Arbeitswertlehre

Duftbaum

Großmeister
Registriert
10. April 2002
Beiträge
567
@dKr: ich wollte nicht unterstellen, dass du dich nicht für Schwächere einsetzt. Schließlich kennen wir uns ja gar nicht. Kannst du das verstehen?? :D
aber wenn sämtliche Versuche Kommunismus einzuführen an der Realität scheitern, nichts als Armut, Leid und Unterdrückung bringen, ist die Empirie doch ziemlich eindeutig, nech? Sollte man vielleicht mal drüber nachdenken.
Ich glaube das "nech?" hast du nicht als Frage gemeint, nech? Und wenn alle Schwäne, die ich in meinem Leben je sehe, weiß sind, dann ist ja auch klar, dass es keine schwarzen Schwäne gibt, oder nech??
Noch eine Gegenfrage: sollte man aufhören über Dinge nachzudenken, die in der Vergangenheit noch nie geklappt haben??

Ich will hier nicht verteidigen, was bisher unter dem Namen Kommunismus in Erscheinung getreten ist und in Wahrheit nur durch Gewaltherrschaft aufrecht erhalten werden konnte, wie oben geschrieben.
Aber es ist jedenfalls nicht so unumstritten, woran das Scheitern dieser Staaten lag, wie du es schreibst.
Vielleicht hätte ich ganz am Anfang klarer sagen sollen, dass ich mich mit Kritik auf eine freie, liberale Marktwirtschaft beziehe und ich gerne in einer sozialen Marktwirtschaft lebe, in der gegen Schwächen der freien MW aktiv vorgegangen wird.

Und Umgekehrt doch auch. Anscheinend hat der Westen das deutlich effektivere System, wirtschaftlich als auch menschlich.
Effektiver im "andere-Systeme-zu-denen-ich-im-Wettbewerb-stehe-zu-Fall-bringen" oder meinst du effektiver im Menschen von anderen Menschen entfremden? Ich verstehe nicht, was du mit menschlich effektiver meinst. MW unterstellt Egoismus als Haupttriebkraft. Von 'liebe deinen nächsten wie auch dich selbst' bleibt hier nur die Aufforderung: Liebe dich selbst.

Die "reale Menschheit" besteht aus Unterschieden. Es ist eine der grundlegenden Fehlannahmen, eigentlich seien alle gleich und nur Opfer der Umstände.
Naja, klar sind alle Menschen unterschiedlich. Braucht man sich ja nur mal zwei anzuschauen. Selbst eineiige Zwillinge sind unterschiedlich. Aber trotzdem sind alle Menschen gleich, diese Gleichheit bezieht sich natürlich auf den geforderten Stellenwert, der ihnen beigemessen werden sollte.
Eine Frage ist, was aus den Unterschieden der Menschen gemacht wird, die sie sich im Laufe ihres Lebens aneignen. Wie wirken sie sich im alltäglichen Leben aus? Ich meine nicht unterschiedliche Größe oder Aussehen, sondern vielmehr die unterschiedlichen Fähigkeiten. Lassen sich die Auswirkungen dieser Unterschiede mit dem gleichen Stellenwert vereinbaren? Sind Hauptschüler selbst dran Schuld, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit arm sein werden und ihre Kinder auch? Bekommt jeder, was er verdient? Was sagt das liberale Lehrbuch dazu?

