Miese Filme

Mr. Anderson

Ehrenmitglied
Registriert
24. Februar 2004
Beiträge
2.930
Dass die (immerhin in einer Traumumgebung) unendlich viel Munition haben, würde ich jetzt einfach mal so hinnehmen; was mich an den Schießereien stört, ist eher, dass sie weder einen dramaturgischen Effekt haben, noch in sich irgendwie ein dramatisches Ereignis sind, da einfach nichts passiert (mit Ausnahme der einen Kugel, die Saito trifft), noch – als Kompensation dafür – besonders gut gemacht sind. Sie wirken meistens einfach nur willkürlich und sinnlos in den Film eingeschoben, und das fängt irgendwann an zu nerven.
Daher hätten sie sich das meiste Geballer eigentlich sparen können; die wesentlichen Sabotageakte werden sowieso von Cobbs Frau (Mal) erledigt.
 

pierremoose

Meister
Registriert
5. Dezember 2005
Beiträge
161
was mich an den Schießereien stört, ist eher, dass sie weder einen dramaturgischen Effekt haben, noch in sich irgendwie ein dramatisches Ereignis sind, da einfach nichts passiert

Absolut deiner Meinung:) Um mal die von mir in meinem anderen Post angesprochene South Park Folge "Insheeption" zu zitieren:

Inception Guy #1: Is this the dream, or the dream within the dream?
Inception Guy #2: It doesn't matter! Just keep shooting! :D :D

Interessanterweise bewertet der bereits genannte Filmkritiker Mark Kermode gerade Inception als ein Beispiel für einen besseren, weil ausgeklügelteren Blockbuster.

Das wird wohl daran liegen, dass das Niveau der Neuerscheinungen im Kino seit knapp 11 Jahren so drastisch abgenommen hat, dass Inception in der Tat zu einen der besseren Filme der letzten jahre gehört!

In sich ist Inception auch gut ausgeklügelt! Ich will nicht die Fähigkeiten von Christopher Nolan anzweifeln! Aber so ähnlich, wie Verschwörungstheorien funktionieren, funktioniert auch die Logik des Films! Von außen betrachtet ist die Geschichte ziemlich kindisch und einfach dumm

Zum einen ist die Idee, einen Traum im Traum zu haben sehr alt und in literatur und in vielen filmen oft benutzt worden(als beispiel: Total Recall). Also eigentlich nichts neues oder unbedingt kreatives. Zum anderen ist die Umsetzung in Inception ziemlich konfus und abgehoben! Man könnte den film auch mit dem Satz "warum einfach, wenn man es auch schwer haben kann" untertiteln! (und für die Inception Fans: NEIN, ich habe den Film verstanden ;) )
Das ganze wäre ja noch nicht das größte Problem und als film sogar vielleicht ganz unterhaltsam, wäre da nicht diese hyper-realistische fast sterile Aufmachung, die einen gewissen Wahrheitsgehalt für sich in Anspruch nimmt, dem zuschauer das gefühl einer authentischen, gut durchdachten und intelligenten Story vorgauckelt und gleichzeitig die Möglichkeiten, die eine Geschichte über Traumwelten hätte bieten können, komplett untergräbt!
Mal abgesehen von den eindimensionalen Charakterzeichnungen, die innerhalb dieser Welt natürlich wieder logisch erscheinen!
Zumindest ich konnte für keinen der Akteure auch nur zu irgendeinem Zeitpunkt des Films wirkliche Sympathie aufbringen, geschweige denn, mich mit den Hauptcharakter identifizieren zu können.
Auch die Tatsache, dass man sich das gesamte Verfahren - in einen Traum ein zu dringen, um die Meinungen dieses Erben zu verändern, hätte sparen können, hätte man vielleicht mal klartext mit ihm geredet und versucht ihn vom gegenteil zu überzeugen! Oder man hätte ihn umbringen lassen können, oder enterben etc! Es gäbe auf jeden Fall viele sinnvollere Möglichkeiten, dieses Problem zu lösen!
aber nein.. Man muss eine nicht wirklich näher im Film erklärte Methode namens "inception" (traum im traum im traum..) anwenden, um ihn hinterrücks zu manipulieren!
Dann kommen natürlich die bereits genannten Verfolgungsjagden und die Schnee-Szenen, die man normaler weise eher in einem deutschen "Actionfilm" erwarten würde! Und zum krönenden Abschluss dann auch noch dieses Ende, in dem die Frage aufgeworfen wird, ob die "Reale Welt" nicht auch nur ein traum sei! Sooo tiefgründig und intelligent :don: :don:

