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Pentagon-Programm zur psychopharmakologischen Kriegführung
Fiktion ...
In dem Buch «Der futurologische Kongress» (1971) beschreibt der polnische Schriftsteller Stanislaw Lem eine Zukunft, in der Ungehorsam mit hypothetisch bewusstseinsverändernden Medikamenten bekämpft wird, den sogenannten Besänftigern («benignimizers»). Lems Roman beginnt mit der beängstigenden Geschichte eines biochemischen Polizei- und Militäreinsatzes gegen Demonstranten am Rande eines internationalen wissenschaftlichen Kongresses. Als die Umgebung erfüllt von halluzinogenen Mitteln ist, versinken in Lems Erzählung die Demonstranten und die Passanten im Chaos, überwältigt von Sinnestäuschungen und Wohlgefühlen, Selbstzweifeln und sogar Liebesgefühlen.
... und Realität: Das JNLWD
Wenn man das Joint Non-Lethal Weapons Directorate (JNLWD, Vereinigtes Direktorium für nicht-tödliche Waffen) des Pentagon machen lässt, wird man sich an Lem möglicherweise als an einen Propheten erinnern.
Austin und Hamburg, 1. Juli 2002 - «The Advantages and Limitations of Calmatives for Use as a Non-Lethal Technique» (Die Vorteile und Grenzen von Beruhigungsmitteln im Einsatz als nicht tödliche Technik), ein 49seitiger Bericht, den das Sunshine Project vergangene Woche durch das US-Gesetz zum freien Informationszugang erhielt, hat ein schockierendes Programm des Pentagon offengelegt, das psychopharmakologische Waffen erforscht.1 Auf der Basis einer «ausgedehnten Durchsicht der medizinischen Literatur und der neueren Entwicklungen in der pharmazeutischen Industrie» kommt der Report zu dem Schluss, dass «die Entwicklung und der Gebrauch von [psychopharmakologischen Waffen] erreichbar und wünschenswert ist». Diese bewusstseinsverändernden Waffen verletzen internationale Übereinkommen über die chemischen und biologische Kriegführung genauso wie die Menschenrechte. Einige der Verfahren, die in dem Bericht diskutiert werden, werden bereits von den Vereinigten Staaten im «Krieg gegen den Terrorismus» eingesetzt.
Das Team, das seinen Sitz am Applied Research Laboratory der Pennsylvania State University (Institut für angewandte Forschung der Pennsylvania State Universität) hat, untersucht, wie eine Reihe von psychiatrischen und betäubenden Pharmazeutica ebenso wie «Partydrogen» als Waffen gebraucht werden könnten (wie beispielsweise die «Vergewaltigungsdroge» GHB2 {Gamma Hydroxy Butyrat, ein früheres Narkosemittel, das man wegen seiner schweren bis tödlichen Nebenwirkungen vom Markt nahm. Jetzt taucht es als flüssiges Extasy wieder auf. Seine Einnahme bewirkt eine völlige Gefügigkeit}). Dem Bericht zufolge wird «die Wahl der Verabreichung unter anderem von den Umständen abhängig sein, sei es die Verseuchung des Trinkwassers, sei es eine lokale Anwendung über die Haut, sei es die Inhalation von Dämpfen aus einem Spray oder ein mit Medikamenten gefülltes Geschoss». Bei den Umständen, die genannt werden, handelt es sich um spezifische militärische oder zivile Lagen, darunter «hungernde Flüchtlinge, die über die Verteilung von Nahrungsmitteln aufgebracht sind», «eine Lage im Gefängnis», eine «aufgehetzte Masse» und «Geiselnahmen». Mitunter tendiert der Bericht des JNLWD-Teams dazu, eine abweichende Meinung schon als psychische Störung zu klassifizieren.
