Borat

agentP

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Gestern angelaufen - schnell ansehen, denn Morgen könnte es schon zu spät sein:
Kein Spaß: Das Europäische Zentrum für Antiziganismusforschung hat gegen "Borat"-Darsteller Sacha Baron Cohen Strafanzeige erstattet. Auch Fernsehsender, die Werbespots zu dem Film ausgestrahlt haben, und "Welt.de" sollen sich vor Gericht verantworten.
http://www.spiegel.de/kultur/kino/0,1518,445992,00.html

Ich musste dann eben doch schmunzeln, als ich mir überlegt habe, dass der jüdische Historiker Sacha Baron Cohen, der seine Abschlussarbeit in Cambridge(!) über die Rolle von Juden in der amerikanischen Bürgerechtsbewegung der 60er Jahre schrieb (“A Case of Mistaking Identities – the Jewish Black Alliance”), nun von einem deutschen Staatsanwalt unter anderem wegen Verstoss gegen das Gleichbehandlungsgesetz und Volksverhetzung angeklagt wird.
Schmunzeln muss ich da jetzt nicht weil ich darin irgendwelche Verschwörungsmuster erkenne, sondern weil sich das so herrlich absurd liest.
 

Aphorismus

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Hab den Streifen vor zwei oder drei Wochen im Colosseum im Prenzl-Berg gesehen (Vorab-Premiere) und fand ihn alles in allem ziemlich lustig. Gut, die schiere Anzahl von Genital- und Fäkaljokes ist schon etwas grenzwertig, aber davon abgesehen einfach zum Kugeln.

Cool fand ich auch die Reaktion des kasachischen Botschafters (oder Konsuls, erinner mich nicht mehr genau, war auf jeden Fall bei Heute vor einer Woche oder so), der meinte, dass ja im Grunde nicht über Kasachstan sondern über das Bild, das der Westen von diesem Land hat, hergezogen wird. Recht hat er!

Dass der Cohen Historiker ist, wusste ich nicht. :rofl:

Weiß jemand von euch, ob "Baron" einfach nur ein Name oder Adels-Titel ist?
 

agentP

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Und was hat das mit dem Engländer zu tun, von dem hier die Rede ist?

Weiß jemand von euch, ob "Baron" einfach nur ein Name oder Adels-Titel ist?
Ein Name würde ich sagen. Wenn mich nicht alles täuscht ist die Namensform mit dem Titel in der Mitte in England eher nicht üblich. Dort würde man eher schreiben Sacha Cohen, Baron of ...

edit:
Baron is not a title of nobility, but the first part of his compound surname, an anglicization of Baruch
http://en.wikipedia.org/wiki/Sacha_Baron_Cohen#References
 

Trasher

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Wusste bisher gar nicht, dass das Wort "Zigeuner" nicht political correct ist.
 

agentP

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8O
Das war schon zu meinen Grundschulzeiten in den 70ern nicht mehr politisch korrekt.

Allerdings scheint man sich da weder in der Wissenschaft noch unter den Volksgruppen selbst so einig zu sein:
Im deutschsprachigen Raum bevorzugen manche Wissenschaftler auch heute noch die Bezeichnung Zigeuner. Sie argumentieren, dass dieser Begriff in allen Sprachen (Zigan, cingaro, gitane, tigan, magjup usw.) die Gesamtheit aller Stämme bezeichnet, während die in Deutschland als politisch korrekt in Medien und Politik verwendete Ersatzbezeichnung Sinti und Roma andere Zigeunergruppen wie etwa die Manouches, Jenischen oder Kalé diskriminiere.

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht Zigeuner im deutschen Sprachgebrauch als Schimpfwort, während es die Sinti Allianz Deutschland als neutrale Bezeichnung aller ziganischen Völker sieht und auch als Selbstbezeichnung verwendet. Ein Argument des Zentralrats ist die Verwendung des Wortes Zigeuner durch die Nationalsozialisten beim Völkermord an ziganischen Ethnien. Im französischen Sprachraum ist das Wort Gitanes (vornehmlich für südfranzösische und spanische Zigeuner) und im englischen Sprachraum Gypsies wesentlich weniger umstritten und belastet als die deutsche Entsprechung.
http://de.wikipedia.org/wiki/Zigeuner
 

Trasher

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Hm. Wir haben in der Schule "Zigeuner" genauso selbstverständlich benutzt wie "Eskimo" oder "Indianer" und ich habe nicht das Gefühl, dass dabei irgendwelche antisemitischen Vorbehalte vermittelt wurden.
 

Trasher

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Natürlich, sorry. ;)

Gibts eigentlich auch Antiinuitismus, Anticherokeeismus oder Antisiouxismus?
 

agentP

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Bestimmt. Aber sicher nicht in Deutschland, da hier die genannten vermutlich kaum anzutreffen sind und dann als Phänomen vermutlich nicht unter diesem Namen.

Andere Leute "Rohfleischfresser" zu nennen -von vorne herein ein Schimpfname- oder sie mit einem Namen zu benennen, den ihnen ein Eroberer zugewiesen hat und der noch dazu auf dessen geografischen Defiziten beruht halte ich aber wirklich nur für mit Unwissenheit entschuldbar.
 

Trasher

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agentP schrieb:
Andere Leute "Rohfleischfresser" zu nennen -von vorne herein ein Schimpfname- oder sie mit einem Namen zu benennen, den ihnen ein Eroberer zugewiesen hat und der noch dazu auf dessen geografischen Defiziten beruht halte ich aber wirklich nur für mit Unwissenheit entschuldbar.
Aber deswegen werden keine Kinderbücher vom Markt genommen, keine Western neu synchronisiert.
Übrigens ist das Essen von rohem Fleisch im Prinzip das wichtigste Überlebenskonzept der Inuit. In ihrem Lebensraum haben sie damit den entscheidenden Vorteil, wir würden bei rein carnivorer Ernährung wahrscheinlich über kurz oder lang jämmerlich zugrunde gehen.

Zum ursprünglichen Thema:
Bei historischen Festumzügen sieht man recht häufig auch Leute, die das "fahrende Volk" unter Verwendung der bekannten u.U. auch vorurteilbehafteten Stilelemente darstellen, wobei dort die Satire wohl eher eine kleinere Rolle als in "Borat" spielt. Ich habe noch nie davon gehört, dass mal jemand Strafanzeige gegen einen solchen Festumzug gestellt hat.
 
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