Schweden will seine Mueller-Kommission bilden

markfromm

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In den letzten Jahren berichten die Medien über die äußere Einmischung in die Wahlen in verschiedenen Ländern. Zwar versuchten die Staaten im Laufe der Weltgeschichte, auf innere Angelegenheiten voneinander Einfluss auszuüben, doch wurde die Einmischung in die Wahlkampagnen von außen gerade heute zu einem Hauptmittel im Kampf für die Einflusszonen und Weltführung. Die Versuche, die Wahlen zu beeinflussen, werden auf allen Ebenen unternommen - von Gemeinden bis die Präsidentenwahlen. Dabei werden verschiedene Instrumente eingesetzt, darunter geheime außenpolitische Unterstützung mit Hilfe von ausländischen Medien und Desinformation im Internet, geheime Finanzierung, Cyberangriffe, Kuhhandel usw. Die USA, Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Polen und andere Staaten sind schon solcher Einmischung zum Opfer gefallen.

Die jüngsten Wahlen in Schweden waren keine Ausnahme. Die Behörden sagen über die möglichen Versuche der äußeren Einwirkung auf die Reichstagswahl. Die aktive Beeinflussung von außen hat zu einem sensationellen Erfolg der rechtspopulistischen Partei Sverigademokraterna (Die Schwedendemokraten) geführt, die ihre Positionen im Parlament verstärkt hat, und dies hat die Verteilung der politischen Kräfte in Schweden geändert und die Bildung der neuen Regierung erschwert. Solche Meinung äußerte der bekannte schwedische Politiker und Diplomat Carl Bildt. Er meint, die Wahlen mit solchen Verletzungen und mit so einem unfairen Spiel können nicht anerkannt werden.

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Außerdem rief der Politiker zur Schaffung der Sonderkommission für die Untersuchung der möglichen Einmischung in die schwedische Wahl auf und schlug dabei vor, die US-Kommission von Robert Mueller, die sich mit der russischen Einflussnahme auf den Wahlkampf in den Vereinigten Staaten 2016 beschäftigt, zum Vorbild zu nehmen. Es sei bemerkt, dass die Initiative von Bildt aktuell ist. Heute finden fast keine Wahlen ohne Berichte über die mögliche ausländische Beeinflussung. Der Politiker hat es richtig bemerkt, die Öffentlichkeit habe immer weniger Vertrauen in das Wahlsystem. Viele glauben an Gesetzlichkeit, Gerechtigkeit und Transparenz der Wahlen kaum. Vielleicht kann die Bildung der Sonderkommissionen auf der nationalen Ebene oder eines internationalen Organs, die gegen die Bestrebungen einiger Staaten, sich in den Wahlkampf anderer Länder einzumischen, kämpfen würden, diese Tendenz bewältigen, die zur Pest des XXI. Jahrhunderts geworden ist.
 

Giacomo_S

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Die aktive Beeinflussung von außen hat zu einem sensationellen Erfolg der rechtspopulistischen Partei Sverigademokraterna (Die Schwedendemokraten) geführt, die ihre Positionen im Parlament verstärkt hat, und dies hat die Verteilung der politischen Kräfte in Schweden geändert und die Bildung der neuen Regierung erschwert. Solche Meinung äußerte der bekannte schwedische Politiker und Diplomat Carl Bildt. Er meint, die Wahlen mit solchen Verletzungen und mit so einem unfairen Spiel können nicht anerkannt werden.

Leider verstehe ich kein Schwedisch, dennoch kann ich diesen Standpunkt nicht teilen. Denn er erklärt nicht, warum sich die Wähler von so einer Beeinflussung - so sie denn stattfand - überhaupt beeinflussen ließen.

Aktuell lese ich das Buch "Grenzen des Wettbewerbs. Die Globalisierung der Wirtschaft und die Zukunft der Menschheit." der "Gruppe von Lissabon".
Das Buch ist aus dem Jahr 1995, seitdem sind mehr als 20 Jahre vergangen.
Als eine der Folgen der Globalisierung sagt dieses Buch die Zunahme rechtspopulistischer Bewegungen in der westlichen Welt voraus - und das erleben wir gerade, nicht nur in Schweden.