Für jeden eingefleischten Scifi-Fan eigentlich ein schlag ins gesicht, denn jeder weiss doch, dass inception letzten endes auch nur teil der Matrix ist 8)

Eigentlich wäre mir der Film ja egal, aber das Problem ist, dass er als einer der besten Scifi Filme der letzten Jahre gehandelt wird, jeder die Geschichte und ihre Meta-ebenen lobt, während es bei genauem betrachten eigentlich nur ein ziemlich konfuser, aber gut verpackter action-thriller ist, der eher von seinen "Pseudo-Ebenen" lebt und das glück hat, in einer Zeit veröffentlicht worden zu sein, in der tiefgründige und gute Filme eher die seltenheit sind!

[edit: Ich habe wohl keine beweise dafür, aber ich glaube, dass man das Niveau des Kinos vor allem am Niveau der Science-Fiction Filme fest machen kann! Denn kein Film-genre beherrscht es so gut, als spiegel unserer gesellschaft zu fungieren, Einfluss auf unsere Kultur und unser denken aus zu üben und gleichzeitig in der Lage zu sein, abstrakte und komplexe geschichten zu erzählen! ZUsätzlich ist auch der zeitliche und finanziele Aufwand, einen scifi film zu produzieren höher und mit mehr risiko behaftet, als bei jedem anderen genre!
Zum Beispiel könnte man die 70er "die goldenen Jahre" für den Scifi Film nennen. Während in den 70ern die großen einflussreichen scifi-filme produziert wurden (Odyssee - 2001, Solaris, Alien, Star Wars etc) war der Kinofilm auch im allgemeinen zu der Zeit etwas, das sich dem Publikum mit großen gesellschaftlichen Fragen auf einfallsreichen und ausgefallenen Wegen präsentierte!
Bis zum ende der 90er hat sich dieser Trend mit absteigender Tendenz weiter fort gesetzt und fand im 1999 veröffentlichten ersten Teil der Matrix Trilogie seinen Höhepunkt, welcher auf der einen Seite in seiner Machart das (neue auf Effekten beruhende) Blockbuster-Kino perfektionierte, auf der anderen seite aber versucht eine Geschichte im sinne der großen Scifi-Filme der 70er zu erzählen. Es ist ja auch bekannter maßen der erste Film der all die neuen Techniken des Computerzeitalters das erste mal wirklich ausgiebig nutzen konnte.

Ich weiss nicht wirklich woran es liegen mag, aber man könnte die anschläge auf das world trade center als eine der haupt-ursache nennen, die neben vielen anderen einwirkungen, die dieses Ereignis mit sich gebracht hat, auch das Kino grundlegend veränderte!
Mit den anschlägen ging nämlich unter anderem die "romantische" Vorstellung verloren, die welt in ein einfaches "Gut und Böse" modell einordnen zu können!

