Versuch einer alternativen teildynamischen Logik

Trestone

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Hallo,

hier mein jüngster Versuch, gegen logische Windmühlenflügel anzurennen.

Zwar entspricht das Ergebnis nicht ganz meinen Erwartungen
(zu technisch und zu kompliziert, kurz: zu viele Windmühlenflügel) -
aber aus dem Paradies von Cantor sind wir in der Mengenlehre
ja auch weitgehend vertrieben worden ...

Ich verfolgte dabei mehrere Ziele:

1. Einfach eine Alternative zur gängigen Logik ausprobieren,
um deren Quasimonopolstellung etwas zu erschüttern.

2. Antinomien (wie "diese Aussage ist nicht wahr") sollten sich möglichst
natürlich einfügen oder behandeln lassen.

3. Nach dem Vorbild der Quantenphysik sollten neben diskreten Werten
(wahr und falsch) auch Veränderungen und Übergänge also Interferenzwerte möglich sein.

Zusammen mit einer ggf. neuen Mengenlehre sollte das Ganze auch noch so reichhaltig sein,
dass Arithmetik und Mathematik daraus aufgebaut werden könnten.

S1) An letzterem scheiterten meine Versuche zur Stufenlogik,
denn schon die natürlichen Zahlen waren nicht richtig herleitbar.

Details zur Stufenlogik unter folgendem Link:
http://www.ask1.org/fortopic17402.html

S2) Die Stufenlogik hatte noch eine zweite Schwäche:
Bei Sätzen über die Stufenlogik selbst (Meta-Sätzen, z.B über alle Stufen) stieß ich immer wieder
auf die klassische Logik und die Stufenlogik wollte dafür nicht richtig passen.

S3) Und dann fehlte auch noch weitgehend die Übergangs- oder Interferenzbeschreibung
mit der Analogie zur Quantentheorie.

Dennoch habe ich als Mathematiker meine Teilergebnisse nicht weggeworfen,
sondern zusammen mit den offenen Fragen und Problemen ein System daraus gebaut:

Die teildynamische Stufenlogik a la Trestone.

Schon die Benennung klingt etwas kompliziert,
und leider ist fehlende Einfachheit auch der Hauptvorwurf,
den ich an diesen Versuch habe...

Grob gesagt starte ich mit einer von dynamischen Stufen (Zeit?) abhängigen dreiwertigen Logik,
in der zur Stufe Null alle Aussagen unbestimmt sind ("Überlagerung von wahr und falsch").

Höherstufige Aussagen können wahr oder falsch sein, unter Bezug auf beliebige Stufenaussagenwerte,
die nur nicht unbestimmt sein dürfen -
oder auch unbestimmt, wenn sie von niedrigerer Stufe sind.

Nimmt man dazu noch die herkömmliche zweiwertige Logik für Metaaussagen,
d.h. für Aussagen über Stufenaussagenwerte,
so hat man schon meinen ganzen Grundansatz.

Das ist so sicher erst einmal noch nicht verständlich,
aber leider weiß ich noch nicht, wie ich das Ganze ohne großen formellen mathematischen Aufwand erläutern kann, der wohl noch mehr abschreckt.

Immerhin wird keine höhere Mathematik benötigt, sondern das meiste sind nur Darstellungsfragen
und ist sonst so einfach (oder schwer) wie Logik selbst.

Sehen wir einfach, wie weit wir miteinander kommen.

Gruß
Trestone
 

Trestone

Großmeister
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Beginnen wir mit der Stufenlogik:

Weshalb versuche ich (immer wieder) Aussagen Stufen zuzuordnen,
obwohl dadurch doch alles komplizierter wird?

Nun das hängt mit den Antinomien zusammen:
Schon Bertrand Russell flüchtete sich zu einer Typenlehre,
als er den folgenden Grundwiderspruch in der Mengenlehre fand:

Sei R die Menge aller Mengen, die sich nicht selbst als Element enthalten.

Nimmt man nun an, dass R sich nicht selbst als Element enthält,
so muss es nach Definition sich doch enthalten.

