Schwarze harren verzweifelt auf ihren Dächern in der Flut aus. Schwarze tragen ihre Kinder durch die Wassermassen. Schwarze rufen vor dem Sportstadion um Hilfe. Die Elends-Bilder aus dem vom Hurrikan "Katrina" verwüsteten New Orleans zeigen fast immer dunkelhäutige Menschen. Diese machen über zwei Drittel der Bevölkerung der Stadt aus. Und sie sind die Ärmsten hier und deshalb härter von der Katastrophe betroffen. Jeder quälend lange Tag, an dem die Verzweifelten auf Hilfe aus Washington warten mussten, hat bei vielen Schwarzen in den USA die Wut wachsen lassen. Ein US-Rapper schleuderte der US-Regierung bei einer TV-Benefiz-Gala bereits öffentlich das entgegen, wovon viele in den USA überzeugt sind: "George W. Bush sind die Schwarzen egal!"
Weil die Mehrheit schwarz ist
"Fünf Tage hat es gedauert", sagte der Rapper Kanye West mit Blick auf die Hilfe aus Washington. "Nur, weil die Mehrheit der Menschen schwarz ist." Der Sender NBC blendete seinen Gefühlsausbruch hastig aus. Doch das Thema, von den Fernsehsendern bis dahin weitgehend tabuisiert, drang schrill in die Wohnzimmer der USA. Auch andere schüren Emotionen. "Stellen Sie sich vor, Weiße fünf Tage lang auf den Dächern zu lassen", schreibt Filmemacher und Bush-Kritiker Michael Moore in einem offenen Brief an den Präsidenten: "Dass ich nicht lache!" Der bekannte Bürgerrechtler Jesse Jackson spricht von einer traditionellen Haltung in den USA. "Man kommt mit dem Leiden der Schwarzen einfach besser zurecht."
Weil es Arme am schlimmsten trifft
Mehr als 67 Prozent der Einwohner von New Orleans sind schwarz, fünf Mal mehr als im gesamten Land. 30 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze, fast drei Mal mehr als im Landesdurchschnitt. "Die Armen sind von Naturkatastrophen immer am schlimmsten betroffen", sagt Craig Colten, Geografie-Professor an der staatlichen Universität von Louisiana. In New Orleans hätten sich diejenigen Bewohner mit Macht und Geld die höher gelegenen Häuser gekauft. "Die Schwarzen sind mit voller Wucht getroffen worden." Zugleich betont Colten aber, dass auch weiße Viertel überschwemmt wurden.
Auch Weiße standen auf den Dächern
Auch Lakeshia Evans, schwarzes Hurrikan-Opfer aus New Orleans, will nicht pauschal verurteilen. "Auch Weiße standen auf den Dächern ihrer Häuser", sagt die 29-Jährige. "Viele sind zornig über Rassismus, aber die Katastrophe hat alle getroffen", sagt sie. Auch US-Außenministerin Condoleezza Rice beschwichtigt: "Dass Amerikaner beschlossen haben, den einen zu helfen und den anderen nur wegen ihrer Hautfarbe nicht, das glaube ich nicht."
Weil sie nicht Bush gewählt haben
Rassismus oder nicht, die Bilder der schwaren Hurrikan-Opfer dürften Symbol einer traurigen Tatsache bleiben. "Die Schwarzen stehen systematisch auf den untersten sozialen Stufen", sagt William Jefferson, Abgeordneter aus Lousiana. "Das stellt unsere gesamte Gesellschaft in Frage". Und der Zorn der Schwarzen im Lande ist eine Realität, mit der die US-Regierung umgehen muss. "Viele von ihnen haben den Eindruck, die Hilfe komme so schleppend, weil sie nicht für Bush gestimmt haben", sagt der Politologe Ron Walters von der US-Universität Maryland. "Und dieses Gefühl wird sich nicht so schnell verflüchtigen."