Demokratisierung der BRD

hives

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semball schrieb:
Immer wieder erstaunlich wie schnell einzelne Personen auf so tolle und dabei doch so einfache Lösungen kommen um unseren Staat in ein korruptionsfreies, megaentfilztes, total gerechtes Schlaraffenland zu verwandeln...

Fragt sich, warum damals der Parlamentarische Rat und heute jeder Politwissenschaftler diese "Vorschläge" (eigentlich eher fixe Ideen die in den Raum geklatscht werden) nicht mit Jubel übernehmen.
Vielleicht ganz einfach deswegen, weil sie mehr Ahnung vom Thema haben?

Glaubst du denn wirklich, dass wir heute im bestmöglichen und sozialsten System leben, das sich unsere intelligentesten Köpfe ausgedacht haben?

Wie gesagst ging es in diesem Thread um konstruktive Beteiligung, Defätismen defäkieren ist dann wieder anderswo angesagt ;)
 

semball

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Iadom schrieb:
@semball
polemik verändert auch nichts, bleib mal konstruktiv, okay?
ich habe dir oben schon ein paar gründe genannt, warum nicht viel über alternativen ernsthaft nachgedacht wird. desweiteren gibt es unzählige versuche einer anarchistischen gesellschaft, die funktionieren und funktioniert haben, stets aber äußeren kräften (großkonzerne, faschistische paramilitärs etc.) bedroht werden. du findest ideen von anarchistischen gesellschaften bereits im alten griechenland und intensiver "wissenschaftlich durchdacht" ab mitte des neunzehnten jahrhunderts mit proudhon, bakunin, später setzt da die frankfurter schule mit an, und aktuell ist vor allem noam chomsky zu nennen.
der hauptgrund, warum es nicht ernsthaft umgesetzt wird, ist, dass es viel mehr interessengruppen gibt, die anarchismus i.e.s zu verhindern versuchen und "otto-normal" eingeredet wird, dass es nicht funktioniert - chaos, gewalt etc. -, er deswegen die finger von lässt. die geschichte und die gegenwart beweisen, auch wenn es viel zu gerne verleugnet wird, dass es eben doch funktionieren kann, wenn auch nur im kleinen. was ganz sicher nicht funktioniert, ist imperialismus, neokolonialismus, kapitalismus, faschismus und der vermeidliche kommunismus. was ist also dümmer, an einer nichtfunktionierende gesellschafts(un)ordnung auf ewig festhalten oder ernsthaft neue wege beschreiten?
Sorry, aber ich glaub davon kein Wort.
Das müsstest du wirklich irgendwie belegen...

gruss semball
 

IMplo

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Iadom:
das klingt ja alles ganz nett und gebildet, aber eine Aufzählung von Literaten bringt die Gesellschaft nicht weiter...

Wer glaubt, eine bessere Welt mitbegründen zu können, aber das theoretisch macht, der kann auch grad garnix tun...soll heißen:

tust Du auch was für deine Ideen? (demonstrieren, sozialer Aktivismus?, irgendwas?) macht Ihr anderen da was?

und wenn nicht....woran liegt das?

Am Erkennen einer Trägheit, Überzeugung zu Leben?

Greetz!
IMplo
 

samhain

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was mich immer wieder verwundert:

jeder, der einigermaßen bei verstand ist, erkennt, das dieses system, in dem wir leben, in die sackgasse führt.

Ungehemmtes wachstum, schneller höher, weiter ist die parole, herausgegeben von der wirtschaft und ihren politischen vertretern.
Das dieses „wachstum“ eher kontaproduktiv ist, weil es eine verschleuderung der lebenswichtigsten ressourcen beinhaltet, weil auf teufel komm raus produziert wird, obwohl die märkte längst gesättigt sind, findet in der allgemeinen stimmungsmache kaum widerspruch.

Davon abgesehen haben, ganz real gesehen, die meisten menschen überhaupt nichts von diesem „wachstum“, sie bleiben auf der strecke, da sie an den , mittels automatisierung und dem damit einhergehenden stellenabbau, produzierten gewinnen immer weniger teilhaben.

Der mensch, auf seine reine verwertung als arbeitskraft reduziert, wird in der zukunft immer überflüssiger.

Den wettlauf um immer weniger arbeitsplätze, um die brohsamen dieses systems wird er verlieren.

Dieser „lebensentwurf“ enhält keine visionen, keine spiritualität, er "hält" den menschen auf niedrigster stufe.

er soll gar nicht seine talente, fähigkeiten entdecken, er soll funktionieren.

er soll dieses ganze dilemma, was einem als "normal" verkauft wird schlucken, er soll es als alternativlos ansehen.

diese gehirnwäsche klappt bei den meisten ganz gut und trotzdem gibt es immer mehr menschen, die spüren, das hier etwas ganz und gar nicht stimmt.

Menschen, die nicht mehr zur wahl gehen, weil es bei den etablierten parteien eh nichts mehr zu wählen gibt (außer die alternative zwischen pest und cholera...) bzw. die, wie zum beispiel bei der kürzlichen kommunalwahl in brandenburg, kleineren vereinigungen/kandidaten ihre stimme gaben, immerhin machte dieser anteil 12% aus.

Hier zeichnet sich bereits ein trend ab, der jenseits der „großen“ politik versucht, seiner meinung ausdruck zu geben, zb. durch die zahlreichen sozialforen, die sich in immer mehr städten und gemeinden gründen und die, glaubt man den initiatoren, zahlreichen zulauf haben.

Eigentlich standen die zeichen, eine hoffentlich breite masse gegen den herrschenden mainstream auf die beine zu stellen, lange nicht mehr so gut wie heute.

Das überholte prinzip, seine wünsche und forderungen an parteien und gewerkschaften abzutreten, ist in auflösung begriffen, es funktioniert nicht mehr.

Das kann die stunde der gegenmodelle werden, die im gegensatz zum momentanen, kapitalistischen modell, eine menschen/mitweltwürdige perspektive aufzeigen.

Wichtig dabei ist meiner meinung nach, dass das auf einer verständlichen, nicht intellektuellen ebene geschieht.
Diese ganzen aufrufe, entwürfe, die ich schon gelesen habe und die von ihrer grundaussage her gar nicht mal so falsch sind, aber in einer dermaßen intellektuellen, abgehobenen sprache verfasst sind, die wieder nur ein bestimmtes klientel anspricht, die eher kontraproduktiv, eher abschreckend, weil nicht verständlich sind.

Im übrigen kann jeder tagtäglich sein schärflein dazu beitragen das was ins rollen kommt, in diskussionen/gesprächen mit menschen auf der straße, kritischen aber verständlichen aushängen am schwarzen brett in der schule oder dem betrieb, sich mit anderen zusammenschließen usw.

und natürlich demonstrieren, wann immer sich die gelegenheit dazu bietet.

ich habe es in anderem zusammenhang schon mal erwähnt:
diese präsenz auf der straße hat in erster linie wirkung auf die vielen verunsicherten, vereinzelten, resignierten.
im besten fall sind das nächste mal wesentlich mehr dabei.
zweitens ist es eine gute gelegenheit, sich "energetisch" wieder aufzuladen, kraft zu schöpfen weiter zu machen, kontakte zu knüpfen, sich auszutauschen, neue infos zu kriegen usw.
das in der politik zur reinen statistenrolle verkommene volk, wird sich seiner stärke und macht bewußt, zumindest in diesem moment, mit all den anderen zehntausenden.

wenn man nur einen bruchteil dieser energie mit nach hause nimmt und im alltag an andere weitergibt, dann ist ein guter anfang gemacht.