Enthält R umgekehrt sich selbst, so enthält es wieder nach Definition sich nicht.

Beide Möglichkeiten führen also auf einen Widerspruch.

Russell suchte über eine Typenhierarchie nach einem Ausweg:
Er erklärte die in einer Menge enthaltenen Elemente als von einem anderen "Typ" als die Menge und verbot Mengenbeziehungen bei falscher Typhierarchie (also z.B. zwischen gleichen Typen).
So konnte Sebstbezüglichkeit wie bei R nicht mehr auftreten.

Meine Stufenlogik und Stufenmengenlehre verwenden nun einen ähnlichen (aber leicht abgewandelten) Ansatz:

Ich überlegte mir, dass die Russellmenge R sich selbst vielleicht bei einem Beweisgang enthält und beim nächsten wieder nicht,
also dynamisch von unseren Beweisüberlegungen und der Zeit abhängig.

Um die Element- und Nichtelementbeziehung bei R nicht gleichzeitig zu haben, musste ich genauer unterscheiden können,
wo ich bei den Überlegungen gerade stand.
Hierzu markierte ich die Aussage "R ist Element von R" mit einem Parameter t, den ich Stufe nannte.

Also: "R ist Element von R in Stufe t".

Und konnte nun z.B. eine Stufenbeziehung beschreiben:

"R ist Element von R in Stufe t+1, wenn R nicht Elemet von R in Stufe t ist".

Beachtete man nun bei Definitionen die Stufenhierarchien,
konnte man Widersprüche weitgehend vermeiden:
Zur Definition eines Ausdruckes in Stufe t+1 durften nur Ausdrücke der Stufe <=t benutzt werden.

(Statt "Stufe" hätte ich auch "Uhrzeit" oder "Sekunden seit dem Urknall" sagen können, die genaue Bedeutung von "Stufe" ist gar nicht so wichtig)

Starten wir jetzt zu t=0 mit R -e R (d.h. R nicht Element R zur Stufe 0)
und legen (willkürlich) fest:
Zur Stufe Null sind alle Mengen leer.

So haben wir für unsere (induktiven bzw. rekursiven) Mengendefinitionen jeweils eine Verankerung.

Und R wird jetzt in geraden Stufen sich jeweils nicht als Element enthalten, in ungeraden aber doch.


Für rekursive Definition konnten wir die Russellsche Antinomie so also auflösen.
Wie sich aber herausstellte, sind rein rekursive Definitionen über meine Stufen zu schwach,
um damit die Arithmetik und Mathematik aufzubauen.
(Mit Russells Typenlehre gelang dies zwar, blieb aber sehr unhandlich, weshalb das Axiomensystem von Zermel-Fraenkel heute verbreiteter ist,
dessen Axiome mir aber auch nicht sehr überzeugend erscheinen...)

Ohne Stufenhierarchie können wir andererseits andere Antinomien konstruieren:
Sei x in Stufe t+1 Element von S, wenn x in jeder Stufe d+1 nicht Element von x ist.

Wieder führt die Untersuchung, ob S in Stufe t+1 Element von S ist, auf einen Widerspruch - genauso wie die Annahme, das dies für keine Stufe der Fall ist.

Auch dieses Problem werden wir meistern, dazu benötigen wir die nächste Zutat in unserem Hexeneinmaleins:

Dreiwertige Logik!

Dazu gleich mehr.

Gruß
Trestone
 

Trestone

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Bei dreiwertiger Logik gehen wir von Russells Antinomiemenge zum sogenannten "Lügner" über - obwohl das analog auch mit Mengen funktioniert.

Der Lügner sagt: "Diese Aussage L ist nicht wahr."

Nehmen wir nun an, die Aussage L ist wahr.
Dann muss sie nach ihrem Inhalt (ihrer Definition) nicht wahr sein, ein Widerspruch.
Nehmen wir umgekehrt an, L sei nicht wahr, dann erfüllt sie gerade den Anspruch der Definition und ist daher wahr, wieder ein Widerspruch.