Bei jedem Tausch geben beide beteiligten etwas her, was ihnen weniger wert ist und erhalten etwas, was ihnen mehr wert ist - sonst würden sie nicht tauschen.
Das setzt natürlich voraus, dass jeder Tausch auf freiwilliger Basis zustande kommt. Ist das die Realität?
Worauf möchtest Du denn gern hinaus? Ich rede vom Tausch. Tausch hat eine Definition. Wenn Du von etwas anderem reden möchtest, dann nenne es doch einfach mit Namen.
Du sagst, ein Tausch sei immer fair, beide Seiten profitierten, das sei per Definition so, ansonsten sei es kein Tausch. Trifft dein "Axiom" aber auf die Realität zu, wo es ja verankert sein sollte??
Es gibt Tausche, bei denen beide Seiten sich trennen und gewonnen haben. Aber ich sehe nicht, dass das auf alle Tausche zutrifft. Vielleicht steht das so in deinem Lehrbuch und vielleicht lehrst du es selbst auch so. Ein Tausch kann durchaus unfair sein.
Andere würden "unfaire Tausche" vielleicht direkt als Ausbeutung bezeichnen, ich finde es ist genauso gut beschrieben als ein Tausch unter Ungleichen. Es ist, wie wenn ich vor 100 Jahren mit einem Südseebewohner 100 Perlen gegen ein Glas Marmelade tausche oder heutzutage einem Arbeiter in China 130€ im Monat dafür zahle, dass er 400 Handies zusammensetzt - jedes im Verkaufswert von 130€.
Nun, ich möchte sehr gerne darauf hinaus - in dem Sinne ist der ansonsten doofe Threadtitel zutreffend - was am meisten getauscht wird: Arbeitskraft gegen Kaufkraft. In natürlich nicht so extremer aber dafür dauerhafter Form werden hier in einer liberalen MW meiner Meinung nach Perlen gegen Marmeladengläser getauscht.

Kann denn in einer liberalen Marktwirtschaft, der Basis unserer sozialen Marktwirtschaft, wenigstens theoretisch jeder in (zeit- und ortsabhängigem) Wohlstand leben?? Ist das möglich? Hängt es vielleicht von technischer Entwicklung ab oder vom BIP-Beitrag, den jeder leisten kann - oder ist, egal, wie der Stand der Technik und der potentielle BIP-Beitrag sind - Ungleichheit (materielle, geistige) im auf Asymmetrien beruhenden System "MW"eine fest verankerte Notwendigkeit??
 

Duftbaum

Großmeister
Registriert
10. April 2002
Beiträge
567
Auf
[LexiROM] fair [fe:?] <engl.>: a) anständig, ehrlich, gerecht; b) den [Spiel]regeln entsprechend, sie beachtend, kameradschaftlich (Sport).

(c) Dudenverlag.[/LexiROM]
zurückgreifend.

Vielleicht wirst Du jetzt fragen, wie ich anständig, ehrlich oder gerecht definiere?
Dann antworte ich Dir nicht mit einem Auszug aus LexiROM, sondern ich sage Dir, dass ich es sehr schade finde, wenn Du nichts anderes zu fragen/sagen hast.

Klar ist es für eine Diskussion schadhaft wenn die Teilnehmer unter gleichen Wörtern anderes im Sinn haben und aneinander vorbeireden. Wie es zum Beispiel mit dem total überladenen Schlagwort "Kommunismus" der Fall ist. Andererseits müssten wir alle Automaten sein, um exakt das Gleiche unter Wörtern zu verstehen. Und wenn wir immer wieder fragen, "wie definierst du", laufen wir entweder irgendwann im Kreis oder wir landen bei Ursächlichem.

Außerdem ist die von Dir zitierte Behauptung meines Posts nicht von zentraler Bedeutung. Für diese Diskussion ist es nicht fundamental, ob das, was wir unter Tausch verstehen gleich ist oder ob das, was ich aus Deinen immer nur scheibchenweise herausrückenden Worten dazu damit verbinde - meine Definition von Deiner Definition quasi.
Wenn Du willst nenn das, was ich unfairen Tausch nenne und was es nach Deiner Definition von Tausch nicht gibt halt Ausbeutung. Dann hast Du nicht das Definitionsproblem "fair", denn sie ist sogar per Definition "unfair". Eigentlich sollte Dir dieses Wort gefallen.
 

