Giacomo_S
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Jeder hat ja so sein Spezialthema, meines ist die wissenschaftliche fundierte Farbtheorie. Seit einiger Zeit werben Hersteller von Monitoren mit “Einer Milliarde Farben” (z.B. hier). In diesem Beitrag werde ich zeigen, dass diese Behauptung absoluter Unfug ist. Eine Milliarde Farben gibt es nicht und kann es nicht geben. Abgesehen von technischen Aspekten ist die menschliche Farbwahrnehmung gar nicht in der Lage, so viele Farben wahrzunehmen, ja nicht einmal eine Million. Das lässt sich belegen und wenn ein Hersteller von Displays etwas anderes behauptet, dann handelt er absolut gegen besseres Wissen - eine dreiste Lüge also.
1.Farbräume
Alle Farbmodelle (RGB, Lab, YCbCr …) stellen einen Farbwert durch die Kombination von drei Werten dar. Die sich dadurch ergebende mathematische Konstruktion ist 3-dimensional, sie wird daher auch Farbraum genannt. Die verschiedenen Farbräume sind historisch verschiedener Herkunft und haben auch verschiedene Einsatzgebiete. Grundsätzlich kann man jedoch feststellen:
Es gibt nur einen bedeutenden Farbraum, der alle sichtbaren Farben mathematisch darstellen kann, und das ist der Farbraum CIE-Lab, im Weiteren kurz Lab genannt.(1)
Lab verfügt, wie alle Räume, über drei Achsen:
• die vertikale L-Achse gibt die Helligkeit wieder und läuft von “schwarz” bis “weiß” - im Grunde eine “Grauachse”
• die horizontale a-Achse läuft von Rot ⇒ Grün
• die in Tiefe gehende b-Achse läuft von Blau⇒ Gelb
Innerhalb dieses Raumes liegen alle sichtbaren Farben, und zwar nicht nur jene, die auch ein Monitor darstellen kann, sondern auch z.B. Druckfarben, Lackfarben, Pantone-Farben, sprich: ALLE.
Wie sind nun die Achsen bemaßt?
L-Achse: von 0 (“schwarz”) bis 100 (“weiß”)
a-Achse: von -120 bis +120
b-Achse: von -120 bis +120
Innerhalb dieses Modells von besonderer Relevanz ist der sog. Delta E - Wert. Das Delta E bezeichnet den Farbabstand zweier Farben, mathematisch ist das dann der kürzeste Abstand zweier Punkte im Raum: eine Gerade im Raum.
Ein Delta E von =1 gilt als der Farbunterschied, der unter optimalen Bedingungen von einem geschulten Betrachter im direkten Farbvergleich zweier Farben gerade soeben noch unterschieden werden kann.
Persönlich habe ich durch einige Versuche festgestellt: Das ist sehr fein gegriffen, i.d.R. kann man bei einem Delta E <3 durch visuelle Tests gar nichts feststellen. Das geht dann nur noch messtechnisch, und daher ist, z.B. im Druckbereich ein Delta E von 3 der kleinste Genauigkeitsmaßstab.
Festhalten wollen wir an dieser Stelle jedoch eines:
Man kann prinzipiell Dezimalstellen von Lab-Werten angeben, ja sogar mittels Colorimetern messen, für die Farbwahrnehmung spielen sie jedoch keine Rolle. Sie liegen jenseits der Wahrnehmungsschwelle unserer Farbwahrnehmung und erzeugen auch keine zusätzlichen Farben.
Maßgebend sind daher allein ganzzahlige Lab-Werte.
Rein rechnerisch ergeben sich also:
L * a * b = 100 * 240 * 240 = 5.760.000 Farben.
5.7 Millionen Farben also - und darin sind alle Farben enthalten! Tatsächlich sind es nicht einmal so viele. Der Grund dafür ist, das wir davon ausgegangen sind, der Farbraum Lab entspräche einem Quader, das ist aber nicht der Fall. Vielmehr entspricht Lab eher einem Ellipsoid innerhalb der Achsen.
