experimenten eine instinktive Handlung ausschlaggebend - was wäre für dich dann eine freie Entscheidung?
 

Trestone

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@Hives:

Versuche ich doch eine Stellungnahme zu dem von Dir zitierten Experiment von Libet:

Weiter unten in dem Link findet sich ja schon ein Antwortansatz:

In der Diskussion ist auch in Frage gestellt worden, ob Entscheidungen momentane Akte sind. Und nicht vielmehr Prozesse, deren Ergebnis manchmal erst nach deren Abschluss bewusst wird. So halten es einige Forscher für durchaus möglich, dass die von Libet angenommene augenblickliche Entscheidung nur die letzte Stufe eines früher begonnenen Entscheidungsprozesses ist.

Ein freier, aber unbewußter Wille ist natürlich nicht ganz so schön, andererseits fällt es mir auch schwer, mir "bewußte Freiheit" vorzustellen.

Frappierend wäre für mich folgendes Experiment:
Jemand sagt mir meine subjektiv freien Handlungen voraus (z.B. mittels abgeleiteter Erregungsmuster) - und ich kann dann tatsächlich nicht anders handeln! Allerdings müßte die Vorwarnzeit (theoretisch) noch für eine "Gegenhandlung" ausreichen, was beim Libet-Experiment wohl nicht gilt.
 

antimagnet

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mir ist auch noch was eingefallen:

mir scheint, als würden die hirnwissenschaftler folgendes sagen:

du hast keinen freien willen, weil dir dein hirn schon vorher befiehlt, was du zu tun hast. du folgst dann nur noch den vorgaben deines hirns.

da machen sie aber meiner meinung nach den fehler, hirn und ich zu trennen. sie sagen ja praktisch: egal, wofür du dich entscheidest - dein gehirn hat sich schon vorher entschieden.

wer bitte sonst, außer meinem hirn, sollte mir denn sagen, was ich zu tun hab?
 

hives

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Trestone schrieb:
Ein freier, aber unbewußter Wille ist natürlich nicht ganz so schön,
Ja, so sehe ich das auch: Man kann Freiheit als irgendetwas definieren, das mit tiefenpsychologischen Belangen oder "metaphysischen Entscheidungen" zu tun hat, und sich vor der ganzen Hirnaktivität abspielt. Unser Bewußtsein wäre somit zwar ein Epiphänomen des Körpers, die Freiheit jedoch auf eigentümliche Weise gerettet :?


andererseits fällt es mir auch schwer, mir "bewußte Freiheit" vorzustellen.
Naja, stell es dir so vor, wie es sich wohl meistens anfühlt: ein sich-selbst-bewußter "individueller Kern" trifft eine "freie Entscheidung" :lol:



Frappierend wäre für mich folgendes Experiment:
Jemand sagt mir meine subjektiv freien Handlungen voraus (z.B. mittels abgeleiteter Erregungsmuster) - und ich kann dann tatsächlich nicht anders handeln! Allerdings müßte die Vorwarnzeit (theoretisch) noch für eine "Gegenhandlung" ausreichen, was beim Libet-Experiment wohl nicht gilt.
Die Zeit zwischen Hirnpotential und bewußter Entscheidung wäre bspw. die mögliche Chance für eine Art "letztes Veto" - die experimentelle Überprüfung einer derartigen Möglichkeit wäre denkbar - allein wäre sie nicht schon beim ersten Experimentieren entdeckt worden?