Die Aussage L kann also weder wahr noch nicht wahr sein.

Ein naheliegender Ausweg (neben der Einführung von Typhierarchien oder Stufen s.o.) liegt nun darin, einfach einen dritten Wahrheitswert hinzuzunehmen: z.B. unbestimmt.

L ist also weder wahr noch nicht wahr sondern unbestimmt.
Das funktioniert auch und löst zunächst das Problem.

Nur gibt es noch den "erweiterten Lügner":
"Diese Aussage M ist nicht wahr oder unbestimmt".

Dieser Aussage lässt sich sinnvoll keiner der drei Wahrheitswerte "wahr", "nicht wahr" und "unbestimmt" zuordnen.
Ganz sind wir dadurch Antinomien also nicht los geworden.

Doch es fällt an der Definition von M etwas auf, das wir noch ausnutzen werden:
Hier taucht der "Hilfswahrheitswert unbestimmt" in der Definition von M explizit auf.


Nun wollen wir als nächstes Stufenlogik und dreiwertige Logik (bzw. Mengenlehre) miteinander kombinieren.

Gruß
Trestone
 

Trestone

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Die Kombination von Dreiwertigkeit und Stufenlogik ist zunächst ganz einfach:

Wir erlauben in der Stufenlogik einfach noch den dritten Wahrheitswert "unbestimmt".

Nun kann man damit aber noch genauso wie in der gewöhnlichen dreiwertigen Logik Antinomien erzeugen, d.h. Aussagen, denen man (in einer Stufe) keinen eindeutigen Wahrheitswert zuordnen kann.

Jetzt folgt die entscheidende Idee:

Wir schränken einfach die Stufenbildung etwas ein, und hoffen,
dass dann keine Antinomien mehr auftreten -
und unsere Logik und Mengenlehre aber noch reichhaltig genug sind,
um Arithmetik und Mathematik treiben zu können.

Um diese Einschränkungen beschreiben zu können, benötigen wir leider noch eine Logik und Denkebene: die Metalogik.
Diese ist für Aussagen über Aussagen zuständig und hier machen wir es uns einfach:
Wir wählen als Metalogik unsere vertraute klassische zweiwertige Logik (ohne Stufen).

Und nun der (vielleicht nicht ganz systematisch korrekte) Aufbau der "dreiwertigen Teilstufenlogik":

1a) Elementaraussagen haben je Stufe 0,1,2,3,... genau einen der drei möglichen Wahrheitswerte "wahr", "nicht wahr", "unbestimmt".

1b) Zwei Mengen x und y stehen je Stufe 0,1,2,3,... genau in einer der drei Elementbeziehungen "ist Element von", "ist nicht Element von" , " ist unbestimmtes Element von".

2a) In Stufe 0 sind alle Aussagen unbestimmt.

2b) In Stufe 0 gilt für alle Mengen x,y: x ist unbestimmtes Element von y.

("Nachts sind alle Katzen grau" als Startpunkt jeglicher Entwicklung...)

3a) Definition von Aussagen über Werte:
Eine Aussage kann dadurch definiert werden, dass (erschöpfend) angegeben wird, wann sie den Wahrheitswert "wahr" annimmt und wann den Wert "nicht wahr".
(Den Wert "unbestimmt" hat sie dann in allen übrigen Fällen.)

3b) Definition von Mengen über Elemente und Nicht-Elemente:
Eine Menge kann dadurch definiert werden, dass (erschöpfend) angegeben wird, welche "Elemente" sie enthält und welche "Nicht-Elemente" sie enthält.
(Die "unbestimmten Elemente" sind dann alle übrigen.)

3a) Stufenrekursion:
Der Wahrheitswert "wahr" einer Aussage in Stufe t+1 kann durch beliebige Kombinationen beliebeiger Aussagen von Stufen <= t festgelegt werden.
Ebenso der Wahrheitswert "nicht wahr", nur muss diese Festlegung disjunkt zu der von "wahr" sein.
("unbestimmt" ist wieder der Rest)

3b) Analog lassen sich auch die Elementbeziehungen von Mengen in Stufe t+1 rekursiv festlegen.