Auf einmal beherrscht Misstrauen die Öffentlichkeit und während in den 60ern und 70ern die hippiekultur und in den 80ern und 90ern massenproduktion, der fall des ostblocks und die boomende popkultur Freiheit und ein angstfreies Leben erhoffen ließen, erfährt der weltliche Zeitgeist seit 2001 eine drastische Veränderung, die sich natürlich auch im Kino bemerkbar macht!
Neue Kontrollmechanismen lassen Freiheiten verschwinden, die neue vernetzte Welt bietet keinen klassischen Halt oder vertraute Anker, auf die man sich verlassen kann, da auch jeder einzelne Mensch heut zu tage rein theoretisch die Möglichkeit hat, durch diese Vernetzung anonym und direkt von jedem punkt auf der welt, beliebig großen schaden anrichten zu können!
Und um mal speziell aufs Kino zurück zu kommen, bleibt dem scifi keine andere wahl, als dieses durcheinander in bilder packen zu wollen! Während es am Anfang des Jahrtausends noch relativ passend von statten ging(Minority Report, The 6th Day, Equilibrium etc) und noch ein rest-gehalt an ernst gemeinter kritik in filmen zu finden ist, führt genau die Filmreihe, die den Ball mit matrix 1 ins rollen gebracht hat, das scifi kino in den "Untergang"! Denn bei dem Versuch auf grundlage des ersten Teils unsere veränderte welt erklären zu wollen, geraten die fortsetzungen von matrix in den Konflikt, keine einfachen lösungen anbieten zu können, dafür aber die möglichkeit haben mit geballter Kraft auf das aussehen und die effekte zu setzen, was dem durchschnittlichen zuschauer im umkehrschluss keine andere wahl lässt, als sich auf das äußerliche zu beschränken! Ich unterstelle niemanden, absichtlich mit dieser intention Filme zu drehen, aber in einer Zeit, in der die gesellschaft bis ins kleinste von Misstrauen und Vorurteilen besetzt ist, könnten nur weltfremde und verückte einen Film, wie Odyssee realisieren wollen!(es geht sogar so weit, dass man heut zu tage zum beispiel auch keinen film, wie "das leben des brian" veröffentlichen könnte, ohne dafür öffentliche und sogar politische beschimpfungen und verfolgungen in kauf zu nehmen)
Stattdessen kann man ja die einzig logische Konsequenz dieses Dilemmas seit Jahren in den Kinos und im Fernsehen beobachten! Das Scifi (und Fantasy) Genre wird(wie zu Hochzeiten des kalten Krieges) von Superhelden beherrscht, die nur mit hilfe übermenschlicher fähigkeiten oder übermenschlichen finanziellen mitteln + geheimer futuristischer technologie das filmische Abbild unserer Realität vor dem Untergang zu retten versuchen. Das beste und aktuellste beispiel ist die neue Batman Reihe, die genau, wie inception mit ihrer hyper-realistischen aufmachung und den dazu ebenfalls überwältigenden effekten es schafft, den Zuschauer auch ohne richtige Handlung in den Bann zu ziehen, was es viel noch unwahrscheinlicher macht, sich zusätzlich auch der aussage und Intention des gesehenen bewusst werden zu wollen! Vor allem kommt es zumindest mir so vor, als würde man allen schauspielern vorgefertigte Emotionen beibringen, die dann nach belieben immer wieder und universal für alle filme abgerufen werden können!

Aber um auf meine wundervolle "These" :) zurück zu kommen, spiegelt sich die Einfallslosigkeit in heutigen scifi filmen auch in allen anderen genres wieder! Entweder hat man die möglichkeit billig gefakte realitäten auf unterstem Niveau zu schauen, oder man kann sich einen der unzähligen remakes alter filme angucken, die meistens weder vom inhalt, noch der aufmachung an das jeweilige original heran kommen könnten!
(ausnahmen bestätigen natürlich die regel)
Und ich bin überzeugt davon, dass sich dieser Trend nur ändern ließe, besäße jemand den Mut und die Mittel, einen auf hohem intellektuellem Niveau, dazu finanziell extrem erfolgreichen und zu gleich lehrreichen Kinofilm/Blockbuster zu produzieren, der Effekte nicht zum Selbstzweck einsetzt, sondern um die Geschichte voran zu bringen und sich dabei nicht auf eine 0815 Liebesgeschichte als Rahmenhandlung verlässt. Aber ich glaube, dass dieser Wunsch in Wirklichkeit noch viel unrealistischer wäre, als er geschrieben sowieso schon klingt... :(
 

Hans_Maulwurf

Großmeister
Registriert
10. Juni 2003
Beiträge
678
Ein frohes neues Jahr euch allen :party:

Ich vermute inzwischen haben schon mehrere den kleinen (aber nicht kurzen) Hobbit gesehen.

Obwohl der Film für mich, als aufgeblähte Kinderbuchverfilmung, überraschenderweise nicht langweilig ist, würde ich ihn als "miesen Film" einsortieren.

Dafür dass mir nach 2 Stunden 3D in 48Bilder/sec übel würde und ich leichte Kopfschmerzen bekam - dafür kann der kleine Hobbit nichts.
Aber der Verzicht auf Unschärfe in der Kameraführung ist mehr als nur Ungewohnt.
Die Schauspieler agieren relativ platt.
Es werden völlig unmotiviert alberne Gags reingehauen.