Den exakten Zeitpunkt deiner Entscheidung schon einige Zeit vor deinem Hirnpotential abzuleiten, halte ich zwar prinzipiell für möglich, jedoch müssten zu viele Faktoren (äußere wie innere) berücksichtigt wreden, von denen einige (zb. psychische) Komponenten noch nicht wirklich verstanden sind. Momentan also nicht hundertprozentig zuverlässig möglich und allgemein sehr aufwendig. Aber behalten wir den Gedanken in Erinnerung :)


antimagnet schrieb:
du hast keinen freien willen, weil dir dein hirn schon vorher befiehlt, was du zu tun hast. du folgst dann nur noch den vorgaben deines hirns.

da machen sie aber meiner meinung nach den fehler, hirn und ich zu trennen. sie sagen ja praktisch: egal, wofür du dich entscheidest - dein gehirn hat sich schon vorher entschieden.

wer bitte sonst, außer meinem hirn, sollte mir denn sagen, was ich zu tun hab?

Natürlich bist du auch dein Gehirn ( :gruebel: ), aber du denkst nicht bewußt deine sämtlichen neurophysiologischen Prozesse, und gemeinhin verbinden wir unser Ich eben mit unserem Denken, dem Bewußtsein. Wenn du anerkennst, dass unsere Entscheidungen durch neurophysiologische Prozesse getroffen werden, und unsere bewußten Entscheidungen damit nicht mehr aber auch nicht weniger sind als Folgeerscheinungen von biologischen Prozessen, dann definierst du dein Ich als ein neurophysiologisches Netz, und dein Bewußtsein als ein sekundäres Epiphänomen, oder nicht?
 

Satanarchist

Geselle
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Ich glaube an Determinismus und darum nicht an free will

Ein Beispiel:

Der Laplace Dämon

Der von 1749 bis 1827 lebende Physiker Laplace beschrieb die philosophischen Folgen des Weltbildes der klassischen Physik mit den folgenden Worten:

"Wir müssen also den gegenwärtigen Zustand des Universums als folge seines früheren Zustandes ansehen und als Ursache des Zustandes, der danach kommt. Eine Intelligenz, die in einem gegebenen Augenblick alle Kräfte kennt, mit denen die Welt begabt ist, und die gegenwärtige Lage der Gebilde, die sie zusammensetzen und die überdies umfassend genug wäre, diese Kenntnisse der Analyse zu unterwerfen, würde in der gleichen Formel die Bewegungen der grössten Himmelskörper und die des leichtesten Atoms einbegreifen (die Weltformel?). Nichts wäre für sie ungewiss; Zukunft und Vergangenheit lägen klar vor ihren Augen. Der menschliche Geist bietet in der Vollkommenheit, die er der Astronomie zu geben gewusst hat, ein kleines Abbild dieser Intelligenz".

---

Stellt euch mal folgende Frage:


Gott "stoppt" den Lauf der Zeit und "kopiert" das Universum

Dann laesst er die beiden (voellig identischen) Universen wieder laufen.

Laufen beide Universen gleich ab :?:





Moegliche Antworten:

a) ja - Determinismus, kein freier Wille
b) nein - Indeterminus (es gibt Zufaelle, wie Quantenmechanik), auch kein freier Wille



Ich bezeichne mich als sog. "harten Determinist"
Der oben beschr. Daemon koennte die Welt ohne Zeit sehen.
Es ist aber vom Fatalismus zu unterscheiden, der sagt dass es ein unentrinnbares Schicksal gint egal was du tust.


Der Merowinger hat schon Recht gehabt

actio - reactio

Alles andere waere eine Verletzung der Naturgesetze


Einstein
"Der liebe Gott wuerfelt nicht"
 

antimagnet

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hives schrieb:
antimagnet schrieb:
du hast keinen freien willen, weil dir dein hirn schon vorher befiehlt, was du zu tun hast. du folgst dann nur noch den vorgaben deines hirns.

da machen sie aber meiner meinung nach den fehler, hirn und ich zu trennen. sie sagen ja praktisch: egal, wofür du dich entscheidest - dein gehirn hat sich schon vorher entschieden.

wer bitte sonst, außer meinem hirn, sollte mir denn sagen, was ich zu tun hab?