Doch neben abwärts stufenrekursiven Definitionen benötigen wir auch noch Aussagen und Mengen, die von beliebigen Stufen abhängen,
um "richtige Mathematik" treiben zu können.

Z.B. A wahr in t+1, wenn A nicht wahr in t+1 ist.
(Dies ist für A ist "unbestimmt" erfüllbar.)

Um uns aber nicht wieder Antinomien einzuhandeln, geben wir die <=t - Schranke nicht ohne Auflagen auf:

4a) Wir fordern, dass in den Definitionen in Stufe t+1 für die Werte "wahr" und "nicht wahr" zwar beliebige Aussagen und Stufen benutzt werden dürfen,
aber nicht der Wert "unbestimmt".

Also A wahr in t+1 :<-> A nicht wahr in t+2
A nicht wahr in t+1 : <-> A wahr in t+2 ist erlaubt

A wahr in t+1 :<-> A unbestimmt in t+1
A nicht wahr in t+1 : <-> A wahr in t+1 ist nicht erlaubt

4b) Analog erlauben wir nun Mengendefinitionen über beliebige Stufen, wenn nur auf expliziten Bezug auf "unbestimmte" Elemente verzichtet wird.

Wird in den Definitionen die ursprüngliche Schrankenbedingung (d.h. <=t) eingehalten, wird Einschränkung 4 nicht benötigt.

Jetzt haben wir das - zugegebenermaßen komplizierte - Handwerkszeug zusammen, um unsere neue Logik auszuprobieren.

Was ich mir von ihr erhoffe, ist neben einer durchsichtigeren Behandlung von Antinomien, eine Mathematikgrundlegung mit weniger Axiomen
(back to Cantor) und vielleicht sogar eine friedliche Koexistenz mit Gödels Unvollständigkeitssatz...

Gruß
Trestone
 

Trestone

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Hallo,

das Besondere an dem Ansatz kann in der Mengenlehre veranschaulicht werden:

Hier gilt eine Art "Unschärferelation".

Denn während man klassisch bei einer Menge die Elemente (und die Nicht-Elemente) jeweils genau angibt und so die Menge definiert,
gibt es bei mir noch die "unbestimmten" Pseudoelemente, die man sich auch als Randelemente der Menge vorstellen kann.
Klassische Mengen haben nun einen so dünnen (und genau definierten) Rand,
dass dieser gar keine Elemente oder Punkte enthält.
Bei meinen Mengen hat man fast immer einen breiten Rand, der auch selbst Elemente enthält.

(In der Praxis lassen sich punktlose Ränder ja auch nicht zeichnen ...)

Als Venn-Diagramm wären meine Mengen daher wie ein Rettungsring zu zeichnen, d.h sie sind von einer Ringscheibe (mit den Pseudoelementen) begrenzt, die die Unschärfe repräsentiert.

Diese Unschärfe kommt übrigens weniger von der Dreiwertigkeit als von dem Verbot, den dritten Wert bei Definition von Elementen oder Nichtelementen zu nutzen.
(Letzteres hatte ich ja gefordert, um Widerspruchsfreiheit zu erreichen.)

Die t-Stufen benötige ich erst bei den Peano-Axiomen und den natürlichen Zahlen, die sich auch nur "unscharf" definieren lassen.

Philosophisch finde ich den Startpunkt "in Stufe 0 enthalten alle Mengen nur unbestimmte Elemente" für sehr schön,
da er eine Alternative zu "am Anfang war nichts" oder "etwas war schon immer" darstellt.