Ein_Liberaler

Forenlegende
Registriert
14. September 2003
Beiträge
9.777
Wovon zum Henker redest Du? Das hier steht im Raum:

Bei jedem Tausch geben beide beteiligten etwas her, was ihnen weniger wert ist und erhalten etwas, was ihnen mehr wert ist - sonst würden sie nicht tauschen.

Was paßt Dir daran nicht? Und was ist ein "fairer" Tausch? Möchtest Du über Marktmacht reden, über Informationsasymmetrie oder über Opportunismus? Gib mir ein Stichwort.
 

Hans_Maulwurf

Großmeister
Registriert
10. Juni 2003
Beiträge
678
Ein_Liberaler schrieb:
Duftbaum schrieb:
Ja und, was soll 'wegen des Shirking-Problems' sein?

Das ist der Grund dafür, daß alle bisherigen Versuche, den Kommunismus oder Sozialismus einzuführen, in Kommandowirtschaft, Überwachungsstaat und Unfreiheit geführt haben.

Könnten nicht die bisherigen Versuche kommunistische/sozialistische System mit Planwirtschaft, Überwachungsstaat und Diktatur einzuführen mit eine Ursache des vermehrten Auftretens von Shirking-Problemen in diesen Systemen sein?
Immerhin wird jeder böckig wen er sieht dass der Kollege die Beförderung bekommt nur weil sein Onkel Kreisparteivoritzender ist.


Und was ist ein "fairer" Tausch? Möchtest Du über Marktmacht reden, über Informationsasymmetrie oder über Opportunismus?

Ich denke Marktmacht ist hier das Problem, jemand der nur seine Arbeitskraft besitzt wird in einem rein marktwirtschaftlichen System auf Generationen hinaus nie aus der Arbeiterklasse entkommen können.

In diesem Sinne hat Kapitalismus nichts mit Gerechtigkeit zu tun
 

Duftbaum

Großmeister
Registriert
10. April 2002
Beiträge
567
Bei jedem Tausch geben beide beteiligten etwas her, was ihnen weniger wert ist und erhalten etwas, was ihnen mehr wert ist - sonst würden sie nicht tauschen.
Was paßt Dir daran nicht? Und was ist ein "fairer" Tausch? Möchtest Du über Marktmacht reden, über Informationsasymmetrie oder über Opportunismus? Gib mir ein Stichwort.
Hm also eigentlich will ich gar nicht mehr groß reden bzw. schreiben denn ich finde ich habe schon viel geschrieben ohne dass etwas zurück kam, was mich angeregt hätte. Vielleicht drücke ich mich aber auch zu sehr umständlich oder unpräzise aus.

Einen Schritt zurück also..Ok, unsere Definitionen von Tausch weichen voneinander ab. Kein Problem.
Ich sehe als Tausch an, wenn jemand arbeiten geht und dafür einen Lohn erhält. Ich sehe als Tausch an, wenn du einem Indianer zehn Gewehre für 10 Kilo Gold gibst, für mich ist es ein Tausch, wenn ein Südseebewohner 100 Perlen für ein Glas leckere Erdbeermarmelade abdrückt. In allen Fällen hast Du Recht: "beide beteiligten geben etwas her, was ihnen weniger wert ist und erhalten etwas, was ihnen mehr wert ist". Aber
1) "sonst würden sie nicht tauschen" impliziert, dass sie freiwillig tauschen. Was bei einem Tausch auch per Definition so sei.
Das sehe ich nicht so. Manchmal ist man halt zum Tauschen gezwungen, und dann arbeitet man auch für 130€ im Monat wie viele Chinesen und stellt Waren im Gegenwert von mehreren Tausend Euro her.
Der Indianer und Südseebewohner tauschen freiwillig, klar, aber
2) ist das in diesem Falle ein fairer Tausch? Wenn der eine sich ins Fäustchen lacht, weil er weiß, dass das, was er eintauscht, ein vielfaches von dem wert ist, womit er es tauscht?
Vielleicht würdest du sagen, es kämen mit der Zeit mehr und mehr Menschen mit Marmeladengläsern zu den Südseebewohnern, und mit der Zeit würde der "richtige" Preis bzw. Tauschverhältnis gefunden (bei vollkommenem Wettbewerb, vollständiger Information und sonst noch irgendwelchen irrealen Annahmen und Axiomen?)?