Natürlich bist du auch dein Gehirn ( :gruebel: ), aber du denkst nicht bewußt deine sämtlichen neurophysiologischen Prozesse, und gemeinhin verbinden wir unser Ich eben mit unserem Denken, dem Bewußtsein. Wenn du anerkennst, dass unsere Entscheidungen durch neurophysiologische Prozesse getroffen werden, und unsere bewußten Entscheidungen damit nicht mehr aber auch nicht weniger sind als Folgeerscheinungen von biologischen Prozessen, dann definierst du dein Ich als ein neurophysiologisches Netz, und dein Bewußtsein als ein sekundäres Epiphänomen, oder nicht?

yeah, genau!

:D

cool, epiphänomen kannte ich noch nicht, aber das gefällt mir!

also fast genau - ich glaube, ich würde mein ich nicht von meinem bewusstsein unterscheiden wollen. aber ein neurophysiologisches netz, das die biologische basis für eine art "virtueller" überbau ist (wäre das nicht das epiphänomen?) namens ich, bewusstsein, ego, schieß-mich-tot, freier wille etc., so würd ich mir das vorstellen...
 

Trestone

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Als unverbesserlicher "Frei-williger" habe ich noch einen Gedanken:

Mein "ich" besteht aus mehr als meinem Bewußtsein:
Z.B. habe ich im Bewußtsein meist Sprache und Bilder, bei Entscheidungen läuft aber sicher das meiste im "vorsprachlichen" Bereich ab. Das "Sprach-Bewußtsein" ist dann nur eine Art letzte Instanz.
 

komischerKerl

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ich weis nicht so recht ob wir dasselbe meinen,
unter verschiedenen "bewußtseinstufen" verstehe ich die aufteilung in
"es", "ich" und "überich".

oder meinst du verschiedene denkweisen wie die von legastemiker (kennt eigentlich jemand einen "test" anhand dessen man dies feststellen kann) und "uns"?

kann mit dem satz nicht viel anfangen...mal wieder zu doof...tut mir leid!
 

Trestone

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@Satanarchist: Zur kopierten Welt.
Wenn die Kopien ununterscheidbar wären, spielt es keine Rolle, dass es mehrere gibt. (So wird das Idenditätsprinzip meist benutzt.)

Die beiden Welten dürften aber auch nicht in Beziehung zueinander stehen
(sonst wäre ja eine "rechts" und eine "links" oder so ähnlich, also unterscheidbar).

Kurz: Nach meinem Gebrauch von "identisch" kann es identisches (für mich) nicht zweimal geben und daher bleibt alles stets gleich.

Handelt es sich aber um zwei Welten mit Informationsaustausch, so könnten wir von der "anderen" Welt immer nur genau das empfangen, was wir ihr senden, d.h. nichts neues erfahren, wenn beide Welten wie zwei riesige synchrone Uhrwerke wären.

Meine intuitive Antwort auf die Frage, wie es nach dem Kopieren weitergeht sieht wie folgt aus:
1) Wenn nur die physikalische Welt kopiert wird, gehts unterschiedlich weiter, da mein freier Wille zuschlägt.
2) Wenn ich und alles "Geistige" mitkopiert wird, sollte alles gleich bleiben.

Man scheint aber schon einen Gott zu brauchen, um die Welt kopieren zu können, denn z.B. nach der Unschärferelation scheint es praktisch und theoretisch unmöglich den genauen Zustand der Welt zu ermitteln...
 

Trestone

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@komischerKerl:
Was ich genau unter meinem "ich" verstehe oder meinem "Bewußtsein" weiß ich nicht so richtig (Altes Rätsel: erkenne dich selbst!).
Allerdings findet sich dort mehr als die Instanzen "Ich", "Es", "Überich",
und irgendwie ist es auch mit unbewußten Anteilen eine Einheit. Für diese Intuitionen und Gefühle reicht Sprache nicht ganz aus, andererseits werden mir Gedanken letztlich meist in Form von Sprache bewußt.
(Wie kommuniziere ich mit meinem Geist?)
Der eigentliche "Freiheitskern" (=Geist?) ist für mich weitgehend unbewußt, was aber nur heißt, dass er meist nicht ganz im Bewußtsein
wahrgenommen wird - hat (fast) nichts mit dem "Unbewußten" aus der Psychologie zu tun.
Eher Hinweis auf vielleicht eine andere Dimension.
 