Insgesamt hatte ich den Eindruck eine britische Jugendserie aus den 80er Jahren zu sehen.
 
G

Guest

Guest
Der Hobbit ist für mich gleich auf verschiedenen Ebenen mies.

1. 3D sieht aus wie Scherenschnitt vor Hintergrundgemälde und hat überhaupt nichts von der Tiefenwirkung die wir im Normalen leben sehen.

2. 48 FPS setzt noch einen drauf und schafft es Kino wie Lindenstraße aussehen zu lassen. Im ersten Moment denkt man, daß man ein Making Of sieht, gedreht auf einer billigen Homevideo Kamera. Falsche Bärte und Gumminasen sehen aus wie falsche Bärte und Gumminasen und das Set sieht aus wie eine Jahrmarktbude.

4. LOTR war dunkel, mystisch und episch, der Hobbit sah dagegen aus wie Kinderprogramm (okay, es ist ein Kinderbuch). Die drei Trolle beim Camping wirken wie die 3 Stooges, und die singenden Zwerge wie aus der Muppetshow. Es hätte mich nicht gewundert, wenn als nächstes ne Stepptanz Nummer kommt.

Aufnahmetechnisch, Regietechnisch und Wiedergabetechnisch war es in meinen Augen ein Desaster.
 

Ein_Liberaler

Forenlegende
Registriert
14. September 2003
Beiträge
9.777
Ich möchte nichts schlechtes über den Hobbit sagen, das hat shechinah ja schon getan. Ich möchte mich auch nicht darüber aufregen, daß dergleichen mittlerweile € 9.50 kostet, denn ich war von viel mehr ausgegangen, weil ich mich in dem Preiswirrwarr des örtlichen Cinemaxxes nicht zurechtfinde. Aber daß sie im Kino mittlerweile dieselbe miserable, seit einem halben Jahr täglich runtergenudelte Reklame bringen wie im Fernsehen, das trübt das cineastische Hochamt denn doch nachhaltig. Die ästhetisch anspruchsvolle Zigarettenreklame ist wohl inzwischen verboten, wie Nazipropaganda und Waffenschmuggel.
 

Giacomo_S

Ehrenmitglied
Registriert
13. August 2003
Beiträge
2.835
Zugegeben: Die weitaus meisten Filme habe ich mir in den letzten 2,3 Jahren als Stream im Internet angesehen. :oops:
Zu meiner Entschuldigung kann ich aber sagen: Kaum einer der Filme wäre mir an der Kinokasse auch nur einen müden Euro wert gewesen.

Blockbuster, Actionfilm, Räuberpistole: Alles schön und gut, Unterhaltungsfilme mag ich ja! Sogar sehr!
Wenn sie denn unterhalten und wenn man mich nicht auf das intellektuelle Niveau eines (offenbar debilen) 13jährigen herabsetzt.

Geschätzt etwa mindestens die Hälfte aller Filme musste ich nach weniger als einer 1/2 Stunde abschalten. Was hätte da auch noch besser werden sollen?
Gestern dachte ich, mal in "Transformers 4" reinzuschauen. Gut, ein Fantasy-Techno-Action-Spektakel - so what, was soll schon sein? Allerdings war ich von vornherein bereits wegen einem ziemlich skeptisch: Die Länge von 2:45.

Zwei Stunden, 45 Minuten - was soll das sein, was man da zu erzählen hat? Früher nannte man solche Filme "Überlänge" und erwartete Filme im "Epen-Format": Caesar und Kleopatra (129 min.), Kinder des Olymp (190 min.), Ben Hur (212 min.), 10 Gebote (220 min.). Außerdem gab's früher zwischendrin auch mal 'ne Pinkelpause. Die scheint heute keiner mehr zu brauchen, und wenn - isst ja eh egal, er hat eh nichts verpasst.