Der Grund dafür ist, dass in den extremen Bereichen des Modells in der Farbwahrnehmung nicht mehr viel passiert. Oder anders gesagt: Wenn ich auf der Grauachse schon bei “Pechschwarz” (L=0) bin, dann ändert sich auch nichts mehr, wenn ich da noch Rot dazu gebe. Es bleibt Pechschwarz, Werte wie Lab= 0,120,120 lassen sich zwar angeben, es ist aber optisch dasselbe wie Lab=0,0,0.
Berechnen wir also das Volumen des Ellipsoids mit der Formel 4/3 * PI * 0.5 L * 0.5 a * 0.5 b
dann erhalten wir
4/3 * PI * 50 * 120 * 120 = 3.015.929,
sprich: rund 3 Millionen sichtbarer Farben, als Gesamtanzahl !
Aber selbst die Anzahl von 3 Millionen geht davon aus, das die Farbunterscheidungsfähigkeit überall im Farbraum gleichermaßen gut ist - und das ist nicht der Fall. Eine Farbunterscheidung von Delta E = 1 haben wir bestenfalls im Bereich Grün (der Bereich mit der besten Farbwahrnehmung), in anderen Bereichen fällt sie noch einmal deutlich ab. Wenn wir von einer mittleren Unterscheidungsfähigkeit bei Farben von einem Delta E = 2 ausgehen (bei gleicher Helligkeitwahrnehmung, was “fein” wäre), dann landen wir bei 753.982, sprich gerade einmal rund 750.000 Farben.
2. RGB und die Milchmädchenrechnung der Computerindustrie
Ein handelsüblicher Farbmonitor verfügt über eine 8-Bit RGB-Darstellung. Folglich rechnet uns die Computerindustrie vor: R=256, G=256, B=256, R*G*B = 256*256*256 = 16.777.216 Farben.
Wie kann nun ein RGB-Monitor - der ohnehin nur einen Teil aller sichtbaren Farben darstellt - 16.7 Millionen Farben darstellen, wenn es (lt. 1.) gerade überhaupt nur 3 Millionen sichtbarer Farben geben soll?
Dafür gibt es zwei Gründe:
a) Die Farben unterscheiden sich erst gar nicht, weil - insbesondere in den Grenzbereichen - unterschiedliche Farbwerte zu keinen anderen Farben führen.
b) Unterschiedliche Farbwerte führen - und das ist die große Masse - zu denselben Farben. Die meisten Farben sind, trotz unterschiedlicher Farbwerte, also deckungsgleich.
Wohlgemerkt: Wir sprechen bis hierher immer nur von theoretischen Farbwerten und nicht von technisch möglichen. Technisch bedingt sind die Zahlen noch einmal kleiner, denn die theoretischen Werte stellen Maximalwerte dar.
3. Eine Milliarde Farben? Unfug!
Die zu Anfang genannten Displays rechnen uns mit derselben Milchmädchenrechnung bis zu eine Milliarde Farben vor und begründen dies mit einer höheren Farbtiefe der RGB-Werte als bei bisher handelsüblichen Monitoren. Das ist natürlich Unfug, da es eine solche Anzahl (unterscheidbarer) Farben gar nicht geben kann. Und die Hersteller wissen das, denn würden sie nicht über detailliertes farbwissenschaftliches Fachwissen verfügen, dann könnten sie die Monitore nicht bauen.
Es mag sein, dass die neuen Monitore über einen größeren RGB-Farbraum verfügen und daher ein besseres Bild darstellen können. Aber es ist nur ein RGB-Farbraum, und der ist immer nur ein Teil des Lab-Farbraums. Es sind also nicht einmal die 750.000 Farben. Es würde mich persönlich nicht überraschen, wenn die real dargestellten und unterscheidbaren Farben im Bereich von etwa 500.000 lägen.