hives

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Trestone schrieb:
Der eigentliche "Freiheitskern" (=Geist?) ist für mich weitgehend unbewußt, was aber nur heißt, dass er meist nicht ganz im Bewußtsein
wahrgenommen wird - hat (fast) nichts mit dem "Unbewußten" aus der Psychologie zu tun.

Imho keine besonders elegante Lösung: du trennst Freiheit von Bewußtsein ("meist nicht ganz wahrgenommen" müßtest du schon weiter ausführen um dies zu relativieren) und begibst dich anschließend auf die Flucht in die Transzendentalmetaphysik, die noch weit vor jedem Hirnpotential und Bewußtsein unseren "Freiheitskern" gewährleistet - und natürlich hätte das was mit dem "Unbewußten" der Psychologie zu tun: es geht im Geist vor und ist nicht bewußt - wenn das Nicht-Bewußte des menschlichen Geistes deine Freiheit repräsentiert, kannst du anstelle der metaphysischen Pseudo-Freiheit auch gleich einen biologischen Determinismus vertreten - auf deine freie Entscheidung hätte beides die gleiche vernichtende Auswirkung, da du sozusagen nur deine Dispositionen beeinflusst, was mit der direkten Entscheidung nichts zu tun hat...


Spinoza (1632 bis '77) über den freien Willen:

Der Wille ist nur ein gewisser Modus des Denkens wie der Verstand; und daher kann jede einzelne Wollung nur dann existieren und zum Wirken bestimmt werden, wenn sie von einer anderen Ursache bestimmt wird, und diese wieder von einer anderen und so weiter ins Unendliche....
Folglich kann der Wille nicht eine freie Ursache genannt werden, sondern eine notwendige und gezwungene...
Wille und Verstand verhalten sich zu Gottes Natur wie Bewegung und Ruhe und überhaupt alle Naturdinge...
 

antimagnet

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oisa, für mich stellt sich das so dar:

es gibt im hirn elektrische impulse.
das sind meine gedanken.
das sind keine ursache für meine gedanken, das ist auch keine folge von meinen gedanken. das sind meine gedanken. und zwar alle. die, die mir bewusst sind, und die, die mir unbewusst sind.

wenn ich spinoza (bei hives) richtig verstanden habe, fragt er mich dann folgendes:

irgendwie muss ja etwas die impulse auslösen. wenn die impulse, die gedanken sind, können sie selbst nicht der auslöser sein. und so sucht spinoza den auslöser.

ich aber sage:
der ganze körper, inkl. hirn und elektrischen impulsen sind der auslöser. auslöser für sich selbst praktisch.

denn ich frage spinoza zurück:

wieso schlägt mein herz?

antwort:
es hat einen impulsgeber (ist doch so, oder? schwammige erinnerungen aus der schule...)

aber wie funktioniert der impulsgeber? funktioniert der impulsgeber in einem toten körper, in einem körper, in dem ein herz schlägt? ist der impulsgeber nicht auf durchblutung etc. angewiesen, also auf einen kreislauf, in einem lebenden körper mit herz, damit er funktioniert? irgendwann hat unser herz einmal angefangen zu schlagen bzw. der impulsgeber angefangen zu pulsieren. vielleicht ausgelöst durch eine bestimme hormongabe im mutterleib, oder sowas. mir ist wurscht, was dabei im millisekunden-abstand zuerst passiert sein soll (gibts da ne antwort drauf?). ob jetzt zuallererst de rimpulsgeber gezuckt hat und sich daraufhin das herz in bewegung setzt, oder andersrum.