Die Gründe dafür sind vielschichtig, verkürzt lässt sich aber die kritiklose, globale Umsetzung der Ideologie des weltweiten "freien Wettbewerbs" mit all seinen negativen Folgen nennen. Wir haben es in den letzten 40 Jahren zugelassen, immer mehr soziale und ökonomische Aufgaben zu privatisieren und die Sozialsysteme wurden heruntergefahren. Trotz stetigem Wirtschaftswachstum wurde das damit verbundene Versprechen eines höheren Wohlstandes für alle nicht eingelöst, das Gegenteil war der Fall.
Für die große Mehrheit bedeutete das, negative Konsequenzen wie Lohndumping, Arbeitslosigkeit und sozialen Abstieg hinzunehmen, während einzelne zu Superreichen aufstiegen. Andere Folgen dieses Prozesses wie die Marginalisierung der Gewerkschaften und Armutsmigration verschärfen die Problematik noch.

Eine soziale Marktwirtschaft, in der wenige Reiche am "Markt" große Kasse machen und viele Arme "sozial" die negativen Konsequenzen tragen, muss dem Wähler wie ein Hohn vorkommen.
Bürgerliche Politiker haben daran nichts geändert, vielmehr haben sie diesen Prozess vorangetrieben, zugunsten des Goldenen Kalbs des Freien Wettbewerbs. Und oft genug haben sie gemeint, Entwicklungen einfach aussitzen zu können.

Was derzeit passiert, ist die Quittung, die die bürgerlichen Parteien dafür erhalten. Neuwahlen werden daran auch nichts ändern, es wäre ein Kurieren an den Symptomen. Selbst wenn man Bildts Aussage folgt: Wer kann denn durch welche Maßnahmen garantieren, dass eine Neuwahl nicht äußerer Beeinflussung unterläge?
Die bürgerlichen Parteien haben sich selbst den Machtstrukturen der Wirtschaft unterworfen und wenn's Probleme gab, mit den Schultern gezuckt.
Warum sollten die Menschen sie jetzt wählen?
 

hives

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Das Buch ist aus dem Jahr 1995, seitdem sind mehr als 20 Jahre vergangen.
Als eine der Folgen der Globalisierung sagt dieses Buch die Zunahme rechtspopulistischer Bewegungen in der westlichen Welt voraus - und das erleben wir gerade, nicht nur in Schweden.
Ja, die Zunahme rechtspopulistischer Wählerstimmen sieht man bei Betrachtung des europäischen Mittelwerts sogar seit den 80er Jahren (https://sites.hks.harvard.edu/fs/pnorris/Acrobat/APSA 2004 Radical Right.pdf, S. 8; https://faculty.uml.edu/sgallagher/Trump_Populism_Norris.pdf, S. 37). Seit etwa der gleichen Zeit nimmt auch die Ungleichheit der Einkommen im Schnitt zu (https://ei.marketwatch.com/Multimedia/2017/12/14/Photos/NS/MW-GA185_nation_20171214085801_NS.jpg).

Und dass man in der Wirtschaft nicht unbedingt Probleme mit Rechtspopulisten hat, wenn die Bevölkerung dafür "bereit" ist, es keine Strafen oder Boykottaktionen zu fürchten gibt und eben die Wirtschaftspolitik stimmt, illustriert auch aktuell bspw. die Freude über Bolsonaro:
In Gesprächen mit einem Dutzend Vertretern vor und nach den Stichwahlen lautet der Konsens: Die Unternehmen hoffen darauf, dass jetzt die Zeit der Instabilität vorbei ist. Bolsonaro könne dem Land die dringend notwendige Stabilität geben, sagt Stefan Conrad, CEO von Zurich Airport Latin America. [...]
Conrad begrüsst, dass die Regierung Bolsonaros und seines Wirtschaftsministers Paulo Guedes grundsätzlich offen sei für Privatisierungen. Zudem sei es im jetzt rechts dominierten Abgeordnetenhaus leichter, wirtschaftliche Reformen umzusetzen.
https://www.nzz.ch/wirtschaft/brasiliens-bolsonaro-weckt-keine-angst-bei-unternehmern-ld.1436322
 
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