Dabei ist die Unbestimmtheit nur eine Frage der Perspektive, denn schon in Stufe 1 können wir munter auf Stufe 0 bauen und daraus Gewissheiten ableiten.
Z B. "All", die Menge aller Mengen:
x e(t+1) All : <-> x (e)(0) x (x Pseudoelement von x in Stufe 0, gilt stets)
x -e(t+1) All: <-> x e(0) x v x -e(0) x (x Element oder Nichtelemnt von x in Stufe 0, gilt nie)

In unserer Mengenlehre gibt es also im Gegensatz zur klassischen eine Menge aller Mengen.
(Sie ist übrigens eine der wenigen randlosen Mengen.)

Analog kann man die leere Menge 0 definieren und "Un", die maximale Randmenge:
x e(t+1) Un : <-> x e(0) x (d.h. nie)
x -e(t+1) Un: <-> x -e(0) x (auch nie)
also gilt stets: x (e)t+1 Un (jede beliebige Menge ist Pseudoelement von Un).

In der Logik startet man analog:
In Stufe 0 sind alle Aussagen unentschieden.

Dies entspricht unserer Erfahrung, das wir unsere ersten Urteile nur aus der späteren bewußten Perspektive (einer höheren Stufe) betrachten können - am Anfang selbst sind sie unentschieden bzw. unbewußt.

Aber zuviel will ich in meine Prinzipien gar nicht hineindeuten,
ich betrachte sie v.a. als schönes Spielzeug, um Logik und Mengenlehre ein wenig durcheinanderzuwirbeln.

Gruß
Trestone
 

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Hallo,

beim Versuch die natürlichen Zahlen einzuführen fiel mir auf,
dass ich noch mehr Mengen zulassen sollte:

Ist eine Menge D wohldefiniert, d.h. können wir für jede Menge x und jede Stufe t eindeutig entscheiden,
ob x e(t+1) D oder x -e(t+1) D oder x (e)(t+1) D,
so können wir z.B. auch wie folgt eine Menge M definieren:

x e(t+1) M :<-> x -e(t+1) D oder x (e)(t+1) D
x -e(t+1) M: <-> x e(t+1) D

D.h. bei der Definition der Elemente (und Nichtelemente) von Mengen in Stufe t+1 dürfen wir auch Pseudoelementeigenschaften aus Stufe t+1 verwenden, wenn es sich um Pseudoelemente einer wohldefinierte Menge handelt.

Wie man am Beispiel M oben sieht, können wir für wohldefinierte Mengen ein "starkes" Komplement bilden.
In der Logik können wir analog "starke" Verneinung bilden, wenn die Aussage im obigen Sinne wohldefiniert ist.

Allerdings bleibt die Einschränkung zu Pseudoelementdefinitionen für beliebige Mengen und Aussagen erhalten:

x e(t+1) R :<-> x -e(t+1) R oder x (e)(t+1) R
x -e(t+1) R: <-> x e(t+1) R

würde für x=R auf folgenden Widerspruch führen:
R e(t+1) R <-> R -e(t+1) R oder R (e)(t+1) R,
da nur genau eine der Elementbeziehungen zwischen R und R bestehen kann, können nicht beide Seiten wahr sein.

Gruß
Trestone
 

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Hallo,

hier wieder etwas Systematik (evtl. noch nicht ganz an Dreiwertigkeit angepasst), um später genauer argumentieren zu können:

A3. Nullstufen-Axiom:

Vx: Vy: x (e)(0) y
D.h. zur Stufe Null enthalten alle Mengen nur Pseudoelemente.
"Nachts sind alle Mengen grau".
(Diese Axiom ist eine Metaaussage).

A4 Existenz-Axiom:

Vt: Ey: Vx: ( x e(t+1) y <-> A(t,x) und x -e(t+1) y <-> B(t,x) )
Andere Darstellung: Vt: y =(t+1) {x: A(t,x)}

D.h. ist A(t,x) ein (mengenlogischer) Term der Stufe t
(z.B. (x e(t) x) v (x =(t) x)) so gibt es eine Menge y, die für alle Stufen diesen Term (in t+1) erfüllt.
(Diese Axiom ist eine Metaaussage).