und so seh ich auch das mit dem hirn und mit den gedanken. gedanken schubsen sich selber an, und wenn man mal nicht aktiv denkt, im schlaf, tut das das gehirn von alleine - damit es immer weiterläuft.
 

annihilator

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interessanter gedanke antimagnet, d.h also, dass du sagst, dass es keinen freien willen gibt, da unsere gedanken durch andere gedanken, impulse etc ausgelöst werden, was ja dann nicht frei sei kann, sondern eben eine pysikalische ursache-wirkung.
am ende sind wir beim urknall, der auslöser aller gedanken ist, die meinen sie hätten so etwas wie (freien) willen
 

morgenroth

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Es gibt keinen freien Willen,es gibt noch nichtmal Freiheit.
Zu dem, was hier als freier Wille beschrieben wird,ist auch eine Kuh in der Lage.Sie hat die freie Entscheidung zu fressen,zu laufen,zu scheißen oder zu schlafen.Gut-das menschliche Repertoire ist ein wenig grösser,aber denoch an Rahmenbedingungen (Parameter) gebunden.Innerhalb dieser bedingungen kann man sicherlich denken und handeln wie es einem beliebt,aber unter Freiheit in seiner reinsten Form verstehe ich etwas anderes.
 

hives

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antimagnet schrieb:
es gibt im hirn elektrische impulse.
das sind meine gedanken.
das sind keine ursache für meine gedanken, das ist auch keine folge von meinen gedanken. das sind meine gedanken. und zwar alle. die, die mir bewusst sind, und die, die mir unbewusst sind.

wenn ich spinoza (bei hives) richtig verstanden habe, fragt er mich dann folgendes:

irgendwie muss ja etwas die impulse auslösen. wenn die impulse, die gedanken sind, können sie selbst nicht der auslöser sein. und so sucht spinoza den auslöser.

ich aber sage:
der ganze körper, inkl. hirn und elektrischen impulsen sind der auslöser. auslöser für sich selbst praktisch.

Spinoza sagt nichts anderes! Und ich stimme dir ebenso zu - jedoch ist der "Auslöser" als ein Produkt von Wechselwirkungen zu denken: Selbstverständlich entstehen Wechselwirkungen innerhalb des Körpers von Organismen - diese sind jedoch durch äußere und innere Dispositionen bestimmt: je nach Sichtweise etwa genetische Dispositionen, allgemeine und persönliche "Kategorien", Ausprägung des Hormonsystems oder auch die Tiefenstruktur des Unbewußten.
Außerdem sind die ersten "Wirkungen", die zum Entstehen deines Körpers beigetragen haben, natürlich auch extern zu suchen, zb. in der Verschmelzung von zwei Zellen, und somit der Beginn jener Reihe der externen und internen Wechselwirkungen die auch zur Entstehung und Ausprägung deines Bewußtseins sowie deiner internen Dispositionen verantwortlich ist.

und so seh ich auch das mit dem hirn und mit den gedanken. gedanken schubsen sich selber an, und wenn man mal nicht aktiv denkt, im schlaf, tut das das gehirn von alleine - damit es immer weiterläuft.

Ja, von externen Einflüssen abgesehen wirst du auch durch viele interne Wechselwirkungen bestimmt. Somit könntest du die Verarbeitungsart der äußeren Einflüsse durch dein Nervensystem (samt sonstiger interner Wechselwirkungen) als deinen freien Willen interpretieren - nur wäre das eine deterministische Sichtweise, die den Begriff "freiheit" schon sehr überstrapaziert, da die "Freiheit" lediglich in den Bestimmungen deines Körpers liegt, die er durch interne und externe Einflüsse erhalten hat.