Es ist wie so oft, es gibt wahrscheinlich keine exakte Definition von dem, was ein fairer Tausch ist, auf die wir uns einigen könnten. Marktpreise sind dafür nicht unbedingt ein Maßstab. Aber ist es notwendig, eine allgemeingültige Definition eines fairen Tausches aufzustellen, wenn man wenigstens manchmal sagen kann, dass ein Tausch unfair ist?

Ich will mit Dir hier nicht über einzelne Stichworte reden. Ein liberales Lehrbuch habe ich auch hier bei mir zu Hause. Nur gefallen hat es mir nie. Ich würde mit Dir stattdessen gerne über zusammenhängende Aussagen reden.

Eigentlich will ich doch nur eines...eine Antwort auf das oder wenigstens Widersprüche zu dem, was mich beschäftigt und was ich mehrmals grob umschrieben habe, in meinem vorletzten Post mit

Kann denn in einer liberalen Marktwirtschaft, der Basis unserer sozialen Marktwirtschaft, wenigstens theoretisch jeder in (zeit- und ortsabhängigem) Wohlstand leben?? Ist das möglich? Hängt es vielleicht von technischer Entwicklung ab oder vom BIP-Beitrag, den jeder leisten kann - oder ist, egal, wie der Stand der Technik und der potentielle BIP-Beitrag sind - Ungleichheit (materielle, geistige) im auf Asymmetrien beruhenden System "MW"eine fest verankerte Notwendigkeit??

Was wäre, wenn wir alle Harvard-Absolventen wären, alle mit guten Noten? Würde ein MW System uns allen gleichzeitig zu Reichtum verhelfen können??

Tja..wahrscheinlich ist die Frage für Dich zu unsauber gestellt ("definiere "Reichtum", "definiere liberale MW",..), als dass du dazu etwas sagen würdest. Vielleicht kommt sie Dir ja dumm vor? Oder doch klar beantwortbar?
Mit der Bitte um eine nicht so ausführliche Antwort wie sonst :lach1:
 

dkR

Forenlegende
Registriert
10. April 2002
Beiträge
6.523
:wink:
Egoismus als Haupttriebkraft ist genau, was in der Natur des Menschen liegt, Eigennutz der Gene, evolutionär begründet. Ersetzt man dies durch "Liebe die Gesellschaft" wird die Sache sofort Totalitär und führt zwangsläufig zu Unfreiheit und Unterdrückung.
Natürlich bin ich nur begrenzt der Ansicht, MW kann allen Reichtum bringen, Reichtum ist Überfluß und kann es nur geben, wenn man mehr hat als andere Leute. Da wären wir wieder beim nötigen Ungleichgewicht. Das ist eher ein Definitionsproblem, vergleicht man allerdings Lebensstandards in westlichen Industrienationen mit Ländern mit denen im real existierenden Sozialimus... Sozialismus und Kommunismus machen daher Reichtum unmöglich, wenn jeder das selbe hat.
 

Ein_Liberaler

Forenlegende
Registriert
14. September 2003
Beiträge
9.777
Hans-Maulwurf schrieb:
Könnten nicht die bisherigen Versuche kommunistische/sozialistische System mit Planwirtschaft, Überwachungsstaat und Diktatur einzuführen mit eine Ursache des vermehrten Auftretens von Shirking-Problemen in diesen Systemen sein?
Immerhin wird jeder böckig wen er sieht dass der Kollege die Beförderung bekommt nur weil sein Onkel Kreisparteivoritzender ist.

Für diejenigen Beteiligten, die zunächst zu Opfern bereit waren, hat die Spirale sicher da angefangen.