Das vordringlichste wird wohl sein, der zunehmenden (gewollten) vereinzelung/vereinsamung entgegenzutreten.

deswegen ist die bildung außerparlamentarischer gruppen, die sich aber notwendigerweise untereinander vernetzen müssten, so wichtig.

interessanterweise hatten gerade diese gruppen einen außerordentlich großen anteil an der mobilisierung zur demo in berlin.

„allein machen sie dich ein...“

passend zum thema dieses interview:

>>"Attraktiver als Parteiarbeit"

Soziologieprofessor Roland Roth über die Zukunft der sozialen Bewegungen, Attac und das Beispiel der Grünen

Herr Professor Roth, die hohe Teilnehmerzahl bei der Anti- Agenda-2010-Demonstration in Berlin vor einer Woche hat viele überrascht. Protestbewegungen erscheinen heute stark. Wird es sie im Jahre 2020 noch geben?

Natürlich. Warum nicht?

Weil Organisationen wie Attac unter der Uneinigkeit ihrer Mitglieder leiden könnten. Oder Erfolglosigkeit zwingt sie zur Aufgabe.

Solche skeptischen Nachfragen sind für einzelne Themen und Mobilisierungen durchaus berechtigt. Auch Konflikte unterliegen Konjunkturen. Zudem lässt sich über die Zukunft von sozialen Bewegungen besonders schwer spekulieren. Einzig sicher sind in diesem Feld die Überraschungen. Trotzdem zeigen Studien, dass die Protestdichte seit den 50er Jahren deutlich zugenommen hat. Politisches Engagement in Form von Protest und sozialen Bewegungen gehört heute zur Normalität - und ist für viele attraktiver als Parteiarbeit. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass diese Art des Politikmachens unmodern werden sollte. Im Gegenteil.

Was sind die Zukunftsthemen?

Im Vordergrund stehen Globalisierungsfolgen - von der globalen Gerechtigkeit, über öffentliche Güter bis zu den "Anti-Terror- Kriegen". In dem Maße, wie die Politik ihren Gestaltungsanspruch aufgibt und auf den Markt setzt, werden auch bei uns gesellschaftliche Akteure, wie zum Beispiel Großbanken und transnationale Konzerne, stärker ins Visier politischen Protests geraten. In den USA gibt es bereits breite, durchaus wirksame Boykottbewegungen gegen Markenartikler, die unter menschenunwürdigen Bedingungen produzieren lassen oder Kinder beschäftigen. Auch Banken, die Pipelines durch Regenwälder finanzieren, müssen damit rechnen, dass sie massiv Kunden verlieren.

Das Feld der sozialen Bewegungen bleiben also der Weltmarkt und seine Ungerechtigkeiten?

Nein, Globales und Lokales liegen heute nahe beieinander. Auch noch die unsinnigsten politischen Vorhaben werden damit gerechtfertigt, dem Standort Deutschland, Berlin oder Hintertupfingen zu dienen. Nehmen Sie die neueste Privatisierungsvariante, das so genannte Cross Border Leasing der Städte. Sie verkaufen ihre U-Bahnen, Klärwerke oder Kliniken ins Ausland, um sie von dort langfristig zu leasen. Dies spült im Augenblick zwar etwas Geld in die klammen Kassen, aber die kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten schrumpfen dauerhaft. Mit Wettbewerbsbedingungen auf dem Weltmarkt wird ja die gegenwärtige Sozialabbau-Konkurrenz der Bundestagsparteien gerechtfertigt. Soziale Sicherheit und Gerechtigkeit bleiben dabei in einem Maße auf der Strecke, die Proteste herausfordert.

Dennoch war der Widerstand gegen Sozialreformen nicht besonders groß. Weshalb?

Der Widerstand formiert sich. Wenn sich die Überzeugung durchsetzt, dass es dabei nicht um ein bisschen Mehr oder Weniger, sondern um einen Systemwechsel, um eine andere Gesellschaft geht, könnten die Mobilisierungen zulegen. Zudem fehlt weithin das Vertrauen, dass die eingeschlagene Richtung stimmt. Nach einer aktuellen Studie sind zwei Drittel der befragten Kinder und Jugendlichen überzeugt, dass es nicht gelingen wird, die anstehenden nationalen und globalen Probleme wie Kriege, Umweltzerstörung, Arbeitslosigkeit zu lösen. Dieses Gefühl treibt Menschen auf die Straße.

Mit geringem Effekt...

Schnelle Erfolge sind in der Tat selten. Aber Protest kann unerwünschte Entwicklungen verlangsamen. Längerfristige Veränderungen sind keineswegs ausgeschlossen. Ohne Protest sähe die Bundesrepublik heute anders aus. Oft gibt es zuerst kleine kommunale Erfolge, in früheren Jahren zum Beispiel Umweltdezernate oder Frauenhäuser.

Wird es also künftig keine internationalen Großdemonstrationen mehr wie in Seattle oder Genua geben?

Von Zeit zu Zeit sind solche Großereignisse wichtig, damit sich Bewegungen über alle Differenzen und Besonderheiten hinweg ihrer Stärke und ihres Zusammenhalts vergewissern. Hinzu kommen Treffen wie die Weltsozialforen in Porto Alegre, die der Entwicklung einer gemeinsamen Agenda dienen. Aber auch hier ist ein Prozess in Gang gekommen, in dem auf kleineren Sozialforen die globalen Themen regional und lokal übersetzt werden.

Gruppen wie Attac werben damit, das sie kein festes ideologisches Gebäude haben. Sie setzen auf ihre Offenheit und die Vielfältigkeit ihrer Standpunkte. Kann man mit Offenheit auf Dauer Politik machen?

Sicher, Attac ist kein ideologisch gefestigter Verband, der auf der Basis eines kommunistischen Manifests Politik machen würde. Eine solche Vereinheitlichung wird gerade von den jüngeren Aktiven nicht gewünscht. Sie ist auch nicht nötig, um auf aktuelle Problemlagen reagieren. Sie sind damit weitaus flexibler als zum Beispiel politische Parteien. Der Charme solcher Protestorganisationen wie Attac liegt gerade darin, dass sie sehr pragmatische Lösungsvorschläge, wie zum Beispiel eine Steuer auf Devisenspekulation, mit mehr oder weniger grundsätzlicher Kritik an unserer Wirtschaftsweise und der sie flankierenden Politik verknüpfen. Sie sind auch kollektive Suchbewegungen nach Lösungen, von denen heute keiner weiß, wie sie aussehen werden.

Werden die Gewerkschaften versuchen, die Mobilisierungskraft der sozialen Bewegungen für sich zu nutzen?

Es wäre ihnen womöglich im Sinne einer Neuorientierung mehr zu wünschen als den sozialen Bewegungen selbst. Letztere haben in der Geschichte der Bundesrepublik nicht immer gute Erfahrungen mit allzu großer Gewerkschaftsnähe gemacht, vor allem wenn sie von deren Ressourcen abhängig wurden. Schon weil die politischen Formen und Kulturen so unterschiedlich sind, ist eine möglichst unabhängige Selbstorganisation für soziale Bewegungen wichtig. Sonst werden sie zum Objekt von wechselnden politischen Kalkülen.