Sofern du als "Auslöser" ein Ergebnis von Wechselwirkungen gelten lässt, verlässt du nicht den Determinismus. Freiheit lässt sich sicher vielfach umdefinieren - die (um es postmodern auszudrücken) Dekonstruktion des freien Willens verlangt imho jedoch vor allem nach einer weiteren Auseinandersetzung mit dem Prinzip der (bewußten) Entscheidung als Modus des Verstandes.




morgenroth schrieb:
Innerhalb dieser bedingungen kann man sicherlich denken und handeln wie es einem beliebt,aber unter Freiheit in seiner reinsten Form verstehe ich etwas anderes.

Das ist eine wundervolle Gegenthese.
Ich bin gespannt auf deine Interpretation der Libet-Experimente! :wink:
 

Hammerhand

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Vorweg muss ich zugeben, die vorherigen Antworten nicht gelesen zu haben. Deswegen schreibe ich nur die Ergüsse meiner Gedanken nieder.

Um diesen Frage beantworten zu können ist es wichtig zu fragen, ob wir determiniert sind. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass wir es definitiv sind, wenn auch nur in einem eingeschränkten Mass - teils durch genetische Veranlagung, Erziehung und Erfahrungen. Des weiteren beziehe ich mich auf Freud und seine Theorie der Zusammensetzung unseres Bewusstseins, das durch ES (Triebe), ICH (Verstand) und üBER-ICH (Gewissen) beeinflusst wird.
Wenn wir nun diese Faktoren berücksichtigen, werden wir zu dem Schluss kommen, dass Willensfreiheit im wortlichen Sinn unmöglich ist. Unsere Wille ist demnach grundsätzlich von viele biochemischen Faktoren determiniert. Das, was uns bleibt, und wodurch wir uns als Individuum definieren, ist ein Gefühl der Freiheit, welches die Summe aller dieser Faktoren erzeugt. Uns wird somit vorgegaukelt, dass wir frei denken würden.

Aber mal ganz ehrlich: mir reicht dieses Gefühl vollkommen aus!

Edit: Ich kann mich mit Spinoza nicht anfreunden. Seine Aussagen sind schwammig und zu interprätationbedürftig. Das gilt nicht nur für den "freien Willen" sondern alles, was er behandelt hat - zumindest die Dinge, die ich gelesen habe. Eine Mischung aus Epikur, Descartes, Kant und Nietzsche finde ich viel gesünder.
 

hives

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Hammerhand schrieb:
Edit: Ich kann mich mit Spinoza nicht anfreunden. Seine Aussagen sind schwammig und zu interprätationbedürftig. Das gilt nicht nur für den "freien Willen" sondern alles, was er behandelt hat - zumindest die Dinge, die ich gelesen habe. Eine Mischung aus Epikur, Descartes, Kant und Nietzsche finde ich viel gesünder.

Ohne jetzt die jeweilige Rolle in der Geistesgeschichte beurteilen zu wollen: ich persönlich würde im Vergleich Spinoza und Descartes den ersten eindeutig favorisieren:
Descartes ging von einer Trennung Körper-Geist aus, die Verbindung sollte die Zirbeldrüse darstellen.
Spinoza hingegen scheint von Kohelet ausgehend über den Empirismus in einen erhabenen Substanz-Pantheismus zu schreiten, der – da alles in und für Gott ist – sowohl die Willensfreiheit als auch strenggenommen die Individualität ad absurdum führt: Die Welt ist Gott. Daneben gibt es keine kleinen Götter.
Ich bin übrigens kein überzeugter Spinozist, er war nur einer der ersten Denker, die wirklich konsequent den freien Willen „dekonstruierten“ – diese und weitere „Sünden“ nicht nur gegen den Willen der Kirche – deshalb erwähnte ich ihn an dieser Stelle.

Und zum Thema Kant: Er selbst führte die „Willkür“ auf Triebe zurück, und reservierte die wirkliche „Freiheit“ für die Übereinstimmung mit dem Sittengesetz, seinem kategorischen Imperativ. Das ist ein seltsamer Kompromiss, der zudem die Existenz eines idealen Gesetzes als Prämisse für die Existenz einer freien Entscheidungen voraussetzt.
Selbst Fichte, der Kants Erkenntnislehre auf eine sichere Grundlage stellen wollte, sagte noch ehrlicherweise über den freien Willen: „Ich will selbständig sein, darum halte ich mich dafür,“ und konnte den freien Willen demzufolge – und so wie ich das sehe - auch nicht wirklich systemgetreu und konsequent begründen.

