Propaganda Due - Die Geheimloge P2

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Wie gefährlich Geheimbünde sein können, die ein enormes Machtpotential vereinen, zeigt uns ein Blick nach Italien. Es begann 1877:

Giuseppe Mazzoni, Großmeister des Großorients von Italien, gründete in Rom die Propaganda Massonica Loggia. Das Ziel dieser Loge: Die größten Geister des Landes in einer eigenen Bauhütte (Synonym für Freimaurerloge) zu vereinen. Mitglieder wurden bedeutende Politiker, Dichter und Gelehrte:
Aurelio Saffi, Giosue Carducci, Francesco Crispi, Agostino Bertani, Nicola Fabrizi, Giuseppe Zanardelli, Giovanni Bovio, Quirico Filopanti, Giuseppe Ceneri, Oreste Regnoli, Luigi Orlando, Francesco Magni, Gaetano Tacconi, Giacomo Sani, Emilio Cipriani, Pietro Ripari, Eugenio Chiesa u.a. Nur der normale Bürger hatte keinen Zutritt. Giuseppe Mazzonis starb im Jahre 1880.
Die Loge wurde mit gleichem Ziel, der Aquisition von einflussreichen Leuten , 1887 unter dem Namen Propaganda Due (P2) neu gegründet. Sie sollte das maurerische Gegenstück zur römischen Kurienkongregation Propaganda Fide bilden. 1944 ging sie angesichts des Faschismus unter und wurde nach 1944 neu begründet.

1974 war sie schließlich so mächtig und einflussreich, dass auf dem Großlogentag der Freimaurer im Dezember einstimmig ein Auflösungsbeschluss verabschiedet wurde. 1976 wurde dieser endgültig wirksam. Doch dieses geschah nur auf dem Papier – so einfach kann man einen Zirkel derart mächtiger Leute nicht auflösen, es fanden weiterhin regelmäßige Treffen der P2 Brüder statt. Der Großmeister der Loge, Lizio Gelli, sicherte seinen Logenbrüdern die Geheimhaltung ihrer Namen zu.
Lizio Gelli war ein überzeugter Faschist und schon bei den “Schwarzhemden“ Mussolinis aktiv. Er wurde später Verbindungsoffizier der Nazis und SS-Obersturmbannführer. Nach dem Krieg entkam er dem Tod durch Erschießen auf der sogenannten "Rattenlinie" nach Argentinien, welches Ziel vieler Nationalsozialisten und Nazi-Kollaborateure war. Er diente unter dem argentinischen Diktator, Juan Peron, über 10 Jahre als Wirtschaftsberater. Nachdem er nach Italien zurückgekehrt war, knüpfte er Kontakte zur Democratia Christiana sowie zu höchsten kirchlichen Kreisen.

Die P2 kooperiert sehr eng mit italienischen, aber auch mit ausländischen Geheimdiensten. So besaß das Pentagon angeblich eine komplette Liste aller Logenbrüder. Die Loge spielte in strategischen Plänen des amerikanischen Geheimdienstes eine große Rolle als Bollwerk gegen den Kommunismus in der Zeit des Kalten Krieges.
Nach einem Geheimtreffen Gellis in der US-Botschaft in Rom 1974 erhielt die P2 eine „internationale Legitimation“. Gesprächspartner waren Henry Kissinger, damals nationaler Sicherheitsberater des US-Präsidenten, und Alexander Haig, NATO Supreme Commander und Chief of Staff im Weißen Haus unter Präsident Nixon.
Die beiden geben Gelli Zusagen für weitere Finanzmittel. Diese sollten für eine weitere Intervenierung ("Internal Subversion") in das politische System Italiens verwendet werden. Die P2 sollte als der direkte Arm der US-Sicherheitsdienste in der Legislative Italiens eine weitere Ausbreitung der kommunistischen Partei verhindern.

Dick Brenneke, Ex-CIA-Agent, berichtet, dass P-2-Chef Lizio Gelli durch ihn viel Geld von der CIA erhalten hätte: “um die italienischen Kommunisten von der Macht fernzuhalten“. Zirka 500 Millionen Dollar wurden jährlich von England und den USA in diese Organisation gesteckt.
Mindestens 10 Milliarden Dollar flossen innerhalb von 20 Jahren aus den Wehretats der Supermächte auf die Konten der P2. Diese Gelder sollten die völlige Unterwanderung der Massenmedien ermöglichen. Da kommt einem unwillkürlich der Name des P2-Mitgliedes Silvio Berlusconi in den Sinn, der in den siebziger Jahren vom Bauunternehmer zum Medienzaren befördert wurde. Der Eintritt Berlusconis in die Geheimorganisation Propaganda Due (P2) ist mit dem 26. Januar 1978 belegt. Er war dort der "Gruppe 17" zugeteilt. Aus den Unterlagen der parlamentarischen Untersuchungskommission geht weiter hervor, dass Berlusconi die Mitgliedkartennummer 1816 und den Code "E 19 78" hatte. Als Beitragssumme ist auf der Mitgliedskarte 100.000 Lire vermerkt.