Ich denke Marktmacht ist hier das Problem, jemand der nur seine Arbeitskraft besitzt wird in einem rein marktwirtschaftlichen System auf Generationen hinaus nie aus der Arbeiterklasse entkommen können.

Das hat wenig mit Marktmacht zu tun. Marktmacht beschreibt eine Situation, in der es einem Akteur möglich ist, einem anderen ungünstige Vertragsbedingungen zu diktieren. Beispielsweise verfügt ALDI über große Marktmacht gegenüber seinen Lieferanten, aber über keinerlei Marktmacht gegenüber seinen Kunden.

Eine Tendenz zur Verfestigung der sozialen Schichten gibt es in allen Systemen. Ich könnte jetzt Überlegungen anschließen, wieso derartige Bestrebungen in einer Marktwirtschaft eher seltener von Erfolg gekrönt sein könnten. Beispielsweise muß ja eine einmal errungene wirtschaftliche Position ständig neu erkämpft werden, und es existiert kein Grund, wieso jede Generation gleich gut dazu in der Lage sein sollte. Schau Dir dazu die Entwicklung der großen Aktienindizes an, der durchschnittliche Verbleib eines Unternehmens im Dow lag bei, weiß nicht, dreißig Jahren? Hier, schau Dir an, wann die Unternehmen aufgenommen wurden. Dafür sind andere rausgefallen.

Duftbaum schrieb:
Ich sehe als Tausch an, wenn jemand arbeiten geht und dafür einen Lohn erhält. Ich sehe als Tausch an, wenn du einem Indianer zehn Gewehre für 10 Kilo Gold gibst, für mich ist es ein Tausch, wenn ein Südseebewohner 100 Perlen für ein Glas leckere Erdbeermarmelade abdrückt. In allen Fällen hast Du Recht: "beide beteiligten geben etwas her, was ihnen weniger wert ist und erhalten etwas, was ihnen mehr wert ist". Aber
1) "sonst würden sie nicht tauschen" impliziert, dass sie freiwillig tauschen. Was bei einem Tausch auch per Definition so sei.
Das sehe ich nicht so. Manchmal ist man halt zum Tauschen gezwungen, und dann arbeitet man auch für 130€ im Monat wie viele Chinesen und stellt Waren im Gegenwert von mehreren Tausend Euro her.
Der Indianer und Südseebewohner tauschen freiwillig, klar, aber
2) ist das in diesem Falle ein fairer Tausch? Wenn der eine sich ins Fäustchen lacht, weil er weiß, dass das, was er eintauscht, ein vielfaches von dem wert ist, womit er es tauscht?
Vielleicht würdest du sagen, es kämen mit der Zeit mehr und mehr Menschen mit Marmeladengläsern zu den Südseebewohnern, und mit der Zeit würde der "richtige" Preis bzw. Tauschverhältnis gefunden (bei vollkommenem Wettbewerb, vollständiger Information und sonst noch irgendwelchen irrealen Annahmen und Axiomen?)?

Alles richtig. Nur, ich lebe nicht in der Modellwelt. Modelle sind Modelle und haben eine begrenzte Aussagekraft. Alle Begriffe mit "vollständig" sind Annahmen für die Modellwelt. Aber sonst - ja, alles richtig. Das Geschäft mit den Insulanern ist der Traum des Arbitrageurs. Natürlich ist das nicht "fair", das ist Opportunismus (ex ante). In entwickelten Volkswirtschaften gibt es Institutionen, die derartiges verhindern sollen, die sind auch absolut nötig.

@ Wohlstand für alle. Dir ist schon klar, daß das ein weites Feld ist, oder? Können wir uns darauf einigen, daß Menschen eher bereit sind, Unterschiede zu ertragen, wenn gewisse Grundbedürfnisse für alle gedeckt sind und es für alle aufwärts geht? Wärst Du bereit, das als Wohlstand für alle anzuerkennen?