Anmerkungen:
1.CIE-Lab ist das Resultat Tausender von Wahrnehmungsexperimenten, die man seit den 30er Jahren des 20.Jh. durchgeführt hat. Wie man zu den Ergebnissen gelangt ist etwas kompliziert und wird hier jetzt nicht ausgeführt. Vielleicht ein Thema für spätere Textergänzungen.
1.Farbräume
Alle Farbmodelle (RGB, Lab, YCbCr …) stellen einen Farbwert durch die Kombination von drei Werten dar. Die sich dadurch ergebende mathematische Konstruktion ist 3-dimensional, sie wird daher auch Farbraum genannt. Die verschiedenen Farbräume sind historisch verschiedener Herkunft und haben auch verschiedene Einsatzgebiete. Grundsätzlich kann man jedoch feststellen:
Es gibt nur einen bedeutenden Farbraum, der alle sichtbaren Farben mathematisch darstellen kann, und das ist der Farbraum CIE-Lab, im Weiteren kurz Lab genannt.(1)
Lab verfügt, wie alle Räume, über drei Achsen:
• die vertikale L-Achse gibt die Helligkeit wieder und läuft von “schwarz” bis “weiß” - im Grunde eine “Grauachse”
• die horizontale a-Achse läuft von Rot ⇒ Grün
• die in Tiefe gehende b-Achse läuft von Blau⇒ Gelb
Innerhalb dieses Raumes liegen alle sichtbaren Farben, und zwar nicht nur jene, die auch ein Monitor darstellen kann, sondern auch z.B. Druckfarben, Lackfarben, Pantone-Farben, sprich: ALLE.
Wie sind nun die Achsen bemaßt?
L-Achse: von 0 (“schwarz”) bis 100 (“weiß”)
a-Achse: von -120 bis +120
b-Achse: von -120 bis +120
Innerhalb dieses Modells von besonderer Relevanz ist der sog. Delta E - Wert. Das Delta E bezeichnet den Farbabstand zweier Farben, mathematisch ist das dann der kürzeste Abstand zweier Punkte im Raum: eine Gerade im Raum.
Ein Delta E von =1 gilt als der Farbunterschied, der unter optimalen Bedingungen von einem geschulten Betrachter im direkten Farbvergleich zweier Farben gerade soeben noch unterschieden werden kann.
Persönlich habe ich durch einige Versuche festgestellt: Das ist sehr fein gegriffen, i.d.R. kann man bei einem Delta E <3 durch visuelle Tests gar nichts feststellen. Das geht dann nur noch messtechnisch, und daher ist, z.B. im Druckbereich ein Delta E von 3 der kleinste Genauigkeitsmaßstab.
Festhalten wollen wir an dieser Stelle jedoch eines:
Man kann prinzipiell Dezimalstellen von Lab-Werten angeben, ja sogar mittels Colorimetern messen, für die Farbwahrnehmung spielen sie jedoch keine Rolle. Sie liegen jenseits der Wahrnehmungsschwelle unserer Farbwahrnehmung und erzeugen auch keine zusätzlichen Farben.
Maßgebend sind daher allein ganzzahlige Lab-Werte.
Rein rechnerisch ergeben sich also:
L * a * b = 100 * 240 * 240 = 5.760.000 Farben.
5.7 Millionen Farben also - und darin sind alle Farben enthalten! Tatsächlich sind es nicht einmal so viele. Der Grund dafür ist, das wir davon ausgegangen sind, der Farbraum Lab entspräche einem Quader, das ist aber nicht der Fall. Vielmehr entspricht Lab eher einem Ellipsoid innerhalb der Achsen.
Der Grund dafür ist, dass in den extremen Bereichen des Modells in der Farbwahrnehmung nicht mehr viel passiert. Oder anders gesagt: Wenn ich auf der Grauachse schon bei “Pechschwarz” (L=0) bin, dann ändert sich auch nichts mehr, wenn ich da noch Rot dazu gebe. Es bleibt Pechschwarz, Werte wie Lab= 0,120,120 lassen sich zwar angeben, es ist aber optisch dasselbe wie Lab=0,0,0.