Die Medikamente, die Lem Besänftiger («benignimizers») nannte, werden von den Militärs Beruhigungsmittel («calmatives») genannt. Einige dieser Beruhigungsmittel wurden von den beiden Grossmächten während des kalten Krieges zu Waffen gemacht, einschliesslich BZ [hochpotentes Halluzinogen ohne medizinischem Nutzen und eigentlich Staatsgeheimnis], das von denjenigen, die es einnahmen, «als der ultimative Horrortrip» beschrieben wird. Von den Beruhigungsmitteln war anzunehmen, dass sie nach der Inkraftsetzung der Konvention über die chemischen Waffen von 1993, die jede chemische Waffe ächtet, die den Tod, eine zeitweise Handlungsunfähigkeit oder dauernde Schäden an Menschen oder Tieren verursachen könnte, von der Liste der Militärs gestrichen worden wären.
Beruhigungsmittel ist ein militärischer, kein medizinischer Begriff. In einer eher medizinischen Sprache sind die meisten Medikamente, an die gedacht wurde, solche, die das zentrale Nervensystem unterdrücken. Die meisten sind synthetisch, einige natürlich. Es handelt sich um Opiate (morphinhaltige Medikamente) und Benzodiazepine, wie beispielsweise Valium (Diazepam). Antidepressiva sind ebenfalls von grossem Interesse für das Forschungsteam, das nach Medikamenten sucht wie Prozac (Fluoxetin) und Zoloft (Sertralin), die schneller wirken.
Biochemikalien und Verträge
Viele der vorgeschlagenen Medikamente können sowohl als chemische als auch als biologische Waffen angesehen werden, die von der Konvention über biologische und toxische Waffen (BTWC) und von der Konvention über chemische Waffen (CWC) verboten werden. Aus praktischen Gründen müssen biologische und chemische Beruhigungsmittel gemeinsam behandelt werden. Da die Mittel ausdrücklich für militärische Zwecke gedacht sind und ihre Opfer handlungsunfähig machen sollen, fallen sie nicht unter die Ausnahmeregel der CWC, die gewisse Mittel zur Kontrolle innerer Unruhen zulässt. Giftige Produkte lebender Agenzien - wie etwa das Neurotoxin Botulinum - werden sowohl als chemisches wie auch biologisches Mittel eingestuft. Jeder Gebrauch von Neurotransmittern oder anderer Substanzen, die deren Wirkung nachahmen soll, als Waffe ist gleichermassen von beiden Waffenkontrollverträgen abgedeckt. Die Forscher haben eine grosse Datenbank für Beruhigungsmittel aufgebaut, und sie verfolgen die biomedizinische Forschung zu den Mechanismen der Drogenabhängigkeit, der Schmerzlinderung und anderer Forschungsgebiete zu bewusstseinsverändernden Biochemikalien. Das JNLWD-Team verfolgt beispielsweise die Forschung zu Cholecystokinin, einem Neurotransmitter, der zu Panikattacken bei gesunden Menschen führt und mit psychiatrischen Störungen in Verbindung gebracht wird.
Mächtige Medikamente
Die Medikamente haben halluzinogene oder andere Wirkungen, einschliesslich Apnoe (Atemstillstand), Koma und Tod. Eine Klasse von Medikamenten, an die gedacht wurde, sind Fentanyle 3 (ist ein hochpotenter opiatähnlicher Stoff ). Das Titelblatt des Berichts zeigt ein Fentanyl-Schaubild. Der amerikanischen Drogenbekämpfungsbehörde (Drug Enforcement Administration, DEA) zufolge sind die biologischen Wirkungen von Fentanyl «nicht von denjenigen des Heroin zu unterscheiden mit der einzigen Ausnahme, dass Fentanyl hunderte Male wirksamer sein dürfte». In dem Bericht heisst es, dass die massive Wirkung der Medikamente es erfordere, «jede Person mit Atemstillstand zu untersuchen (viele medizinische Gründe bei ungesunden, alten oder sehr jungen)», ebenso wie Opfer, die «sich in einer Weise schlafen legen, dass sie ihre Atemwege blockieren».