Auch die politischen Parteien versuchen, soziale Bewegungen für sich zu vereinnahmen.

Gegenwärtig könnte dies allenfalls die PDS versuchen. Aber auch hier sehe ich zwei sehr unterschiedliche politische Milieus aufeinander prallen.

Und die Grünen, die ja aus einer sozialen Bewegung kommen?

Die Grünen gelten in der gegenwärtigen Protestszene als das abschreckende Beispiel schlechthin. Als ein Beispiel dafür, wie schnell eine Bewegungspartei zur staatstragenden Institution werden kann, die mit Bewegungspolitik nichts mehr zu tun haben will. Diese frische Erfahrung spricht dafür, dass aus sozialen Bewegungen in nächster Zeit keine weitere politische Partei entstehen wird, sondern sie eher auf außerparlamentarische Opposition setzen werden.<<

quelle: berliner zeitung

@semball

wenn du dieses thema hier für so unrealistisch hälst und auch keine produktive kritik anzubringen hast, dann mach doch einen eigenen thread auf, wo du dann unter umgekehrten vorzeichen („warum es zu diesem system keine alternative gibt“) darüber diskutieren kannst.

@IMplo

>>...Sie sagt, man solle dem Staat nicht erlauben, sich seines "unbequemen Bodensatzes" zu entziehen, helft alle mit, Bedürftigen zu helfen!
Verleiht ihnen eine Stimme! Ein kleiner Beitrag mit großer Wirkung...

...oder mit Jesus gesagt:
"Was Du dem Geringsten antust, das tust Du mir an"

Solchen Geist halte ich für unverzichtbar, wenn wir eine "neue Demokratie" wollen, die Mitmenschlichkeit befördert und eine gute Botschaft in die Welt hinaussendet...<<

du sagst es, man muß tag für tag vorleben, dass es auch anders geht, selber mit gutem beispiel vorangehen.

der zeitgeist des "jeder ist sich selbst der nächste" muß durchbrochen werden, das fast schon (fremd)wort "solidarität"- was bedeutet, den horizont über den eigenen tellerrand auszuweiten, hinzusehen wo andere wegkucken und und und- muß wieder mit leben, sinn gefüllt werden.
 

semball

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samhain schrieb:
@semball

wenn du dieses thema hier für so unrealistisch hälst und auch keine produktive kritik anzubringen hast, dann mach doch einen eigenen thread auf, wo du dann unter umgekehrten vorzeichen („warum es zu diesem system keine alternative gibt“) darüber diskutieren kannst.
Pff, die Beweisführung obliegt denen, die meinen, eine Alternative gefunden zu haben. Ich lasse mich gerne von einer besseren Welt überzeugen, nur muss ich dafür aus rationalen Gründen eben ein paar Belege, Feldversuche usw haben.

Was soll ich denn von einer Aussage wie "Es gibt aber anarchistische Gesellschaften die funktionierten" halten, wenn ich dafür keinen Beweis bekomme?

Das ganze erinnert mich an an die Kanzlerwahl in der Weimarer Republik.
Da konnte per Misstrauensvotum ein Kanzler abgewählt werden. Schön und gut. Aaaaaaber: Es wurde nicht gleichzeitig ein neuer Kanzler gewählt, d.h. war die Weimarer Republik manchmal für Tage und Wochen ohne Regierungsoberhaupt, was ungefähr so wünschenswert ist, wie, dass auf einem Kreufahrtschiff das mit Volldampf durch ein Meer von Eisbergen rauscht dem Steuermann Berufsverbot erteilt wird ohne sich gleichzeitig einen Neuen zu besorgen.

Wir haben es in unsrem Staat besser gelöst, denn bei uns gibt es das "konstruktive Misstrauensvotum"! Ein Kanzler kann nur abgewählt werden, wenn gleichzeitig ein neuer Kanzler ernannt wird, was ja nur vorteilhaft und vernünftig ist.

Und genau das Gleiche gilt für dieses Thema:
Es reicht nicht diesen Staat vernichten zu wollen, ohne eine bessere Alternative präsentieren zu können.

gruss semball
 

hives

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semball schrieb:
Das ganze erinnert mich an an die Kanzlerwahl in der Weimarer Republik.
Da konnte per Misstrauensvotum ein Kanzler abgewählt werden. Schön und gut. Aaaaaaber: Es wurde nicht gleichzeitig ein neuer Kanzler gewählt, d.h. war die Weimarer Republik manchmal für Tage und Wochen ohne Regierungsoberhaupt, was ungefähr so wünschenswert ist, wie, dass auf einem Kreufahrtschiff das mit Volldampf durch ein Meer von Eisbergen rauscht dem Steuermann Berufsverbot erteilt wird ohne sich gleichzeitig einen Neuen zu besorgen.

Wir haben es in unsrem Staat besser gelöst, denn bei uns gibt es das "konstruktive Misstrauensvotum"! Ein Kanzler kann nur abgewählt werden, wenn gleichzeitig ein neuer Kanzler ernannt wird, was ja nur vorteilhaft und vernünftig ist.

Und weiter? Wir haben auf Listenplätze, Abwahl einzelner Abgeordnete etc. überhaupt keinen Einfluss - Hat Hitler die SPD-Abgeordneten einzeln demokratisch abberufen lassen, oder wie rechtfertigst du dir das? :roll:


semball schrieb:
Und genau das Gleiche gilt für dieses Thema:
Es reicht nicht diesen Staat vernichten zu wollen, ohne eine bessere Alternative präsentieren zu können.

Mal zur Erinnerung, aus dem allerersten Post dieses Threads:

[...]möchte ich mit diesem Thread eine (hoffentlich konstruktive) Diskussion von denkbaren, möglichen und unmöglichen Verbesserungsvorschlägen beginnen. Das kein falsches Bild aufkommt: Ich bin relativ froh, in diesem Land aufgewachsen zu sein, das mir vergleichsweise viele Rechte und Privilegien garantiert. Auch gibt es meiner Ansicht nach wesentlich undemokratischere Systeme, die sich immer noch demokratisch schimpfen – das ist jedoch kein Grund, das unsrige mit Gleichmut (oder aus realitätsfremder Überzeugung) weiterhin „degenerieren“ (im Sinne des demokratischen Gedankens) zu lassen. Die bestehenden Mängel sollten – gerade anbetracht der aktuellen weltwirtschaftlichen Situation, ihren Implikationen, Drohungen und offenbar schon selbstläufigen Reformen – nicht ignoriert werden.

Hier ist schon mal gar nix zu lesen von "Staat vernichten" ( :lol: ), deshalb muss hier auch nicht zwangsläufig eine kohärente "bessere Alternative" präsentiert werden - es geht um die Diskussion von Möglichkeiten der weiteren Demokratisierung im Rahmen eines demokratischen Systems - also bitte einmal auf dem Boden bleiben und die bedrohlichen Umstürzler woanders suchen...


gruß
hives
 

Iadom

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@semball,
ich werde mal schauen, was ich da für dich und uns tun kann. 's werden sich sicherlich ein paar interessante beispiele dafür finden lassen, allerdings kannst du auch... ja, ganz sicher, du hast ja auch netz-zugang... hab aber ohnehin lust, diesbezüglich mehr zu finden als den üblichen plunder. hab geduld, wird vor heute abend sicher nichts, aber es wird. versprochen.