Reichtum ist relativ. Daß wir alle im Vergleich zueinander reich sein könnten, ist eine absurde Vorstellung, bzw. eben gerade nicht vorstellbar. Wir können alle miteinander im Vergleich zu unseren Großeltern reich sein, oder alle Europäer können im Vergleich zu allen Afrikanern reich sein, jeweils mit ein paar Ausnahmen.

Was wäre, wenn wir alle Harvard-Absolventen wären, alle mit guten Noten? Würde ein MW System uns allen gleichzeitig zu Reichtum verhelfen können??

Der Satz ergibt nur Sinn, wenn zwei Zeitabschnitte verglichen werden. Und dann ist das natürlich möglich. Wir erwerben alle tolle neue Fähigkeiten, machen Erfindungen, arbeiten effizienter und sind hinterher alle reich, verglichen mit unserer Situation vorher. Wir backen einen größeren Kuchen. Das geht. Nur spielst Du mit der Tatsache, daß ein Abschluß in Harvard in der Realität eben nicht für alle zu haben ist und zu einem größeren Anteil am Kuchen verhilft, und daß alle einen größeren Anteil bekommen, ist natürlich nicht möglich.

Noch einmal: Steigender Lebensstandard für alle ist in einer Marktwirtschaft möglich. Die Deckung der Grundbedürfnisse aller ebenso. Sozialer Aufstieg ist in einer Marktwirtschaft ebenfalls möglich. In den kapitalistischen Industrieländern sind die Vermögensunterschiede geringer als in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Ich würde das Wohlstand für alle nennen.
 

Hans_Maulwurf

Großmeister
Registriert
10. Juni 2003
Beiträge
678
Ich bin halt von der Marktmacht dessen ausgegangen der nichts anderes feilzubieten hat als seine Arbeitskraft.
Die ist, von einigen Profisportlern abgesehen, nahezu nicht vorhanden. Ausgenommen sind natürlich Eingriffe der Gemeinschaft ( Staat, Gewerkschaften ) auf den Arbeitsmarkt was ich dann aber schon nicht mehr als reine Marktwirtschaft beschreiben würde.

Der Begriff Reichtum ist zu schwammig um ernsthaft darüber diskutieren zu können, Jacob Fugger war vermutlich der reichste Mensch aller Zeiten vom Lebensstandart her dürfte ihn heute jeder Harz 4ler in die Tasche stecken!

Reichtum ist zu sehr abhängig von den Gesellschaftlichen Bedingungen in denen er erwirtschaftet wird!
Was die Frage sein muß, wie soll der erwirtschaftete Mehrwert verteilt werden, wie groß ist der Anteil des Kapitals, wie groß der der Arbeitskraft ?

Was bleibt für den Staat über um Umverteilungen vornehmen zu können von denen die proftieren die nicht produktiv arbeiten können ( Kinder, Kranke ) oder nicht wollen ( Alte, Arbeitslose,Staatsangestellte).
 

Ein_Liberaler

Forenlegende
Registriert
14. September 2003
Beiträge
9.777
Marktmacht am Arbeitsmarkt wird afaik eher von den Gewerkschaften aus diskutiert, weil sie organisiert sind und die Arbeitgeber letztlich nicht. (Es gibt Lohnuntergrenzen, aber keine Lohnobergrenzen.) Imho läßt sich gerade am Arbeitsmarkt beobachten, wie Nachfrage die Preise (Löhne) treibt, siehe die Entwicklung in China, während die Macht der Gewerkschaften ein Fallen der Preise verhindert (siehe Europa).

Abgesehen davon haben wir ja in den verschiedenen Ländern eine ganz verschiedene soziale Mobilität, und die ist in Deutschland angeblich eher niedriger als in kapitalistischeren Staaten wie den USA oder Großbritannien.
 