„(Mengenlogischer) Term der Stufe t“ sollte genauer erklärt werden:

4.1 „0“ ist ein Term beliebiger Stufe (Konstante, Leere Menge)
4.2 „x“ ist ein Term beliebiger Stufe (Identität)
4.3 Sind „a“ und „b“ Terme der Stufe t, dann auch „-a“, „avb“, „a^b“,
„a->b“, „a<->b“, „Ex: a(x)“, „Vx: a(x)“
4.4 Sind v,w Mengen ist „v e(t) w“ und „v =(t) w“ ein Term der Stufe t
4.5 Ist v e(t) w ein Term der Stufe t dann auch v -e(t) w und umgekehrt.
4.6 Sind a,b Terme der Stufe t, dann auch „Vd<t+1: a(d)(x)“ und „Ed<t+1: a(d)(x)“,
wobei in a(d) auch v(e)(d) vorkommen darf.
4.7 ACHTUNG: Sind a,b Terme der Stufe t, dann auch „Vt: a(t)(x)“ oder „Et: a(t)(x)“ und a(d)(x)
mit d>=t+1 wenn in a(t)(x) bzw. a(d)(x) entweder kein v (e)(d) w mit d>=t+1 vorkommt
oder wenn für alle solchen v (e)(d) w die Menge w in Stufe d wohldefiniert ist,
d.h. unabhängig von Selbstbezügen entscheidbar.

Die mittels 3.1 – 3.7 bildbaren Terme von x sind die „mengenbildenden Terme“.

Lemma 1: Es gibt die leere Menge „0“ und die volle Menge „All“.

Vt: E0: Vx: ( x e(t+1) 0 <-> A(t,x) und x -e(t+1) 0 <-> B(t,x) )
Setze A(t,x) gleich "x -=(t) x" und B(t,x) gleich "x=(t) x".
Bsp. für t=0:
x e(1) 0 <-> x -=(0) x (also nie) und x -e(1) 0 <-> x =(0) x (also stets)

Vt: E All: Vx: ( x e(t+1) All <-> A(t,x) und x -e(t+1) All <-> B(t,x) )
Vertausche A und B von oben. #


Lemma 2: Zur Stufe 0 sind alle Mengen gleich.
Insbesondere gilt: „ALL =(0) 0“
Betrachte Axiom 3 und Axiom 2, sowie Lemma 1. #


Gruß
Trestone
 

Trestone

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Hallo,

jetzt wird es langsam spannend (zumindest für Mathe-Insider),
denn jetzt ziele ich auf den Cantorschen Überabzählbarkeitsbeweis:

Lemma 3: Es gibt die RUSSELL-Menge R mit Vt:[x e(t+1) R] :<-> [ x -e(t+1) x ]

Axiom 4 mit A(t,x) gleich x -e(t+1) x. In A(t,x) kommt (e)(d) nicht vor, es ist also zulässig.
Betrachten wir nun noch x=R:
R (e)(0) R nach Axiom 3 stets wahr.
Da R e(1) R und R -e(1) R zugleich zutreffen müssten, muss R (e)(1) R gelten,
analog für alle t>=1. D.h. R enthält sich in allen Stufen als Pseudoelement.

Potenzmenge:
Als Potenzmenge P(M) bezeichnet man bei Cantor die Menge aller Teilmengen von M, d.h. die Mengen in P(M) haben als Elemente nur M-Elemente.

Analog definiere ich:
P(M) ist Potenzmenge der Menge M, wenn die Elemente von P(M) in beliebigen Stufen t+1
jeweils nur Elemente aus Stufe t+1 von M als Elemente und Pseudoelemente von M als Pseudoelemente enthalten.
Dabei muss die Menge M wohldefiniert sein, d.h. x e(t+1) M, x (e)(t+1) M , x -e(t+1) M muss für beliebige x entscheidbar sein, ohne Selbstbezug auf M.