Nachdem man mich bereits in den ersten 20 Minuten mit so ziemlich jedem amerikanischen (Moral-)Stereotypen und -Gesülze bedient hatte, was man aus 1.000 schlechten Filmen zur Genüge kennt:

- Die 17jährige Tochter (kurvig, knapp dressiert, top geschminkt) darf nicht ausgehen. Da ist ihr alleinerziehender, junger Vater sittenstreng: Erst der Highschool-Abschluss!
- Der pöse (legale amerikanische, aber illegal agierende) Geheimdienst läuft als Kleinarmee auf und erschiesst fast alle. Zivilist: "Verlassen Sie meinen Privatbesitz!" oder auch: "Ich bin Amerikaner!"
- Die gelungene Flucht: Trotz bester Hightech-Ausrüstung (etliche Hubschrauber, Lenkraketen) schießt der Angreifer immer gerade knapp daneben, obwohl der Verfolgte schnurgerade fährt...


... und an dieser Stelle konnte ich dann nicht mehr. Eine Geschichte mag fantastisch sein (den außerirdischen Roboter stelle ich ja gar nicht in Frage), aber in sich wenigstens einigermaßen plausibel. Und für ganz doof darf man mich dann auch nicht halten.

Vor allem aber:
Wer mir 2:45 Stunden meiner Zeit stehlen will, der sollte doch wenigstens etwas zu erzählen haben. Und vor allem nicht mit derselben Dialogmatsche, denselben Klischees und ewig denselben blöden stereotypen Amikram kommen.
 
G

Guest

Guest
Giacomo_S schrieb:
Interessanterweise bewertet der bereits genannte Filmkritiker Mark Kermode gerade Inception als ein Beispiel für einen besseren, weil ausgeklügelteren Blockbuster.

[

Kannste mal sehen, was dieser Mark für ein Kermode ist :mrgreen:

Shutter Island fand ich dagegen einen der besten Filme seit langem.

Filmkritik ist eben keine exakte Wissenschaft sondern reine Geschmackssache.
 

Giacomo_S

Ehrenmitglied
Registriert
13. August 2003
Beiträge
2.835
shechinah schrieb:
Shutter Island fand ich dagegen einen der besten Filme seit langem.

Ja, den fand ich auch nicht schlecht. Vor allem mal mit dem Mut zum fehlenden Happy End, das gibt's heutzutage fast nicht mehr.

shechinah schrieb:
Filmkritik ist eben keine exakte Wissenschaft sondern reine Geschmackssache.

Keine exakte Wissenschaft, sicherlich. "Reine Geschmackssache" ist aber auch zu kurz gegriffen.
 

Giacomo_S

Ehrenmitglied
Registriert
13. August 2003
Beiträge
2.835
Gestern sah ich den SF-Film "Ghost in the Shell" mit Scarlett Johansson in der Hauptrolle. Scarlett Johansson ist ein Hingucker, ich mag sie und halte sie auch für eine sehr talentierte Schauspielerin. Aber der Rest ...

... lässt einiges zu wünschen übrig.
Bereits die ersten Szenen mit Stadtlandschaften lassen den Cineasten aufstöhnen: Nein, nicht schon wieder ein Metropolis-Zitat, nicht schon wieder ein Blade Runner - Klau (der ja auch schon ersteren zitiert hat).
Nur weil man heute alles simulieren kann, bedeutet das nicht, man müsse das auch.

Dem gegenüber verleugnet die Handlung nicht ihre Herkunft eines Manga-Comics und bleibt seltsam flach. Öfter stockt und hakt die Story oder bleibt unverständlich, was nicht bedeutet, sie wäre mysteriös. Eher hat man den Eindruck eines von vorneherein unausgegorenen Drehbuchs, vielleicht hat man auch vormals vorhandene Szenen weggeschnitten. Aber nur weil die Vorlage des Films ein Manga war, bedeutet das ja nicht, man müsse ein ebenso flaches Drehbuch schreiben. Es wird viel Potential verschenkt, indem der Film manche, durchaus interessante Fragen nur streift (die psychische Verfassung des Cyborgs etwa) - lieber hätte man das aber ganz sein lassen.