Berechnen wir also das Volumen des Ellipsoids mit der Formel 4/3 * PI * 0.5 L * 0.5 a * 0.5 b
dann erhalten wir
4/3 * PI * 50 * 120 * 120 = 3.015.929,
sprich: rund 3 Millionen sichtbarer Farben, als Gesamtanzahl !
Aber selbst die Anzahl von 3 Millionen geht davon aus, das die Farbunterscheidungsfähigkeit überall im Farbraum gleichermaßen gut ist - und das ist nicht der Fall. Eine Farbunterscheidung von Delta E = 1 haben wir bestenfalls im Bereich Grün (der Bereich mit der besten Farbwahrnehmung), in anderen Bereichen fällt sie noch einmal deutlich ab. Wenn wir von einer mittleren Unterscheidungsfähigkeit bei Farben von einem Delta E = 2 ausgehen (bei gleicher Helligkeitwahrnehmung, was “fein” wäre), dann landen wir bei 753.982, sprich gerade einmal rund 750.000 Farben.
2. RGB und die Milchmädchenrechnung der Computerindustrie
Ein handelsüblicher Farbmonitor verfügt über eine 8-Bit RGB-Darstellung. Folglich rechnet uns die Computerindustrie vor: R=256, G=256, B=256, R*G*B = 256*256*256 = 16.777.216 Farben.
Wie kann nun ein RGB-Monitor - der ohnehin nur einen Teil aller sichtbaren Farben darstellt - 16.7 Millionen Farben darstellen, wenn es (lt. 1.) gerade überhaupt nur 3 Millionen sichtbarer Farben geben soll?
Dafür gibt es zwei Gründe:
a) Die Farben unterscheiden sich erst gar nicht, weil - insbesondere in den Grenzbereichen - unterschiedliche Farbwerte zu keinen anderen Farben führen.
b) Unterschiedliche Farbwerte führen - und das ist die große Masse - zu denselben Farben. Die meisten Farben sind, trotz unterschiedlicher Farbwerte, also deckungsgleich.
Wohlgemerkt: Wir sprechen bis hierher immer nur von theoretischen Farbwerten und nicht von technisch möglichen. Technisch bedingt sind die Zahlen noch einmal kleiner, denn die theoretischen Werte stellen Maximalwerte dar.
3. Eine Milliarde Farben? Unfug!
Die zu Anfang genannten Displays rechnen uns mit derselben Milchmädchenrechnung bis zu eine Milliarde Farben vor und begründen dies mit einer höheren Farbtiefe der RGB-Werte als bei bisher handelsüblichen Monitoren. Das ist natürlich Unfug, da es eine solche Anzahl (unterscheidbarer) Farben gar nicht geben kann. Und die Hersteller wissen das, denn würden sie nicht über detailliertes farbwissenschaftliches Fachwissen verfügen, dann könnten sie die Monitore nicht bauen.
Es mag sein, dass die neuen Monitore über einen größeren RGB-Farbraum verfügen und daher ein besseres Bild darstellen können. Aber es ist nur ein RGB-Farbraum, und der ist immer nur ein Teil des Lab-Farbraums. Es sind also nicht einmal die 750.000 Farben. Es würde mich persönlich nicht überraschen, wenn die real dargestellten und unterscheidbaren Farben im Bereich von etwa 500.000 lägen.
Anmerkungen:
1.CIE-Lab ist das Resultat Tausender von Wahrnehmungsexperimenten, die man seit den 30er Jahren des 20.Jh. durchgeführt hat. Wie man zu den Ergebnissen gelangt ist etwas kompliziert und wird hier jetzt nicht ausgeführt. Vielleicht ein Thema für spätere Textergänzungen.