@IMplo,
bezüglich meiner aktivitäten kann ich mich hier nicht so weit aus dem fenster hängen, weil ich nicht weiß, wer mitliest und erfahrenes wie weiterverarbeitet. nur soviel: ich arbeite freiwillig in zwei alternativen jugendeinrichtungen mit, schreibe eine konzeption für einen freie assoziation, renne noch regelmäßig auf meine alte schule und verteile dort informationsmaterialien für die schülerInnen privat und teils auch für'n unterricht... und lerne.
tue noch mehr, aber wie bereits oben aufgeführt
*anna und arthur halten's maul* - wenn's kritisch wird.


's echt schön mit euch. wir lesen uns nachher. venceremos.
 

Woppadaq

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IMplo schrieb:
Yo, also daß es hierzulande eine Diktatur des Mittelmaßes gibt, ist ja wohl keine Frage.

Die Frage ist nur, WAS daran Schuld ist.

Inwiefern seit ihr denn bereit, NICHT mittelmäßig zu sein ?

Klartext: Kommunismus, Sozialismus, was auch immer, es ist "feindlich" und wird bekämpft, bei Widerstand "beseitigt".

Klartext: Diktaturen sind Scheiße und sollten verhindert werden.
Leider sind deine Beispiele nicht ohne Diktatur zu haben. Wenn ich falsch liege, beweis es mir.


ich persönlich habe daher den Schritt ins Subversive Denken und Handeln als einzigen Weg, sich für eine MIT!-menschliche Welt einzusetzen, erkannt und gewählt.

Bisher kann ich nichts subversives erkennen. Vielleicht warst du aber auch noch nicht deutlich genug.


Was mich bei solcher Betrachtung sehr traurig macht, ist, daß sich ohne die völlige Zerstörung alter Strukturen kaum etwas Neues errichten läßt.

Welche Strukturen willst du denn konkret zerstören ?
Es gibt welche, die müssen zerstört werden, und es gibt welche, die wirst du nie zerstören können, und es gibt welche, bei deren Zerstörung das genaue Gegenteil von dem eintritt, was du eigentlich willst.

Weltweit gibt es keinerlei Demokratie!!! Die Masse der Menschheit hat schlicht NICHTS ZU SAGEN!

Was würdest du denn sagen, wenn du's könntest ?

Und wie gut kannst du damit leben, daß sich damit auseinandergesetzt wird ?

Es wird absolut in Kauf genommen, daß Jahr fuer Jahr x-mille Kinder Hungers sterben, daß HUngersnöte Landstriche entvölkern, daß junge Demokratien von alten zu 1000% ferngetseuert werden, die Umwelt zerstört wird, etc. etc.

Was passiert, wenn man sich da einmischt, können wir ja derzeit im Irak beobachten. Auch wenn das jetzt ein blödes Beispiel ist, aber seinerzeit in Somalia wars auch nicht anders.

Ich finds ja auch schlimm. Aber was konkret solten wir denn tun, was noch nicht versucht wurde ?

Sie sagt, man solle dem Staat nicht erlauben, sich seines "unbequemen Bodensatzes" zu entziehen, helft alle mit, Bedürftigen zu helfen!
Verleiht ihnen eine Stimme! Ein kleiner Beitrag mit großer Wirkung...

...oder mit Jesus gesagt:
"Was Du dem Geringsten antust, das tust Du mir an"

Solchen Geist halte ich für unverzichtbar, wenn wir eine "neue Demokratie" wollen, die Mitmenschlichkeit befördert und eine gute Botschaft in die Welt hinaussendet...

*zustimm*
 

semball

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hives schrieb:
Und weiter? Wir haben auf Listenplätze, Abwahl einzelner Abgeordnete etc. überhaupt keinen Einfluss
Ja und ? Das sollt ihr doch auch gar nicht. Sowas ist interne Angelegenheit der Partei und ihrer Mitglieder. Wenn du unbedingt drauf Einfluss haben willst, dann tritt ein und bemüh dich drum. Ich meckere ja auch nicht, dass ich keinen Einfluss auf die Verteilung von Ämtern im örtlichen Tennisclub habe, wenn ich kein zahlendes Vereinsmitglied bin [/quote]

- Hat Hitler die SPD-Abgeordneten einzeln demokratisch abberufen lassen, oder wie rechtfertigst du dir das? :roll:

Den Sinn diesr Aussage musst du mir erst erläutern. :roll: Wie soll ich mir was was rechtfertigen?
semball schrieb:
Und genau das Gleiche gilt für dieses Thema:
Es reicht nicht diesen Staat vernichten zu wollen, ohne eine bessere Alternative präsentieren zu können.

Mal zur Erinnerung, aus dem allerersten Post dieses Threads:

[...]möchte ich mit diesem Thread eine (hoffentlich konstruktive) Diskussion von denkbaren, möglichen und unmöglichen Verbesserungsvorschlägen beginnen. Das kein falsches Bild aufkommt: Ich bin relativ froh, in diesem Land aufgewachsen zu sein, das mir vergleichsweise viele Rechte und Privilegien garantiert. Auch gibt es meiner Ansicht nach wesentlich undemokratischere Systeme, die sich immer noch demokratisch schimpfen – das ist jedoch kein Grund, das unsrige mit Gleichmut (oder aus realitätsfremder Überzeugung) weiterhin „degenerieren“ (im Sinne des demokratischen Gedankens) zu lassen. Die bestehenden Mängel sollten – gerade anbetracht der aktuellen weltwirtschaftlichen Situation, ihren Implikationen, Drohungen und offenbar schon selbstläufigen Reformen – nicht ignoriert werden.

Hier ist schon mal gar nix zu lesen von "Staat vernichten" ( :lol: ), deshalb muss hier auch nicht zwangsläufig eine kohärente "bessere Alternative" präsentiert werden - es geht um die Diskussion von Möglichkeiten der weiteren Demokratisierung im Rahmen eines demokratischen Systems - also bitte einmal auf dem Boden bleiben und die bedrohlichen Umstürzler woanders suchen...
Ich habe vollends verstanden, dass das deine Meinung ist, aber haben die anderen hier das auch im Hinterkopf?
Außerdem: Wehret den Anfängen :wink:

gruss semball
 

semball

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Kleine Ergänzung:
Abgeordnete können bis zur nächsten Wahl von niemanden abgewählt werden
 

hives

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semball schrieb:
hives schrieb:
Und weiter? Wir haben auf Listenplätze, Abwahl einzelner Abgeordnete etc. überhaupt keinen Einfluss
Ja und ? Das sollt ihr doch auch gar nicht. Sowas ist interne Angelegenheit der Partei und ihrer Mitglieder.
Wenn du unbedingt drauf Einfluss haben willst, dann tritt ein und bemüh dich drum. Ich meckere ja auch nicht, dass ich keinen Einfluss auf die Verteilung von Ämtern im örtlichen Tennisclub habe, wenn ich kein zahlendes Vereinsmitglied bin

Naja, wenn du den Bundestag mit nem Tennisclub gleichsetzt, okay... ;)
Ansonsten ist zu sagen, dass durch Möglichkeiten wie panaschieren und kumulieren ohne Veränderungen in der Vorgehensweise der Massenmedien oder eine Veränderung der Informationsbeschaffung der Bürger natürlich vor allem Populisten gefördert würden, was sicherlich wenig wünschenswert ist. Um die Diskussion an diesem Punkt nicht zu ersticken (durch alle demokratischen Elemenete werden Populismen gefördert, solange Politik und Medien populistisch vorgehen - andererseits haben Vorzeige-Populisten wie Westerwelle momentan zb. relativ wenig Sympathien), muss dem Faktor Aufklärung/Information eine entscheidende Rolle zukommen. Momentan werde ich das jedoch nicht weiter ausführen, als bereits in meinen Eingangsposts angedeutet.