Unbrauchbare Medikamente
Der Bericht betont, dass solche Medikamente, die wegen ihrer erheblichen Nebenwirkungen unbrauchbar sind, als Waffen wünschenswert sein könnten. «Oft wird eine unerwünschte Nebenwirkung […] die Entwicklung eines vielversprechenden neuen Medikaments beenden. Doch bei der Vielzahl von Situationen, in denen nicht tödliche Verfahren angewendet werden, besteht eine geringere Veranlassung, sich über die unangenehmen Nebenwirkungen Gedanken zu machen [...] Vielleicht ist das ideale Beruhigungsmittel bereits hergestellt und wartet nur darauf, von seinem Hersteller unter neuen Gesichtspunkten erneut betrachtet zu werden.»
Chemische Cocktails
Im März 2002 untersuchte das Team eine Mischung des Pfeffersprays (OC) mit einem nicht genannten Beruhigungsmittel. Pfefferspray ist das wirksamste chemische Mittel zur Kontrolle von Massen, das im Einsatz ist, und es ist mit einer Reihe von Todesfällen in Zusammenhang gebracht worden. Ein pharmazeutisches Beruhigungsmittel zu OC hinzuzufügen, schafft ein scheussliches Gebräu. Der Bericht befasst sich vorrangig mit Valium und Precedex (Dexmeditomidin) für den Waffengebrauch, und es ist möglich, dass dies die Mittel sind, die mit OC gemischt werden sollen. Die Forscher schlagen auch vor, Ketamin mit anderen Medikamenten zu mischen (siehe unten). Die Vorschläge für chemische Cocktails erinnern an das Waffenforschungsprogramm Südafrikas aus der Zeit der Apartheid, dessen Leiter unter Eid aussagte, sie hätten versucht, eine Mischung aus BZ und Kokain zu entwickeln, um sie gegen Feinde der Regierung einzusetzen.
Folter
Precedex ist ein Sedativum, das in den Vereinigten Staaten für den Gebrauch an hospitalisierten Patienten auf Intensivstationen zugelassen ist. Der Bericht lenkt die Aufmerksamkeit auf ein mit dem Gebrauch von Precedex verbundenes «interessantes Phänomen»: Das Medikament erhöht die Reaktion der Patienten auf Elektroschocks. Die Forscher schlagen vor, Menschen durch die Anwendung von Precedex vorzubereiten, dann den Einsatz elektromagnetischer Waffen folgen zu lassen, um «Wirkungen bei den Individuen zu erzielen, bei denen eine übliche Dosis des Medikaments nicht die erwünschte Wirkung hatte». Ganz offensichtlich könnte ein solches Verfahren als Folter eingestuft werden, und ganz bestimmt kann es als Folter benutzt werden. Die Forscher schlagen vor, die psychopharmakologischen Mittel so zu entwerfen, dass zusätzlich zu den hypnotischen und halluzinogenen Eigenschaften körperliche Wirkungen wie Kopfschmerzen und Übelkeit hinzutreten und damit ihr Potential als Folterinstrument erhöhen.
Die Forscher machen den Vorschlag, dass Hautpflaster und transmucosale (durch die Schleimhäute eintretende) Varianten von Buspar (Buspiron), die von Bristol-Myers Squibb und TheraTech entwickelt werden, «in einem Gefängnis hocheffektiv sein könnten, wo es gerade einen angstmachenden Zwischenfall oder eine Konfrontation gegeben haben mag».
Verwendung im Krieg gegen den Terrorismus
Selbstverständlich würden unkooperative oder aufständische Gefangene nur äusserst unwahrscheinlich dazu bereit sein, Medikamente durch Hautpflaster oder konventionellere Methoden verabreicht zu bekommen. Jede derartige Anwendung eines Beruhigungsmittels erfolgte wahrscheinlich an Einzelpersonen in Handschellen oder Zwangsjacken. Die Vereinigten Staaten haben zugegeben, dass sie al-Kaida-Häftlinge, die auf der US-Basis Guantanamo auf Kuba festgehalten werden, zwangsweise sedierten. Der frühere JNLWD-Kommandeur und Colonnel im Ruhestand Andy Mazzara, der das Team an der Pennsylvania State University leitet, sagt, er habe der US-Navy einen «wissenschaftlichen Berater» gesandt, um im Krieg gegen den Terrorismus zu assistieren.