In Zeichen: x e(t+1) P(M) :<-> Vy: y e(t+1) x -> y e(t+1) M und
x (e)(t+1) P(M) :<-> Vy: y (e)(t+1) x -> y (e)(t+1) M
(Anmerkung: Ganz richtig/passend ist die Definition von P(M) wohl noch nicht, da mein Anti-Cantor-Beweis für All und die Identität (su.) nicht ganz greift. Ich bin aber optimistisch, dass das behebbar ist...)

Wir betrachten 0 und M:

0 e(t+1) P(M) :<-> Vy: y e(t+1) 0 -> y e(t+1) M , letzteres gilt stets, da y e(t+1) 0 stets falsch ist
(ex falso quodlibet).

M e(t+1) P(M) :<-> Vy: y e(t+1) M -> y e(t+1) M , gilt auch stets.

Man sieht: Es gilt (in Analogie zur klassischen Mengenlehre) stets 0 e(t+1) P(M) und M e(t+1) P(M).


Nun betrachten wir den berühmten Cantorschen Beweis, dass zu einer Menge und ihrer Potenzmenge keine Bijektion existieren kann.

Betrachten wir zunächst die Frage aus Perspektive der klassischen Mengenlehre:

Cantor nimmt dazu an, es gebe eine solche Bijektion f: M -> P(M) und betrachtet die damit konstruierte Menge A(f):= {x e M: x -e f(x)}.

A(f) ist eine Teilmenge von M, nach Annahme gibt es also dazu ein Urbild in M, das von f auf A(f) abgebildet wird. Sei dieses Urbild m.
Es gilt also f(m) = A(f).
Wir untersuchen nun, ob m in f(m) liegt:
1. Fall: m e f(m) -> (wg. f(m)=A(f)): m e A(f) -> m -e f(m). Widerspruch!
2. Fall: m -e f(m) -> (wg. Def. von A(f)): m e A(f) -> m e f(m) Widerspruch!

In der Stufenmengenlehre macht die Menge A(f) auch Probleme:
Nehmen wir an, es gäbe eine Bijektion f: M in Stufe t+1 -> P(M) in Stufe t+1
(Dabei beschränken wir uns auf eine bel. Stufe t)
Setze x e(t+1) A(f) :<-> x -e(t+1) f(x) und x e(t+1) M
Nun müssen wir auch noch angeben, wann x -e(t+1) A(f) gilt:
x -e(t+1) A(f) :<-> ( x e(t+1) f(x) oder x (e)(t+1) f(x) ) oder (x -e(t+1) M oder x (e)(t+1)M)

Diese Definition enthält aber Pseudoelementbeziehungen in Stufe t+1 und ist daher nur zulässig, wenn M und A(f) wohldefiniert sind.
Für M dürfen wir dies annehmen, für A(f) aber wohl nicht in allen Fällen ...

Der Cantorsche Beweis greift bei Stufenmengen also nicht unbedingt,
tatsächlich können wir sogar ein Gegenbeispiel zeigen:

Für den Fall M=All können wir f: ALL -> P(All) als Identität wählen:

x e(t+1) P(All) :<-> Vy: y e(t+1) x -> y e(t+1) All ist stets wahr, daher hat P(All) alle x als Element (wie All)
Und x (e)(t+1) P(All) :<-> Vy: y (e)(t+1) x -> y (e)(t+1) All gilt nie, da All keine Pseudoelemente hat.
Also P(All) = All.

Betrachten wir noch das zugehörige A(f):

x e(t+1) A(f) :<-> x -e(t+1) f(x) und x e(t+1) All und kürzen A(Identität) mit A ab.
Also x e(t+1) A :<-> x -e(t+1) x und x e(t+1) All
<-> x -e(t+1) x
A ist also die Russellmenge, die ja in der Stufenmengenlehre existiert.
Allerdings ist unsere zweite Bedingung für x=A unerfüllbar,
weshalb wohl die Definition der Potenzmenge noch nachzubessern ist:
x -e(t+1) A :<-> ( x e(t+1) x oder x (e)(t+1) x ) oder (x -e(t+1) All oder x (e)(t+1)All)
<-> ( x e(t+1) x oder x (e)(t+1) x )

Gruß
Trestone
 

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