- Hat Hitler die SPD-Abgeordneten einzeln demokratisch abberufen lassen, oder wie rechtfertigst du dir das? :roll:

Den Sinn diesr Aussage musst du mir erst erläutern. :roll: Wie soll ich mir was was rechtfertigen?

Wie du dir rechtfertigst, dass du keinen Einfluss auf die Listen nehmen kannst - aber da dich dies nicht weiter zu stören scheint: Vergiss es einfach - war auch kein besonders bedeutsamer Spruch ;)
 

semball

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Listen sind Wahlvorschläge, du brauchst sie nicht annehmen. Es gibt übrigens genügend "Listen", so dass für jeden was dabei ist :wink:

Außerdem kann ich schon (theoretisch) Einfluss auf die Liste nehmen. :wink:
 

semball

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Aber du musst doch zugeben, dass Listen eine sehr sinnvolle Einrichtung sind: Die Partei setzt ihre fähigsten Köpfe auf die Listen, um auch sie sicher ins Parlament zu bringen.

Nun stell dir mal vor, es würden die Abgeordneten in Deutschland nur direkt gewählt: Auf der einen Seite der hochintelligente, fähige und engagierte Fachmann, der leider häßlich, schüchtern, unscheinbar und noch dazu nicht photogen ist.
Auf der anderen Seite der charmante Strahlemann, der jeden Schützenverein sponsert und auch auf der Kerwa wie auf den Plakaten eine gute Figur macht.
So, welcher hätte die Gunst der Wähler bei einer Direktwahl eher auf seiner Seite? Eine Partei kann nun wirklich nicht jedem Bürger erklären, warum dieser und jene qualifizierte Typ eher gewählt werde sollte als sein volksnaher und populärer Kontahent.

Übrigens gibt es eine Simulation, wie das Parlament aussehen würde, wenn es keine Listenwahl gäbe: 60% SPD, 35% CDU/CSU, 5% PDS
Obwohl das auf mich irgendwie attraktiv wirken müsste, halte ich dennoch an der Listenwahl fest, da ich der festen Überzeugung bin, dass sie politisch effizienter ist.

gruss semball
 

hives

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semball schrieb:
Aber du musst doch zugeben, dass Listen eine sehr sinnvolle Einrichtung sind: Die Partei setzt ihre fähigsten Köpfe auf die Listen, um auch sie sicher ins Parlament zu bringen.

Nun stell dir mal vor, es würden die Abgeordneten in Deutschland nur direkt gewählt: Auf der einen Seite der hochintelligente, fähige und engagierte Fachmann, der leider häßlich, schüchtern, unscheinbar und noch dazu nicht photogen ist.
Auf der anderen Seite der charmante Strahlemann, der jeden Schützenverein sponsert und auch auf der Kerwa wie auf den Plakaten eine gute Figur macht.
So, welcher hätte die Gunst der Wähler bei einer Direktwahl eher auf seiner Seite? Eine Partei kann nun wirklich nicht jedem Bürger erklären, warum dieser und jene qualifizierte Typ eher gewählt werde sollte als sein volksnaher und populärer Kontahent.


Das ist sicher ein Problem - jedoch wird hierbei ein Faktum übergangen: Wenn die Politik verschiedener Parteien nicht mehr wirklich voneinander zu unterscheiden ist, wird eine Bevölkeurng natürlich politikverdrossen, viele ziehen sich zurück, andere wählen Protest, Populisten gewinnen an Einfluss etc.
Viele Politiker sind nicht wirklich an einer politisch engagierten Öffentlichkeit interessiert - wenn engagiert, dann bitte in Parteien oder bei etablierten Zeitungen als Journalist - denn das würde in größerem Maße eine wirklich offene Diskussion erzwingen (siehe hierzu auch einen meiner letzten Eintrag im Zitatensammlungs-Thread: Lafontaine spricht 10% Gewinne der Pharmafirmen an, keine inhaltliche Erwiderung, lediglich zwei Diffamierungen von Lafontaine (durch Baring, "unter ihrem Niveau" und Beust ("Diskussion wieder drei Schritte zurückgeworfen" - ich grüble immer noch, wie dieser Satz in der Situation überhaupt theoretisch zu verstehen gewesen wäre...).
Die Politikverdrossenheit wird durch Medien (fängt schon an bei: "nicht zuviel/gar keine Politik auf der Jugendseite") und Politik stark forciert und ist gewünscht (natürlich nicht von allen Einzelpersonen). Das Populismen-anfällige Volk wird durch die Medien in diese Form gebracht und in ihr "hypnotisiert". :twisted:
Nein, es hört sich hart an, aber schaut euch doch die Medienlandschaft an: durch Angebot und NAchfrage allein ist sowas definitv nicht zu erklären...
Auch wenn du mir hier widersprichst (gehe ich mal von aus ;)), musst du eins zugestehen: die Medien gestalten sowohl den Prozess der politischen Meinungsbildung als auch die Problemwahrnehmung der Bürger - und die meisten heute verbreiteten Darstellungsweisen (und die Auswahlkriterien) von Problemen und Lösungsmöglichkeiten fördern sowohl Populisten als auch Politikverdrossenheit...



semball schrieb:
Übrigens gibt es eine Simulation, wie das Parlament aussehen würde, wenn es keine Listenwahl gäbe: 60% SPD, 35% CDU/CSU, 5% PDS
Obwohl das auf mich irgendwie attraktiv wirken müsste, halte ich dennoch an der Listenwahl fest, da ich der festen Überzeugung bin, dass sie politisch effizienter ist.

Wie definierst du "politische Effizienz"? Sollte diese in deiner Vorstellung die oberste Priorität eines Systems sein?
 

semball

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hives schrieb:
Das ist sicher ein Problem - jedoch wird hierbei ein Faktum übergangen: Wenn die Politik verschiedener Parteien nicht mehr wirklich voneinander zu unterscheiden ist, wird eine Bevölkeurng natürlich politikverdrossen, viele ziehen sich zurück, andere wählen Protest, Populisten gewinnen an Einfluss etc.
Wenn die Parteien angeblich alle gleicher Meinung sind, warum sind sie sich nicht einig?