Epikur und insbesondere Nietzsche zähle ich ebenso zu meinen Insiprationen, darüberhinaus auch einige Existentialisten sowie Denker der Postmoderne - die Philosophie jedweder Epoche und Schule hat jedoch sicherlich ihre spezifischen Erkenntnisse :wink:
 

morgenroth

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@hives:Libet gibt in seinem Experiment vor,zwischen welchen möglichkeiten Du Dich entscheiden kannst:entweder hebst Du die Hand oder den Finger. Das sind die Rahmenbedingungen. Du hast nicht die Wahl den Fuss zu heben. Ich glaube das es mit unseren menschlichen Fähigkeiten immer so ist.
Das menschliche Hirn kann zwar eine menge "verarbeiten",aber doch nur das,was seine Sinne ihm vorgeben.Unser Hirn ist abhängig von seinem Input,und das widerum von der Fähigkeit der Wahrnehmung.Uns ist aber allein aus der Tierwelt bekannt,das es andere möglichkeiten der Wahrnehmung gibt.
Und selbst die wahrgenommenen Dinge,die ins menschliche Schema passen,werden von auch menschlichen eigenschaften gebremst.Gefühle wie Schmerz oder Angst verweisen uns oft in unsere Grenzen.

Wäre das nicht so,ließen sich die Menschen nicht in einem so relativ
komplexen System integrieren.

schöne Grüsse
morgenroth
 

morgenroth

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Wir haben kein Wissen und keine Wahl. Wir haben nicht mal einen Refferenzpunkt.Wir können nur glauben was unsere Vorfahren schon geglaubt haben,können es verbessern oder weiterführen,aber wir sind zu weit gegangen um bei null anzfangen.

wo ist da die FREIHEIT???
 

Trestone

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Wieso muss sich der freie Wille und die Entscheidung eigentlich im Bewußtsein abspielen, um "frei" sein zu können?

Falls ich vor einer Entscheidung stehe, und mich frage, was ich will, komme ich schließlich zu einem Entschluss, der mir bewußt ist.
Die Schritte bis zu diesem Entschluss sind sicher nicht alle bewußt, aber das heißt nicht zwingend, dass ich durch physikalische Ursachen (und unbewußte Motive) determiniert bin. Schließlich kann ich ja auch Kraft meiner Freiheit eingegriffen haben, wenn auch vielleicht mit unbewußten Ich-Anteilen.
Andererseits werde ich meinen mir endlich bewußten Beschluss meist noch einmal bewerten - und würde sicher meist noch ein Veto einlegen, wenn er meinem bewußten Ich zuwiderläuft.
Jedenfalls fühle ich mich selten zu Handlungen gezwungen, bei denen ich unter bewußter Abwägung aller vorliegender Alternativen und Konsequenzen lieber anders gehandelt hätte.
Dies beweist zwar keine Willensfreiheit (sondern beschreibt nur die Synchronizität von Willenswahrnehmung und anschließender Handlung) - widerlegt ist sie meiner Ansicht nach aber auch nicht.

Wie könnte eigentlich eine "bewußte" freie Willensentscheidung aussehen?
Da ich dazu meist nachdenke, müsste ich mir beim Denken sozusagen zusehen und zuhören können. Nun habe ich aber große Zweifel, dass man die Denkprozesse z.B. in Sprache angemessen abbilden kann. Zwar kann unser Bewußtsein neben Sprache auch Bilder vorstellen, aber richtig "Denken" kann es glaube ich nicht. Es werden nur Ergebnisse von Denkprozessen bewußt, nicht das Denken selbst.
 

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