Was bei den Treffen der P2 nun wirklich geschah, darüber kann nur spekuliert werden. Noch heute bringen die Staatsanwaltschaften in Italien immer neue Verbrechen der P2 zu Tage. Ein bekanntes Hauptziel war es wohl, dem drohenden Linksrutsch Italiens entgegenzuwirken, da die Kommunistische Partei (PCI) damals sehr beliebt war. Dabei war jedes Mittel recht:

Putschversuche, Erpressungen, politische Skandale, Bankenzusammenbrüche, Unterschlagungen, Morde (z.B. der Fall Aldo Moro) und Bombenattentate – das waren Vorgänge, in die die P2 verwickelt war. Unter Anderem auch in eines der blutigsten Attentate in der Nachkriegsgeschichte: Am 2. August 1980 werden am Bahnhof von Bologna 85 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt.
Zwei Mitglieder der faschistischen NAR (Bewaffneten Revolutionären Kerne) werden zu lebenslanger Haft verurteilt. Die mutmaßlichen Auftraggeber, Lizio Gelli (P2) und Francesco Pazienza (CIA) bekommen je zehn Jahre Haft. Im Zuge dieser Ermittlungen werden auch zwei Offiziere des SISMI (SISMI - militärischer Auslandsgeheimdienst Italiens) für das "Legen falscher Spuren" zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Gegen Gelli wurde auch wegen des Verdachts des betrügerischen Konkurses in Zusammenhang mit dem Zusammenbruch des Bankhauses Ambrosiani ermittelt. Gelli stand in Kontakt mit Roberto Calvi, Vorsitzender der Banco Ambrosiano - sie war eine der größten, nichtstaatlichen Banken Italiens. Man geht davon aus, dass Gelli über diverse Druckmittel gegenüber Calvi verfügte: 1967 trat der Chef des Italienischen Seceret Service mit Dossiers über 150.000 Persönlichkeiten des italienischen öffentlichen Lebens in die P2 ein.
Calvi schöpfte seine Gelder über Konten des Vatikans (Instituto per de Religione, IOR) ab, um das einfließende Geld der CIA zu waschen. Laut Aussage des Mafia-Aussteigers Francesco Mannino Mannoia diente Calvis "Banco Ambrosiano" aber auch der Geldwäsche der Mafia.
Da Calvi durch den Konkurs nun auch die Gelder der Mafia nicht mehr zurückzahlen konnte, war sein Schicksal besiegelt: Am 17.6.82 wird Calvi tot (erhängt) in London gefunden. Pippo Calo, Mafia-Statthalter von Rom, erteilte den Mordauftrag. Gelli entzog sich der Verhaftung durch Flucht in die Schweiz, wo er 1982 in Auslieferungshaft kam.

Als die Gruppe P2 1981 aufflog, zählte sie 2500 Mitglieder:
Der komplette Generalstab des Heeres - 43 hochdekorierte Generäle, darunter die gesamte Führungsspitze der Geheimdienste der letzten drei Jahrzente - hohe Polizeiführer und Carabinieri-Generäle sowie etwa 400 Offiziere. Die rechte Hand des Logenmeisters war der ehemalige Geheimagent Francesco Pazienza.
Man sprach von einer der „gefährlichsten Verflechtungen“ politischer und strafrechtlicher Kriminalität. 1982 wurde die P2 als endgültig aufgelöst erklärt, man hat aber bereits Anzeichen für eine P3 gefunden.

Am 2. August 1983 gelang Gelli aus dem angeblich sichersten Gefängnis der Schweiz die Flucht per Helikopter. Der Ausbruch wurde vermutlich vom deutschen und italienischen Geheimdienst geplant und ausgeführt. Im September 1987 stellte sich Lizio Gelli aus gesundheitlichen Gründen in Genf den Justizbehörden. Er wurde in der Schweiz wegen Beamtenbestechung und Passvergehen verurteilt und an Italien mit der Auflage ausgeliefert, dass er nicht wegen Beteiligung an terroristischen Aktionen angeklagt werden dürfe.
Die Hintermänner des Attentats von Bologna wurden deshalb nie bestraft. Musumeci, Belmonte und Gelli wurden lediglich wegen Behinderung der Justiz verurteilt. 1994 wurde Gelli zudem noch von allen Korruptionsvorwürfen frei gesprochen.

Auch Silvio Berlusconi konnte bis heute allen Anschuldigen und Anklagen aufgrund seiner Stellung und Ausnutzung seiner Macht entgehen. Wessen Interessen (außer seinen eigenen...) vertritt Berlusconi wirklich?
In Anbetracht dessen, dass es ihm gelungen ist, einen Großteil der italienischen Medien unter seine Kontrolle zu bringen, unabhängige Richter vorzuführen und Gesetze nach seinem Gutdünken zu ändern, können dem kritischen Beobachter folgende Gedanken kommen:
Sind die Strukturen der Propaganda Due wirklich aufgelöst? Oder fungiert Silvio Berlusconi, der Italien eher wie eine Bananenrepublik als ein demokratisches Land mitten in Europa regiert, als verlängerter Arm eben dieser Loge? Sind es nicht nur reine, persönliche Machtinteressen die ihn leiten, sondern handelt er sozusagen in „höherem Auftrag“?

Auf diese Fragen wird es an dieser Stelle keine endgültige Antwort geben können, aber sie könnten als Anregung gelten, die Entwicklung in Italien zukünftig vielleicht von einer etwas anderen Perspektive aus zu sehen.
 
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