Viele Politiker sind nicht wirklich an einer politisch engagierten Öffentlichkeit interessiert
Ach ja? Und wer wären diese ominösen "vielen Politiker"? Hast du konkrete Zitate, persönliche Erlebnisse oder sonstige Belege?
Kein Politiker den ich kenne hat sowas auch nur angedeutet, eher im Gegenteil

Lafontaine spricht 10% Gewinne der Pharmafirmen an, keine inhaltliche Erwiderung, lediglich zwei Diffamierungen von Lafontaine (durch Baring, "unter ihrem Niveau" und Beust ("Diskussion wieder drei Schritte zurückgeworfen" - ich grüble immer noch, wie dieser Satz in der Situation überhaupt theoretisch zu verstehen gewesen wäre...).
Tss, gescheit Recht so, dass der Kerl so niedergemacht wird. Er hat die ganze Parteilinke im Stich gelassen. Auch der Rest der Mitglieder kann ihn nicht mehr besonders ausstehen.


die Medien gestalten sowohl den Prozess der politischen Meinungsbildung als auch die Problemwahrnehmung der Bürger - und die meisten heute verbreiteten Darstellungsweisen (und die Auswahlkriterien) von Problemen und Lösungsmöglichkeiten fördern sowohl Populisten als auch Politikverdrossenheit...
Auch da stimme ich dir nicht zu. (Die BILD mal außer Acht gelassen...)


semball schrieb:
Übrigens gibt es eine Simulation, wie das Parlament aussehen würde, wenn es keine Listenwahl gäbe: 60% SPD, 35% CDU/CSU, 5% PDS
Obwohl das auf mich irgendwie attraktiv wirken müsste, halte ich dennoch an der Listenwahl fest, da ich der festen Überzeugung bin, dass sie politisch effizienter ist.

Wie definierst du "politische Effizienz"? Sollte diese in deiner Vorstellung die oberste Priorität eines Systems sein?
"Politische Effizienz" meint, dass die parlamentarische Arbeit möglich gut gemacht wird.
 

hives

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semball schrieb:
hives schrieb:
Das ist sicher ein Problem - jedoch wird hierbei ein Faktum übergangen: Wenn die Politik verschiedener Parteien nicht mehr wirklich voneinander zu unterscheiden ist, wird eine Bevölkeurng natürlich politikverdrossen, viele ziehen sich zurück, andere wählen Protest, Populisten gewinnen an Einfluss etc.
Wenn die Parteien angeblich alle gleicher Meinung sind, warum sind sie sich nicht einig?

Das ist eine ausgesprochen oberflächliche Betrachtungsweise.

Gestritten wird um konkrete Umsetzungen (setzen wir den Spitzensteuersatz um 10 oder 9 % runter - Warten wir mit Steuerreform ein Jahr länger oder nicht etc.), die Marschrichtung ist schon lange festgelegt. Die Diskussion wird von Alternativen, die ausgeklammert werden, auf die Art und Weise der Umsetzung neoliberaler Vorstellungen verlegt.


semball schrieb:
Viele Politiker sind nicht wirklich an einer politisch engagierten Öffentlichkeit interessiert
Ach ja? Und wer wären diese ominösen "vielen Politiker"? Hast du konkrete Zitate, persönliche Erlebnisse oder sonstige Belege?
Kein Politiker den ich kenne hat sowas auch nur angedeutet, eher im Gegenteil

Ja glaubst du denn, dass sie sich vor einen Parteienochsentouranwärter stellen und sagen: "Je dümmer und desinteressierter die Gesellschaft, desto besser für uns, merk dir das, mein Jungchen!"
:lol:

Persönliche Erlebnisse:
- Briefe und E-mails bleiben unbeantwortet oder werden oberflächlich abgespeisst. (ein konkreter Fall bspw.: Ausführliche e-mail an eine Bürgermeisterschaftskandidatin -> Keine Antwort. Glücklicherweise hatte ich sie einige Zeit später mal durch Zufall am Telefon :twisted: , die betont freundliche Antowrt: Interesse der Jugend ist ja klasse, Parteiengagement bla, außerdem tut es ihr leid, dass es diverse Probleme mit ihrem Postfach gab usw...)
- Unterhaltungen mit Journalisten bestätigten mich (nein, es waren keine von der taz)
- Interviews bestätigen mich zusätzlich
- Zitate such ich dir bei Gelgenheit vielleicht noch ein paar heraus. Wenn nicht, schau ab und zu mal in der Zitatesammlung nach. Ist bspw. schon eins von der CSU ("Wir sind froh, dass sich ein Regierungsstil gezeigt hat, bei dem nicht in der Öffentlichkeit diskutiert, sondern hinter verschlossenen Türen verhandelt wird.")

semball schrieb:
Lafontaine spricht 10% Gewinne der Pharmafirmen an, keine inhaltliche Erwiderung, lediglich zwei Diffamierungen von Lafontaine (durch Baring, "unter ihrem Niveau" und Beust ("Diskussion wieder drei Schritte zurückgeworfen" - ich grüble immer noch, wie dieser Satz in der Situation überhaupt theoretisch zu verstehen gewesen wäre...).
Tss, gescheit Recht so, dass der Kerl so niedergemacht wird. Er hat die ganze Parteilinke im Stich gelassen. Auch der Rest der Mitglieder kann ihn nicht mehr besonders ausstehen.

Und was hat das mit dem beschrieben Wortwechsel zu tun? Weil Lafontaine die SPD-Parteilinke im Stich gelassen hat, muss auf seine Diskussionsbeiträge nicht weiter eingegangen werden, und man darf ihn stattdessen beschimpfen?

Baring und die CDU unterstellen ihm das Zurückwerfen der Diskussion (obwohl niemand auf seinen Einwand reagiert hat), und die SPD steht daneben und applaudiert - er hat sie ja schließlich "im Stich gelassen"...

Keiner hat Lust, noch auf Kritik an der Ökonomisierung des Staates und dergleichen einzugehen, man macht es sich einfach und diffamiert die wenigen Leute, die es aus den verschiedensten Gründen noch tun - und du findest das alles ganz toll und demokratisch...

semball schrieb:
die Medien gestalten sowohl den Prozess der politischen Meinungsbildung als auch die Problemwahrnehmung der Bürger - und die meisten heute verbreiteten Darstellungsweisen (und die Auswahlkriterien) von Problemen und Lösungsmöglichkeiten fördern sowohl Populisten als auch Politikverdrossenheit...
Auch da stimme ich dir nicht zu. (Die BILD mal außer Acht gelassen...)

Ach so, die Bildzeitung ist also was GANZ ANDERES als alle anderen Massenmedien, okay :wink:

semball schrieb:
semball schrieb:
Übrigens gibt es eine Simulation, wie das Parlament aussehen würde, wenn es keine Listenwahl gäbe: 60% SPD, 35% CDU/CSU, 5% PDS
Obwohl das auf mich irgendwie attraktiv wirken müsste, halte ich dennoch an der Listenwahl fest, da ich der festen Überzeugung bin, dass sie politisch effizienter ist.

Wie definierst du "politische Effizienz"? Sollte diese in deiner Vorstellung die oberste Priorität eines Systems sein?
"Politische Effizienz" meint, dass die parlamentarische Arbeit möglich gut gemacht wird.
Also sorgt die Beibehaltung der Listenwahl deiner Meinung nach dafür, dass die parlamentarische Arbeit gut gemacht wird?

Was ist denn "gut gemacht"? Dass die Wirtschaft funktioniert, dass es der Bevölkerung gutgeht, dass ein Mindeststandard gesichert ist....?

Und warum sorgt die Listenwahl deiner Meinung nach dafür?
 

samhain

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Die Welt verändern, ohne die Macht zu erobern

Ein Interview mit John Holloway

John Holloway, Politikwissenschaftler an der Universidad Autónoma de Puebla, México und einer der bekanntesten Analytiker des zapatistischen Aufstandes, brachte im Verlag Westfälisches Dampfboot 2002 sein vielbeachtetes Buch mit dem Titel "Die Welt verändern, ohne die Macht zu erobern" heraus. Über neue Wege revolutionärer Politik sprach mit ihm GWR-Autor Edo Schmidt.