Duftbaum

Großmeister
Registriert
10. April 2002
Beiträge
567
Erstmal Danke für die Antworten.
wie groß ist der Anteil des Kapitals, wie groß der der Arbeitskraft ?
Der ist erstaunlicherweise ziemlich konstant, für Deutschland bei 1/3 Kapital und 2/3 Arbeitskraft, gelle?
 

IMplo

Großmeister
Registriert
22. August 2003
Beiträge
728
Ich möchte nur anmerken, daß es sehr viele Menschen gibt, die keinen "freiwillig" akzeptierten Arbeitswert erhalten.

Ein Zeitarbeitnhmer, der 40% weniger für identische Arbeitsleistung (plus rascher, wiederkehrender Einarbeitung in diversen Firmen = erhöhte Flexibilität und Mobilität) erhält, als sein "Direktangestellter" Kollege - der bietet in der Tat etwas höherwertiges zum Tausch an als er im Gegenzug erhält, und zwar, weil er MUSS.

Nach nur 10 Jahren mit durchschnittlich 500€ weniger als ein Festangestellter macht er ein Minus, welches in seiner Dimension nicht mehr akzeptabel ist:

60.000€

Dafür sind seine Kollegen jährlich in Urlaub gefahren, haben sich gut eingekleidet, bessere Nahrung kaufen können und so weiter - er selbst hingegen hatte davon nichts, aber seine Arbeitskraft zur weiteren Ausbeutung erhalten...

Ich kann nur jeden zum Boykott der Zeitpersonalfirmen aufrufen, die nicht den gleichen Stundenlohn wie die Entleiherbetriebe zahlen.
Glücklicherweise hat man sich in der Stahlbranche endlich auf eben diese Angleichung der Bezüge geeinigt.

Greetz!
IMplo
 

Helika

Meister
Registriert
3. Juni 2005
Beiträge
394
Sehr gute Auflistung IMplo.
Zeitarbeiterfirmen sind moderne Sklavenhaltung. Ich kenne da einige Spezialisten aus diesem Bereich, die noch illegale Praktiken anwenden, um ihre Arbeitnehmer noch ein wenig mehr zu prellen, als diese aufgrund der Tatsache Zeitarbeit schon an Wertverlust einfahren müssen.

ABER:
Die Regierung hat es den Zeitarbeitsfirmen vor einigen Jahren noch leichter gemacht, sich über Wasser zu halten: Davor durfte ein Zeitarbeiter max. 2 Jahre in einem Betrieb eingesetzt werden, dann musste er entweder übernommen oder aber einem anderen Betrieb zugeteilt werden. Diese Hürde hat die Regierung abgeschafft.
Wobei die Hürde auch davor keine war: Man zog den Arbeitnehmer für 4-6 Wochen aus dem Betrieb ab, vermittelte ihn pseudomäßig an ein anderes Unternehmen und ließ ihn in der Zeit noch zwei-x Wochen Urlaub nehmen... und schwubs landete er wieder im "alten" Betrieb für nochmal 2 Jahre, weniger Urlaub, weniger Kündigungsschutz und weniger Gehalt, als die Festangestellten.

Leider erfordert es die wirtschaftliche Lage zuweilen, dass man nicht drum rum kommt, sich bei Zeitarbeitsfirmen um eine Arbeit zu bewerben. Ich habe selbst knapp ein Jahr für eine Zeitarbeitsfirma gearbeitet, aber das war wenigstens eine gemeinnützige und bezahlte um einiges besser (wenn auch immer noch nicht so gut wie Festangestellte verdient haben), als die Konkurrenz.


Noch ein lustiges Detail:
Das Arbeitsamt rät, sich bei keiner Zeitarbeitsfirma zu bewerben, die weniger als 7,00 die Stunde zahlt, da diese nicht seriös seien. Macht aber im selben Zuge auf ihren Veranstaltungen Werbung für z.B. Manpower: Einstiegsgehalt 6, 70 €/h. :D
 
Oben