Trestone
Großmeister
- Registriert
- 12. April 2002
- Beiträge
- 887
Die Primzahl-Irritation
Am Anfang stand eine kleine Irritation:
Der Supercoputer HAL 9009 schien einen Fehler gemacht zu haben. Bei der Berechnung der Primzahlzerlegung einer dezimal 300-stelligen Zahl ergab sich ein widersprüchliches Ergebnis. Denn bei der nach einem Monat wiederholten Berechnung ergaben sich andere Primfaktoren als beim ersten Lauf.
Natürlich vermutete man einen Berechnungsfehler, denn die Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung ist ein mathematisches Gesetz (schon Euklid bekannt) und wurde vor ca. 200 Jahren von Carl Friedrich Gauß bewiesen.
Aber es ließ sich weder am Computer noch am Programm ein Fehler finden.
Jahre später ist das Phänomen sich verändernder Primzahlzerlegungen wohlbekannt.
Einige Kryptographiefirmen mussten Konkurs anmelden, denn ihre Algorithmen funktionierten nicht mehr.
Schlimmer war der Vertrauensverlust für die Wissenschaften:
Gerade den Mathematikern hatten viele quasi blind vertraut – und die Zeitlosigkeit ihres Wissens wurde vorausgesetzt. Dass Wissen nur vorläufig ist war von vielen verdrängt worden.
Nun standen Grundprinzipien des Wissens zur Disposition.
Nur weil etwas gestern und heute galt muss es morgen nicht mehr so sein.
Auch die schon weit verbreitete KI wurde nun wieder kritischer gesehen.
Verschwörungstheoretiker erhielten Auftrieb und wurden zur Mathematik schnell fündig:
Die Eindeutigkeit der Primzahlzerlegung wird klassisch mit einem Widerspruchsbeweis bewiesen. Die mathematísche Richtung des Konstruktivismus hat einst solche Beweise abgelehnt, allerdings nicht für die Arithmetik sondern für die Mengenlehre (Grundlagenstreit). Hier hat die Mathematik eine “Leiche im Keller”, denn diese (vielen unbequeme) Richtung wurde weniger durch Argumente als durch Machtpolitik erledigt (David Hilbert).
Unschön war auch, dass zuletzt wenig alternative Mathematiken verfolgt wurden, denn gerade das Hochschulprinzip förderte vor allem den Mainstream.
Und so wuchs sich diese Arithmetik-Irritation langsam zu einer Wissenschaftskrise aus.
Ansätze zur Bewältigung mussten mühsam von Grund auf erarbeitet werden,
dabei auch manch heilige Kuh geschlachtet werden.
Ob das Ganze mit Reformen zu bewältigen sein wird oder die Wissenschaften - wie einst die Religion - in die zweite Reihe zurücktreten müssen, bleibt abzuwarten.
Phantasie, Intuition, Kreativität und Dummheit stehen als alte Konkurrenten schon bereit,
ob konstruktiv oder zerstörend muss sich noch weisen.
Und hier ein zugehöriges Gedicht von mir:
Mathedämmerung
Lange setzten sie auf Wahrheit
bis Gödel sie verdrängt,
dann veränderten sich die Primzahlen,
das hat Realität und Zeit
ihnen geschenkt.
Auch Beweise können irren
ist die Logik nicht ganz rund
und so kamen sie vom Hohenpriester
ziemlich runter auf den Hund.
Wir sind und bleiben Menschen
und Wahrheit ein Ideal
nach der wir gerne suchen
doch der Grat ist schmal.
Gruß
Trestone
Am Anfang stand eine kleine Irritation:
Der Supercoputer HAL 9009 schien einen Fehler gemacht zu haben. Bei der Berechnung der Primzahlzerlegung einer dezimal 300-stelligen Zahl ergab sich ein widersprüchliches Ergebnis. Denn bei der nach einem Monat wiederholten Berechnung ergaben sich andere Primfaktoren als beim ersten Lauf.
Natürlich vermutete man einen Berechnungsfehler, denn die Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung ist ein mathematisches Gesetz (schon Euklid bekannt) und wurde vor ca. 200 Jahren von Carl Friedrich Gauß bewiesen.
Aber es ließ sich weder am Computer noch am Programm ein Fehler finden.
Jahre später ist das Phänomen sich verändernder Primzahlzerlegungen wohlbekannt.
Einige Kryptographiefirmen mussten Konkurs anmelden, denn ihre Algorithmen funktionierten nicht mehr.
Schlimmer war der Vertrauensverlust für die Wissenschaften:
Gerade den Mathematikern hatten viele quasi blind vertraut – und die Zeitlosigkeit ihres Wissens wurde vorausgesetzt. Dass Wissen nur vorläufig ist war von vielen verdrängt worden.
Nun standen Grundprinzipien des Wissens zur Disposition.
Nur weil etwas gestern und heute galt muss es morgen nicht mehr so sein.
Auch die schon weit verbreitete KI wurde nun wieder kritischer gesehen.
Verschwörungstheoretiker erhielten Auftrieb und wurden zur Mathematik schnell fündig:
Die Eindeutigkeit der Primzahlzerlegung wird klassisch mit einem Widerspruchsbeweis bewiesen. Die mathematísche Richtung des Konstruktivismus hat einst solche Beweise abgelehnt, allerdings nicht für die Arithmetik sondern für die Mengenlehre (Grundlagenstreit). Hier hat die Mathematik eine “Leiche im Keller”, denn diese (vielen unbequeme) Richtung wurde weniger durch Argumente als durch Machtpolitik erledigt (David Hilbert).
Unschön war auch, dass zuletzt wenig alternative Mathematiken verfolgt wurden, denn gerade das Hochschulprinzip förderte vor allem den Mainstream.
Und so wuchs sich diese Arithmetik-Irritation langsam zu einer Wissenschaftskrise aus.
Ansätze zur Bewältigung mussten mühsam von Grund auf erarbeitet werden,
dabei auch manch heilige Kuh geschlachtet werden.
Ob das Ganze mit Reformen zu bewältigen sein wird oder die Wissenschaften - wie einst die Religion - in die zweite Reihe zurücktreten müssen, bleibt abzuwarten.
Phantasie, Intuition, Kreativität und Dummheit stehen als alte Konkurrenten schon bereit,
ob konstruktiv oder zerstörend muss sich noch weisen.
Und hier ein zugehöriges Gedicht von mir:
Mathedämmerung
Lange setzten sie auf Wahrheit
bis Gödel sie verdrängt,
dann veränderten sich die Primzahlen,
das hat Realität und Zeit
ihnen geschenkt.
Auch Beweise können irren
ist die Logik nicht ganz rund
und so kamen sie vom Hohenpriester
ziemlich runter auf den Hund.
Wir sind und bleiben Menschen
und Wahrheit ein Ideal
nach der wir gerne suchen
doch der Grat ist schmal.
Gruß
Trestone