...Ich denke, daß es tatsächlich bedeutet, daß die Leute wieder über Revolution reden wollen. Sie mögen dabei vielleicht nicht das Wort "Revolution" benutzen, aber beinahe jeder ist sich bewußt, daß der Kapitalismus ein Desaster ist, das die Menschlichkeit bzw. die Menschheit (2) zerstört, und daß es droht, dies vollständig zu tun. Mehr und mehr Menschen kämpfen für eine andere Welt, und nichts anderes meint Revolution.

Nun ist das Problem, was wir mit Revolution meinen. Offensichtlich bedeutet es, eine andere Gesellschaft anstelle des Kapitalismus zu schaffen, aber ich denke, daß es wichtig ist zu sagen, daß wir nicht wissen, wie wir das erreichen können. Sicher haben wir viele Kämpfe, die bereits eine Richtung angeben, und viele Kämpfe zeigen uns, welchen Weg wir nicht gehen sollten, aber Revolution kann nur gedacht werden als ein Herausfinden, als eine Frage. Mehr und mehr bin ich davon überzeugt, daß das Problem nicht darin liegt, den Kapitalismus zu zerstören, sondern vielmehr darin, aufzuhören, ihn ständig selbst hervorzubringen.

http://www.graswurzel.net/283/holloway.shtml

gerade den letzten satz finde ich besonders bemerkenswert...
 

samhain

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ich würde gerne mal wieder auf die anfangsaussagen dieses threads zurückkommen, die ja auch die vision einer zukünftigen gesellschaft beinhalteten.
es ist, zumindest einigen, relativ klar, das dieses auf grenzenloses wachstum ausgelegte system und zwar nicht nur in der BRD, sondern in allen industriestaaten weltweit, keine zukunft hat.

in diesem zusammenhang gibt es den begriff "der grenzen des wachstums", der meiner meinung nach viel zu wenig thematisiert wird.

es kann nicht nur einseitig darum gehen, das politische system hier umzukrempeln, sondern es muss hand in hand mit einer veränderung der lebensumstände weltweit gehen, weg vom fortschrittsglauben, vom schneller-höher- weiter, hin zu einem nachhaltigen umgang mit der erde und ihren ressourcen.
es geht um weitreichende visionen und ihre umsetzung.
es wäre an der zeit ihnen raum zu geben und an ihre umsetzung zu gehen.
viel spielraum bleibt uns nicht, das gegenwärtige system kollabiert bereits...

>>PLäDOYER FüR EIN EUROPA DER SOZIALEN KULTUR

Fällt uns wirklich nicht mehr ein, als den ganzen Kontinent in einen privaten Gewerbepark zu verwandeln?

Je mehr die Grenzen des Wachstums auch im Alltag der Marktwirtschaft sichtbar werden, um so lauter und verzweifelter versuchen Politiker, Wachstum und Aufschwung herbeizureden. Selbst vor der aberwitzigen Versicherung schreckt man nicht zurück, Rentenkürzungen, die Senkung von Arbeitslosengeldern auf Sozialhilfeniveau oder die Auszahlung von fälligen Bezügen am Ende statt am Anfang des Monats würden zu einem Wirtschaftsaufschwung führen.

Dabei wissen wir seit über 30 Jahren, dass die vorhandenen Ressourcen dem Wirtschaftswachstum unübersteigbare Grenzen setzen. Schon vor 1960 begannen amerikanische Industrielle darüber nachzudenken, was angesichts der Marktsättigung zu tun sei, sollte es nicht gelingen, Leute zu überreden, sich den gleichen Gegenstand drei- oder vierfach anzuschaffen. Inzwischen wissen wir, dass der Übergang zur aggressiven Werbung eines nicht mehr an realen Bedürfnissen, sondern lediglich an Absatzinteressen orientierten Marktes keine Abhilfe schafft.<<

weiter hier:

http://www.freitag.de/2003/47/03470101.php

dazu auch hier:

Über "Die neuen Grenzen des Wachstums"
http://www.utopie1.de/peglau/meadows.htm

auf den oben genannten link bezogen:

>>Vor zwei Jahrzehnten haben wir das Buch "Die Grenzen des Wachstums" verfaßt. Es berichtete über die im kommenden Jahrhundert zu erwartenden Folgen der ständigen Zunahme der Weltbevölkerung und der Weltwirtschaft und stellte grundlegend wichtige Fragen:

Was geschieht wohl, wenn die Zahl der Menschen auf der Erde unkontrolliert weiter steigt?
Wie wird sich das Wirtschaftswachstum bei den gegenwärtigen Wachstumsraten auf die Umwelt auswirken?
Wie könnte man Wirtschaftsformen finden, die sich in die auf unserem Planeten gegebenen Begrenzungen einfügen und dennoch die Lebensgrundlagen für alle Menschen sichern?

...Eine dauerhaft existenzfähige Gesellschaft ist technisch und wirtschaftlich noch immer möglich. Sie könnte lebenswertere Perspektiven haben als eine Gesellschaft, die ihre Probleme durch konstante Expansion zu lösen versucht. Der Übergang zu einer dauerhaft existenzfähigen Gesellschaft erfordert den sorgfältigen Ausgleich zwischen langfristigen und kurzfristigen Zielvorstellungen; der Nachdruck muß auf ausreichende Versorgung, gerechte Verteilung und Lebensqualität und weniger auf Produktionsausstoß gelegt werden. Dazu ist mehr erforderlich als nur Produktivität und Technologie; gefragt sind Reife, partnerschaftliches Teilen und Weisheit.>>

http://www.homepages.hetnet.nl/~axel_koch/SITES/meadows.html
 

hives

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samhain schrieb:
Über "Die neuen Grenzen des Wachstums"
http://www.utopie1.de/peglau/meadows.htm

auf den oben genannten link bezogen:

>>Vor zwei Jahrzehnten haben wir das Buch "Die Grenzen des Wachstums" verfaßt. Es berichtete über die im kommenden Jahrhundert zu erwartenden Folgen der ständigen Zunahme der Weltbevölkerung und der Weltwirtschaft und stellte grundlegend wichtige Fragen:


Was geschieht wohl, wenn die Zahl der Menschen auf der Erde unkontrolliert weiter steigt?
Wie wird sich das Wirtschaftswachstum bei den gegenwärtigen Wachstumsraten auf die Umwelt auswirken?
Wie könnte man Wirtschaftsformen finden, die sich in die auf unserem Planeten gegebenen Begrenzungen einfügen und dennoch die Lebensgrundlagen für alle Menschen sichern?

...Eine dauerhaft existenzfähige Gesellschaft ist technisch und wirtschaftlich noch immer möglich. Sie könnte lebenswertere Perspektiven haben als eine Gesellschaft, die ihre Probleme durch konstante Expansion zu lösen versucht. Der Übergang zu einer dauerhaft existenzfähigen Gesellschaft erfordert den sorgfältigen Ausgleich zwischen langfristigen und kurzfristigen Zielvorstellungen; der Nachdruck muß auf ausreichende Versorgung, gerechte Verteilung und Lebensqualität und weniger auf Produktionsausstoß gelegt werden. [...] >>

"Gerechte Verteilung" ist der zentrale Punkt. Das folgende wollte ich eigentlich im Neolib-Thread posten (wo es teils auch um die globale Schere und deren Auswirkungen auf Kulturen und Politik geht), es passt jedoch noch besser zu den letzten Posts von samhain in diesem Thread, deshalb poste ich es vorerst mal hier:

Aus "Globale Trends 2002" herausgegeben von der Stiftung Entwicklung und Frieden", Seite 72 f., Kapitel "Armut und Reichtum":

Zunächst einmal die Grafik, die dem Kapitel vorangestellt ist:

http://www.weltverschwoerung.de/upload/globaleschere2.gif

Die eigentliche Grafik und der untere Text sprechen ja für sich - BIP der reichen Länder von 7,9 auf 22,6; BIP der armen Länder von 3,1 auf 6,2 etc. - eindeutig ist also von einer zunehmenden Verschärfung der Zustände zu reden, die armen Länder werden verhältnismäßig noch ärmer, die reichen Länder noch reicher. Und jetzt lest euch noch einmal die Überschrift durch...