Stattdessen wird ununterbrochen aus automatischen Waffen geschossen, wobei man sich fragen muss, wie man mit solchen Knarren noch auf so miese Trefferquoten kommen kann. Akrobatik in den Kampfszenen ist ja sowieso schon Standard, und als ob das alles nicht schon genug Brimborium wäre, bleibt uns am Ende auch ein klassischer Showdown in Westernmanier nicht erspart.
Ein Kunstwerk ist der Film aber dennoch: Denn trotz des ganzen Spektakels keine Spannung aufzubauen - das muss man auch erst einmal hinbekommen.
 

streicher

Ehrenmitglied
Registriert
15. April 2002
Beiträge
4.865
Ob Hollywood japanische Filmvorlagen überzeugend umsetzen kann, habe ich schon länger meine Zweifel. Letztendlich habe ich mich deswegen entschieden, mir den aktuellen Streifen nicht anzuschauen. Er scheint einfach zu dem geworden zu sein, was Hollywood so gerne aus Vorlagen macht: ein Action-Streifen im LA-Style.
Die Vorlagen (Ghost in the Shell (1995), Ghost in the Shell - Innocence) fand ich gar nicht so übel...
 

Giacomo_S

Ehrenmitglied
Registriert
13. August 2003
Beiträge
2.835
streicher schrieb:

Ich kenne sie nicht, möglicherweise sind sie das.
Aber Comics sind eben auch ... Comics. Sie haben eine eigene Bildsprache, insbesondere die Mangas, die im Vergleich zu westlichen Comics mehr bildbetont sind und oft weniger Text aufweisen.

Für einen guten Film ist das zu wenig, vor allem für eine Grundidee einer "Geist in der Maschine"-Thematik. Vor allem auch deshalb nicht, weil ob man das jetzt Deus ex machina oder Frankenstein nennt: Neu ist das alles nicht.
C'mon: Es wird ein weiblicher Cyborg geschaffen, mit allen weiblichen Attributen einer Barbiepuppe (d.h. sie hat alle Rundungen, aber keine primären und sekundären Geschlechtsmerkmale), sie kämpft quasi "nackt", "entkleidet" sich dafür sogar - was soll das sein? Eine Sexbombe ohne Sex Appeal?

Der einzige menschliche Teil, der ihr verblieben ist, ist ihr Gehirn. Der Rest ist kybernetischer Natur. Wozu dann überhaupt dieser sexy Body? Man hat ihr ihren Körper gestohlen, ihr Sinnlichkeit und Sexualität genommen - und denkt nicht eine Minute darüber nach, was für psychische Folgen dies eigentlich haben müsste? Aha: Man verpflanzt ein Gehirn einfach mal so in einen Roboter, der nichts mehr von dem hat, was einen menschlichen Körper ausmacht und meint, das ginge dann mal einfach so - Hauptsache, sie ist dann als Kampfmaschine ein Übermensch?
 

zerocoolcat

Forenlegende
Registriert
11. April 2002
Beiträge
6.004
Ah, da ist mal ein Thread, wo ich mich ausleben kann:
Zwei "große" Filme der letzten Zeit, die ich und meine Frau beide nicht mochten:

The Wolf of Wall Street war langweilig, die Kulisse war sehr billig und offensichtlich Kulisse aber vor allem war der Film einfach nicht unterhaltsam.
Im Gegensatz zu zB Goodfellas, wo Scorsese auch Gangster porträtiert, hatte DiCaprios Belfort kein Charisma, war unsympathisch und einfach ein Schleimer, was der echte Belfort ja nicht einmal war.
Jonah Hill stach imho nur dadurch hervor, weil alles andere so mies war.

Zur fast selben Zeit und aus den selben Gründen gefiel uns auch American Hustle nicht; Charaktere, die einem nur auf den Zeiger gehen und alles schaut definitiv künstlich auf retro gemacht aus. Erschwerend noch: die Story ist vollkommen wurscht, ob die den Senator (Kongressabgeordneten, Richter?) überführen oder nicht, ob sie dabei in den Knast gehen oder nicht ist mir völlig egal, weil mir die Charaktere alle egal sind.

Jedoch mag ich alle Schauspieler aus beiden Filmen, trotzdem konnte mich keiner auf die Seite seines Charakters holen. Vielleicht liegt es am HD, dass manche Retrofilme dann billig wirken, aber Nice Guys hats ja auch geschafft (wobei der jetzt auch nicht grad der Burner war, aber noch lange nicht "mies").

edit: Rechtschreibung
 

Ähnliche Beiträge

Oben