Methoden der Verbreitung
In dem Bericht werden eine Reihe von Möglichkeiten der Waffenbildung diskutiert. Darunter fallen Aerosole, Mikrokapseln und heimtückische Methoden wie die Verseuchung der Trinkwasserversorgung und psychoaktive Kaugummis. JNLWD investiert in die Entwicklung der Mikrokapseltechnologie, die damit befasst ist, winzige Mengen eines Mittels mit einer gehärteten Schale zu umgeben. Auf dem Boden verteilt, bricht die Schale unter den Füssen, und das Mittel wird freigesetzt. Eine neue Generation von Granatwerfern wird entwickelt, die Tausende der winzigen Kapseln pro Schuss verteilen kann. Das Team meint, dass neue Verteilungsmethoden, die von der pharmazeutischen Industrie entwickelt werden, für den Waffeneinsatz von grossem Wert sein werden. Dies schliesst neue Verteilungsmethoden über die Haut, die Schleimhäute und als Aerosol ein. Der Bericht erwähnt die Bedeutung eines Lutschers, der Fentanyl enthält, um Kinder mit schweren Schmerzen zu behandeln, und bemerkt, dass «die Entwicklung neuer schmerzstillender Opiate, die auf verschiedenen Wegen verabreicht werden können, im Vordergrund der Medikamentenentwicklung steht», so dass neue Waffen aus der pharmazeutischen Forschung entwickelt werden können.
Dart Guns (Pfeilwaffen)
Die Forscher zeigen ihr besonderes Interesse daran, Menschen mit Waffen zu beschiessen, die mit Carfentanil-Pfeilen geladen sind. Carfentanil ist ein tiermedizinisches Narkotikum, das verwendet wird, um grosse, gefährliche Tiere wie Bären oder Tiger ruhigzustellen. Jeder, der Tiersendungen am Fernsehen gesehen hat, kennt die Methode. In den Vereinigten Staaten ist Carfentanil absolut nicht für den Gebrauch an Menschen zugelassen. Es wird als Droge missbraucht und ist eine kontrollierte Substanz. Nach dem amerikanischen Gesetz können diejenigen, die das erste Mal des unbewilligten Besitzes von Carfentanil überführt werden, mit bis zu 20 Jahren Gefängnis oder einer Busse von 1 Million Dollar bestraft werden.
Partydrogen
Die meisten möglichen Waffen des JNLWD-Teams gehören in den meisten Ländern zu den kontrollierten Substanzen. Manche sind verbreitete und legitime Medikamente, die auch missbraucht werden, wie Valium oder Opiate. Das Pentagon-Team spricht sich für mehr Forschung in die Waffenfähigkeit von Konvulsiva (die Anfälle hervorrufen) und «Partydrogen» aus, das sind im allgemeinen illegale Drogen, die von manchen auf Techno-Partys oder bei Tanzveranstaltungen genommen werden. Von diesen sind Ketamin («Special K»), GHB (Gamma Hydroxy Butyrat, «flüssiges Ecstasy») und Rohypnol in das Zentrum der militärischen Aufmerksamkeit gerückt. Die letzten beiden werden Vergewaltigungsdroge («date rape drugs») genannt wegen ihres gehäuften Gebrauchs gegen Opfer sexueller oder anderer Verbrechen. Die meisten fallen unter die DEA-I oder -II-Kategorien von Drogen, die zu Halluzinationen führen und eine lebenslängliche Freiheitsstrafe mit sich bringen können. Der DEA zufolge ist beispielsweise «der Gebrauch von Ketamin als allgemeines Betäubungsmittel für Menschen sehr eingeschränkt, und zwar wegen der schweren Nebenwirkungen, einschliesslich Delirium und Halluzinationen [...]. Geringe Dosen bringen Schwindel, Ataxie, verwaschene Sprache, langsame Reaktionszeit und Euphorie hervor. Mittlere Dosen machen das Denken zusammenhangslos, verändern das Körperbild und schaffen ein Gefühl der Irrealität mit lebhaften optischen Halluzinationen. Hohe Dosen führen zu Schmerzlosigkeit, Gedächtnisverlust und Koma.»
www.sunshine-project.de