Fällt jemandem etwas auf?

"Trotz wachsender Einkommensschere zwischen arm und reich: Die soziale Situation der Armen verbessert sich langfristig"

Das liest sich meiner Ansicht nach, als hätte der verantwortliche Schreiber noch nie was von Wachstumsgrenzen vernommen - offenbar gibt es für alle mehr, und für alle verbessert sich die Situation: Die reichen Länder verdreifachen ihre Gewinne, und die armen verdoppeln sie, bald haben also die Reichen noch viel mehr, aber die armen genug, weil sie ja auch immer mehr bekommen :roll:

Und auch interessant: Die Bevölkerung in absoluter Armut (weniger als 1,08 Dollar pro Tag, ein unanzweifelbares, konstantes Kriterium :? ):



http://www.weltverschwoerung.de/upload/globalearmut1.gif


Abschließend sollte ich noch anmerken, dass es mir nicht darum geht, alles schlechtzureden – minimale Fortschritte in manchen Bereichen (zb. Kindersterblichkeit sinkt weitgehend kontinuierlich, „Alphabvetisierungsquote“ steigt weitgehend) dürfen jedoch nicht als grundlegende Veränderungen der Situation dargestellt werden („wir sind schon auf dem richtigen Weg“). Die Diskrepanzen zwischen Arm und Reich verschärfen sich weiterhin zunehmend.
 

samhain

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<<FÜR EINE GESELLSCHAFT DER WACHSTUMSRÜCKNAHME

Circulus virtuosus

DER französische Soziologe und Technikphilosoph Jacques Ellul war Optimist: "Es wird eine große Befriedigung sein", sagte er in einem Interview, "wenn wir gesunde Lebensmittel essen, weniger Lärm zu ertragen haben, in einer ausgeglichenen Umwelt leben und nicht mehr all den Straßen- und Güterverkehr aushalten müssen." Eine erste Voraussetzung für eine solche Umorientierung wäre allerdings die allgemeine Einsicht, dass kein Weg an einer Politik der Wachstumsrücknahme vorbeiführt. Denn noch immer herrscht bei der Rechten wie bei der Linken, bei Neoliberalen wie Sozialdemokraten der fatale Glaube vor, dass ohne Wachstum gar nichts geht.

Von SERGE LATOUCHE *

* "Wachstumsverweigerer", Präsident von Ligne dHorizon, emeritierter Professor der Universität Paris-Sud. Ausgewählte Veröffentlichungen: "La déraison de la raison économique", Paris (Albin Michel) 2001; "Justice sans limites", Paris (Fayard) 2003; "La pensée créative contre léconomie de labsurde", Paris (Parangon) 2003.

...Die Wachstumsgesellschaft hat die Tendenz, sich einzig von einer wachstumsorientierten Wirtschaft bestimmen zu lassen. Eine solche Gesellschaft ist nicht zukunftsfähig, weil sie über kurz oder lang an die Grenzen der Biosphäre stößt. Bemisst man die Umweltbelastung am "ökologischen Fußabdruck" (ecological footprint), den unsere Lebensweise auf der Erde hinterlässt, so zeigt sich, dass unser Landverbrauch weder sozial ausgewogen ist noch auf die Regenerationsfähigkeit der Biosphäre Rücksicht nimmt. Ein US-Bürger verbraucht für die Aufrechterhaltung seines Lebensstandards durchschnittlich 9,6 Hektar Land, ein Kanadier 7,2 Hektar, der Durchschnittseuropäer 4,5 Hektar. Von weltweiter Gleichberechtigung sind wir also weit entfernt, erst recht von einer Kultur der Nachhaltigkeit, die bei gleich bleibender Weltbevölkerung eine Beschränkung auf 1,4 Hektar pro Person erfordern würde.(5)

...Für den Kulturkritiker Ivan Illich ist das programmierte Ende der Wachstumsgesellschaft nicht unbedingt eine schlechte Nachricht: "Die gute Nachricht ist, dass wir auf unsere Lebensweise nicht verzichten müssen, um die negativen Auswirkungen einer an sich guten Sache zu vermeiden - so als müssten wir uns zwischen dem Genuss eines vorzüglichen Essens und den damit verbundenen Risiken entscheiden. Nein, dieses Essen ist schlecht, und es wäre ein Glück für uns, wenn wir uns von ihm abwenden. Anders leben, um besser zu leben."(8)

Es gibt mindestens drei Gründe, warum die Wachstumsgesellschaft nicht wünschenswert ist: Sie führt zu wachsenden Einkommensunterschieden und zu mehr Ungerechtigkeit, sie produziert einen weitgehend illusorischen Wohlstand, und sie schafft nicht einmal unter den "Bessergestellten" eine konviviale Gesellschaft, sondern vielmehr eine an ihrem eigenen Reichtum erkrankte Antigesellschaft.<<

alles hier:

http://www.taz.de/pt/2003/11/14/a0021.nf/text.ges,1

brillianter artikel, klare worte- kurz gesagt: absolut lesenswert!

@hives

von einer grundlegenden veränderung hin zum besseren, kann in der tat keine rede sein. die durchaus anerkennenswerten, allerdings viel zu kleinen fortschritte, die wie der sprichwörtliche tropfen auf den heissen stein erscheinen, werden langfristig nur einen sinn haben, wenn die grundlagen/rahmenbedingungen radikal verändert werden.

es kann nicht darum gehen, ein bißchen alphabetisierung hier, etwas sozialarbeit da zu betreiben.
das sind nichts anderes als almosen, die die reichen gesellschaften den armen gnädig zugestehen (wenn überhaupt noch, die ausgaben im entwicklungshilfebereich sinken) , während sich an den ursachen der lebensbedingungen, der ausbeutung, der ressourcenverschwendung überhaupt nichts ändert. nichts anderes als ein herumdoktern an symptomen findet hier statt.

vielleicht ist das auch der politische sinn des ganzen, ein feigenblatt zu haben, um nicht ganz nackt da zu stehen.

die auswirkungen dieser seit jahrhunderten ausbeuterisch( stichwort kolonialisierung) betriebenen politik kommt also endlich in den verursacherländern an.
die zeiten in denen die welt in "erste" und "dritte" aufgeteilt wurde sind überholt. es gibt nur eine welt, alles steht miteinander in wechselwirkung und die verfehlungen fallen jetzt auf ALLE zurück.
wer sich jetzt noch gelangweilt zurücklehnt und sich fragt was ihn das alles angeht, der wird unvorbereitet von den kommenden entwicklungen überrollt werden.
ein entkommen wird es nicht geben.
 

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